Die Sonderstellung von Tieren im Zivilrecht
BOOK
Cite BOOK
Style
Format
Die Sonderstellung von Tieren im Zivilrecht
Schriften zum Bürgerlichen Recht, Vol. 532
(2021)
Additional Information
Book Details
Pricing
About The Author
Imke Sophie Tuma-Koch; 2009-2014: Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Osnabrück, Stipendiatin der Studienstiftung des Deutschen Volkes u. studentische Hilfskraft am Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Europäisches Privat- u. Wirtschaftsrecht, Rechtsvergleichung u. Europäische Rechtsgeschichte; 2014: Erste Juristische Staatsprüfung, Schindhelm-Förderpreis u. Auszeichnung des Nds. Justizministeriums; 2015-2018: Promotion u. wissenschaftliche Mitarbeiterin am European Legal Studies Institute Osnabrück, Lehrtätigkeit in Osnabrück u. Bremen; 2018-2020: Rechtsreferendarin im OLG-Bezirk Oldenburg; 2020: Zweite Juristische Staatsprüfung; seit 2021: Richterin in Minden.Abstract
Die Arbeit untersucht die zivilrechtliche Sonderstellung von Tieren mit einem erstmals übergreifenden Erklärungsansatz. Ihre zentrale These ist, dass sich tierspezifische Besonderheiten in der Rechtsanwendung vielfach auf zwei - bislang kaum konsequent unterschiedene - Schutzgüter zurückführen lassen: Das Affektionsinteresse des Menschen am Tier und das »Tierwohl«. Der bestimmende Einfluss der beiden Aspekte wird durch eine umfassende Bestandsaufnahme und Analyse von Rechtsprechung und Schrifttum zu »Tier-Fällen« an Beispielen etwa aus dem Kauf-, Miet-, Nachbar-, Fund-, Schadens-, Familien- oder Vollstreckungsrecht aufgezeigt und im Kontext der jeweiligen Rechtsgebiete bewertet; ergänzt durch rechtsvergleichende Blicke, v.a. auf Österreich, die Schweiz, Portugal, Frankreich und die USA. Die Arbeit übt Kritik an der inkonsistenten Handhabung der Schutzgüter durch Gesetzgeber, Schrifttum und Rechtsprechung und entwickelt Lösungsvorschläge für eine transparentere und objektivere Anwendung.»The Special Status of Animals in Private Law«The thesis analyses the special status of animals in German private law with a new, overarching approach - by evaluating the impact of two key issues: on the one hand the emotional bond between humans and their pets and on the other hand animal welfare. It contains a comprehensive examination of animal case law, supplemented by comparative remarks. It also criticizes the inconsistent dealing with the two factors and develops proposals for a more objective and transparent application.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Vorwort | 5 | ||
Inhaltsverzeichnis | 7 | ||
Einleitung | 19 | ||
I. Rechtswissenschaftliche Forschung zur Behandlung von Tieren im Recht | 19 | ||
II. Gegenstand und Ziele der Arbeit | 24 | ||
III. Hinweise zur Methodik und zum Gang der Darstellung | 26 | ||
Erster Teil: Tiere als Gegenstand des Rechts | 29 | ||
§ 1 Der Blick der Gesellschaft auf Tiere als Motor der Rechtsentwicklung | 29 | ||
I. Veränderte gesellschaftliche Wahrnehmung von Tieren | 29 | ||
II. Rechtliche Aufwertung von Tieren als Reaktion | 34 | ||
