Die Kumulation stickstoffemittierender Projekte in der FFH-Verträglichkeitsprüfung: Ein Verteilungsproblem
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Die Kumulation stickstoffemittierender Projekte in der FFH-Verträglichkeitsprüfung: Ein Verteilungsproblem
Eine Darstellung unter besonderer Berücksichtigung der immissionsschutzrechtlichen Anlagenzulassung
Schriften zum Umweltrecht, Vol. 194
(2020)
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About The Author
Jens Weuthen studierte Rechtswissenschaften an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster sowie an der University of Waikato, Neuseeland. Parallel absolvierte er die fachspezifische Fremdsprachenausbildung im Englischen Recht. Im Jahr 2015 legte er die Erste Juristische Staatsprüfung ab. Anschließend war er bis 2018 an der Universität Münster promotionsbegleitend wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Umwelt- und Planungsrecht bei Prof. Dr. Sabine Schlacke. Seit 2019 ist er Rechtsreferendar am Kammergericht Berlin mit Stationen unter anderem beim Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU).Abstract
Die Kumulationsprüfung in der FFH-Verträglichkeitsprüfung bereitet Vorhabenträgern, Behörden und Gerichten mangels konkretisierenden Normbestands nach wie vor erhebliche verfahrensrechtliche Schwierigkeiten. Weitgehend unbeachtet blieb dabei bislang, dass die Kumulationsprüfung angesichts nahezu erschöpfter »Umweltbelastungskontingente« Verteilungswirkungen verursacht. Behörden und Rechtsprechung behelfen sich zur Auflösung dieser Verteilungswirkungen mit dem formalen Kriterium zeitlicher Priorität. Der Autor diskutiert, ob dieses Kriterium den divergierenden Grundrechtsinteressen in der Kumulation angemessen ist. Er formuliert in Kombination materieller und formeller Entscheidungskriterien einen Lösungsvorschlag, der die der Kumulation innewohnenden Verteilungswirkungen in grundrechtsschonender Weise verfahrensrechtlich abstützt. Einen besonderen Zuschnitt erfährt die Arbeit auf den in Rechtsprechung und Literatur vielfach gegenständlichen Wirkfaktor »Stickstoffverbindungen«.»The Cumulative Impact Assessment of Nitrogen-Emitting Projects According to the Habitats Directive: A Problem of Distribution«The cumulative assessment in the FFH impact assessment causes distributional effects due to almost exhausted »environmental pollution quotas«. Authorities and courts use the principle of priority to resolve these effects. With regard to the impact factor »nitrogen«, the author discusses whether this criterion is appropriate regarding the diverging fundamental rights interests impacted. He proposes a solution combining material and formal decision criteria.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Vorwort | 5 | ||
Inhaltsverzeichnis | 7 | ||
Abkürzungsverzeichnis | 13 | ||
Einleitung | 17 | ||
1. Kapitel: Die Konkurrenz in der Kumulation stickstoffemittierender Projekte | 23 | ||
A. Fachliche Hintergründe zur Stickstoffbelastung in der Bundesrepublik Deutschland | 23 | ||
B. Grundzüge und Grundlagen der FFH-Verträglichkeitsprüfung stickstoffemittierender Projekte | 26 | ||
I. Stickstoffemittierende Anlagen als Projekt i.S.d. § 34 Abs. 1 S. 1 BNatSchG: Der Untersuchungsgegenstand der FFH-Verträglichkeitsprüfung | 26 | ||
II. Die wesentlichen Verfahrensschritte der FFH-Verträglichkeitsprüfung | 28 | ||
III. Die Kumulation | 30 | ||
IV. Die Erheblichkeitsbewertung stickstoffemittierender Projekte in der FFH-Verträglichkeitsprüfung | 31 | ||
1. Schutzgutbezogene Reaktions- und Belastungsschwellen: Critical Loads als Belastungsgrenze für Stickstoffeinträge | 32 | ||
