Verständigung als Fremdkörper im deutschen Strafprozess?
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Verständigung als Fremdkörper im deutschen Strafprozess?
Eine Untersuchung unter besonderer Berücksichtigung des »fair-trial«-Grundsatzes
Strafrechtliche Abhandlungen. Neue Folge, Vol. 298
(2021)
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About The Author
Tanja Feichtlbauer studierte von 2013 bis 2018 Rechtswissenschaften (Schwerpunkt: Strafrecht in der modernen Gesellschaft) an der Universität in Regensburg. Sie promovierte als Stipendiatin der Studienstiftung des deutschen Volkes an der Goethe Universität in Frankfurt am Main. Neben der Promotion arbeitete sie zudem als wissenschaftliche Hilfskraft am Lehrstuhl für Strafrecht und Strafprozessrecht von Herrn Professor Dr. Matthias Jahn. Seit April 2020 ist die Autorin Rechtsreferendarin beim Freistaat Bayern und arbeitet nebenberuflich als Dozentin für ein juristisches Repetitorium.Abstract
Die Untersuchung beschäftigt sich mit der Frage, ob die Verständigung einen Fremdkörper im deutschen Strafprozess darstellt und mit der sich anschließenden Frage, inwiefern dieser durch Anpassungen in den Strafprozess eingegliedert werden kann. Dabei wird die theoretische Vereinbarkeit mit dem deutschen Strafprozess, dessen Verfassungsprinzipien und Verfahrensmaximen betrachtet und es werden einzelne Gesetzesvorschläge gemacht. Dabei spielt auch der Fairnessgrundsatz eine große Rolle. Die bessere Eingliederung der Verständigung durch Gesetzesanpassungen soll vor allem unter Zuhilfenahme des Fairnessprinzips erfolgen, was einen völlig neuen Forschungsansatz darstellt. Anschließend wurde die höchstrichterliche Rechtsprechung seit dem Jahr 2013 ausgewertet. Am Ende kommt die Autorin zu der Erkenntnis, dass die Verständigung trotz aller Bemühungen ein Fremdkörper im deutschen Strafprozess bleiben wird, dennoch versucht werden muss, diese bestmöglich an den Strafprozess anzupassen.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Vorwort | 7 | ||
Inhaltsverzeichnis | 9 | ||
1. Kapitel: Grundlagen der Verständigung | 17 | ||
A. Praktische Relevanz von Verständigung und „fair-trial“ | 17 | ||
B. Abgrenzung zu anderen Rechtsinstituten | 20 | ||
I. Abgrenzung zu verfahrensfördernden Absprachen | 21 | ||
II. Einstellung des Verfahrens aus Opportunitätserwägungen | 22 | ||
1. Fehlendes öffentliches Interesse | 23 | ||
2. Beseitigung des öffentlichen Interesses durch Auflagen und Weisungen | 24 | ||
3. Vergleich mit der Verständigung | 27 | ||
III. Abgrenzung zu Erörterungen zwischen den Verfahrensbeteiligten | 28 | ||
IV. Abgrenzung zum Strafbefehlsverfahren | 33 | ||
V. Abgrenzung zum beschleunigten Verfahren | 34 | ||
VI. Abgrenzung zum Privatklageverfahren | 36 | ||
VII. Abgrenzung zur Nebenklage | 37 | ||
VIII. Eingrenzung des Forschungsgegenstandes auf die Verständigung | 38 | ||
C. Einführung der Verständigung in das deutsche Verfahrensrecht | 39 | ||
I. Geschichte der Verständigung | 39 | ||
II. Entwicklung der Rechtsprechung zur Verständigung | 40 | ||
1. Die Rechtsprechung vor der Grundsatzentscheidung im Jahr 1997 | 40 | ||
2. Die Grundsatzentscheidung BGHSt 43, 195 | 44 | ||
3. Die Grenze richterlicher Rechtsfortbildung BGHSt 50, 40 | 46 | ||
4. Stellungnahme | 47 | ||
a) Grundzüge richterlicher Rechtsfortbildung | 48 | ||
b) Verständigung und richterliche Rechtsfortbildung | 50 | ||
aa) Die Regeln zur Verständigung als Rechtsfortbildung intra legem | 51 | ||
bb) Die Regeln der Verständigung als Rechtsfortbildung praeter legem | 52 | ||