III. International: Dynamische Entwicklung von „Animal Law“ zum eigenen Themenfeld | 35 | ||
§ 2 Tiere als Schutzobjekt | 37 | ||
I. Ethische Grundkonzepte und die Positionierung des Gesetzgebers | 37 | ||
1. Anthropozentrischer versus ethischer Tierschutz | 39 | ||
2. Vorteile eines anthropozentrischen Ausgangspunkts des Tierschutzes | 39 | ||
3. Die Begründungsrhetorik des Gesetzgebers zum Motiv rechtlichen Tierschutzes | 41 | ||
II. Rechtsquellen | 45 | ||
1. Herausbildung eines einfachgesetzlichen Tierschutzrechts | 46 | ||
2. Tierschutz auf Verfassungsebene | 48 | ||
a) Der Weg zur Aufnahme des Tierschutzes ins Grundgesetz | 49 | ||
b) Begründung der Erweiterung von Art. 20a GG um den Tierschutz | 53 | ||
c) Wirkungen | 53 | ||
3. Tierschutz auf europäischer Ebene | 56 | ||
III. Bezugspunkte rechtlichen Tierschutzes | 59 | ||
§ 3 Tiere als Objekt des Rechtsverkehrs | 59 | ||
I. Rechtshistorischer Blick auf die Einordnung von Tieren als Sachen | 60 | ||
II. Sonderstellung trotz Sach-Status | 61 | ||
III. Die Herauslösung von Tieren aus dem Sachbegriff durch § 90a BGB | 62 | ||
1. Gesetzesbegründung | 62 | ||
2. Kritik an § 90a BGB und Streit um dessen Regelungsgehalt | 63 | ||
3. Folgen des § 90a BGB für die rechtsdogmatische Einordnung von Tieren | 67 | ||
4. Fokus im Zivilrecht bleibt Einbindung von Tieren in den Rechtsverkehr | 68 | ||
IV. Die Auswirkungen tierbezogener öffentlich-rechtlicher Normen auf das Zivilrecht | 69 | ||
1. Verfassungsrechtliche Wertung | 70 | ||
2. Einfachgesetzliche Tierschutznormen und Verweisklauseln im BGB | 71 | ||
V. Einblick: Tiere in der Rechtsprechung | 72 | ||
1. Häufig auftauchende Arten von Tieren | 73 | ||
2. Tiere als Rechtsobjekte besonderer Art | 74 | ||
3. Schematisierung von Fallkonstellationen mit ihren tierspezifischen Besonderheiten | 75 | ||
4. Das Tier zwischen Mensch und Sache: Illustrative Einzelbeispiele | 76 | ||
a) Beispiel 1: Rechtsfähigkeit von Tieren | 77 | ||
aa) Einerseits: Keine Prozessfähigkeit von Seehunden in der Nordsee | 77 | ||
bb) Andererseits: Selbstverwirklichungsrecht von Katzen? | 78 | ||
b) Beispiel 2: Krankheitskosten bei Tieren als außergewöhnliche Belastung? | 79 | ||
c) Beispiel 3: Tierkrankenversicherung vergleichbar mit Krankenversicherung des Menschen | 80 | ||
d) Beispiel 4: Arzthaftungsregeln bei Humanmedizinern übertragbar auf Tiermediziner? | 81 | ||
aa) Sorgfaltsanforderungen: Rang der Rechtsgüter führt zu Unterschieden | 82 | ||
bb) Aufklärungspflichten: Selbstbestimmungsrecht führt zu Unterschieden | 83 | ||
cc) Beweislastumkehr: Lebendigkeit führt zur Vergleichbarkeit | 84 | ||
dd) Fazit: Vergleich der faktischen Parallelen und Unterschiede maßgeblich | 85 | ||
e) Übergreifende Beobachtungen: Nicht § 90a BGB, sondern wertender Vergleich der Interessenlagen entscheidet | 86 | ||
VI. Vergleich zu der Klassifizierung von Tieren im bürgerlichen Recht anderer Rechtsordnungen | 87 | ||
1. Österreich | 89 | ||
a) Inhalt und Hintergrund von § 285a ABGB | 89 | ||
