Der europäische Konsens und die Rolle rechtsunverbindlicher Europaratsdokumente in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte
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Der europäische Konsens und die Rolle rechtsunverbindlicher Europaratsdokumente in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte
Schriften zum Völkerrecht, Vol. 243
(2021)
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Frederike Maaß studierte Rechtswissenschaften an der Georg-August-Universität Göttingen und der Université de Caen Basse-Normandie in Frankreich mit dem Schwerpunkt »Internationales und europäisches öffentliches Recht«. Nach dem Studium promovierte sie an der Juristischen Fakultät der Georg-August-Universität Göttingen und arbeitete währenddessen als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Allgemeine Staatslehre und Politische Wissenschaften. Seit Oktober 2019 ist sie Referendarin am OLG Hamburg.Abstract
Rechtsvergleichende Argumentation ist in den Urteilsbegründungen des EGMR gängige Praxis - mit dem europäischen Konsens hat der Gerichtshof sogar eine eigene Rechtsfigur für die rechtsvergleichende Auslegung und Anwendung der EMRK etabliert. Diese Arbeit fragt nach der Rolle internationalen Soft Laws in diesem Zusammenhang. Im Wege einer umfangreichen empirischen Urteilsuntersuchung ermittelt sie am Beispiel rechtsunverbindlicher Europaratsdokumente, in welchen Anwendungsbereichen und methodischen Zusammenhängen der EGMR Soft Law berücksichtigt, und welchen Stellenwert es hier jeweils einnimmt. Dabei wird vor allem dessen Bedeutung bei der Ermittlung eines europäischen Konsenses in den Blick genommen. Anschließend ordnet die Autorin die Rechtsfigur des europäischen Konsenses in die Grundlagen rechtsvergleichender Methodik ein und unterbreitet unter Berücksichtigung der im Rahmen der empirischen Untersuchung gewonnenen Erkenntnisse Vorschläge für eine strukturierte Konsens-Ermittlung.»European Consensus and the Impact of non-binding Council of Europe-Documents in the Jurisprudence of the European Court of Human Rights«Comparative law is highly present in the judgments of the ECtHR. This thesis examines the role of international Soft Law in that regard. Through a comprehensive empirical study, it determines the role of legally unbinding CoE-Documents in the Court’s jurisprudence and focuses on their importance in establishing a European consensus. Subsequently, it locates the legal figure of European consensus in the methodology of comparative law and makes proposals for a more structured consensus determination.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Vorwort | 5 | ||
Inhaltsverzeichnis | 7 | ||
Abkürzungsverzeichnis | 12 | ||
Einführung | 15 | ||
A. Internationales Soft Law in den Urteilsbegründungen des EGMR – ein „Wolf im Schafspelz“? | 15 | ||
B. Etablierte Praxis mit vielen Fragezeichen – die Suche nach einem europäischen Konsens in der Rechtsprechung des EGMR | 17 | ||
C. Darlegung und Einordnung der Untersuchungsziele | 18 | ||
Erster Teil: Begriffsbestimmungen und Grundzüge des Individualbeschwerdeverfahrens | 21 | ||
§ 1 Europaratsdokumente als Beispiel internationalen Soft Laws | 21 | ||
A. Internationales Soft Law | 21 | ||
B. Die Dokumente des Europarats | 25 | ||
I. Dokumente des Ministerkomitees | 26 | ||
II. Dokumente der Parlamentarischen Versammlung | 27 | ||
§ 2 Grundzüge der Verhältnismäßigkeitsprüfung und der margin of appreciation-Doktrin | 31 | ||
A. Das Verhältnismäßigkeitsprinzip in der Rechtsprechung des EGMR | 31 | ||
B. Die margin of appreciation-Doktrin | 37 | ||
