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Meller, L. (2021). Urteilsabsprachen im österreichischen Strafprozess. Zur Macht des Faktischen. Duncker & Humblot. https://doi.org/10.3790/978-3-428-55497-3
Meller, Laura. Urteilsabsprachen im österreichischen Strafprozess: Zur Macht des Faktischen. Duncker & Humblot, 2021. Book. https://doi.org/10.3790/978-3-428-55497-3
Meller, L (2021): Urteilsabsprachen im österreichischen Strafprozess: Zur Macht des Faktischen, Duncker & Humblot, [online] https://doi.org/10.3790/978-3-428-55497-3

Format

Urteilsabsprachen im österreichischen Strafprozess

Zur Macht des Faktischen

Meller, Laura

Beiträge zum Internationalen und Europäischen Strafrecht / Studies in International and European Criminal Law and Procedure, Vol. 44

(2021)

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About The Author

Laura Meller studierte Rechtswissenschaften an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg und absolvierte ihr Rechtsreferendariat im Oberlandesgerichtsbezirk Koblenz. Sie ist als Rechtsanwältin tätig.

Abstract

Urteilsabsprachen, das heißt Verständigungen zwischen Gericht, Staatsanwaltschaft und Verteidigung über das Verfahrensergebnis, sind dem österreichischen Strafprozessrecht fremd. Vom Obersten Gerichtshof wurden sie im Jahre 2004 verboten. Dennoch scheinen sich Urteilsabsprachen unter strengster Vertraulichkeit als verbreitetes Phänomen im österreichischen Strafverfahren etabliert zu haben. Leitende Frage der Arbeit ist deshalb, wie mit diesem Befund - namentlich im Lichte des deutschen Absprachewesens - zu verfahren ist. Dazu werden zunächst die möglichen Ursachen und Zulässigkeitsprobleme von Urteilsabsprachen untersucht. Sodann wird aufgezeigt, dass Legitimationsmodelle zur Lösung der Absprachenproblematik nicht überzeugen können. Da sich eine ökonomisierte Praxis den »Deal« aber nicht ohne Weiteres verbieten lässt, werden schließlich Gegenmaßnahmen zur Absprachenpraxis beleuchtet.»Plea Bargaining in Austrian Criminal Proceedings - The Power of the Factual«

The current Austrian Code of Criminal Procedure does not allow the plea bargain as an instrument of completion. The Austrian supreme court has in 2004 ruled out plea bargaining. Nevertheless, plea bargains nowadays seem to be commonplace in the daily dealings of criminal justice. The central question of this research is therefore to explore how Austria should be proceeding in the face of these circumstances.