b) Reaktionen im Schrifttum | 90 | ||
c) Einfluss auf Deutschland | 91 | ||
2. Schweiz | 92 | ||
a) Inhalt und Hintergrund von Art. 641a ZGB | 92 | ||
b) Reaktionen im Schrifttum | 94 | ||
3. Frankreich | 95 | ||
4. Portugal | 96 | ||
5. DCFR; weitere europäische Rechtsordnungen | 97 | ||
6. USA | 99 | ||
7. Zusammenfassende Tendenzaussagen und Entwicklungspotential | 102 | ||
Zweiter Teil: Tiere im Zivilrecht zwischen den Schutzgütern „Affektionsinteresse“ und „Tierwohl“ | 104 | ||
§ 4 Das Affektionsinteresse an einem Tier als zivilrechtlicher Gesichtspunkt | 104 | ||
I. Der Begriff des Affektionsinteresses und seine schadensrechtliche Herkunft | 104 | ||
1. Zur Terminologie | 104 | ||
2. Bezugspunkt und Ausprägung eines Affektionsinteresses | 106 | ||
3. Dogmatische Einbettung im Schadensrecht | 107 | ||
a) Keine schadensrechtliche Erfassung eines Affektionsinteresses ohne korrespondierende Rechtsposition | 107 | ||
b) Affektionsinteresse als Teil des Integritätsinteresses, aber nicht des Wertsummeninteresses | 108 | ||
c) Die Beeinträchtigung des Affektionsinteresses als Nichtvermögensschaden | 109 | ||
d) Kein Geldersatz für die Beeinträchtigung eines Affektionsinteresses? | 110 | ||
e) Berücksichtigung von Affektionsinteressen bei Beurteilung der Verhältnismäßigkeit von Aufwendungen zur Naturalrestitution | 112 | ||
4. Berücksichtigung von Affektionsinteressen außerhalb des Schadensrechts | 115 | ||
II. Generell gesteigertes Affektionsinteresse an Tieren? | 117 | ||
1. Mögliche Gründe | 117 | ||
2. Anhaltspunkte im Schrifttum | 118 | ||
3. Anhaltspunkte für die Einschätzung der Mensch-Tier-Beziehung in der Rechtsprechung | 121 | ||
a) Haustiere als Teil der Lebensgestaltung und „Sozialpartner“ | 123 | ||
b) Bestimmung des mutmaßlichen Willens des Tierhalters | 126 | ||
c) Wertbestimmung bei Tieren | 127 | ||
d) Ersetzbarkeit von Tieren | 130 | ||
III. Beispiele der (Nicht-)Berücksichtigung des Affektionsinteresses an einem Tier | 131 | ||
1. Streit-/Beschwerdewert: Berücksichtigung möglich, da sedes materiae hinreichend offen | 131 | ||
2. Kompensation bei Tötung: rein objektiver Wert maßgeblich, da § 253 BGB eindeutig | 135 | ||
3. „Schockschadenersatz“ bei Miterleben der Tötung eines Tieres: Ablehnung aus Wertungsgesichtspunkten | 137 | ||
a) Zum Hintergrund: Ansprüche Angehöriger bei Schock und Trauer | 138 | ||
b) Gesundheit des Tierhalters als Anknüpfungspunkt | 139 | ||
c) Gründe gegen einen „Schockschadenersatz“ bei Tier-Unfällen | 139 | ||
d) Sympathiebekundungen für eine Übertragung der „Schockschaden“-Rechtsprechung auf Tiere | 141 | ||
e) Einordnung und Bewertung: Kein „Schockschadenersatz“ bei Tötung eines Tieres | 143 | ||
IV. Die (Nicht-)Berücksichtigung des Affektionsinteresses in anderen Rechtsordnungen am Beispiel des Schadensersatzes bei Tötung eines Tieres | 144 | ||
1. Österreich | 145 | ||
a) Berücksichtigung des Affektionsinteresses im Rahmen des Wertersatzes | 145 | ||
b) „Schockschadenersatz“ | 145 | ||
2. Schweiz | 147 | ||