§ 3 Individualbeschwerden vor der Großen Kammer | 44 | ||
A. Verfahrensablauf | 44 | ||
B. Urteilsaufbau und Prüfungsstruktur | 45 | ||
Zweiter Teil: Rechtsvergleichung in der Rechtsprechung des EGMR | 49 | ||
§ 1 Die Anfänge und Entwicklung rechtsvergleichender Argumentation in den Urteilen des EGMR | 50 | ||
§ 2 Grundlagen der Rechtsfigur „europäischer Konsens“ | 54 | ||
A. Der europäische Konsens als europäische herrschende Meinung | 55 | ||
B. Die Konsens-Prüfung des EGMR | 57 | ||
I. Die rechtsvergleichende Frage | 58 | ||
II. Die Erkenntnisquellen | 58 | ||
1. Nationale Rechtslage in den Europaratsstaaten | 59 | ||
2. Völkerrechtliche Verträge | 60 | ||
3. Internationales Soft Law | 62 | ||
4. Sonstige Erkenntnisquellen | 63 | ||
III. Die Auswertung der Erkenntnisquellen | 64 | ||
IV. Rechtsvergleichung = Konsens-Ermittlung? | 67 | ||
C. Anwendungsbereiche und Funktionen | 70 | ||
I. Auslegung von Konventionsbestimmungen | 72 | ||
1. Die dogmatischen Leitlinien des EGMR | 72 | ||
2. Die dynamische Auslegung der EMRK | 75 | ||
II. Margin of appreciation-Bemessung (sowie Verhältnismäßigkeitsprüfung?) | 79 | ||
1. Die dogmatischen Leitlinien des EGMR | 79 | ||
2. Das Zusammenwirken von margin of appreciation und Verhältnismäßigkeitsprüfung | 85 | ||
3. Diffusion der Grenze durch das Konsens-Kriterium | 90 | ||
4. Schlussfolgerungen für die vorliegende Arbeit | 91 | ||
III. Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen Auslegung und margin of appreciation-Bemessung | 93 | ||
D. Auswirkungen eines angenommenen europäischen Konsenses | 95 | ||
E. Resümee | 97 | ||
Dritter Teil: Empirische Untersuchung der Rolle von Europaratsdokumenten in den Urteilsbegründungen der Großen Kammer | 98 | ||
§ 1 Konkrete Fragestellungen und Ziele der Untersuchung | 99 | ||
§ 2 Untersuchungsvorgehen | 99 | ||
A. Zusammenstellung des Fallpools | 100 | ||
B. Empirische Untersuchungsmethode | 102 | ||
I. Quantitative Analyse | 102 | ||
1. Kategorie A – Berücksichtigung/Nichtberücksichtigung in „The law“ | 103 | ||
2. Kategorie B – Jahr | 103 | ||
3. Kategorie C – Konventionsartikel | 104 | ||
4. Kategorie D – Methodischer Zusammenhang | 104 | ||
II. Qualitative Untersuchung | 105 | ||
§ 3 Allgemeine Untersuchungsergebnisse | 106 | ||
A. Anwendungsbereiche und methodische Zusammenhänge der Berücksichtigung von Europaratsdokumenten | 108 | ||
I. Anwendungsbereiche | 108 | ||
II. Methodik | 113 | ||
B. Stellenwert von Bezugnahmen auf Europaratsdokumente in den Urteilsbegründungen | 115 | ||
C. Bedeutung bei den verschiedenen Konventionsrechten | 116 | ||
§ 4 Bereichsspezifische Untersuchung – Analyse der Urteile zu LGBT-Rechten nach Art. 8 EMRK | 120 | ||
A. Von Rees bis Goodwin | 121 | ||
B. Neuere Entwicklungen | 131 | ||
C. Vorläufige Beobachtungen | 135 | ||
§ 5 Analyse aller untersuchungsrelevanten Urteile | 136 | ||
A. Der grundsätzliche Umgang mit der rechtlichen Unverbindlichkeit von Europaratsdokumenten | 137 | ||
B. Der grundsätzliche Umgang mit Mehrheitsbeschlüssen von Europaratsdokumenten | 141 | ||
C. Die Rolle von Europaratsdokumenten im Rahmen der Auswahl und Gewichtung entscheidungsrelevanter Erkenntnisquellen | 143 | ||
I. Die Abstraktionsebene der rechtsvergleichenden Fragestellung als Steuerungsinstrument für die Konsens-Prüfung | 144 | ||
II. Das Verhältnis von Europaratsdokumenten zum Rechtsvergleich zwischen den Europaratsstaaten – besondere Stellung des Rechtsvergleichs gegenüber rinternationalen Übereinkommen | 156 | ||
1. Allgemeine Beobachtungen | 157 | ||
2. Konkrete Hinweise anhand von Formulierungen in einigen Urteilsbegründungen | 157 | ||