Table of Contents

Section Title Page Action Price
Vorwort 5
Inhaltsverzeichnis 7
Abkürzungsverzeichnis 14
A. Einleitung 21
I. Aufgabenstellung 22
II. Abgrenzung der „Urteilsabsprache“ 25
III. Problematik der Urteilsabsprache 28
IV. Gang der Untersuchung 30
B. Urteilsabsprachen in der Praxis 33
I. Existenz von Urteilsabsprachen 33
II. Mutmaßliche Ursachen 34
1. Überlastung und Überforderung der Justiz 34
a) Überlastung der Justiz 35
aa) Pensenberechnung nach der PAR 35
bb) Anstieg der Regelungsdichte des materiellen Strafrechts 37
cc) Kompensierung durch die Diversion? 38
dd) Kompensierung durch das neue Mandatsverfahren? 40
ee) Konfliktbereitschaft der Verteidigung in der Hauptverhandlung? 40
b) Überforderung der Justiz 45
2. Verfahrenspsychologische Aspekte: Eigeninteressen der Verfahrensbeteiligten 48
a) Gericht 49
b) Staatsanwaltschaft 50
c) Verteidigung 50
d) Angeklagter 53
e) Gleichlauf der Interessen 55
3. Opferschutz und Wiedergutmachung 56
4. Zwischenergebnis 59
III. Ausbreitung der Urteilsabsprachen 59
1. Zunahme umfangreicher Großverfahren 60
2. Einbettung konsensualer Verfahrenselemente in die StPO 61
a) Diversion 61
b) „Große“ Kronzeugenregelung 64
c) Wiedereinführung des Mandatsverfahrens 65
3. Funktionsverlust der Hauptverhandlung 66
4. Zwischenergebnis 70
IV. Ergebnis des Kapitels 70
C. Meinungsstand zu Urteilsabsprachen 72
I. Aktuelle Rechtsprechung des OGH 72
II. Ansichten im Schrifttum 75
1. Entwicklung der rechtswissenschaftlichen Erörterung 75
2. Gegenwärtiger Stand der Diskussion 78
a) Ablehnung 79
b) Befürwortung 79
III. Ergebnis des Kapitels 82
D. Zulässigkeitsfragen von Urteilsabsprachen nach geltendem Recht 83
I. Kernprobleme 84
1. Vereinbarkeit mit dem Prinzip der materiellen Wahrheit 84
a) Erfüllung der richterlichen Aufklärungspflicht? 85
b) Modifizierte Aufklärungspflicht bei Absprachegeständnis? 87
aa) Geständnis im System der Beweismittel 88
(1) Begriff 88
(2) Historischer Überblick über die Funktion des Geständnisses in der strafprozessualen Beweisführung 89
(3) Geständnis im heutigen Strafprozess 92
(4) Zwischenergebnis 93
bb) Eigenständiger Beweiswert eines Absprachegeständnisses? 93
(1) Qualität eines Geständnisses im konventionellen Strafprozess 93
(a) Beweiswert eines „substantiierten“ Geständnisses 95
(b) Beweiswert eines „schlanken“ Geständnisses 95
(2) Qualität eines Absprachegeständnisses 97
(3) Zwischenergebnis 100
cc) Verzichtbarkeit eines eigenständigen Beweiswerts? 100
(1) Unterschiede zwischen Ermittlungsverfahren und Hauptverhandlung 101
(a) Unterschiedliche Funktionen 101
(b) Unterschiedliche Qualität bei der Beweisaufnahme 101
(aa) Einseitig geführte Ermittlungen im Vorverfahren 102
(bb) Möglichkeit abweichender Zeugenaussagen 106
(cc) Eingeschränkte Rechte der Verteidigung im Ermittlungsverfahren 107
(2) Überzeugungsbildung des Gerichts 108
(3) Verfolgung eigener Interessen durch das Gericht 109
(4) Zwischenergebnis 109
dd) Zwischenfazit 110
c) Alternative Wahrheitstheorie? 111
aa) Kritik an der herrschenden Korrespondenztheorie 111
bb) Konsensustheorie als unterbreiteter Gegenvorschlag 112
(1) Wahrhaftigkeit der Verhandlungsteilnehmer 114
(2) Verhandlungschancengleichheit 115
(3) Zwischenergebnis 116
d) Ergebnis 118
2. Vereinbarkeit mit dem nemo-tenetur-Grundsatz 119
a) Freiwilligkeit eines Absprachegeständnisses 119
aa) Drucksituation im konventionellen Strafverfahren 120
bb) Drucksituation bei Urteilsabsprache 121
