Strafprozessuale Beweisverwertung von privatem Videomaterial am aktuellen Beispiel der Dashcam
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Strafprozessuale Beweisverwertung von privatem Videomaterial am aktuellen Beispiel der Dashcam
Schriften zum Prozessrecht, Vol. 277
(2021)
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Lukas Zeyher studierte Rechtswissenschaften an der Eberhard-Karls-Universität Tübingen und der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg i. Br. Nach Abschluss des Ersten Juristischen Staatsexamens 2019 war er bis Ende März 2021 als wissenschaftlicher Mitarbeiter am von Professor Dr. Dr. h.c. mult. Michael Pawlik, L.L.M. (Cantab.) geleiteten Institut für Strafrecht und Strafprozessrecht der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg i. Br. tätig. Betreut wurde seine Dissertation von Professor Dr. Gerson Trüg. Die Promotion erfolgte im Februar 2021. Seit April 2021 ist er Rechtsreferendar am Landgericht Konstanz.Abstract
Der in unserem Alltag mittlerweile allgegenwärtige Einsatz privater Videoaufzeichnungsgeräte spiegelt sich in jüngerer Zeit auch im Straßenverkehr wider. Konkret geht es hier um sog. Dashcams, die das Geschehen rund um das eigene Kraftfahrzeug aufzeichnen und so als Beweismittel im Prozess in Betracht kommen. Während sich der BGH im Jahr 2018 zur zivilprozessualen Verwertbarkeit dieser Aufnahmen bereits geäußert und diese grundsätzlich bejaht hat, steht eine höchstrichterliche Entscheidung auf strafprozessualer Ebene noch aus. Die Arbeit beantwortet diese Frage, indem sie das allgemeine Meinungsbild rund um die Konsequenzen privater Beweiserhebung für die Beweisverwertung darstellt, dieses kritisch beleuchtet und anschließend auf mittels Dashcam gefertigte private Videoaufzeichnungen überträgt. Anhand dieser Erkenntnisse werden die bisher zu dieser Frage ergangenen Entscheidungen des AG Nienburg aus dem Jahr 2015 und des OLG Stuttgart aus dem Jahr 2016 analysiert, ehe in einem Fazit die Erkenntnisse der Arbeit zusammengefasst werden.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Vorwort | 5 | ||
Inhaltsübersicht | 7 | ||
Inhaltsverzeichnis | 9 | ||
Abkürzungsverzeichnis | 16 | ||
§ 1 Einleitung | 21 | ||
A. Das Phänomen der Dashcam | 21 | ||
B. Relevanz auch im Strafprozess | 23 | ||
C. Stadien der Beweiserhebung und Beweisverwertung | 25 | ||
D. Gang der Untersuchung | 26 | ||
§ 2 Grundlagen der Untersuchung | 28 | ||
A. Gründe für den Einsatz von Dashcams | 28 | ||
I. Nutzung zu Zwecken der Beweissicherung zum Schutz eigener Rechtsgüter | 28 | ||
II. Beweissicherung zur Anzeigeerstattung – sog. „Hilfssheriffs“ | 29 | ||
III. Eigenes Aufzeichnen aus Gründen der Ästhetik oder der allgemeinen Verbreitung | 29 | ||
IV. Bloßes Gaffertum | 29 | ||
B. Technische Grundlagen | 30 | ||
I. Installationspunkte | 30 | ||
II. Funktionsweise | 30 | ||
1. Anlassbezogene Aufzeichnungen | 30 | ||
2. Anlassloser Dauerbetrieb | 31 | ||
III. Speicherung | 31 | ||
IV. Smartphone als alternatives Aufnahmegerät | 31 | ||
C. Rechtliche Möglichkeiten einer staatlichen Besitzerlangung an dem Videomaterial | 32 | ||