3. Unterschied zwischen der margin of appreciation-Bemessung und der Auslegung von Konventionsbestimmungen sowie der Verhältnismäßigkeitsprüfung? | 160 | ||
a) Konsens-Prüfungen im Rahmen der margin of appreciation-Bemessung | 160 | ||
b) Rechtsvergleichende Argumentation in mehreren Anwendungsbereichen innerhalb eines Urteils | 164 | ||
c) Konsens-Prüfungen im Rahmen der Auslegung von Konventionsbestimmungen sowie der Verhältnismäßigkeitsprüfung | 166 | ||
d) Sonderfälle | 168 | ||
4. Zwischenergebnis | 171 | ||
III. Das Verhältnis von Europaratsdokumenten zu anderen internationalen Übereinkommen – die Auswahl und Gewichtung entscheidungsrelevanter internationaler Übereinkommen | 171 | ||
1. Grundsatz: „It is for the Court to decide“ | 172 | ||
2. Differenzierung zwischen rechtsverbindlichen und -unverbindlichen internationalen Übereinkommen? | 174 | ||
3. Differenzierung innerhalb von Soft Law-Dokumenten, insbesondere Europaratsdokumenten? | 176 | ||
4. Auswahl anhand der inhaltlichen Relevanz | 180 | ||
5. Besondere Hervorhebung von Europaratsdokumenten am Beispiel der Rechtsprechung zu Gefangenenrechten | 187 | ||
6. Nichtberücksichtigung beziehungsweise Entscheidung entgegen inhaltlich einschlägiger Europaratsdokumente | 202 | ||
7. Die Bedeutung internationaler Übereinkommen ohne (ausdrücklichen) Bezug zur Konsens-Ermittlung | 214 | ||
8. Zwischenergebnis | 218 | ||
D. Alleinstehende Berücksichtigung von Europaratsdokumenten | 219 | ||
E. Denkbare Hintergründe einer unterbliebenen Berücksichtigung von Europaratsdokumenten | 227 | ||
§ 6 Zusammenfassung und Bewertung | 236 | ||
Vierter Teil: Vorschläge zur Strukturierung der Konsens-Methode | 240 | ||
§ 1 Das Erfordernis einer transparenten und kohärenten Konsens-Ermittlung | 241 | ||
A. Herleitung | 241 | ||
B. Resümee | 253 | ||
§ 2 Ausarbeitung einer strukturierten Vorgehensweise zur Konsens-Ermittlung | 255 | ||
A. Rechtliche Maßstäbe | 255 | ||
B. Orientierung an den methodischen Grundlagen der Rechtsvergleichung: Die Konsens-Ermittlung als rechtsvergleichende Methode | 262 | ||
I. Grundlagen der Rechtsvergleichung | 262 | ||
II. Anwendung auf die Konsens-Prüfung | 264 | ||
1. Die Festlegung der rechtsvergleichenden Fragestellung | 265 | ||
2. Die Durchführung der rechtsvergleichenden Untersuchung | 267 | ||
a) Untersuchungsziel | 268 | ||
aa) Konsens-Ermittlung | 268 | ||
bb) Ausrichtung an den verschiedenen Anwendungsbereichen der Konsens-Ermittlung | 274 | ||
(1) Margin of appreciation-Bemessung | 274 | ||
(2) (Dynamische) Auslegung | 275 | ||
(3) Verhältnismäßigkeitsprüfung | 281 | ||
cc) Schlussfolgerungen | 281 | ||
b) Untersuchungsvorgehen | 283 | ||
aa) Vergleichende Untersuchung des nationalen Rechts der Europaratsstaaten | 284 | ||
bb) Internationale Übereinkommen | 287 | ||
cc) Auswahl und Gewichtung entscheidungsrelevanter Erkenntnisquellen | 290 | ||
(1) Rechtsvergleich zwischen dem nationalen Recht der Europaratsstaaten und völkerrechtliche Verträge | 291 | ||
(2) Die Bedeutung internationalen Soft Laws | 293 | ||
(a) Erreicht die Forderung nach methodischer Konsens-Ermittlung rmit Soft Law ihre Grenze? | 295 | ||
(b) Mögliche Kriterien zur Bemessung der Aussagekraft von Soft Law-Dokumenten | 297 | ||
(c) Das besondere Potenzial der Europaratsdokumente | 299 | ||
C. Resümee | 304 | ||
Schlussbetrachtungen | 306 | ||
Annex 1: Liste der im Fallpool enthaltenen Urteile der Großen Kammer | 312 | ||
Annex 2: Ergebnisse der quantitativen empirischen Untersuchung | 320 | ||
Literaturverzeichnis | 329 | ||
Stichwortverzeichnis | 346 |