Menu Expand

Exterritoriale Selbstverteidigung im unwilligen oder unfähigen Staat

Cite BOOK

Style

Lorenz, P. (2021). Exterritoriale Selbstverteidigung im unwilligen oder unfähigen Staat. Duncker & Humblot. https://doi.org/10.3790/978-3-428-58051-4
Lorenz, Paul D.. Exterritoriale Selbstverteidigung im unwilligen oder unfähigen Staat. Duncker & Humblot, 2021. Book. https://doi.org/10.3790/978-3-428-58051-4
Lorenz, P (2021): Exterritoriale Selbstverteidigung im unwilligen oder unfähigen Staat, Duncker & Humblot, [online] https://doi.org/10.3790/978-3-428-58051-4

Format

Exterritoriale Selbstverteidigung im unwilligen oder unfähigen Staat

Lorenz, Paul D.

Schriften zum Völkerrecht, Vol. 242

(2021)

Additional Information

Book Details

Pricing

About The Author

Paul D. Lorenz studierte Rechtswissenschaft an der Goethe-Universität Frankfurt am Main. Dort ist er seit 2017 an der Professur für Öffentliches Recht und Rechtsphilosophie von Herrn Prof. Dr. Uwe Volkmann als Wissenschaftlicher Mitarbeiter tätig. Seit 2020 absolviert er das Rechtsre-ferendariat im Landgerichtsbezirk Frankfurt am Main.

Abstract

Die Unterbindung privater Gewaltakte stellt Staaten vor allem dann vor besondere rechtliche Herausforderungen, wenn sie am exterritorialen Aufenthaltsort gefährdender Privatpersonen Maßnahmen im Anwendungsbereich des völkerrechtlichen Gewaltverbots (Art. 2 Nr. 4 UNCh) ergreifen möchten. Ob ihnen hierzu der in Staatenpraxis und Wissenschaft vermehrt ins Feld geführte - auf Verstrickungen und Schwächungen von Aufenthaltsstaaten abhebende - unwilling or unable-Standard verhelfen kann, ist Gegenstand dieser Untersuchung.

Nachdem unter Zugrundelegung der relevanten Staatenpraxis die tatbestandlich ausschlaggebenden Begriffe des »Unwillens« und der »Unfähigkeit« skizziert werden, lotet die Arbeit völkerrechtsdogmatische Einordnungsmöglichkeiten dieses wesentlich um das Selbstverteidigungsrecht (Art. 51 UNCh) kreisenden Standards aus, um zu fragen, ob diese Praxis Ausdruck gewohnheitsrechtlicher Geltung ist bzw. bei der Auslegung der Charta der Vereinten Nationen zu berücksichtigen ist.
Extraterritorial Self-Defence in an Unwilling or Unable State

According to recent State practice, a State imperilled by non-State actors is entitled to the use of force within the territory of another State, if the latter is unwilling or unable to constrain the threats these non-State actors pose. The study therefore examines whether the so-called »unwilling or unable standard« can be considered as part of the existing body of international law, as it puts the ban on the use of force - a peremptory norm of general international law - to a particular test.