a) Empirische Critical Loads | 33 | ||
b) Modellierte Critical Loads | 34 | ||
2. Eingriffsbezogene Bagatellschwellen und Abschneidekriterien | 35 | ||
a) Bagatellschwellen | 36 | ||
b) Abschneidekriterien | 38 | ||
3. Zwischenergebnis | 42 | ||
C. Konkurrenz in der Kumulation | 43 | ||
I. Das sog. Kumulationsdilemma: Die Frage nach den in das Bagatellkontingent einzustellenden kumulierenden Projekten | 44 | ||
1. Oberverwaltungsgericht Münster und TA Luft-Entwurf/2018: Das Jahr 2004 als Sockeljahr | 44 | ||
2. Die Revisionsentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in der Rechtssache Trianel als grundsätzliche Absage an das Sockeljahr 2004 | 45 | ||
3. Der TA Luft-Entwurf/2016: Der UBA-Datensatz als zeitliche Zäsur zur Ermittlung der Vorbelastung | 47 | ||
II. Die Behandlung von Änderungsvorhaben in der Kumulation | 48 | ||
1. Die Bestimmung der prüfgegenständlichen Projekte bei Änderungsvorhaben nach Maßgabe des jeweiligen Fachrechts | 49 | ||
2. Ansatz des TA Luft-Entwurfs/2018 | 51 | ||
III. Zwischenergebnis: Das FFH-Rechtsregime als Konkurrenzfrage | 53 | ||
2. Kapitel: Das Prioritätsprinzip in der Rechtsprechung als unzureichender Entscheidungsmaßstab bei parallelen Genehmigungsanträgen | 57 | ||
A. Das Prioritätsprinzip als geeigneter Entscheidungsmaßstab bei zumindest genehmigten Projekten | 60 | ||
B. Das Prioritätsprinzip als Entscheidungsregel bei parallelen Genehmigungsanträgen – Rechtliche Grenzen und Vorgaben am Beispiel zusammentreffender immissionsschutzrechtlicher Genehmigungsanträge | 61 | ||
I. Die Vereinbarkeit des Prioritätsprinzips mit den Verfahrensvorschriften des Bundesimmissionsschutzgesetzes | 63 | ||
1. Die Unvereinbarkeit des Prioritätsprinzips mit dem Gebot der zügigen Verfahrensführung und dem Koordinierungsgebot im Anlagenzulassungsrecht | 63 | ||
2. Keine materiell-rechtliche Vorrangwirkung der diskutierten Anknüpfungspunkte: Die Sach- und Rechtslage des Genehmigungszeitpunkts als entscheidender Zeitpunkt der Rechtmäßigkeit | 66 | ||
3. Zwischenergebnis | 68 | ||
II. Die Vereinbarkeit des Prioritätsprinzips mit nationalen und unionalen Grundrechten | 68 | ||
1. Die Kumulation im grundrechtlichen Mehrebenensystem: Das Verhältnis nationalen und unionalen Grundrechtsschutzes | 69 | ||
2. Der mitgliedstaatliche Gestaltungsspielraum bei der Transformation der FFH-Richtlinie ins nationale Recht | 72 | ||
a) Beschränkte formelle Determinierung des nationalen Rechts durch die FFH-Richtlinie | 72 | ||
b) Die materielle Determinierung nationalen Rechts durch das FFH-Recht: Weiter Gestaltungsspielraum in Bezug auf die nationale Schutzgebietsausweisung | 73 | ||
c) Zwischenergebnis: Nebeneinander nationaler und unionaler Grundrechte bei der mitgliedstaatlichen Umsetzung und Durchführung des FFH-Rechts | 75 | ||
3. Die Vereinbarkeit des Prioritätsprinzips mit nationalen und unionalen Freiheitsrechten | 75 | ||
a) Die Eingriffsqualität der Versagung bodenverunreinigender Nutzungen: Das sog. Recht auf Umweltverschmutzung | 76 | ||
b) Betroffene Freiheitsrechte in der Kumulation | 79 | ||
aa) Das Recht auf Eigentum aus Art. 14 Abs. 1 GG | 79 | ||
bb) Das Eigentumsrecht aus Art. 17 GRC | 82 | ||
cc) Die Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG | 84 | ||
dd) Das Recht auf wirtschaftliche Betätigungsfreiheit gem. Art. 15, 16 GRC | 85 | ||
ee) Die allgemeine Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG | 88 | ||
c) Rechtfertigung des Prioritätsprinzips vor dem Hintergrund betroffener Freiheitsrechte | 89 | ||
4. Die Vereinbarkeit des Prioritätsprinzips mit dem allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG und dem Recht auf Gleichheit vor dem Gesetz aus Art. 20 GRC | 91 | ||