(1) Gesetzgebungsnotstand wegen Gefährdung der „Funktionsfähigkeit der Strafrechtspflege“ | 52 | ||
(2) Gesetzgebungsnotstand aus Gründen des Opferschutzes | 54 | ||
(3) Ergebnis | 55 | ||
III. Kodifikation der Verständigung | 56 | ||
IV. Das Verständigungsurteil des Bundesverfassungsgerichts | 59 | ||
1. Darstellung des Urteils | 60 | ||
2. Bindungswirkung des Urteils und Prüfungsmaßstab des BVerfG | 63 | ||
a) Bindungswirkung bei einfachrechtlicher Auslegung durch das BVerfG | 64 | ||
b) Einordnung der Bindungswirkung in der Literatur | 66 | ||
c) Eigene Einschätzung | 67 | ||
3. Stellungnahme | 68 | ||
V. Zusammenfassung | 69 | ||
D. Gang der Arbeit | 70 | ||
2. Kapitel: Verständigung – ein Fremdkörper im deutschen Strafprozess? | 72 | ||
§ 1 Einordnung der Verständigung in das deutsche Strafverfahren | 72 | ||
A. Grundlagen und Zielsetzungen im deutschen Strafprozess | 72 | ||
I. Geschichte des deutschen Strafprozesses | 73 | ||
1. Die Constitutio Criminalis Carolina | 73 | ||
2. Die Einflüsse der Aufklärung | 76 | ||
3. Die Entwicklung zum modernen Strafprozess | 77 | ||
4. Aktuelle Entwicklungen im deutschen Strafprozess | 80 | ||
II. Zwecke des deutschen Strafprozesses | 82 | ||
1. Dienende Funktion des Strafverfahrens | 83 | ||
2. Dominanz des Strafverfahrens | 85 | ||
3. Gleichrangigkeit von materiellem Strafrecht und Strafverfahren | 87 | ||
a) Rechtsfrieden | 88 | ||
aa) Theorie von Krack | 88 | ||
bb) Theorie von Rieß | 89 | ||
cc) Theorie von Murmann | 89 | ||
b) Kombinationstheorien | 91 | ||
4. Stellungnahme | 92 | ||
B. Spannungsverhältnis Verständigung und deutscher Strafprozess | 95 | ||
I. Gründe für eine Verständigung | 95 | ||
II. Spannungsverhältnis mit den Zielen des Strafprozesses | 96 | ||
III. Spannungsverhältnis Konsens und inquisitorisches Modell | 97 | ||
§ 2 Vereinbarkeit der Verständigung mit verfassungsrechtlichen und verfahrensrechtlichen Grundsätzen | 98 | ||
A. Verfassungsrechtliche Problemstellungen | 98 | ||
I. Richtervorbehalt | 98 | ||
1. Konflikt mit dem Richtervorbehalt aufgrund der „Mitbestimmung“ im Rahmen der Verständigung? | 100 | ||
2. Meinungsstand | 100 | ||
3. Stellungnahme | 102 | ||
II. Gebot des gesetzlichen Richters | 103 | ||
1. Nichtteilnahme der Laienrichter an den verständigungsbezogenen Erörterungen | 106 | ||
2. Meinungsstand | 109 | ||
3. Stellungnahme | 114 | ||
a) Formelle Komponente des Rechts auf den gesetzlichen Richter | 115 | ||
b) Verstoß gegen sachliche Unabhängigkeit der Schöffen | 116 | ||
c) Ergebnis | 121 | ||
III. Gewährung rechtlichen Gehörs | 121 | ||
1. Nichtteilnahme des Beschuldigten an verständigungsbezogenen Erörterungen | 123 | ||
2. Meinungsstand | 125 | ||
3. Stellungnahme | 128 | ||
IV. Verstoß gegen das Schuldprinzip und die Unschuldsvermutung | 130 | ||
1. Schuldprinzip | 130 | ||
a) Schuldunangemessene Strafen im Rahmen der Verständigung? | 133 | ||
b) Meinungsstand | 134 | ||
c) Stellungnahme | 138 | ||
2. Unschuldsvermutung | 144 | ||
a) Umkehrung zur Schuldvermutung durch Verständigungsinitiative? | 145 | ||
b) Meinungsstand | 146 | ||
c) Stellungnahme | 150 | ||
V. Gleichbehandlungsgebot Art. 3 GG | 151 | ||
1. Gleichheitsrechtliche Probleme der Verständigung | 154 | ||
a) Zugang zur Verständigung | 155 | ||
b) Gewichtung des verständigungsbasierten Geständnisses | 156 | ||
aa) Gleicher Strafnachlass wie bei einem Geständnis im Normalverfahren | 156 | ||
bb) Höherer Strafnachlass als bei einem Geständnis im Normalverfahren | 157 | ||