cc) Zwischenergebnis 125
b) Verbotene Vernehmungsmethoden 126
aa) Drohung 126
bb) Urteilsabsprachen als neue Art der Folter? 128
cc) Versprechen eines gesetzlich nicht vorgesehenen Vorteils 131
dd) Vorspiegelung 134
c) Ergebnis 135
3. Das falsche Geständnis 135
4. Gesamtergebnis 138
II. Probleme mit weiteren allgemeinen Verfahrensgrundsätzen 139
1. Gebot des gesetzlichen Richters 139
2. Gleichbehandlungsgrundsatz 140
3. Rechtliches Gehör des Angeklagten 142
4. Recht auf Verteidigung 143
5. Scheitern der Abspracheverhandlungen 144
6. Legalitätsprinzip 145
7. Grundsätze der Öffentlichkeit, Unmittelbarkeit und Mündlichkeit 146
8. Freie richterliche Beweiswürdigung 148
9. Unschuldsvermutung und Neutralität des Gerichts 149
10. Ergebnis 153
III. Probleme mit dem materiellen Recht 154
1. Absprachegeständnis als Strafmilderungsgrund? 154
a) Nach § 34 Abs. 1 Nr. 17 öStGB 155
aa) Reumütiges Geständnis 155
bb) Wesentlicher Beitrag zur Wahrheitsfindung 158
b) Aus Gründen des Opferschutzes 160
c) Im Hinblick auf einen besseren Resozialisierungseffekt 161
2. Grundsatz der Schuldangemessenheit 162
3. Ergebnis 164
IV. Ergebnis des Kapitels 165
E. Postulierte Vorbildfunktion der BGH-Rechtsprechung 168
I. Grundsatzentscheidungen des BGH 169
1. Grundsatzentscheidung des 4. Strafsenats 170
2. Grundsatzentscheidung des Großen Senats für Strafsachen 172
II. Vorbildfunktion dieser BGH-Rechtsprechung? 173
1. Vorlage für österreichische Rechtsprechungsleitlinien 174
2. Kritische Würdigung der BGH-Rechtsprechung 175
a) Grundsatzentscheidung des 4. Strafsenats 175
aa) Inhaltliche Mängel 176
bb) Mangelnde Praxiskenntnis des BGH 180
b) Grundsatzentscheidung des Großen Senats für Strafsachen 180
c) Richterliche Rechtsfortbildung durch den BGH 181
d) Auswirkungen auf die deutsche Strafrechtspraxis 182
3. Kritische Würdigung der österreichischen Rechtsprechungsleitlinien 184
a) Inhaltliche Mängel 184
b) Richterliche Rechtsfortbildung durch den OGH 185
aa) Erforderliche Legitimationsgrundlage 185
bb) Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung 194
c) Mutmaßliche Auswirkungen auf die österreichische Strafrechtspraxis 194
III. Ergebnis des Kapitels 194
F. Gesetzliche Regelung der Urteilsabsprachenpraxis 196
I. Legalisierung von Urteilsabsprachen 196
1. Integration von Urteilsabsprachen in das Normalverfahren 198
a) Vorbildfunktion des deutschen Verständigungsgesetzes 198
aa) Normgefüge des deutschen Verständigungsgesetzes 199
bb) Kritische Würdigung der Regelung 200
cc) Einschreiten des BVerfG 204
(1) Vom BVerfG in Auftrag gegebenes Gutachten 205
(2) Urteil des BVerfG vom 19.03.2013 206
(a) Verfassungsmäßigkeit des Verständigungsgesetzes 207
(b) Kein verfassungswidriges strukturelles Regelungsdefizit 210
(3) Kritische Würdigung des Urteils 210
dd) Zwischenergebnis 214
b) Einführung eines Konsensprinzips 215
aa) Normgefüge des Gesetzesvorschlags 216
bb) Kritische Würdigung des § 243a-E dStPO 216
(1) Konsensprinzip als neue Prozessmaxime 216
(a) Argumente für ein Konsensprinzip 217
(b) Kritische Würdigung 218
(2) Sicherung einer freiwilligen Kooperation des Angeklagten 219
cc) Zwischenergebnis 221
c) Ergebnis 221
2. Einführung von Sonderverfahren 222
a) Verzicht auf Durchführung neiner konventionellen Hauptverhandlung 222
b) Konnex aus „verfahrensbeendenden Absprachen“ nund „abgekürztem Verfahren“ 223
aa) Formulierungspunkte 224
bb) Kritische Würdigung 225
c) Das abgekürzte Verfahren im schweizerischen Strafprozess (Art. 358 ff. sStPO) 229