a) Berücksichtigung des Affektionsinteresses im Rahmen des Wertersatzes: Art. 43 Abs. 1bis OR | 147 | ||
aa) Systematische Verortung | 148 | ||
bb) Gesetzesbegründung | 149 | ||
cc) Typisierung des Affektionsinteresses an Tieren | 150 | ||
b) „Schockschadenersatz“ | 150 | ||
3. Weitere europäische Rechtsordnungen (Frankreich, Portugal); DCFR | 151 | ||
4. USA | 152 | ||
a) Rechtliche Anknüpfungspunkte für eine Berücksichtigung immaterieller Interessen an Tieren | 152 | ||
b) Tendenzen | 155 | ||
5. Zusammenfassender Vergleich und Tendenzaussagen | 158 | ||
§ 5 Das „Tierwohl“ als zivilrechtlicher Gesichtspunkt | 160 | ||
I. Begriff und rechtliche Dimension des „Tierwohls“ | 160 | ||
1. Zur terminologischen und rechtlichen Anknüpfung im TierSchG | 160 | ||
2. „Tierwohl“ als rechtlich anerkanntes Schutzgut | 161 | ||
3. „Tierwohl“ als im Zivilrecht zu berücksichtigender Belang | 161 | ||
II. Beispiele aus der Zivilrechtsanwendung für Einflüsse von Tierschutzerwägungen | 162 | ||
1. Unwirksamkeit von Rechtsgeschäften gemäß § 134 BGB durch Tierschutzrecht | 162 | ||
2. Kaufrecht | 163 | ||
a) Entbehrlichkeit der Fristsetzung | 163 | ||
aa) Notfallbehandlung lässt Fristsetzungserfordernis entfallen („Hundewelpen-Fall“) | 163 | ||
bb) Entbehrlichkeit der Fristsetzung nur bei Luxustieren? („Pferde-Tausch-Fall“) | 165 | ||
cc) Fazit: Tierschutz fließt in zivilrechtliche Abwägungsentscheidung ein | 167 | ||
b) Kosten der Notfallbehandlung bei mangelndem Vertretenmüssen des Verkäufers | 167 | ||
c) Erfüllungsort der Nacherfüllung aus Tierschutzgründen beim Käufer? | 170 | ||
3. Herausgabe: Tierschutzrecht als Hindernis für die Erfüllung eines zivilrechtlichen Anspruchs | 171 | ||
a) Kein Herausgabeanspruch bei entgegenstehendem Tierschutzrecht („Stuten-Fall“) | 171 | ||
b) Rechtliche Herleitung des Ergebnisses | 172 | ||
aa) Tierschutzwidrigkeit des Transports | 172 | ||
bb) § 134 BGB: wenn Rechtsgeschäft von vornherein mit Verstößen gegen Tierschutzrecht einhergeht | 173 | ||
cc) § 275 Abs. 1 BGB: Herausgabe bei entgegenstehendem Tierschutzrecht rechtlich unmöglich | 173 | ||
c) Fazit: Tierschutzrecht beeinflusst zivilrechtliche Leistungspflichten | 174 | ||
4. Nachbarrecht | 176 | ||
a) Kein Beseitigungsanspruch bei Störungen durch naturschutzrechtlich geschützte Tiere („Schwalben-Fälle“ und „Frosch-Fälle“) | 176 | ||
aa) Rechtliche Anknüpfungspunkte für die Ablehnung eines nachbarrechtlichen Abwehranspruchs | 177 | ||
(1) Störer-Eigenschaft | 177 | ||
(2) „wesentliche Beeinträchtigung“, „Ortsüblichkeit“, „Zumutbarkeit“ | 177 | ||
(3) entgegenstehendes Artenschutzrecht | 179 | ||
(a) Tier-Artenschutzrecht als Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums | 180 | ||
(b) Auch Artenschutzrecht als Vehikel für „Tierwohl“ | 182 | ||
bb) Fazit: Konkrete Tier- und Artenschutzvorgaben setzen sich auch im Zivilrecht durch | 182 | ||
b) Artgerechte Haltung als Abwägungsaspekt bei nachbarrechtlichen Abwehransprüchen | 183 | ||
5. Mietrecht | 185 | ||
a) Frage der artgerechten Haltung für die Zulässigkeit einer Tierhaltung bedeutungslos? | 185 | ||
