Kohärenz als unionsrechtliche Determinante der mitgliedstaatlichen Glücksspielregulierung
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Kohärenz als unionsrechtliche Determinante der mitgliedstaatlichen Glücksspielregulierung
Eine Untersuchung unter besonderer Berücksichtigung des Lotteriemonopols der deutschen Bundesländer
Schriften zum Europäischen Recht, Vol. 192
(2020)
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About The Author
Studium der Rechtswissenschaften (2006 - 2011) und Promotion (2019) an der Juristischen Fakultät der Ruhr-Universität Bochum, Erste Juristische Staatsprüfung beim Justizprüfungsamt Hamm (2011), Tätigkeit als Wissenschaftliche Hilfskraft (2012 - 2013), später als Wissenschaftlicher Mitarbeiter (2014 - 2015) am Bochumer Lehrstuhl Recht der Wirtschaft (Prof. Dr. Johann-Christian Pielow), Zweite Juristische Staatsprüfung beim Justizprüfungsamt Düsseldorf (2016), danach Tätigkeiten als Rechtsanwalt in Düsseldorf und Essen, als Jurist einer Regionalplanungsbehörde sowie als Vertreter der Professur für Öffentliches Recht an der Technischen Universität Bergakademie Freiberg, seit August 2022 Professor für Allgemeines und Besonderes Verwaltungsrecht an der Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung Nordrhein-Westfalen.Abstract
Seit einigen Jahren leitet der Europäische Gerichtshof eine Reihe von Vorgaben aus den unionsrechtlichen Grundfreiheiten für die mitgliedstaatliche Glücksspielregulierung ab. Im Zentrum dieser Vorgaben steht die Forderung nach einem kohärenten, also möglichst stimmigen und widerspruchsfreien Regulierungskonzept. Gerade in jüngerer Zeit hat das Postulat der Kohärenz beträchtliche Entwicklungsschübe empfangen. Dies nimmt die Arbeit zum Anlass, die Funktion, Struktur und Wirkkraft des Kohärenzgebots im Glücksspielkontext zu untersuchen. Darüber hinaus will die Bearbeitung aufzeigen, wie sich das Kohärenzgebot im konkreten Prüfungsablauf einsetzen lässt, und bewertet unter Zugrundelegung der zuvor herausgearbeiteten Kohärenzmaßstäbe das seit jeher zum eisernen Bestand der deutschen Glücksspielpolitik zählende Monopol der Länder auf die Veranstaltung bestimmter Lotterien.»Coherence under European Law as Legal Determinant for the National Gambling Regulation«Over the last few years, in a series of judgments, the European Court of Justice has ruled on the compliance of national regulatory frameworks of gambling services with the fundamental freedoms set out in the Treaty on the Functioning of the EU. The Court's judgments particularly require all EU Member States to pursue a coherent and systematic gaming policy including a coherent gaming legislation. This book discusses the concept of coherence established by the Court and examines whether the German regulation on certain lotteries meets the requirement of coherence.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Vorwort | 5 | ||
Inhaltsverzeichnis | 7 | ||
Abkürzungsverzeichnis | 13 | ||
Einleitung | 17 | ||
Erster Teil: Kohärenz und Glücksspiel – eine erste Annäherung | 20 | ||
A. Begriffsklärung | 20 | ||
I. Die Kohärenz | 20 | ||
II. Das Glücksspiel | 21 | ||
B. Synthese aus „Kohärenz“ und „Glücksspiel“ | 22 | ||