aa) Grundzüge 230
bb) Kritische Würdigung 231
d) Unterwerfungsverfahren 234
aa) Grundzüge 234
bb) Kritische Würdigung 235
e) Summarisches Verfahren 236
aa) Grundzüge 236
bb) Kritische Würdigung 237
f) Schuldinterlokut im summarischen Verfahren 237
aa) Grundzüge 238
bb) Kritische Würdigung 238
g) Strafbescheidsverfahren 240
aa) Grundzüge 241
bb) Kritische Würdigung 242
h) Das wiedereingeführte Mandatsverfahren (§ 491 öStPO) 242
aa) Grundzüge 243
bb) Kritische Würdigung 245
i) Konsensuales summarisches Verfahren 249
aa) Grundzüge 250
bb) Kritische Würdigung 251
j) Alternativ-Entwurf Abgekürzte Strafverfahren im Rechtsstaat (AE‑ASR) 252
aa) Grundzüge 253
(1) Verfahren mit abgekürzter Hauptverhandlung 253
(2) Verfahren ohne Hauptverhandlung vor dem Strafrichter 255
bb) Kritische Würdigung 257
(1) Verfahren mit abgekürzter Hauptverhandlung 258
(2) Verfahren ohne Hauptverhandlung vor dem Strafrichter 260
k) Zwischenergebnis 262
3. Einführung eines rein adversatorischen Prozesstyps 263
4. Ergebnis 264
II. Verbot von Urteilsabsprachen 266
III. Ergebnis des Kapitels 267
G. Gegenmaßnahmen zur Urteilsabsprachenpraxis 269
I. Vorschläge 271
1. Entlastung der Strafjustiz 272
a) Beschränkung des materiellen Strafrechts 272
b) Beschränkung der Opferrechte 274
c) Videodokumentation der Hauptverhandlung 276
d) Änderung des Bewertungssystems richterlicher Arbeit 277
e) Erwirken von Geldmitteln zugunsten der Strafjustiz 277
2. Korrektur der Absprachen ermöglichenden Rahmenbedingungen 279
a) Disqualifizierung eines rein taktisch motivierten Geständnisses 280
b) Exkurs: Strikte Ablehnung des Geständnisses als Strafmilderungsgrund 280
c) Transparentere Strafbemessungspraxis 282
d) Sanktionsschere als verbotene Vernehmungsmethode 287
e) Kontrolle durch Wiederaufnahme des Verfahrens 288
3. Personenbezogene Maßnahmen 290
a) Weitere Professionalisierung der Aus- und Fortbildung der Strafrichter 290
b) Änderung der Zugangsvoraussetzungen für den Richterberuf 292
c) Verbesserung der Verteidigungsrechte 294
aa) In der Hauptverhandlung 295
bb) Im Ermittlungsverfahren 300
(1) Aufhebung der erheblichen Einschränkungen beim frühen Kontakt zwischen Beschuldigtem und Verteidigung 302
(2) Gewährung eines uneingeschränkten Akteneinsichtsrechts und eines eigenen Beweisantragsrechts 306
(3) Erweiterte Benachrichtigungs‑, Anwesenheits- und Mitwirkungsrechte 309
(4) Videodokumentation von Vernehmungen 311
(5) Mitbestimmungsrecht bei der Auswahl des Sachverständigen und Teilnahmerecht an dessen Vornahme eines Augenscheins 314
(6) Stärkerer Ausbau der notwendigen Verteidigung 317
(7) Einspruchsmöglichkeiten bei der Verletzung subjektiver Rechte 318
(8) Verwendungsverbote 319
cc) Zwischenergebnis 320
d) Strafbarkeit der beteiligten Berufsjuristen 321
aa) Mögliche Strafbarkeit der Justizjuristen 322
(1) Missbrauch der Amtsgewalt, § 302 öStGB 322
(a) Objektiver Tatbestand 323
(b) Subjektiver Tatbestand 325
(2) Bestechung, § 304 öStGB 327
(3) Nötigung, § 105 öStGB 329
bb) Mögliche Strafbarkeit der Verteidigung 330
(1) Begünstigung, § 299 öStGB 333
(2) Verletzung eines Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisses, § 122 Abs. 1 öStGB 335
(3) Nötigung, § 105 öStGB 336
cc) Zwischenergebnis 337
e) Zivilrechtliche Anwaltshaftung 337
II. Ergebnis des Kapitels 344
H. Zusammenfassung der Ergebnisse in Thesen 346
Literaturverzeichnis 354
Internetquellenverzeichnis 411
Sachwortverzeichnis 414