aa) Tendenzen in Schrifttum und früherer Rechtsprechung | 185 | ||
bb) BGH: Ob Tierhaltung artgerecht ist, bleibt außer Betracht | 187 | ||
cc) Kritische Reaktionen im Schrifttum | 187 | ||
dd) Bewertung | 188 | ||
(1) Lösung des BGH: rechtlich tragbar und praktisch einfacher | 188 | ||
(2) Aber: Ob Tierhaltung artgerecht ist, beeinflusst richtigerweise die Schutzwürdigkeit der widerstreitenden privaten Interessen | 189 | ||
b) Abschaffung eines kranken Tieres | 191 | ||
6. Schadensrecht: Verfügungsfreiheit des Eigentümers über den zur Behandlung erforderlichen Betrag (§ 249 Abs. 1 S. 2 BGB) bei Verletzung eines Tieres | 193 | ||
a) Folgerungen aus § 251 Abs. 2 S. 2 BGB | 194 | ||
aa) Wortlaut des § 251 Abs. 2 S. 2 BGB als Argument gegen eine Dispositionsfreiheit? | 194 | ||
bb) Keine zivilrechtliche Pflicht zur Behandlung eines kranken Tieres aus § 251 Abs. 2 S. 2 BGB | 195 | ||
b) Rechtlicher Ausgangspunkt für die Frage der Dispositionsfreiheit | 196 | ||
c) Keine unbedingte öffentlich-rechtliche Pflicht zur Behandlung eines kranken Tieres | 196 | ||
d) Tötung oder Behandlung des Tieres als einzige tierschutzkonforme Handlungsoptionen, daher keine Erstattungsfähigkeit nur fiktiver Kosten | 198 | ||
7. Versicherungs- und Verkehrsrecht: Ausweichmanöver im Straßenverkehr zur Rettung von Tieren | 200 | ||
a) Kostentragungspflicht der Teilkaskoversicherung bei vermiedenen Wild-Unfällen | 201 | ||
aa) Rechtliche Ausgangslage | 201 | ||
bb) Rechtsprechungspraxis: Meist kein Versicherungsschutz für Schäden durch Fahrmanöver zum Schutz von Tieren | 202 | ||
cc) Verhältnis zum Tierschutz | 204 | ||
dd) Bewertung: Tierschutz führt nicht zur Kostentragungspflicht der Versicherung | 206 | ||
b) Sorgfaltswidrigkeit eines Fahrmanövers zur Rettung eines Tieres | 207 | ||
aa) Abwägungsentscheidungen zwischen Personenschäden, Sachschäden, Schäden am Tier | 208 | ||
bb) Einbindung von Tierschutzerwägungen in die Abwägung | 211 | ||
cc) Bewertung und Tendenzaussagen: Jedenfalls gegen kleine Sachwerte setzt sich „Tierwohl“ durch | 212 | ||
III. Ansätze zur Aktivierung des Zivilrechts als Instrument des Tierschutzes | 213 | ||
1. Grundsatz: Zivilrecht ist kein Tierschutz-Instrument | 213 | ||
a) Drohende tierschutzwidrige Behandlung eines Tieres durch den Vindikationsgläubiger steht Herausgabeanspruch nicht entgegen | 213 | ||
aa) Stimmen in Literatur und Rechtsprechung | 213 | ||
bb) Gesichtspunkte zur Herleitung des Ergebnisses | 214 | ||
(1) Kein überzeugender rechtlicher Anknüpfungspunkt für eine Herausgabeverweigerung im Rahmen des Vindikationsanspruchs | 214 | ||
(2) Funktionale Trennung und zweistufiges staatliches Handeln vorzugswürdig | 216 | ||
b) Kein Schmerzensgeld für „Ängste und Leiden“ von Tieren; TierSchG kein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB | 217 | ||
2. Recht der GoA: Aufwendungsersatzansprüche für Tierschützer? | 218 | ||
a) „Tierfund-Fälle“ | 218 | ||
aa) „Tierwohl“-Überlegungen bei der Bestimmung der „Fremdheit“ des Geschäfts | 219 | ||