C. Glücksspiel als Gegenstand des Rechts | 23 | ||
I. Das Glücksspiel als konfliktträchtiger Lebenssachverhalt | 23 | ||
II. Glücksspiel und Sucht | 24 | ||
III. Glücksspiel und Kriminalität | 25 | ||
Zweiter Teil: Die unionsrechtlichen Vorgaben für die mitgliedstaatliche Glücksspielregulierung | 27 | ||
A. Grundannahme: Weitreichende Gestaltungsautonomie der Mitgliedstaaten im Glücksspielbereich | 27 | ||
B. Schranken der Gestaltungsautonomie: Grundfreiheiten | 31 | ||
I. Die Grundfreiheiten im System der EU-Wirtschaftsverfassung | 31 | ||
II. Die Rolle des EuGH bei der Gewährleistung der Grundfreiheiten | 32 | ||
1. Der EuGH als Hüter der Unionsverträge | 33 | ||
2. Das Vorabentscheidungsverfahren – Grundlagen | 33 | ||
a) Verfahrensablauf | 34 | ||
b) Urteilswirkung | 35 | ||
III. Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit als Prüfungsmaßstäbe in der EuGH-Glücksspielrechtsprechung | 36 | ||
1. Schutzbereiche | 37 | ||
a) Dienstleistungsfreiheit (Art. 56 ff. AEUV) | 37 | ||
b) Niederlassungsfreiheit (Art. 49 ff. AEUV) | 39 | ||
2. Beeinträchtigung | 40 | ||
3. Rechtfertigung | 42 | ||
a) Geschriebene Rechtfertigungsgründe | 42 | ||
b) Ungeschriebene Rechtfertigungsgründe | 43 | ||
4. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz | 45 | ||
a) Geeignetheit | 46 | ||
b) Erforderlichkeit | 47 | ||
c) Exempel: Glücksspielmonopole und Konzessionssysteme | 48 | ||
aa) Glücksspielmonopole | 48 | ||
bb) Konzessionssysteme | 51 | ||
C. Resümee zum zweiten Teil | 53 | ||
Dritter Teil: Das Gebot der Kohärenz rals besondere unionsrechtliche rDeterminante der mitgliedstaatlichen rGlücksspielregulierung | 55 | ||
A. Vorbemerkungen | 55 | ||
I. (Unions-)Rechtsnormative Ursprünge der Forderung nach Kohärenz | 55 | ||
II. Anwendungsfelder und Geltungsgrad im Kontext der Grundfreiheiten | 57 | ||
B. Das Kohärenzgebot in der Glücksspielrechtsprechung des EuGH | 58 | ||
I. Bestandsaufnahme: Die EuGH-Glücksspielverfahren mit Kohärenzbezug in ihrer Chronologie | 59 | ||
1. Rechtssache Zenatti | 59 | ||
2. Rechtssache Gambelli | 60 | ||
3. Rechtssache Placanica u. a. | 62 | ||
4. Rechtssache Liga Portuguesa | 63 | ||
5. Rechtssache Ladbrokes | 64 | ||
6. Rechtssache Stoß u. a. und Rechtssache Carmen Media | 66 | ||
7. Rechtssache Zeturf | 69 | ||
8. Rechtssache Dickinger/Ömer | 71 | ||
9. Rechtssache OPAP u. a. | 73 | ||
10. Rechtssache Digibet/Albers | 74 | ||
II. Analyse der Bestandsaufnahme: Wesen und Wirkkraft des Kohärenzgebots | 76 | ||
1. Unbedingte Zielbezogenheit | 76 | ||
2. Funktionaler Ausgangspunkt: Der „Scheinheiligkeitstest“ | 77 | ||
3. Methodik der Kohärenzprüfung | 80 | ||
a) Ermittlung inkohärenzstiftender Widersprüche | 80 | ||
b) Einbeziehung der mitgliedstaatlichen Vollzugspolitik | 82 | ||
c) Segmentäre Reichweite der Kohärenzbetrachtung: Vertikale und horizontale Kohärenz | 83 | ||
aa) EuGH-Rechtsprechung vor 2010: Vertikales Verständnis | 84 | ||
bb) EuGH-Rechtsprechung ab 2010: Horizontales Verständnis | 85 | ||
d) Keine Berücksichtigung föderalstaatlicher Besonderheiten | 87 | ||
e) Keine Differenzierung zwischen einzelnen Vertriebskanälen | 89 | ||
4. Zur Schlüsselrolle der nationalen Gerichte bei der Kohärenzprüfung | 90 | ||