Table of Contents

Section Title Page Action Price
Vorwort 7
Inhaltsverzeichnis 9
Abkürzungsverzeichnis 16
Einführung 25
A. Typisches Grundszenario 25
B. Annäherung an den Untersuchungsgegenstand 26
C. Zur Relevanz staatlicher Souveränität in der Untersuchung 30
I. Die Formalisierung staatlicher Souveränität 32
II. Staatliche Souveränität, Gewalt und völkerrechtliches Gewaltverbot 36
III. Aufrechterhaltung staatlicher Souveränität in Grenzsituationen 39
D. Zusammenfassung 43
1. Kapitel: Begriffliche Einordnung des unwilling or unable-Standards 45
A. Abgrenzung anderer Sachbereiche 45
I. Militärischer Menschenrechtsschutz 45
1. Militärische humanitäre Intervention und responsibility to protect 46
a) Begriffliche Annäherung und Abgrenzung 46
b) Rahmen völkerrechtlicher Konformität 48
aa) Ausdrückliche regionale Vorkehrungen als Ausnahme 48
bb) Alleinige Verantwortung des UN-Sicherheitsrats auf universeller Ebene 49
2. Konzeptionelle Rolle unwilliger und unfähiger Staaten 54
a) Intervention der USA und UNO in Somalia 56
b) Eingriff der ECOWAS-Staaten in Liberia und die Lage Sierra Leones 59
3. Zwischenfazit 61
II. Maßnahmen zum Schutz eigener Staatsangehöriger im Ausland 62
1. Mögliche Völkerrechtmäßigkeit 64
2. Umstände der Rettungsbedürftigkeit 67
a) Vorbemerkung 67
b) Beispielsfälle 69
3. Zwischenfazit 71
III. Intervention auf Einladung 72
1. Grundlagen 72
2. Zur Relevanz von Unwillen oder Unfähigkeit 75
IV. Aufnahme neuer UN-Mitglieder gem. Art. 4 UNCh 76
V. Das Komplementaritätsprinzip gem. Art. 17 Römisches Statut 77
1. Staatlicher Unwille 79
2. Staatliche Unfähigkeit 82
a) Der Fall Bemba – Zentralafrikanische Republik 83
b) Der Fall Gaddafi – Libyen 84
3. Zwischenfazit 85
VI. Zusammenfassung 85
1. Staatlicher Unwille 86
2. Staatliche Unfähigkeit 86
B. Relevante Staatenpraxis 87
I. Prä-Charta-Zeit 88
1. Der Caroline-Fall (1837): Vereinigtes Königreich – USA 88
2. Rekurs auf staatliche Unfähigkeit 89
a) Erster Seminolenkrieg (1817–1818): USA – Spanisch-Florida 89
b) Texanischer Unabhängigkeitskrieg (1835–1836): USA – Mexiko 91
c) Grenzkonflikte zwischen den USA und Mexiko (1850er- bis 1880er-Jahre) 93
d) „Pancho Villa“ (1916): USA – Mexiko 95
3. Eine Randbemerkung zum Leticia-Vorfall n(1932–1933): Kolumbien – Peru 96
4. Zwischenfazit 97
II. Geltungsbereich der UN-Charta 97
1. Territorialstaatliche Unfähigkeit 97
a) Dekolonisation des nördlichen Afrikas: Frankreich – Tunesien (ab 1957) 97
b) Auseinandersetzungen zwischen Israel und dem Libanon 100
aa) Bekämpfung der PLO zwischen den 1960er- und 1980er-Jahren 100
bb) Militärische Maßnahmen gegen die Hisbollah: 1993–1996 104
cc) Der „Julikrieg“ (2006) 106
c) Militärische Maßnahmen der Türkei im Irak 108
aa) 1980er-Jahre 109
bb) 1990er-Jahre 109
cc) Von 2007–2008 112
dd) Von 2015–2016 113
d) Militärische Maßnahmen in Syrien ab 2014 114
aa) USA 116
bb) Vereinigtes Königreich 118
cc) Kanada 119
dd) Australien 119
ee) Türkei 120
(1) Militärische Maßnahmen gegen den ISIL 120
(2) Militärische Maßnahmen gegen kurdische Gruppen 121
