Grundsätze im methodischen Umgang mit der Dynamik des Europäischen Prozessualen Sekundärrechts
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Grundsätze im methodischen Umgang mit der Dynamik des Europäischen Prozessualen Sekundärrechts
Untersucht am Beispiel des Wohnsitzgerichtsstands des Geschädigten nach Art. 13 Abs. 2 i.V.m. Art. 11 Abs. 1 lit. b EuGVO
Schriften zum Prozessrecht, Vol. 275
(2021)
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Christian Kalusa studierte Rechtswissenschaften an der Universität Regensburg und wurde im Jahr 2011 zur Anwaltschaft in Deutschland zugelassen. Er ist auf den Bereich Venture Capital / M&A spezialisiert. Christian Kalusa ist bei der internationalen Rechtsanwaltskanzlei BEITEN BURKHARDT als Partner tätig.Abstract
Durch die fortschreitende wirtschaftliche und politische Integration der Mitgliedstaaten befindet sich die Rechtsordnung der Europäischen Union im fortschreitenden Wandel. Insbesondere mit Blick auf das Europäische Sekundärrecht führt dieser Wandel zu einer stetigen Evolution des Rechts. Für den Rechtsanwender stellt sich daher die Frage, wie mit dem Wandel im systematischen Umfeld des bestehenden Unionsrechts methodisch umzugehen ist. Im Kern der Diskussion der Arbeit steht dabei die grundsätzliche Frage, ob das im Rahmen der fortschreitenden Evolution des Sekundärrechts neu erlassene oder abgeänderte Recht auch bei der Anwendung und Auslegung des bereits bestehenden, unverändert gebliebenen Sekundärrechts zu beachten ist. Diese bei der Anwendung des Sekundärrechts zu beachtende methodische Besonderheit, die auch als ›Evolutive Auslegung‹ des Rechts bezeichnet wird, wird anhand eines Beispiels, dem Wohnsitzgerichtsstand des Geschädigten nach Art. 13 Abs. 2 i.V.m. Art. 11 Abs. 1 lit. b EuGVO untersucht.»Principles in the Methodical Handling of the Dynamics of European Procedural Secondary Law«Due to the progressive economic and political integration of the Member States, the le-gal order of the European Union is in a state of ongoing change. Especially with regard to European Secondary Law, this change leads to a constant evolution of the law. For the legal professional, the question therefore arises how to methodically deal with the change in the systematic environment of the existing European Union law. At the core of the discussion in this thesis is the fundamental question of whether the law that has been newly enacted or amended in the course of the progressive evolution of Second-ary Law must also be taken into account in the application and interpretation of existing Secondary Law that has remained unchanged. This methodological peculiarity to be observed in the application of Secondary Law, which can also be referred to as the evolutionary interpretation of the law, will be explained on the basis of an example, the domicile jurisdiction of the injured party according to Art. 13 para. 2 in conjunction with Art. 11 para. 1 lit. b of the Brussels Ia Regulation.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Vorwort | 7 | ||
Inhaltsverzeichnis | 9 | ||
Teil 1: Einführung in das Thema | 15 | ||
§ 1 Eigenständigkeit des Unionsrechts | 15 | ||
§ 2 Problemaufriss | 17 | ||
§ 3 Gang der Untersuchung | 18 | ||
I. Die internationale Zuständigkeit für Direktklagen des Geschädigten nach der EuGVO | 19 | ||
1. Sachverhalt der Rechtssache FBTO Schadeverzekeringen | 19 | ||
2. Ergebnis: Eigener Wohnsitzgerichtsstand des Geschädigten | 19 | ||
3. Entwicklung des heute herrschenden Auslegungsergebnisses | 20 | ||
a) Internationale Zuständigkeit für Versicherungssachen nach Art. 11ff. EuGVO | 20 | ||
b) Bislang herrschende Meinung und Entscheidung des Amtsgerichts Aachen | 21 | ||
c) Wandel des Auslegungsergebnisses | 23 | ||
d) Methodische Besonderheiten bei der Begründung des Ergebnisses | 23 | ||