(1) Ausgangspunkt: Versorgung eines Tieres als Geschäft des Eigentümers | 219 | ||
(2) Subsidiär: Versorgung aufgrund von Tierschutz-Erwägungen als Geschäft der Fundbehörde? | 219 | ||
(a) Auslegung von § 967 BGB (Ablieferung eines Fundtieres) | 220 | ||
(aa) Argumente und Meinungsspektrum | 220 | ||
(bb) BVerwG: Ohne Ablieferung kein Aufwendungsersatz, außer: Notfall | 222 | ||
(cc) Bewertung: Entscheidung des BVerwG verdient im Ergebnis Zustimmung | 224 | ||
(b) „Fundtier“-Eigenschaft im Zweifel zu bejahen? | 225 | ||
(3) Tierleiden als Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung | 227 | ||
bb) Einfluss des Tierschutzes auf die Frage, ob GoA „berechtigt“ | 229 | ||
(1) § 681 BGB: Vorrangige Entschließung der Behörde | 229 | ||
(2) §§ 683 S. 1, 679 BGB: Interesse und Wille der Behörde | 229 | ||
cc) Perspektive | 232 | ||
b) Einschreiten Privater gegen tierschutzwidrige Zustände im Wege der GoA | 233 | ||
aa) Inhalt des Vorschlags von Cirsovius | 233 | ||
bb) Bewertung | 234 | ||
(1) Geschäftsführung für den Tierhalter | 234 | ||
(2) Geschäftsführung für die Tierschutzbehörde | 236 | ||
§ 6 Argumentationsmuster zwischen „Affektionsinteresse“ und „Tierwohl“ | 239 | ||
I. Schadensrecht: Verhältnismäßigkeit von Heilbehandlungskosten bei Verletzung eines Tieres | 239 | ||
1. Sedes materiae: Die Verhältnismäßigkeitsgrenze in § 251 Abs. 2 BGB und ihre Schwierigkeiten bei wertlosen Gegenständen | 240 | ||
2. Tendenzen zu einer besonderen Behandlung von Tieren vor Einfügung des § 251 Abs. 2 S. 2 BGB | 241 | ||
a) Unterschiedliche Ansätze in der Handhabung der Verhältnismäßigkeitsgrenze | 242 | ||
b) Lokalisierung der Beweggründe für eine besondere Behandlung von Tieren | 244 | ||
aa) „Tierwohl“ | 244 | ||
bb) Affektionsinteresse | 245 | ||
cc) Einwände gegen eine Berücksichtigung des Affektionsinteresses sowie Entgegnungen hierauf | 248 | ||
3. § 251 Abs. 2 S. 2 BGB: Wirkungen und ratio legis | 251 | ||
a) Äußerungen zur ratio legis in den Gesetzgebungsmaterialien | 251 | ||
b) Deutungen der ratio legis in Rechtsprechung und Schrifttum | 252 | ||
aa) Tierschutz | 252 | ||
bb) Affektionsinteresse | 253 | ||
cc) Affektionsinteresse und „Tierwohl“ kumulativ | 255 | ||
c) Folgerungen aus der konkreten Handhabung von § 251 Abs. 2 S. 2 BGB | 255 | ||
aa) Höhe und Wirkung der Verhältnismäßigkeitsgrenze | 256 | ||
bb) Maßgebliche Kriterien | 259 | ||
(1) Immaterielles Interesse des Tierhalters | 260 | ||
(a) Das Affektionsinteresse am Tier in der Abwägungsentscheidung | 260 | ||
(b) Unterschiedlich starkes Affektionsinteresse je nach Tier-Kategorie? | 262 | ||
(c) Herausfordernde Beweiserhebung | 264 | ||
(d) Ansätze zur Objektivierung: „Verständiger-Tierhalter-Test“ und Maßstab der Haltungskosten | 265 | ||
(2) Tierschutz | 267 | ||
(3) Bedeutung des materiellen Wertes des Tieres | 268 | ||
4. Fazit und Bewertung | 270 | ||
a) Nebeneinander von „Affektionsinteresse am Tier“ und „Tierwohl“ in den Begründungsmustern | 270 | ||