III. Das Prioritätsprinzip: Kein allgemeiner Verwaltungsgrundsatz | 94 | ||
1. Keine Ableitbarkeit der Grundsatzqualität des Prioritätsprinzips aus einfachem Recht | 95 | ||
2. Die Verfassung als Maßstab: Keine verallgemeinerungsfähige sachgerechte Mängelverwaltung anhand des Prioritätsprinzips | 96 | ||
C. Zwischenergebnis: Ausschließliche Anwendung des Prioritätsprinzips bei parallelen Genehmigungsanträgen nicht rechtmäßig | 98 | ||
3. Kapitel: Eine Einordnung der Kumulation stickstoffemittierender Projekte in die öffentlich-rechtliche Verteilungsordnung | 99 | ||
A. Die Rechtsordnung als Verteilungsordnung | 99 | ||
I. Der Verfahrenstypus des „Verteilungsverfahrens“ und Verwaltungsentscheidungen mit Verteilungswirkungen | 101 | ||
II. Die hoheitliche Erstverteilung und potentielle Umverteilung knapper Güter | 102 | ||
III. Die Unterscheidung zwischen Zu- und Verteilung: Die Bewältigung von Verteilungsproblemen anhand von Planungsinstrumenten oder Verteilungsprogrammen | 105 | ||
IV. Zwischenergebnis | 106 | ||
B. Umwelt als Verteilungsgegenstand | 107 | ||
I. Die „Umwelt“ als knappes Gut | 107 | ||
1. Der Begriff der „Umweltknappheit“ | 108 | ||
2. Nutzungsformen von Umweltgütern | 109 | ||
3. Verwendungskonkurrenzen bei Umweltgütern | 109 | ||
4. Die Relativität der Umweltknappheit: Die ökologische, ökonomische und rechtliche Bestimmung von Kapazitätsgrenzen | 110 | ||
a) Ökologische bzw. „natürliche“ Umweltknappheit | 111 | ||
b) Ökonomische Bewertung der Umweltknappheit | 112 | ||
c) Rechtliche Umweltknappheit | 114 | ||
aa) Grenzwerte | 114 | ||
bb) Kapazitätsorientierte Umweltrechtsprinzipien | 115 | ||
d) Zwischenergebnis: Verzerrte Knappheitsbewertungen als Gefahrquelle unverhältnismäßiger Verteilungsentscheidungen | 122 | ||
II. Die Verteilbarkeit von Umweltgütern: Umweltmedien als Verteilungsgut | 123 | ||
III. Zwischenergebnis | 125 | ||
C. Die Kumulation stickstoffemittierender Projekte in der öffentlichen Verteilungsordnung: Eine Standortbestimmung | 125 | ||
I. Das „knappe“ Gut in der Kumulation stickstoffemittierender Anlagen: Nutzungsrechte an umweltrezeptorabhängigen Schadstoffaufnahmekapazitäten | 126 | ||
II. Rechtliche Verknappung durch das Verschlechterungsverbot in seiner Eigenschaft als kapazitätsorientiertes Umweltrechtsprinzip | 127 | ||
III. Die Kumulation als Fall der Erst- und verdeckten Umverteilung in Abhängigkeit zur Ausschöpfung bestehender Belastungskontingente | 129 | ||
IV. Die Zuweisung von Nutzungsrechten an umweltrezeptorabhängigen Schadstoffaufnahmekapazitäten in der Kumulation als Verteilungssituation in Abgrenzung zu Zuteilungskonstellationen | 130 | ||
D. Zwischenergebnis | 131 | ||
4. Kapitel: Rechtliche Maßstabbildung für die Kumulationsentscheidung bei parallel beantragten Projekten | 132 | ||
A. Die verfassungsrechtlichen und unionsgrundrechtlichen Vorgaben an die staatliche Verteilungstätigkeit | 132 | ||
I. Die verfassungsrechtlichen Verteilungsdirektiven | 133 | ||
1. Der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG als wesentliche verfassungsrechtliche Verteilungsnorm | 133 | ||
a) Materielle Anforderungen des allgemeinen Gleichheitssatzes aus Art. 3 Abs. 1 GG an die Verteilungskriterien | 134 | ||
b) Die prozeduralen Anforderungen des allgemeinen Gleichheitssatzes an die Ausgestaltung staatlicher Verteilungsverfahren | 135 | ||
2. Die Freiheitsrechte | 137 | ||
a) Die freiheitsrechtsrechtlichen Verteilungsdeterminanten unter besonderer Berücksichtigung ihrer Funktionenpluralität | 137 | ||
b) Die materiellen und formellen Anforderungen der Freiheitsrechte an die Ausgestaltung von Verteilungsverfahren | 142 | ||