§ 4 Aufbau der Arbeit | 27 | ||
Teil 2: Die Dynamik des Europäischen Sekundärrechts | 28 | ||
§ 1 Dynamik als Grundprinzip der Europäischen Rechtsordnung | 28 | ||
§ 2 Dynamische Entwicklung des Europäischen Zivilprozessrechts | 32 | ||
I. Historischer Hintergrund | 33 | ||
1. Der Vertrag von Amsterdam | 34 | ||
2. Der Beschluss von Tampere | 35 | ||
II. Nachfolgende Entwicklungen | 37 | ||
§ 3 Exkurs: Der „Spillover-Effekt“ | 38 | ||
§ 4 Innere Ordnung des Europäischen Sekundärrechts | 40 | ||
I. Relationsnormen des Unionsrechts | 40 | ||
1. Die lex superior-Regel | 41 | ||
2. Die lex posterior-Regel | 41 | ||
3. Die lex specialis-Regel | 42 | ||
4. Verhältnis der Relationsnormen untereinander | 43 | ||
5. Zusammenfassung | 43 | ||
II. Systemischer Zusammenhang der Unionsrechtsordnung | 44 | ||
1. Vertikale Verknüpfung | 45 | ||
2. Horizontale Verknüpfung | 45 | ||
a) Verhältnis von neu geschaffenem zu bestehendem Unionsrecht | 46 | ||
b) Verhältnis von bestehendem zu neu geschaffenem Unionsrecht | 47 | ||
§ 5 Zusammenfassung | 50 | ||
Teil 3: Die Methodik des Europäischen Sekundärrechts | 52 | ||
§ 1 Einführung in die Methodik des Unionsrechts | 53 | ||
I. Begriffsbestimmung | 53 | ||
1. „Methode“, „Methodenlehre“ und „Methodik“ | 53 | ||
2. „Anwendung“ und „Auslegung“ des Rechts | 53 | ||
II. Grundlagen der Methodenlehre | 54 | ||
1. Notwendigkeit eines methodischen Vorgehens | 54 | ||
a) Notwendigkeit einer Methodik im deutschen Recht | 54 | ||
b) Notwendigkeit einer Methodik im Unionsrecht | 56 | ||
2. Funktionen der Methodik | 57 | ||
a) Allgemeine Funktionen der Methodik | 57 | ||
b) Besondere Funktion der Methodik im Unionsrecht | 58 | ||
aa) Einheitliche Rechtsanwendung durch den EuGH | 59 | ||
bb) Einheitliche Rechtsanwendung durch die Methodik des Unionsrechts | 60 | ||
II. Zusammenfassung | 62 | ||
§ 2 Die Rechtsprechung des EuGH als Rechtsquelle des Unionsrechts | 62 | ||
I. Bindungswirkung von EuGH-Entscheidungen | 63 | ||
1. Vertikale Bindungswirkung von EuGH Entscheidungen | 64 | ||
2. Horizontale Bindungswirkung von EuGH Entscheidungen | 66 | ||
II. Bindungsgehalt der Entscheidungen des EuGH | 69 | ||
III. Zusammenfassung | 70 | ||
§ 3 Die Auslegung des europäischen Sekundärrechts | 71 | ||
I. Die autonome Auslegung | 72 | ||
II. Ziel der Auslegung | 74 | ||
1. Subjektive Theorie | 77 | ||
2. Objektive Theorie | 78 | ||
3. Vereinigungslehre | 78 | ||
4. Verhältnis von subjektiven und objektiven Elementen der Vereinigungslehre | 81 | ||
III. Modifizierter Auslegungskanon | 82 | ||
1. Grammatische Auslegung | 83 | ||
a) Besonderheiten der grammatischen Auslegung auf Unionsebene | 83 | ||
aa) Mehrsprachenauthentizität | 83 | ||
bb) Grundsatz der Relativität der Rechtsbegriffe | 86 | ||
b) Auswirkungen der Dynamik des Sekundärrechts | 87 | ||
2. Systematische Auslegung | 88 | ||
a) Besonderheiten auf Unionsebene | 88 | ||
b) Auswirkungen der Dynamik des Sekundärrechts | 90 | ||
3. Historische Auslegung | 91 | ||
a) Besonderheiten auf Unionsebene | 92 | ||
b) Auswirkungen der Dynamik des Sekundärrechts | 93 | ||
4. Teleologische Auslegung | 95 | ||
a) Besonderheiten auf Unionsebene | 96 | ||
aa) Motor der Integration | 96 | ||
bb) Effet Utile | 97 | ||
b) Auswirkungen der Dynamik des Sekundärrechts | 98 | ||
aa) Subjektiv-teleologische Auslegung | 98 | ||
bb) Objektiv-teleologische Auslegung | 99 | ||
5. Rechtsvergleichende Auslegung | 99 | ||
IV. Zusammenfassung | 100 | ||
Teil 4: Der eigene Wohnsitzgerichtsstand des Geschädigten | 102 | ||
§ 1 Zeitliche Entwicklung | 102 | ||
I. Entwicklung des Gerichtsstands des Geschädigten | 102 | ||
1. Entwicklungen im systematischen Umfeld von Art. 11 Abs. 2 EuGVO | 102 | ||
2. Bipolarität des Gerichtsstands | 104 | ||
a) Vom EuGVÜ zur EuGVO | 104 | ||
b) Zeitstrahl der Entwicklungen | 106 | ||