b) § 251 Abs. 2 S. 2 BGB wirkt zugunsten beider Aspekte | 271 | ||
c) Schutz des Affektionsinteresses als Hauptzweck, Tierschutz als erwünschte Begleiterscheinung | 272 | ||
5. Übertragbarkeit der Wertung des § 251 Abs. 2 S. 2 BGB über das Schadensrecht hinaus? | 274 | ||
a) Kaufrecht: Kostenrahmen der Nachbesserung (§ 439 Abs. 4 BGB, § 275 Abs. 2 BGB) | 274 | ||
aa) Vorschlag aus dem Schrifttum: Übertragung des Rechtsgedankens von § 251 Abs. 2 S. 2 BGB | 274 | ||
bb) Grund: Tierschutz oder Schutz des Affektionsinteresses am Tier? | 275 | ||
cc) Bewertung | 275 | ||
(1) Konstellation 1: Nachlieferung möglich | 276 | ||
(2) Konstellation 2: Nachlieferung unmöglich | 277 | ||
(3) Fazit | 279 | ||
b) Fundtiere: Verhältnismäßigkeit von Aufwendungen für Tier-Behandlung und Möglichkeit der Versteigerung bei unverhältnismäßigen Kosten | 279 | ||
6. Blick in andere Rechtsordnungen | 281 | ||
a) Österreich: § 1332a ABGB | 282 | ||
aa) Hintergrund | 283 | ||
bb) Konkrete Handhabung | 284 | ||
cc) Ratio legis | 286 | ||
dd) Vergleich zum deutschen § 251 Abs. 2 S. 2 BGB | 287 | ||
b) Schweiz: Art. 42 Abs. 3 OR und Art. 43 Abs. 1bis OR | 289 | ||
aa) Inhalt und ratio legis | 289 | ||
bb) Art. 42 Abs. 3 OR: Hintergrund | 289 | ||
cc) Parallelen zur deutschen und österreichischen Regelung | 290 | ||
dd) Art. 43 Abs. 1bis OR: Verhältnis zu Art. 42 Abs. 3 OR, Gesetzesbegründung und Wirkung | 291 | ||
c) Portugal | 293 | ||
d) DCFR; weitere europäische Rechtsordnungen | 294 | ||
e) USA | 295 | ||
f) Zusammenfassender Vergleich und Tendenzaussagen | 296 | ||
II. Mietrecht: Abschaffung eines seit längerer Zeit gehaltenen Tieres nicht erzwingbar? | 298 | ||
III. Familienrecht: Zuweisung eines Haustieres bei Trennung | 300 | ||
1. Rechtlicher Ausgangspunkt: Regeln über die Verteilung von Haushaltsgegenständen | 301 | ||
2. Eher „Tierwohl“, weniger „Affektionsinteresse“ in der Zuweisungsentscheidung | 302 | ||
a) Rechtsprechung | 303 | ||
b) Literatur | 304 | ||
c) Beweiserhebung über die Tier-Mensch-Beziehung | 305 | ||
3. Gerichtliche Umgangsregelung für Tiere? | 305 | ||
a) Ablehnung in Schrifttum und Rechtsprechung | 306 | ||
b) Gegenstimmen | 307 | ||
4. Sonderfall: Bruchteilsgemeinschaft | 309 | ||
5. Fazit und Bewertung: „Tierwohl“ und „Affektionsinteresse“ bei der Zuweisungsentscheidung berücksichtigungsfähig, Umgangsrechte gibt es (noch) nicht | 311 | ||
6. Blick in andere Rechtsordnungen | 312 | ||
a) Österreich: Bindung zum Tier und „Tierwohl“ berücksichtigungsfähig | 312 | ||
b) Schweiz: Neue Sonderregel in Art. 651a ZGB stellt auf das „Tierwohl“ ab | 313 | ||
c) Weitere europäische Rechtsordnungen (Portugal, Belgien) | 315 | ||
d) USA: Progressive Ansätze (visitation rights, best-interest-Test) vorhanden, aber umstritten | 316 | ||
e) Zusammenfassender Vergleich und Bewertung | 318 | ||
aa) Besonderheit 1: Affektionsinteresse der Parteien, vor allem bei Haustieren | 318 | ||
bb) Besonderheit 2: Rücksichtnahme auf das „Tierwohl“, mit Folgen für die Beweiserhebung | 318 | ||