ff) Frankreich 123
gg) Deutschland 124
hh) Belgien 125
ii) Norwegen 126
jj) Dänemark 127
kk) Zusammenfassung 127
2. Territorialstaatlicher Unwille 128
a) Israelischer Militärschlag in Tunesien: 1985 128
b) Militärische Maßnahmen der USA gegen al-Qaida 129
aa) Sudan und Afghanistan: 1998 130
bb) Post 9/11: Operation Enduring Freedom 131
cc) Anmerkung zur Tötung von Osama bin Laden: 2011 135
c) Russische Interventionen in Georgien (ab 1999) 137
d) Militärische Aktivitäten Kolumbiens in Ecuador: 2008 141
3. Sonstige Fälle 143
III. Zusammenfassung 150
1. Staatlicher Unwille 150
2. Staatliche Unfähigkeit 152
2. Kapitel: Völkerrechtsdogmatische Einordnung des unwilling or unable-Standards 155
A. Vorbemerkung 155
B. Lösungsansätze in der Dogmatik des Selbstverteidigungsrechts 156
I. Der unwilling or unable-Standard als völkerrechtliche Zurechnungsregel 156
1. Argument 156
2. Plausibilität 157
a) Resolutionen der UN-Generalversammlung 158
aa) Friendly Relations Declaration 158
bb) Aggressionsdefinition 159
b) Zur Judikatur des IGH und ICTY 165
c) Staatliche Verantwortlichkeit nach den ILC-Artikeln 171
aa) Maßstab 171
bb) Übertragungen 175
(1) Art. 8 ILC-Artikel 176
(a) Staatliche Unfähigkeit 176
(b) Staatlicher Unwille 177
(2) Art. 9 ILC-Artikel 178
(3) Der vorläufige ILC-Entwurfsartikel 11 180
(a) Vorschlag durch den Sonderberichterstatter R. Ago 181
(b) Kontroverse in der UN-Völkerrechtskommission 185
(c) Schlussendliche Verwerfung 187
d) Fazit 188
II. Territorialstaatliche Duldungspflicht im Sinne des unwilling or unable-Standards 189
1. Argument 189
2. Plausibilität 190
a) Art. 51 UNCh als dogmatische Hürde 191
aa) Zum Wesen bewaffneter Angriffe 191
(1) Intensitätsschwelle 191
(2) Accumulation of events-Doktrin 193
(3) Zeitlicher Rahmen 194
bb) Urheberschaft 197
(1) Auslegungsansätze 197
(2) IGH-Rechtsprechung 200
(a) Grundlinien 201
(b) Limitierte Entwicklungsoffenheit 203
cc) Der Adressat 205
dd) Zwischenfazit 205
b) Begründungsrahmen einer territorialstaatlichen Duldungspflicht 206
aa) Neutralitätsrecht 210
(1) Begründung gewöhnlicher und dauernder Neutralität 210
(2) Pflichten nach den Haager Abkommen (1907) und die Folgen ihrer Verletzung 212
(3) Übertragung 215
(4) Zwischenfazit 216
bb) Diplomaten- und Konsularrecht 217
cc) Völkerrechtlicher Regelungsbestand zur Terrorismusbekämpfung 218
(1) Vertragsrechtliche Ansätze 220
(a) Universales Völkervertragsrecht 220
(b) Regionales Völkervertragsrecht 224
(aa) Europäischer Raum 224
(bb) Amerikanischer Raum 225
(cc) Süd- und südostasiatischer Raum 226
(dd) Arabischer Raum; überregionale islamische Zusammenarbeit 227
(ee) Afrikanischer Raum 228
(ff) Nordosteurasischer Raum 230
(gg) Zwischenfazit 231
(2) UN-Generalversammlung 232
(3) UN-Sicherheitsrat 235
(a) Vorbemerkung zu Art. 25 UNCh 236
(b) Überblick zur Resolutionspraxis 237
(c) Implikationen einer Pflichtverletzung 241
dd) Fazit 243
C. Lösungsansätze außerhalb der Dogmatik des Selbstverteidigungsrechts 244
I. Der völkerrechtliche Notstand 244
1. Argument 244
2. Plausibilität 246
