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Die Grundlage der Einwilligung im Strafrecht

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Liao, I. (2020). Die Grundlage der Einwilligung im Strafrecht. Duncker & Humblot. https://doi.org/10.3790/978-3-428-55959-6
Liao, I-Ning. Die Grundlage der Einwilligung im Strafrecht. Duncker & Humblot, 2020. Book. https://doi.org/10.3790/978-3-428-55959-6
Liao, I (2020): Die Grundlage der Einwilligung im Strafrecht, Duncker & Humblot, [online] https://doi.org/10.3790/978-3-428-55959-6

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Die Grundlage der Einwilligung im Strafrecht

Liao, I-Ning

Schriften zum Strafrecht, Vol. 353

(2020)

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About The Author

I-Ning Liao studierte Rechtswissenschaft mit dem Nebenfach Chinesische Literatur an der National Taiwan University (Bachelor of Laws, 2004-2008; Master of Laws, 2008–2012, Titel der Masterarbeit: »Die Problematik bei der Anwendung des § 225 TStGB [Sexueller Missbrauch widerstandsunfähiger Personen]: Zur Begründung des Selbstbestimmungsrechts von Geistigbehinderten«). Anschließend absolvierte sie ein durch den Deutschen Akademischen Austauschdienst gefördertes Promotionsstudium an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, das sie im November 2019 mit der Verleihung des Doktortitels abschloss.

Abstract

Einwilligung ist keine Befugnis zur Disposition über ein bestimmtes Rechtsgut, sondern ein Ausdruck der Selbstbestimmung des Verletzten, die auf dem Autonomieprinzip basiert. Selbstbestimmung ist andererseits auch die allgemeine Voraussetzung von Strafe. Ein Einwilligungsinstitut, das allgemeine Gültigkeit im Strafrecht hat, ist daher nur mit einer auf Autonomie beruhenden freiheitlichen Rechtsordnung vereinbar.

Das Rechtsinstitut der Einwilligung geht aber nicht von einem abstrakten Selbstbestimmungsbegriff aus, sondern bezieht sich als ein normatives Konstrukt auf konkrete Selbstbestimmung. Das hieraus abgeleitete Einwilligungskonzept wird durch einen individualistischen Ansatz begründet und findet in der Idee der materiellen Freiheit der einzelnen Person begrifflich seine inneren Grenzen. § 216 StGB, der auf die Verhinderung der übereilten Entscheidung abzielt, ist in diesem Sinne als eine weiche paternalistische Maßnahme zur Gewährleistung der konkreten Selbstbestimmung zu verstehen.
»The Basis of Consent in Criminal Law«

The main purpose of this dissertation is to bridge the conventional theoretical gaps in explaining the institute of consent and to clarify the basis of the concept of consent and its limits. At the same time, the present work explains 1) the basis on which the criminal justice system must recognize the institute of consent and 2) which criminal theory shall be adopted, so that it can be compatible with the aforementioned basis. The legitimacy of § 216 StGB is discussed as an example.