a) Grundsatz: Letztentscheidungskompetenz der nationalen Gerichte | 90 | ||
b) Ausnahme: Vorentscheidung durch den EuGH | 91 | ||
5. Rechtsdogmatische Einordnung und prüfungssystematische Verortung | 93 | ||
a) Meinungspektrum zur rechtsdogmatischen Rezeption | 93 | ||
b) Meinungsspektrum zum prüfungssystematichen Standort | 96 | ||
c) Stellungnahme | 97 | ||
aa) Genetischer Kontext als Ansatzpunkt | 97 | ||
bb) Keine singuläre Zweckausrichtung in der Folgerechtsprechung erkennbar | 98 | ||
cc) Berücksichtigung legislativer Unzulänglichkeiten | 100 | ||
dd) Das Kohärenzgebot als unionales Effektivitätspostulat | 101 | ||
ee) Folgerungen für den Prüfungsstandort | 103 | ||
ff) Ergebnis | 103 | ||
6. Typologien inkohärenzstiftender Widersprüche | 104 | ||
a) Art und Zuschnitt (in-)kohärenzrelevanter Konfliktpotenziale | 104 | ||
aa) Spielsuchtbekämpfung versus expansive Angebotspolitik | 105 | ||
(1) Expansive Angebotspolitik als inkohärenzauslösender Faktor | 105 | ||
(2) Inkohärenzauflösende Effekte durch wirksame Kanalisierung | 106 | ||
bb) Kriminalitätsbekämpfung versus expansive Angebotspolitik | 109 | ||
cc) Bipolare Regulierungsziele versus expansive Angebotspolitik | 110 | ||
dd) Divergenzen in der Regulierungsintensität | 112 | ||
b) Finaler Beurteilungsmaßstab der Inkohärenz | 115 | ||
aa) Homogener Bewertungsmaßstab | 115 | ||
bb) Einschlägiger Unwirksamkeitsmaßstab | 116 | ||
(1) Unschärfe in der EuGH-Rechtsprechung | 117 | ||
(2) Evidente Funktionsuntauglichkeit als Unwirksamkeitsmaßstab | 118 | ||
7. Folgen bei Inkohärenz | 122 | ||
a) Anwendungsvorrang | 122 | ||
b) Staatshaftung | 124 | ||
III. Würdigung: Potenziale und Problemhorizonte des Kohärenzgebots | 125 | ||
1. Das Kohärenzgebot als Produkt richterlicher Rechtsfortbildung | 125 | ||
a) Das Kohärenzgebot als gewohnheitsrechtlich anerkanntes Rechtsprinzip? | 126 | ||
b) Mandat und Grenzen der Rechtsfortbildung | 128 | ||
c) Extrahierung des rechtsfortbildenden Schritts | 129 | ||
d) Folgerungen für die Beurteilung einer Kompetenzübertretung | 131 | ||
2. Das Kohärenzgebot und (deutscher) Föderalismus | 134 | ||
a) Die Koordinierungspflicht und die deutsche Verfassungsidentität | 135 | ||
b) Konkrete Reichweite der Abstimmungspflicht | 139 | ||
c) Konsequenzen für die Beurteilung einer „Aushöhlung“ | 140 | ||
3. Das Kohärenzgebot und die Rolle der nationalen Gerichte | 142 | ||
a) Modus Operandi der Kohärenzprüfung | 142 | ||
b) Praktische Vorbehalte bei der Tatsachenermittlung und -würdigung | 143 | ||
c) Gerichtliche Wertungen | 145 | ||
aa) Die vermeintliche Wertungsfreiheit der Kohärenzprüfung | 146 | ||
bb) Gerichtliche Wertungsfreiräume in der Kohärenzprüfung | 146 | ||
cc) Gefahr eines „freischwebenden“ Richtmaßes | 148 | ||
dd) Kein Verfall des juristischen Nutzwerts | 149 | ||
C. Resümee zum dritten Teil | 150 | ||
Vierter Teil: Die deutsche Glücksspielregulierung rauf dem Prüfstand der Kohärenz | 156 | ||
A. Das Glücksspiel im deutschen Regulierungssystem | 156 | ||
I. Marksteine in der jüngeren Entwicklung der deutschen Glücksspielordnung | 157 | ||
1. Der Lotteriestaatsvertrag (2004) | 157 | ||
