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Schimmele, T. (2020). Staatliche Verantwortung für diskursive Integrität in öffentlichen Räumen. Duncker & Humblot. https://doi.org/10.3790/978-3-428-55907-7
Schimmele, Tanja. Staatliche Verantwortung für diskursive Integrität in öffentlichen Räumen. Duncker & Humblot, 2020. Book. https://doi.org/10.3790/978-3-428-55907-7
Schimmele, T (2020): Staatliche Verantwortung für diskursive Integrität in öffentlichen Räumen, Duncker & Humblot, [online] https://doi.org/10.3790/978-3-428-55907-7

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Staatliche Verantwortung für diskursive Integrität in öffentlichen Räumen

Schimmele, Tanja

Tübinger Schriften zum Staats- und Verwaltungsrecht, Vol. 104

(2020)

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About The Author

Tanja Schimmele studierte Rechtswissenschaften an der Eberhard Karls Universität Tübingen mit dem Schwerpunkt Öffentliche Wirtschaft, Infrastruktur und Umwelt. Während des Studiums war sie u.a. als Werkstudentin bei der Daimler AG beschäftigt. Ihre Erste juristische Prüfung absolvierte sie im Jahre 2017. Im Anschluss folgte die Promotion während der Tätigkeit als Wissenschaftliche Angestellte am Lehrstuhl für Staats- und Verwaltungsrecht, Europarecht und Völkerrecht von Prof. Martin Nettesheim. Seit Oktober 2018 ist sie Referendarin am Landgericht Stuttgart.

Abstract

Im Zentrum dieser Arbeit steht die Beobachtung, dass insbesondere in der netzwerkbasierten Kommunikation Entwicklungen auftreten, die Irritationen hervorrufen. Angesprochen sind damit die Phänomene der Fake News, Social Bots und Hate Speech. Die Frage, wie mit diesen Kommunikationsphänomenen umgegangen werden soll, ist zum politischen Streitthema mutiert. Angesichts der liberalen Grundordnung der deutschen Verfassung erscheint insoweit eine besondere Sensibilität geboten.

Gerade deshalb verschafft sich diese Arbeit einen breiten Zugang zum Thema. Denn oftmals bleibt unklar, woran sich ein Beobachter der Kommunikationskultur genau stört. Sie bettet die Diskursphänomene in den verfassungsrechtlichen Kontext ein und wirft die Frage auf, ob sich aus den verfassungstheoretischen und -dogmatischen Grundentscheidungen des Grundgesetzes Ansätze gewinnen lassen, die eine Verantwortung des Staates, sich diesen Diskursphänomenen im Wege einer Regulierung anzunehmen, nahelegen.
»State Responsibility for Discursive Integrity in Public Spaces«

The communication phenomena of fake news, social bots and hate speech dominate the discussion about the network-based communication culture. It is often forgotten that regulation in this area touches on fundamental principles of the liberal German constitution. The work approaches the question of regulation with the necessary sensitivity and analyses the basic decisions of constitutional theory and dogmatics with regard to possible solutions.