II. Gang der Untersuchung | 106 | ||
§ 2 Verkehrsopferschutz und Zuständigkeiten der angerufenen Gerichte | 107 | ||
I. Das System des europäischen Verkehrsopferschutzes | 107 | ||
1. Die außergerichtliche Schadensregulierung | 109 | ||
2. Die Direktklage gegen den Versicherer | 111 | ||
II. Zuständigkeiten für Versicherungssachen | 112 | ||
1. Die Art. 10ff. EuGVO (Art. 8ff. EuGVO a.F.) | 113 | ||
a) Ein Abschnitt basierend auf sozialpolitischen Erwägungen | 115 | ||
b) Der systemfremde Art. 13 Abs. 2 EuGVO (Art. 11 Abs. 2 EuGVO a.F.) | 116 | ||
c) Rechtsvergleich | 117 | ||
aa) Schutz der Vertragspartei des Versicherers in der deutschen Rechtsordnung | 117 | ||
bb) Schutz des Geschädigten in der deutschen Rechtsordnung | 119 | ||
cc) Gegenüberstellung des Schutzes in der deutschen und europäischen Rechtsordnung | 120 | ||
2. Exkurs: Die Rom II-VO | 122 | ||
§ 3 Der Meinungsstreit in Literatur und Rechtsprechung | 125 | ||
I. Die sich gegenüberstehenden Auslegungsergebnisse | 126 | ||
1. Ehemals herrschende Meinung | 127 | ||
2. Heute herrschende Meinung | 129 | ||
3. Mindermeinung | 130 | ||
II. Der gemeinsame Ausgangspunkt im EuGVÜ | 130 | ||
1. Der Bericht von P. Jenard | 131 | ||
2. Mindermeinung zur Zeit des EuGVÜ | 133 | ||
3. Verhältnis von EuGVÜ zu EuGVO | 134 | ||
4. Zwischenergebnis | 136 | ||
III. Argumentation der sich gegenüberstehenden Meinungen | 136 | ||
1. Die Mindermeinung | 137 | ||
2. Die ehemals herrschende Meinung | 139 | ||
a) Grammatische Auslegung | 140 | ||
b) Systematische Auslegung | 141 | ||
c) Historische Auslegung | 143 | ||
d) Teleologische Auslegung | 145 | ||
e) Zwischenergebnis | 147 | ||
3. Die heute herrschende Meinung | 148 | ||
a) Grammatische Auslegung | 148 | ||
b) Systematische Auslegung | 149 | ||
c) Historische Auslegung | 152 | ||
d) Teleologische Auslegung | 152 | ||
e) Erwägungsgrund 16a | 156 | ||
f) Zwischenergebnis | 157 | ||
4. Bewertung des Meinungsstreits | 158 | ||
IV. Probleme und Vorteile der sich gegenüberstehenden Meinungen | 159 | ||
1. Die ehemals herrschende Meinung | 159 | ||
2. Die heute herrschende Meinung | 160 | ||
V. Die Rechtssache FBTO Schadeverzekeringen | 161 | ||
1. Der Instanzenzug in der Rechtssache FBTO Schadeverzekeringen | 162 | ||
a) Erste Instanz: AG Aachen vom 27.04.2005 (Az.: 8 C 545/04) | 162 | ||
b) Zweite Instanz: OLG Köln, 12.09.2005 (Az.: 16 U 36/05) | 162 | ||
aa) Begründung | 163 | ||
bb) Methodisches Vorgehen | 165 | ||
cc) Reaktionen der Rechtsprechung | 166 | ||
(1) LG Hamburg, 28.04.2006 | 166 | ||
(2) OLG Wien, 28.07.2006 | 167 | ||
(3) OLG Brandenburg, 13.09.2006 | 168 | ||
dd) Zwischenergebnis | 169 | ||
c) Dritte Instanz: BGH, 26.09.2006 | 170 | ||
aa) Begründung | 170 | ||
(1) Darstellung der ehemals herrschenden Meinung | 170 | ||
(2) Erkenntnisweg des BGH | 171 | ||
bb) Methodisches Vorgehen | 172 | ||
cc) Zwischenergebnis | 173 | ||
3. Entscheidung des EuGH, 13.12.2007 | 174 | ||
a) Argumentation in den eingereichten Erklärungen | 174 | ||
b) Begründung des EuGH | 175 | ||
c) Methodisches Vorgehen | 178 | ||
d) Zwischenergebnis | 178 | ||
4. Bewertung der dargestellten Entscheidungen | 179 | ||
Teil 5: Grundsätze der dynamischen Auslegung des Sekundärrechts | 182 | ||
§ 1 Ein Recht im Werden | 182 | ||
§ 2 Abgrenzung von der dynamischen Auslegung des Primärrechts | 183 | ||
§ 3 Methodischer Umgang mit der Dynamik | 185 | ||
I. Probleme der dynamischen Auslegung | 185 | ||
1. Ziel der Auslegung | 186 | ||
2. Kriterien einer dynamischen Auslegung | 189 | ||
a) Auslegungskorridor des historischen Gesetzgebers | 190 | ||
b) Der Einfluss des aktuelleren Willen des Gesetzgebers | 191 | ||
II. Ergebnis | 192 | ||
Schlussbetrachtung | 193 | ||
Abbildungsverzeichnis | 194 | ||
Literaturverzeichnis | 195 | ||
Sachwortverzeichnis | 207 |