Table of Contents

Section Title Page Action Price
Vorwort 5
Inhaltsverzeichnis 7
Einleitung 11
§ 1 Die Entwicklung der rechtlichen Gründe der Einwilligung 15
A. Die Erforderlichkeit der Rekonstruierung der Einwilligungsbegründung: ein Systemdenken 15
B. Die herkömmlichen Rechtsgründe der Einwilligung: ein Überblick 18
C. Die Grundlage der Einwilligung in den zwei verschiedenen Ansätzen 21
I. Zwei idealtypische Positionen: Individualismus und Kollektivismus 21
II. Frühere Lehren 24
1. Die kollektivistischen Ansätze 24
2. Frühe Mindermeinung: Ein Versuch auf der Grundlage des individualistischen Ansatzes 28
3. Fazit 30
III. Die Abwägungslehre: Spiegelung auch der kollektivistischen Züge 31
1. Einwilligung als eigenständiges Abwägungselement 31
2. Unlösbarer Wertkonflikt 33
IV. Die verfassungsrechtliche Ableitung der Hochschätzung der individuellen Handlungsfreiheit 35
1. Einwilligung als ein verfassungsrechtlich begründetes eigenständiges „Rechtsgut“ 35
2. Der scheinbare individualistische Ansatz 37
V. Das Integrationsmodell der Einwilligung und der sogenannte liberale Rechtsgutsbegriff 40
1. Die einzelnen Argumentationen 41
2. Selbstbestimmung als das einzige Rechtsgut? 47
D. Fazit 48
§ 2 Die Selbstbestimmung im Gedankengang des Rechtsgüterschutzes 49
A. Die Entstehung der Rechtsgutslehre im deutschen Strafrechtskontext 50
B. Die kollektivistische Tendenz des Rechtsgüterschutzgedankens 52
I. Die Isolierung des Rechtsguts von seinem „Träger“ 52
II. Verlust des sozialen Kontextes im konkreten Rechtsverhältnis 53
III. Die Zersplitterung des Strafrechtssystems 55
IV. Funktion des Objekts statt Rechtsverhältnis zwischen Subjekten 57
V. Fazit 59
C. Liberalisierung des Rechtsgutsdenkens? 60
I. Die Interessentheorie bei Liszt 61
II. Ist ein systemkritischer Rechtsgutsbegriff möglich? 62
III. Ergänzung mit der Gesellschaftsvertragstheorie? 66
1. Das liberalistische Denken ausgehend von der Lockeschen Gesellschaftsvertragstheorie 67
2. Die Verwirklichung der materiellen Freiheit kann nicht der höchste Maßstab des Rechtsgüterschutzes sein 71
3. Der ontologische Fehler der Rechtsgutslehre und der unlösbare Konflikt zwischen den auf Empirismus beruhenden individuellen Freiheiten 73
IV. Fazit 75
D. Zwischenergebnis: Einwilligung ist keine Befugnis zur Disposition über ein bestimmtes Rechtsgut 75
§ 3 Die Einwilligung in der Strafrechtsordnung basierend auf dem Autonomieprinzip 78
A. Dogmatische Funktion und Struktur des Selbstbestimmungsgedankens 78
B. Einwilligung als abstrakte Selbstbestimmung 82
I. Der Rechtsbegriff Kants als Vorbild eines abstrakten Begriffs rechtlicher Selbstbestimmung 82
II. Dogmatische Ansätze zur Begründung der Einwilligung aus der abstrakten Selbstbestimmung 86
III. Die Problematik der Abstraktheit der Selbstbestimmung 90
1. Abstraktheit und Formalität des allgemeinen Rechtsprinzips 90
2. Inkonsistenz der Argumentation beim Ansatz der abstrakten Selbstbestimmung 92
IV. Fazit 96
C. Einwilligung als konkrete Selbstbestimmung 96
I. Hegels Gedankengang als Vorbild des Ansatzes der konkreten Selbstbestimmung 96
1. Hegels Kritik an Kants Rechtsbegriff 96
2. Die begrifflich-konkrete Bestimmtheit des Rechts bei Hegel 98
II. Die normative Bestimmung der Autonomie und ihre Verwirklichungsbedingungen 99
III. Konkrete Inhalte der Selbstbestimmung und die Abstufung der Anforderungen an die Einwilligungswirksamkeit 103
1. Normative Abstufung nach verschiedenen betroffenen Rechtskreisen 103
2. Die herkömmliche Unterscheidung der Einwilligungsarten als Beweis für die Abstufung 105
3. Wille des Verletzten, Handlung des Eingreifenden und konkrete Situation als eine Einheit 108
IV. Fazit 110
§ 4 Begründung der Einwilligungsgrenze 112
A. Externe und interne Begründungen der Einwilligungsgrenze 112
B. Externe Grenzbegründungen 114
I. Kollektivinteresse an Leben und körperlicher Unversehrtheit des Einzelnen 114
1. Entwicklung der Argumente 114
2. Kritik 117
II. Das Tabuargument 120
1. Tötung als Tabu: Historischer Hintergrund 120
2. Das moderne Verständnis des Tötungstabus 122
3. Legitimationsdefizit des Tabuarguments 123
III. Die Gefahr des Missbrauchs und das Dammbruchargument 127
1. Der Hintergrund des Arguments 127
2. Die Gründe des Dammbrucharguments 129
3. Legitimationsdefizit des Dammbrucharguments 130
IV. Absolute Schutzwürdigkeit des Rechtsguts Leben? 131
1. Heiligkeit menschlichen Lebens? 132
2. Verfassungsrechtlicher Schutz des Lebens? 133
3. Die Einzigartigkeit menschlichen Lebens? 135
4. Vermeidung der Instrumentalisierung des Lebens? 138
5. Fazit 139
C. Interne Grenzbegründung 139
I. Köhlers Ansatz: Selbstverfügungsverbot aufgrund der Selbstzweckformel als Rechtspflicht gegen sich selbst 140
1. Pflicht gegen sich selbst aus Gründen der Vernunft 140
2. Keine zwingende Verbindung zwischen Selbstzweckhaftigkeit und physischer Existenz des Menschen 144
3. Der Weg zur Wirklichkeit des Freiheitsgebrauchs 146
II. Begründung aus der gesellschaftlich realen Freiheit: Antwort auf die Frage nach dem Paternalismus 147
1. Zweifel am Schutz vor sich selbst und Formen des Paternalismus 147
2. Der negative Freiheitsbegriff und der Antipaternalismus 149
3. Der reale Freiheitsbegriff und die rechtliche Zulässigkeit des Paternalismus 151
4. Wohlfahrt und Freiheit 154
5. Der Schutz des Einzelnen vor Übereilung 157
a) Begründung aus dem positiven Freiheitsbegriff 157
b) Grundlage des Arguments: Konkretes Risiko der mangelnden Vollzugsreife für die freie Selbstbestimmung und die Notwendigkeit der Intervention im Sinne eines weichen Paternalismus 158
c) Gegenstand der paternalistischen Maßnahmen: Selbstentschiedene Lebensbeendigung durch einen Dritten – veränderte Zuständigkeitsverteilung 161
d) Die Freiwilligkeitsbeurteilung mit Hilfe der Rationalität des Verhaltens und die teleologische Reduktion des § 216 StGB 164
e) Fazit 166
D. Forschungsergebnis: Die Einheit der Einwilligungsgrundlage und der Begründung ihrer Grenzen 166
Zusammenfassung 168
Literaturverzeichnis 173
Stichwortverzeichnis 188