Table of Contents

Section Title Page Action Price
Vorwort 5
Inhaltsverzeichnis 7
Abkürzungsverzeichnis 13
Erstes Kapitel: Einführung 17
A. Einleitung und Problemstellung 17
B. Gang der Untersuchung und Erkenntnisinteresse 20
Zweites Kapitel: Phänomenologie der Debattenkultur und die Multidimensionalität öffentlicher Räume 24
A. Beobachtung von Diskursphänomenen 25
I. Fake News, alternative Fakten und das Postfaktische Zeitalter 25
1. Renaissance statt Neologismen 27
2. Anspruch an Wahrheit 28
a) Wahrheit oder Wahrheiten 29
b) Konstante oder Variable 30
c) Ethische Dimension 31
3. Brauchbarkeit der Termini: Kampfbegriffe statt Rechtsbegriffe 33
II. Shitstorm, Hate Speech und Cybermobbing 34
III. Social Bots als Beispiel für algorithmengesteuerte Informationsvermittlung 35
1. Funktionsweise von Social Bots 36
2. Einsatzfelder von Social Bots 37
3. Verengung der Diskursräume 37
IV. Begrenzung des Untersuchungsgegenstands: Die Integrität öffentlicher Diskurse in Frage stellende Phänomene 38
B. Multidimensionalität öffentlicher Räume 40
I. Interpretationsmodelle öffentlicher Räume 40
1. Physisch-reale Raummodelle 41
2. Mediales Raummodell im virtuellen Umbruch 42
3. Zwischenergebnis 44
II. Kriterium des Öffentlichen 44
1. Öffentlich als Staatlichkeit 44
2. Öffentlich als allgemeine Zugänglichkeit 45
3. Öffentlicher Raum als Kommunikationsraum im Lichte der freiheitlichen Kommunikationsverfassung des Grundgesetzes 47
4. Zwischenergebnis 49
III. Begrenzung des Untersuchungsgegenstands: Öffentliche Räume 49
Drittes Kapitel: Maßstäbe für die Neubewertung der Anomalien in öffentlichen Diskursverläufen 52
A. Integrität als Maxime in öffentlichen Räumen 52
I. Deutung von Integrität im öffentlichen Diskurs 53
II. Integritätsverlust und Integritätserwartungshaltung 54
B. Gesellschaftlicher Wandel 55
I. Sicherheit statt Freiheit 56
II. Radikalisierung 60
III. Moralisierung und (individuelle) Sensibilisierung 61
IV. Zwischenergebnis 64
C. Veränderte Typologie von Gefährdungslagen in öffentlichen Räumen 65
I. Ursachen für die Entwicklung von Gefährdungslagen 65
1. Veränderung der Medienlandschaft 65
a) Soziale Netzwerke als Katalysator der Empörungs- und Enthüllungsdemokratie 67
b) Bedeutungsverlust oder (versäumter) Bedeutungswandel der klassischen Massenmedien 69
2. Staatsversagen und Marktversagen 71
3. Externe Zwänge der medialen Berichterstattung 73
II. Typologie von Gefährdungslagen 75
1. Geschwindigkeit 75
2. Perpetuierung 77
3. Reichweite 78
4. Anonymität 80
5. Fazit 82
D. Politische Leitideen 83
E. Wirkungen und Auswirkungen definierter Teilphänomene 85
I. Auf Rechte Einzelner 85
II. Auf die öffentliche Meinungsbildung 86
III. Auf politische Entscheidungsprozesse 88
F. Ergebnis und weiterer Gang der Untersuchung 88
Viertes Kapitel: Meinungsfreiheit als Sinnbild der grundrechtlichen Freiheitsidee und zugleich negative Determinante einer staatlichen Verantwortung für diskursive Integrität 91
A. Einordnung der Phänomenologie der Debattenkultur in die Meinungsfreiheit des Grundgesetzes 92
I. Wahrheitspostulat im Rahmen der Meinungsäußerungsfreiheit 93
1. Fragilität der gespaltenen Auslegung nach Werturteilen und Tatsachenbehauptungen 94
2. Wahrheit oder Unwahrheit als subjektives Ergebnis der geistigen Auseinandersetzung 96
II. Aggressiver, hasserfüllter Hedonismus als Probe liberaler Kommunikation 98
III. Automatisierte Kommunikation als Folge der Digitalisierung 101