2. Meinungsstand | 158 | ||
a) Verfassungswidrigkeit des Verständigungsgesetzes | 158 | ||
aa) Zugang zur Verständigung | 158 | ||
bb) Keine Differenzierung zwischen verteidigtem und unverteidigtem Beschuldigten | 160 | ||
cc) Gewährung einer Strafmilderung für ein prozesstaktisches Geständnis | 162 | ||
b) Verstoß gegen den Gleichheitssatz aufgrund der Rechtsanwendung | 163 | ||
3. Stellungnahme | 163 | ||
a) Verfassungsmäßigkeit des Verständigungsgesetzes | 164 | ||
aa) Zugang zur Verständigung | 164 | ||
bb) Keine Differenzierung zwischen verteidigtem und unverteidigtem Beschuldigten | 165 | ||
b) Rechtsanwendungsebene | 166 | ||
VI. Zwischenergebnis | 167 | ||
B. Vereinbarkeit mit der Strafprozessordnung | 168 | ||
I. Legalitätsprinzip | 168 | ||
1. Teileinstellungen als Verständigungsgegenstand | 169 | ||
2. Meinungsstand | 170 | ||
3. Stellungnahme | 171 | ||
II. Amtsermittlungsgrundsatz | 172 | ||
1. Mangelnde Sachverhaltsaufklärung im Rahmen der Verständigung? | 173 | ||
2. Meinungsstand | 174 | ||
3. Stellungnahme | 177 | ||
a) Grundsätzliche Überlegungen | 177 | ||
b) Auslegung des § 244 Abs. 2 StPO | 178 | ||
aa) Begriff der Wahrheit | 178 | ||
(1) Philosophische Wahrheitsbegriffe | 179 | ||
(2) Übertragbarkeit der Wahrheitsbegriffe auf den Strafprozess | 181 | ||
(3) Streitentscheid bezüglich der Wahrheit im Strafprozess | 183 | ||
bb) Notwendigkeit weiterer Beweiserhebung | 184 | ||
c) Fazit | 185 | ||
III. Prinzip freier richterlicher Beweiswürdigung | 188 | ||
1. Erörterungen außerhalb der Hauptverhandlung und Einschränkung durch Bindungswirkung | 189 | ||
2. Meinungsstand | 189 | ||
3. Stellungnahme | 191 | ||
IV. Öffentlichkeitsgrundsatz | 193 | ||
1. Erörterungen außerhalb der Hauptverhandlung | 195 | ||
2. Meinungsstand | 197 | ||
3. Stellungnahme | 202 | ||
V. Nemo tenetur se ipsum accusare | 206 | ||
1. Verständigungsimmanente Anreizsituation und unzulässiger Druck durch Verständigungsinitiative? | 208 | ||
2. Meinungsstand | 209 | ||
a) Verhältnis der verbotenen Vernehmungsmethoden zur Verständigung | 209 | ||
b) Verstöße gegen die verbotenen Vernehmungsmethoden | 210 | ||
aa) Kein Verstoß gegen den nemo-tenetur-Grundsatz | 210 | ||
bb) Verstoß gegen den nemo-tenetur-Grundsatz | 210 | ||
(1) Unzulässige Drohung und gesetzlich nicht vorgesehener Vorteil | 210 | ||
(2) Gesetzlich nicht vorgesehener Vorteil durch In-Aussicht-Stellen einer Strafmilderung | 211 | ||
(3) Unzulässige Drohung durch Verständigungssituation | 212 | ||
(4) Nennung einer Alternativstrafe für das streitige Verfahren | 212 | ||
3. Stellungnahme | 213 | ||
VI. Richterliche Befangenheit | 215 | ||
1. Besorgnis der Befangenheit aufgrund der Initiative zur Verständigung | 215 | ||
2. Meinungsstand | 216 | ||
3. Stellungnahme | 217 | ||
VII. Anwesenheits- und Mitwirkungsrechte der Beteiligten | 219 | ||
VIII. Zwischenergebnis | 220 | ||
§ 3 Vereinbarkeit von Verständigung und „fair-trial“-Grundsatz | 222 | ||
A. Theoretische Grundlagen des „fair-trial“-Grundsatzes | 222 | ||
I. Der historische Ursprung des Fairnessgrundsatzes im anglo-amerikanischen Recht | 222 | ||
II. Herleitung des Fairnessgrundsatzes in Deutschland und Europa | 223 | ||
1. Nationale Ebene | 223 | ||
2. Europäische Ebene | 224 | ||
3. Vergleich mit dem deutschen Fairnessprinzip | 225 | ||
III. Rechtsnatur des Fairnessprinzips | 226 | ||
1. Rechtsnatur auf nationaler Ebene | 226 | ||
2. Nationale Bedeutung der EMRK | 227 | ||
3. Zwischenergebnis | 232 | ||
IV. Materieller Gehalt des Fairnessprinzips | 232 | ||