2. Das Sportwettenurteil des Bundesverfassungsgerichts (2006) | 159 | ||
3. Der Glücksspielstaatsvertrag (2008) | 161 | ||
4. Die EuGH-Urteile zur deutschen Glücksspielregulierung (2010) | 163 | ||
5. Der Erste Glücksspieländerungsstaatsvertrag (2012) | 164 | ||
6. Resümee: Neuordnung in Kontinuität | 167 | ||
II. Grundzüge der rechtliche Rahmenbedingungen | 168 | ||
1. Begriffliche Fixierung des „Glücksspiels“ | 169 | ||
a) Vorwiegende Zufallsabhängigkeit | 170 | ||
b) Bedeutende Gewinnchance | 170 | ||
c) Erheblicher Einsatz | 171 | ||
d) Öffentlichkeit | 172 | ||
2. Dualistische Struktur des deutschen Glücksspielrechts | 172 | ||
a) Landesrechtliche Glücksspielsektoren | 174 | ||
aa) Lotterien und Ausspielungen | 174 | ||
bb) Sportwetten | 175 | ||
cc) Das Spiel in Spielbanken | 177 | ||
b) Bundesrechtliche Glücksspielsegmente | 178 | ||
aa) Gewerbliches Spiel | 178 | ||
bb) Pferdewetten | 179 | ||
3. Besondere Kompetenzfelder | 180 | ||
a) Strafrechtlichen Normen | 180 | ||
b) Zivilrechtliche Normen | 181 | ||
c) Glücksspiel im Internet | 182 | ||
4. Materiell-verfassungsrechtliche Maßgaben: Grundrechte | 183 | ||
5. Summarische Bestandsanalyse und aktuelle Tendenzen | 185 | ||
III. Wirtschaftliche und gesellschaftliche Rahmenbedingungen | 187 | ||
B. Beurteilung des Lotteriemonopols am Maßstab des Kohärenzgebots | 189 | ||
I. Regulierungsprofil des Lotteriemonopols | 190 | ||
1. Rechtsgrundlage und konkreter Umfang des Monopols | 191 | ||
a) Das Lotteriemonopol als Grundsatzentscheidung | 191 | ||
b) Ausnahmen vom Monopolgrundsatz | 193 | ||
2. Vertriebsstruktur | 194 | ||
3. Werbung | 195 | ||
II. Kohärenzbezogene Vorprüfung | 196 | ||
1. Beschränkung grundfreiheitlicher Schutzgehalte | 197 | ||
2. Grundsätzliche Rechtfertigungsfähigkeit – Zieldefinition | 197 | ||
III. Kohärenzabwägung | 199 | ||
1. Vertikale Kohärenzbetrachtung | 200 | ||
a) Einschlägiger Bewertungsmaßstab nach der EuGH-Rechtsprechung | 201 | ||
b) Wesentliche Regulierungselemente der Angebotsexpansion | 202 | ||
aa) Normative Ebene | 202 | ||
bb) Anwendungspraxis | 203 | ||
c) Wesentliche Regulierungselemente der Spielsuchtprävention | 205 | ||
aa) Normative Ebene | 205 | ||
bb) Anwendungspraxis | 209 | ||
d) Bewertung der Ausgewogenheit | 213 | ||
aa) Expansionsbedingte Überwirkungsgefahr | 213 | ||
bb) Kanalisierungsauftrag | 214 | ||
(1) Kanalisierungsgegenstand: „illegales Glücksspielangebot im Internet“ | 215 | ||
(2) Kanalisierungsgegenstand: „Glücksspiele mit einem höheren Suchtgefährdungspotential“ | 218 | ||
cc) Folgerungen für die expansionsbedingte Überwirkungsgefahr | 221 | ||
e) Fazit zur vertikalen Kohärenzbetrachtung | 224 | ||
2. Horizontale Kohärenzbetrachtung | 226 | ||
a) Einschlägiger Bewertungsmaßstab nach der EuGH-Rechtsprechung | 226 | ||
b) Vergleichssektoren | 227 | ||
aa) Pferdewetten | 228 | ||
bb) Allgemeine Sportwetten | 229 | ||
cc) Gewerbliches Automatenspiel | 231 | ||
dd) Spielbanken | 233 | ||
c) Fazit zur horizontalen Kohärenzbetrachtung | 233 | ||
IV. Resümee | 234 | ||
Fünfter Teil: Gesamtbilanz und Ausblick | 237 | ||
A. Zusammenfassung | 237 | ||
B. Ausblick | 246 | ||
Literatur- und Quellenverzeichnis | 249 | ||
Sachwortverzeichnis | 263 |