IV. „Teilen“ und „Liken“ als Meinungsäußerung 103
V. Internet – Intermediäre als Grundrechtsträger der Meinungsäußerungsfreiheit 103
B. Bisherige Grenzen der Rechtsordnung 105
I. Gesetzesvorbehalte des Art. 5 Abs. 2 GG und die Grenzen durch kollidierendes Verfassungsrecht 105
II. Sonderfall: Verbreitung nationalsozialistischen Gedankenguts 107
III. Fazit 109
C. Justierung von grundrechtlicher Freiheit und staatlicher Verantwortung im Rahmen einer Abwägung 109
I. Legitimes Regelungsziel zur Unterbindung niederschwelliger Störungen 110
1. Gebot ethischer oder moralischer Neutralität im öffentlichen Diskurs 110
2. Unterbindung niederschwelliger Störungen zur Wahrung der Konformität als legitimes Regelungsziel und alternative Begründungsansätze 113
II. Mindestschutz als Maximalschutz? 117
III. Abwägungsdirektiven 120
1. Wahrheit oder Unwahrheit nach derzeitigem wissenschaftlich ermittelten Erkenntnisstand 121
2. Manipulationsvorsatz und Missbrauch der freien Wahl der Äußerungsmodalität 121
3. Äußerungen mit gesellschaftlicher Anstoßfunktion 123
4. Prognose hinsichtlich des Eintritts reeller Gefahren für Individuen oder demokratische Entscheidungsprozesse 125
5. Blinde Übernahme fremder Äußerungen 127
D. Das grundgesetzliche Zensurverbot als äußerste Grenze staatlicher Intervention in öffentlichen Räumen 128
I. Querschnitt des Meinungsspektrums anhand herkömmlicher Antagonismen 129
1. Vorzensur – Nachzensur 129
2. Präventive Zensur – Repressive Zensur 131
3. Formelle Zensur – Materielle Zensur 132
4. Absolutes Zensurverbot – Relatives Zensurverbot 133
II. Intention des Zensurverbots 133
III. Befund zum Modifikationsbedarf durch veränderte Kommunikationsräume 134
1. Bedeutung des Zensurverbots beim Umgang mit „Private Censorship“ 135
2. Faktische Verhinderungswirkungen 136
3. Praktikabilität eines Vor- oder Nach-Modells 137
E. Fazit: Liberale Rahmenordnung 138
Fünftes Kapitel: Verfassungstheoretische und verfassungsdogmatische Begründung von Verantwortungssphären in öffentlichen Räumen 140
A. Bedeutung von Verfassungstheorie und Verfassungsdogmatik 140
I. Notwendigkeit einer Theorie der Verfassung und die Unterscheidung zur Verfassungsdogmatik 141
II. Nutzen einer verfassungstheoretischen Betrachtung 144
III. Erkenntnisquellen einer verfassungstheoretischen Betrachtung 145
1. Entstehungskontext 145
2. Verfassungsvergleichung 146
3. Verfassungswirklichkeit 148
B. Bedeutung des Verantwortungsbegriffs bei der sphärischen Betrachtung öffentlicher Räume 149
I. Verantwortung als Komplementärbegriff der Freiheit 150
II. Verantwortung als Konträrbegriff der Freiheit 151
III. Bilanz für den zu untersuchenden Verantwortungsgegenstand 152
C. Existenz originärer staatlicher Verantwortlichkeiten 152
I. Kongruenz von Verantwortung und Aufgabe 153
II. Verfassungstheoretische Staatsaufgabenlehre 154
III. Ursprünglichkeit als kategoriale Differenzierungsoption staatlicher Aufgaben 156
IV. Dogma der Allzuständigkeit des Staates 159
V. Legitimationsgrundlagen staatlicher Aufgaben und positive Initiatoren staatlicher Verantwortung 161
VI. Grenzen des demokratischen Verfassungsstaats 167
VII. Zusammenfassung der Ergebnisse 169
D. Verantwortung für die Struktur der Diskurse in öffentlichen Räumen 170
I. Diskursive Integrität als konstitutives Element eines demokratischen Verfassungsstaats 171
1. Aus normativer Sicht 171
a) Demokratie als formales Modell zur Erzielung größtmöglicher Freiheit – Erkenntnisse der Demokratietheorie Hans Kelsens 172