1. Systematische Einordnung | 233 | ||
2. Definition des Fairnessgrundsatzes | 233 | ||
a) Umschreibung des Fairnessgrundsatzes anhand von Fallgruppen | 233 | ||
b) Abstrakte Definition des Fairnessgrundsatzes | 236 | ||
3. Stellungnahme | 237 | ||
V. Rechtsschutz des Einzelnen | 239 | ||
1. Strafmilderungsgrund | 239 | ||
2. Annahme eines Verfahrenshindernisses | 240 | ||
3. Beweisverwertungsverbot | 241 | ||
4. Beweiswürdigungslösung | 242 | ||
5. Rechtsbehelfe | 242 | ||
B. Vereinbarkeit von Verständigung und Fairnessprinzip | 243 | ||
I. Vielzahl an Konflikten zwischen Verständigung und Fairnessgrundsatz | 243 | ||
II. Meinungsstand | 244 | ||
1. Meinungsstand vor Einführung des Verständigungsgesetzes | 244 | ||
2. Meinungsstand nach Einführung des Verständigungsgesetzes | 245 | ||
3. Kritik an den Literaturstimmen | 249 | ||
III. Stellungnahme | 251 | ||
1. Verstoß aufgrund mangelhafter Wahrheitsermittlung | 251 | ||
2. Verstoß durch die gelockerte Bindungswirkung | 252 | ||
3. Zeitpunkt der Belehrung | 256 | ||
4. Teilnahme des Beschuldigten an Vorgesprächen | 257 | ||
5. Notwendige Verteidigung | 261 | ||
a) Allgemeines | 261 | ||
b) Aufgezwungene Verteidigung | 263 | ||
c) Schutzlücke im Rahmen der Verständigung | 264 | ||
d) Fazit | 265 | ||
6. Ergebnis | 266 | ||
§ 4 Zwischenergebnis: Vereinbarkeit der Verständigung mit dem deutschen Strafprozess | 267 | ||
A. Vereinbarkeit der Verständigung mit den Zielen des deutschen Strafprozesses | 267 | ||
B. Vereinbarkeit mit den Grundrechten und Prozessmaximen | 269 | ||
C. Fazit | 269 | ||
§ 5 Die Rechtsprechung seit dem Urteil des BVerfG 2013 | 271 | ||
A. Vorschriften über die Erörterung des Verfahrensstands | 271 | ||
B. Richterliche Befangenheit | 272 | ||
C. Verständigungsgegenstand | 274 | ||
I. „Punktstrafe“ | 274 | ||
II. Teileinstellung | 275 | ||
1. Teileinstellung im selben Verfahren | 275 | ||
2. Zusage zur Teileinstellung in einem anderen Verfahren | 276 | ||
3. Stellungnahme | 277 | ||
III. Sonstige Einzelentscheidungen | 278 | ||
D. Verstöße im Bereich des Verfahrens | 279 | ||
E. Problematik der Bindungswirkung | 281 | ||
I. Reichweite der Bindungswirkung | 281 | ||
II. Entfallen der Bindungswirkung | 282 | ||
III. Reichweite des Beweisverwertungsverbots bei entfallener Bindungswirkung | 282 | ||
F. Amtsaufklärungsgrundsatz | 283 | ||
G. Verstöße im Bezug auf den Fairnessgrundsatz | 286 | ||
I. Verletzung der Belehrungspflicht | 287 | ||
II. Verletzung des Vertrauens durch unterlassen des Hinweises auf Bewährungsauflagen | 290 | ||
III. Notwendigkeit der Verteidigung im Verständigungsverfahren | 294 | ||
IV. Fazit | 295 | ||
H. Vorschriften zur Gewährleistung der Transparenz des Verfahrens | 296 | ||
I. Mitteilungspflichten | 296 | ||
1. Überblick über die Rechtsprechung | 296 | ||
2. Stellungnahme | 300 | ||
II. Protokollierungs- und Begründungspflichten | 302 | ||
1. Darstellung der Rechtsprechung | 302 | ||
2. Stellungnahme | 305 | ||
a) Meinungsstand in der Literatur | 305 | ||
b) Eigene Meinung | 308 | ||
I. Vereinbarung eines Rechtsmittelverzichts | 310 | ||
J. Weitergehende Probleme im Bereich informeller Absprachen | 314 | ||
I. Beweisproblem im Bereich informeller Absprachen | 315 | ||
II. Bewusste Umgehung der gesetzlichen Regelung | 317 | ||
III. Vertrauensschutz im Bereich informeller Absprachen | 319 | ||
IV. Lösungsvorschläge | 320 | ||
K. Ergebnis Rechtsprechungsanalyse | 321 | ||
§ 6 Ausblick und Ergebnis | 323 | ||
Literaturverzeichnis | 326 | ||
Sachwortverzeichnis | 358 |