I. Besitzerlangung an der Dashcam oder an der externen Speicherkarte | 32 | ||
II. Besitzerlangung an den Dashcam-Aufnahmen selbst | 33 | ||
III. Besitzerlangung bei Speicherung der Aufnahmen in einer Cloud | 34 | ||
IV. Ergebnis | 35 | ||
§ 3 Strafprozessuale Beweisverwertung der Dashcam-Aufnahmen | 36 | ||
A. Grundlagen der Beweisverbotslehre | 36 | ||
B. Sonderkonstellation: Private Beweiserhebung | 38 | ||
C. Verwertungsverbot nach rechtswidriger Beweiserhebung durch Privatpersonen | 39 | ||
I. Private Rechtsverstöße bei der Beweiserhebung | 40 | ||
1. Verstoß gegen Datenschutzrecht | 40 | ||
a) Anwendungsvorrang der Datenschutzgrundverordnung vor nationalem Recht | 40 | ||
b) Anwendungsbereich der DSGVO | 42 | ||
aa) Automatisierte Verarbeitung und Personenbezug, Art. 2 Abs. 1 DSGVO | 42 | ||
(1) Ganz oder teilweise automatisierte Verarbeitung | 43 | ||
(2) Dashcam-Aufnahmen als personenbezogene Daten | 44 | ||
(a) Begriff der personenbezogenen Daten i.S.v. Art. 4 Nr. 1 DSGVO | 44 | ||
(aa) Information i.S.v. Art. 4 Nr. 1 DSGVO | 44 | ||
(bb) Identifizierung i.S.v. Art. 4 Nr. 1 Var. 1 DSGVO | 44 | ||
(cc) Identifizierbarkeit i.S.v. Art. 4 Nr. 1 DSGVO | 45 | ||
(α) Absolute Theorie | 45 | ||
(β) Relative Theorie | 46 | ||
(γ) Auslegung des Begriffs „Identifizierbarkeit“ | 46 | ||
(αα) Grammatische Auslegung | 46 | ||
(ββ) Historische Auslegung | 47 | ||
(γγ) Systematische Auslegung | 48 | ||
(δδ) Teleologische Auslegung | 48 | ||
(εε) Schlussfolgerungen aus der Auslegung | 49 | ||
(b) Subsumtion: Dashcam-Aufnahmen als personenbezogene Daten | 50 | ||
(aa) Personenbezug von Personenaufnahmen | 51 | ||
(bb) Personenbezug von Sachabbildungen, insb. Kfz-Kennzeichen | 52 | ||
(cc) Orts- und Zeitangaben der Aufnahme | 53 | ||
(c) Ergebnis | 54 | ||
bb) Kein Fall der Haushaltsausnahme gem. Art. 2 Abs. 2 lit. c DSGVO | 54 | ||
(1) Die Einbeziehung des öffentlichen Raums als absolutes Ausschlusskriterium | 55 | ||
(2) Beurteilung anhand der Verkehrsanschauung | 57 | ||
(a) Nutzung zu Zwecken der Beweissicherung zum Schutz eigener Rechtsgüter | 57 | ||
(b) Beweissicherung zur Anzeigeerstattung – sog. „Hilfssheriffs“ | 59 | ||
(c) Eigenes Aufzeichnen aus Gründen der Ästhetik oder der allgemeinen Verbreitung | 59 | ||
(d) Bloßes Gaffertum | 59 | ||
(3) Zwischenergebnis | 59 | ||
cc) Ergebnis | 60 | ||
c) Dashcam-Aufnahmen als sensitive Daten i.S.v. Art. 9 DSGVO? | 60 | ||
aa) Potentiell berührte besondere Kategorien personenbezogener Daten | 61 | ||
bb) Tatbestandseinschränkung als Problemlösung? | 63 | ||
cc) Umfang und Ausgestaltung der Tatbestandseinschränkung | 64 | ||
(1) Zwei sprachliche „Blöcke“ – keine unterschiedliche Beurteilung | 64 | ||
(2) „Hinreichende Wahrscheinlichkeit“ oder „Auswertungsabsicht“? | 66 | ||
(3) Folgen für Dashcam-Aufnahmen | 68 | ||
dd) Dashcam-Aufnahmen als „biometrische Daten“ i.S.v. Art. 4 Nr. 14 DSGVO | 69 | ||
ee) Ergebnis | 70 | ||
d) Rechtmäßigkeit der Verarbeitung nach Art. 6 Abs. 1 DSGVO | 70 | ||
aa) Einwilligung, Art. 6 Abs. 1 lit. a DSGVO | 70 | ||