a) Notstand im Völkerrecht 246
aa) Funktion des Notstands 247
bb) Voraussetzungen 248
b) Notstand, Selbstverteidigung und Gewaltanwendung 250
aa) Abgrenzung vom Selbstverteidigungsrecht 251
bb) Notstand als Rechtfertigungsgrund für die Anwendung von Gewalt 254
(1) Militärische humanitäre Intervention 257
(2) Militärische Antiterrormaßnahmen 258
3. Fazit 259
II. Das Recht der Gegenmaßnahmen 261
III. Modifizierungen des völkerrechtlichen Gewaltverbots 262
1. Argument 262
2. Plausibilität 263
a) Methodische Verortung 264
b) Souveränitätsrhetorische und -theoretische Implikationen 266
3. Fazit 269
3. Kapitel: Völkerrechtliche Geltung des unwilling or unable-Standards? 271
A. Methodologischer Maßstab 272
I. Völkergewohnheitsrecht 272
II. Auslegung im Sinne nachfolgender praktischer Übereinstimmung 275
III. Zusammenführende Anmerkungen 278
B. Reaktionen der Staatengemeinschaft 280
I. Späte 1950er-Jahre: Frankreichs Interventionen in Tunesien 280
II. Ende der 1960er- bis frühe 1980er-Jahre: Israels Interventionen im Libanon 281
1. Grundsätzliche Kritik 281
2. Rechtsdogmatische Kritik 285
3. Vorsichtige Betonung des israelischen Selbstverteidigungsrechts 286
4. Moderierend-kritische Stellungnahmen 288
5. Zwischenfazit 290
III. Mitte der 1980er-Jahre: Israelische Militärschläge in Tunesien 291
IV. Entwicklungen zum Ende der 1990er-Jahre hin: Interventionen Israels im Libanon 295
1. Zum Jahr 1993 295
2. Weitere (das Jahr 1996 einschließende) Entwicklungen 296
a) Annahme einer Aggression oder eines Verstoßes gegen Art. 2 Nr. 4 UNCh 297
b) Vorwiegende Betonung des israelischen Selbstverteidigungsrechts 298
c) Moderierende Stellungnahmen 298
3. Zwischenfazit 300
V. Jahrtausendwende: Russische Antiterror-Maßnahmen in Georgien 302
VI. Mitte der 2000er-Jahre: Abermalige Interventionen Israels im Libanon 303
1. Aggression und Völkerrechtsverstoß 305
2. Vermittelnde Stellungnahmen im Schwerpunkt 307
3. Vorwiegende Betonung des israelischen Selbstverteidigungsrechts 309
4. Zwischenfazit 310
VII. Militärische Maßnahmen der Türkei im Irak (vom Ende der 2000er-Jahre an) 311
VIII. 2010er-Jahre: Globale Anstrengungen zur Bekämpfung des ISIL 315
1. Einheitliche Verurteilung des ISIL in der Staatengemeinschaft 315
2. Behandlung im UN-Sicherheitsrat 318
a) Skepsis und Ablehnung 318
b) Befürwortung militärischer Maßnahmen 320
c) Zurückhaltende Begrüßung militärischer Maßnahmen 321
d) Rechtsansichten im arabischen Raum und weiteren Nahen Osten 323
e) Randbemerkung zu militärischen Maßnahmen gegen kurdische Gruppen 326
3. Zwischenfazit 326
a) Einheitlich wahrgenommene Gefahrenlage: Erfordernis militärischer Maßnahmen 326
b) Vorherrschen unbestimmter Erklärungen 327
c) Anmerkung zu den zentralen Resolutionen des UN-Sicherheitsrats 328
C. Ergebnis 330
I. Entwicklung: Zunehmender Gebrauch nund rückläufige Kritik 330
II. Konstante: Unbestimmtheit und Unklarheit 331
III. Bewertung 332
Schlussfolgerung 336
Entscheidungsverzeichnis 342
Verzeichnis ausgewählter Dokumente 345
Literaturverzeichnis 348
Stichwortverzeichnis 376