b) Grenzenlose Freiheit – Erkenntnisse der Idee eines reinen Liberalismus 174
c) Demokratie als Veranstaltung eines öffentlichen Diskurses – Erkenntnisse der deliberativen Demokratietheorie Jürgen Habermas’ 175
d) Demokratie als gesellschaftliche Verantwortung – Erkenntnisse des Kommunitarismus 178
2. Aus empirischer Sicht 180
3. Perspektiven einer staatlichen Reaktion auf den diskursiven Status quo 182
4. Demokratie unter dem Grundgesetz 183
a) Richtungsvorgaben des Bundesverfassungsgerichts 184
b) Streitbare Demokratie als Mittel zur Gewährleistung diskursiver Integrität? 187
c) Mentalität der verfassungsrechtlichen Demokratie gegenüber diskursiver Integrität 190
d) Gesellschaftliche Diskursverantwortung als „metarechtliche Verfassungserwartung“ 191
II. Gewährleistung der Authentizität demokratischer Entscheidungsprozesse mittels diskursiver Integrität 193
1. Freiheit der Wahl 193
2. Chancengleichheit der Parteien 195
III. Objektiv-rechtliche Grundrechtsdimension 195
1. Diskursive Integrität als Element einer Werteordnung 197
2. Schutzpflichten der staatlichen Gewalt 198
a) Universalität der Schutzpflichtenlehre und Atypik der Forschungsfrage 199
b) Potenzielle verantwortungsbegründende Schutzgüter 202
aa) Aufrechterhaltung einer funktionierenden Kommunikationsordnung 202
bb) Positive und negative Informationsfreiheit 206
cc) Staatlicher Schutz vor privater Abschreckung 209
3. Diskursive Integrität als Voraussetzung der Grundrechtsausübung 210
4. Gemeinwohlverträglicher Grundrechtsgebrauch als „metarechtliche Verfassungserwartung“ 213
IV. Verfassungstheoretischer Methodenkanon in der Funktion der Antithese 214
1. Einwand des Entstehungskontextes: Staatliche Gewährleistung diskursiver Integrität als unerwünschte Form staatlichen Paternalismus 215
2. Einwand der Verfassungswirklichkeit: Private Akteure als Motor der Kommunikation 219
V. Vorläufige Bilanz: Bedingte politische Freiheit ohne verfassungsrechtliche Pflicht 221
Sechstes Kapitel: Zur Gebotenheit und Ausgestaltung rechtspolitischer Maßnahmen 223
A. De lege lata: Rechtsgebiete mit überindividueller, integritätsfördernder Steuerungswirkung im öffentlichen Diskurs 223
I. Mittelbare Steuerungswirkung 224
1. Kartellrecht 224
2. Datenschutzrecht 226
3. Vertragsrecht 227
4. Strafrecht 228
II. Unmittelbare Steuerungswirkung des Medienrechts – Fehlende Durchschlagskraft für Äußerungen von und in sozialen Netzwerken 229
III. Die jüngste Antwort des Gesetzgebers: Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz 231
IV. Bewertung de lege lata 233
B. Relevanz von „soft law“ 233
I. Instrumente freiwilliger Selbstkontrolle 234
II. Bewertung der vorhandenen „soft law“ 238
C. De lege ferenda: Rechtspolitische Perspektiven 239
I. Internationale (Negativ)-Vorbilder 240
II. Zukunft der Harmonisierung oder Differenzierung 242
III. Was nicht getan werden darf und was getan werden muss – Impulse für den Umgang mit dem Status quo der Debattenkultur 244
1. Empirische Erkenntnisse als notwendiges Zwischenziel 244
2. Keine Verbotsarchitektur und Aufkündigung der Anonymität im Netz 246
3. Vertrauensarchitektur durch Transparenz 247
4. Stärkung der Medienkompetenz 250
5. Plenum als Vorbild 252
IV. Zukunft der „soft law“ oder „hard law“ 253
V. Fazit: Rechtspolitik als Spiegel der verfassungsrechtlichen Direktiven 255
Siebtes Kapitel: Zusammenfassung in Thesen 257
Literaturverzeichnis 271
Stichwortverzeichnis 315