bb) Berechtigte Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten, Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO | 72 | ||
(1) Berechtigtes Interesse | 73 | ||
(a) Berechtigung des Interesses des Dashcam-Nutzers | 73 | ||
(aa) Zweck der Beweissicherung zum Schutz eigener Rechtsgüter | 74 | ||
(bb) Beweissicherung zur Anzeigeerstattung – sog. „Hilfssheriff“ | 74 | ||
(cc) Eigenes Aufzeichnen aus Gründen der Ästhetik oder der allgemeinen Verbreitung | 74 | ||
(dd) Bloßes Gaffertum | 75 | ||
(b) Festlegung und Eindeutigkeit des zugrunde liegenden Verarbeitungszwecks | 75 | ||
(aa) Festlegung | 75 | ||
(bb) Eindeutigkeit | 76 | ||
(α) Beweissicherung zum Schutze eigener Rechtsgüter | 76 | ||
(β) Eigenes Aufzeichnen aus Gründen der Ästhetikoder der allgemeinen Verbreitung | 77 | ||
(c) Zwischenergebnis | 78 | ||
(2) Erforderlichkeit | 78 | ||
(a) Verwendung konventioneller Methoden | 79 | ||
(b) Unfalldatenspeicher | 80 | ||
(c) Ergebnis | 82 | ||
(3) Kein Überwiegen der entgegenstehenden Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der Betroffenen | 82 | ||
(a) Entgegenstehende Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten | 82 | ||
(b) Abwägung im Einzelfall | 83 | ||
(aa) Streubreite | 84 | ||
(α) Situationsbedingte Aufnahmen | 85 | ||
(β) Dauer der Aufnahme | 86 | ||
(bb) Überwachungsdruck | 88 | ||
(cc) Missbrauchsgefahr | 90 | ||
(α) Auslösen und Speichern der Aufnahmen | 90 | ||
(β) Speichermedien | 92 | ||
(γ) Einschränkung der Auslesbarkeit | 94 | ||
(dd) Heimlichkeit der Aufnahme | 96 | ||
(c) Abwägungsergebnis | 98 | ||
e) Weitere Anforderungen für Dashcam-Nutzer | 98 | ||
aa) Informationspflichten, Art. 13 und Art. 14 DSGVO | 98 | ||
bb) Datenschutz-Folgeabschätzung, Art. 35 DSGVO | 101 | ||
cc) Datenschutz durch Technikgestaltung, Art. 25 DSGVO | 102 | ||
dd) Löschungspflicht, Art. 17 DSGVO | 103 | ||
ee) Ergebnis | 103 | ||
f) Weitere Verarbeitungsvorgänge | 104 | ||
aa) Speicherung der Videosequenzen | 105 | ||
bb) Übermittlung an die Strafverfolgungsbehörden | 105 | ||
cc) Zwischenergebnis | 107 | ||
g) Ergebnis | 107 | ||
2. Verstoß gegen das Kunsturhebergesetz (KUG) | 107 | ||
3. Ergebnis | 110 | ||
II. Folgen rechtswidriger privater Beweiserhebung für die Beweisverwertung | 110 | ||
1. Meinungsbild | 110 | ||
a) Rechtsprechung | 110 | ||
b) Literatur | 115 | ||
aa) Uneingeschränkte Verwertbarkeit | 116 | ||
(1) Darstellung | 116 | ||
(2) Stellungnahme | 116 | ||
bb) Unverwertbarkeit | 117 | ||
(1) „Perpetuierung“ der Rechtswidrigkeit | 117 | ||
(a) Darstellung | 117 | ||
(b) Stellungnahme | 118 | ||
(2) Beweismittelhehlerei | 119 | ||
(a) Darstellung | 119 | ||
(b) Stellungnahme | 120 | ||
(3) Einheitstheorie | 122 | ||
§ 4 Analyse der bisher von der Rechtsprechung entschiedenen Fälle anhand dieser Grundsätze | 186 | ||
A. AG Nienburg, Urt. v. 20.01.2015 | 186 | ||
I. Sachverhalt | 186 | ||
II. Entscheidung | 187 | ||
III. Stellungnahme | 188 | ||
B. OLG Stuttgart, Urt. v. 04.05.2016 | 189 | ||
I. Sachverhalt | 189 | ||
II. Entscheidung | 189 | ||
III. Stellungnahme | 192 | ||
§ 5 Fazit | 195 | ||
Literaturverzeichnis | 199 | ||
Sachwortverzeichnis | 224 |