3. Parlamentsvorbehalt | 143 | ||
II. Der unionsgrundrechtliche Maßstab staatlicher Verteilungstätigkeit | 145 | ||
III. Zwischenergebnis | 147 | ||
B. Übertragung der verfassungsrechtlichen und europarechtlichen Verteilungsdirektiven auf die Kumulation stickstoffemittierender Projekte | 148 | ||
I. Die geeigneten Verteilungskriterien in der Kumulation stickstoffemittierender Projekte | 148 | ||
II. Geeignete Verfahrensvorgaben für die Kumulation stickstoffemittierender Projekte: Übertragung des Konzeptpflichtgedankens | 151 | ||
III. Der Parlamentsvorbehalt in der Kumulation stickstoffemittierender Projekte – Das Erfordernis einer Regelung in Grundzügen | 152 | ||
1. Konkretisierungsgrad einer gesetzgeberischen Regelung | 152 | ||
2. Kein Ausschluss des gesetzgeberischen Regelungserfordernisses durch die Ausnahmeregelungen nach § 34 Abs. 3–5 BNatSchG | 154 | ||
3. Zwischenergebnis: Das Erfordernis einer gesetzgeberischen Regelung der Auswahlkriterien | 156 | ||
5. Kapitel: Die Auflösung des Verteilungsproblems parallel beantragter Projekte – Mögliche Lösungsansätze | 158 | ||
A. Ansätze in der Literatur und sachverwandten Rechtsmaterien zur Auflösung des der Kumulation stickstoffemittierender Projekte innewohnenden Verteilungsproblems | 158 | ||
I. Das Gebot der wechselseitigen Rücksichtnahme | 159 | ||
1. Die Mittelwertrechtsprechung der Verwaltungsgerichte als Konkretisierung der Verhältnismäßigkeit | 159 | ||
2. Übertragung der Mittelwertrechtsprechung auf die Kumulation in der FFH-Verträglichkeitsprüfung | 160 | ||
3. Kritik | 161 | ||
II. Die „nachträgliche Kumulation“ gem. § 12 Abs. 2 UVPG: Vorrangregelung nach Maßgabe zeitlicher Priorität | 162 | ||
1. Der mit der Kumulation im FFH-Recht vergleichbare Regelungsgehalt des § 12 Abs. 2 UVPG | 162 | ||
2. Keine Übertragbarkeit des Regelungsgehalts des § 12 Abs. 2 UVPG auf die Kumulation stickstoffemittierender Projekte | 163 | ||
III. Die Kombination materieller und formeller Kriterien in Landeswassergesetzen als Lösungsansatz für vielschichtige Verteilungssituationen | 164 | ||
1. Die Entscheidungsregel des Art. 68 BayWG | 165 | ||
2. Übertragung der Entscheidungsregel des Art. 68 BayWG auf die Kumulation stickstoffemittierender Projekte in der FFH-Verträglichkeitsprüfung | 167 | ||
IV. Zwischenergebnis | 169 | ||
B. Regelungsvorschläge für die Kumulation stickstoffemittierender Anlagen im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren: Die Auflösung des Verteilungsproblems umweltrezeptorabhängiger Schadstoffaufnahmekapazitäten | 169 | ||
I. Die Ergänzung des § 34 BNatSchG um eine wirkfaktor- und verfahrensunabhängige Entscheidungsregel als Kombination materieller und formeller Verteilungskriterien | 170 | ||
II. Wirkfaktor- und verfahrensspezifische Regelungen für immissionsschutzrechtliche Anlagen durch Ergänzung der TA Luft | 173 | ||
1. Räumlicher Anwendungsbereich der Kumulation stickstoffemittierender Anlagen | 174 | ||
2. Flächenbezogene Bagatellschwellen: Großzügigere Bagatellschwellen anhand der Ermittlung gradueller Funktionsbeeinträchtigungen von Lebensraumtypflächen | 175 | ||
3. Der Einsatzzeitpunkt der Kumulation im immissionsschutzrechtlichen Trägerverfahren: Das Erfordernis einer zeitlichen Begrenzung des Kumulationszeitraums in Anlehnung an den TA Luft-Entwurf/2016 | 181 | ||
4. Die Definition hinreichend verfestigter stickstoffemittierender Projekte gemäß der vorgeschlagenen Entscheidungsregel in der TA Luft | 183 | ||
6. Kapitel: Zusammenfassung der Ergebnisse | 187 | ||
Literaturverzeichnis | 193 | ||
Sachwortverzeichnis | 206 |