cc) Parallelen zu Sorgerechtsstreitigkeiten um Kinder? | 319 | ||
IV. Zwangsvollstreckungsrecht: Tierpfändung und andere ein Tier betreffende Vollstreckungsmaßnahmen | 320 | ||
1. Vollstreckungsmaßnahmen im Allgemeinen | 321 | ||
a) Tierschutz beeinflusst die Zwangsvollstreckung | 321 | ||
b) § 765a Abs. 1 S. 3 ZPO: „Verantwortung des Menschen für das Tier“ | 323 | ||
aa) Anwendungsbereich und Wirkungsweise des § 765a Abs. 1 S. 3 ZPO nach dem Schrifttum | 323 | ||
bb) Gesetzesbegründung und Kritik im Gesetzgebungsverfahren | 324 | ||
cc) Reaktionen im Schrifttum | 325 | ||
dd) Ratio legis: Tierschutz oder Schutz des Schuldners? | 326 | ||
c) Das Affektionsinteresse am Tier als Schuldner-Belang im Rahmen des § 765a Abs. 1 ZPO | 328 | ||
2. Pfändung von Tieren | 329 | ||
a) Unpfändbarkeitstatbestände in § 811 ZPO | 329 | ||
b) § 811c ZPO | 331 | ||
aa) Pfändungsschutz für bestimmte Haustiere vor 1990 | 331 | ||
bb) Neufassung des § 811c ZPO im Jahr 1990 | 332 | ||
cc) Anwendung und Auslegung von § 811c ZPO | 333 | ||
dd) Ratio legis | 334 | ||
(1) Gesetzesbegründung | 335 | ||
(2) Schrifttum | 335 | ||
(a) Ratio legis der Vorgängerregelung (§ 811 Nr. 14 ZPO) | 335 | ||
(b) § 811c ZPO: Schutz der Beziehung des Schuldners zu seinem Tier | 336 | ||
(c) § 811c ZPO: Schutz des Tieres | 338 | ||
(d) § 811c ZPO: Schutz des Tieres und Schutz der Beziehung des Schuldners zu seinem Tier | 338 | ||
(e) Abwägungsfaktoren bei der Prüfung einer unbilligen Härte nach § 811c Abs. 2 ZPO | 339 | ||
ee) Bewertung des § 811c ZPO im Schrifttum | 341 | ||
(1) Nicht weitreichend genug aus Tierschutz-Perspektive oder mangels praktischer Bedeutung gar überflüssig? | 341 | ||
(2) Kritik an der Ausgestaltung des § 811c ZPO: mangelnde Justiziabilität und verschleierter Schutzzweck | 342 | ||
(3) Kritik an der Pfändbarkeit wertvoller Tiere | 344 | ||
(4) Bewertung des unterschiedlichen Schutzniveaus für Wirtschafts- und Liebhaber-Tiere | 345 | ||
3. Fazit und Bewertung | 347 | ||
a) „Tierwohl“ im Vollstreckungsrecht: berücksichtigungsfähiger Belang, aber Fremdkörper | 347 | ||
b) § 811c ZPO schützt Affektionsinteresse des Schuldners am Tier, aber nicht grenzenlos | 348 | ||
c) Parallelen zwischen § 251 Abs. 2 S. 2 BGB und § 811c ZPO | 349 | ||
4. Blick in andere Rechtsordnungen | 350 | ||
a) Österreich: § 250 Abs. 1 Ziff. 4 Exekutionsordnung | 350 | ||
b) Schweiz: Art. 92 Abs. 1 Ziff. 1a Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs | 352 | ||
c) Weitere europäische Rechtsordnungen (Portugal, Frankreich) | 353 | ||
d) USA | 354 | ||
e) Zusammenfassender Vergleich und Tendenzaussagen | 354 | ||
V. Geltendmachung von Zurückbehaltungsrechten an Tieren? | 355 | ||
1. Äußerungen im Schrifttum: Bindung an das Tier oder Tierschutz hindern Zurückbehaltungsrecht im Einzelfall | 355 | ||
2. Rechtsprechungspanorama: Tierschutz und Parallelen zum Vollstreckungsrecht prägen Argumentation | 356 | ||
3. Fazit und Bewertung: Zurückbehaltungsrecht an Tieren möglich, aber im Einzelfall durch Tierschutz-Gesichtspunkte und wegen der Bedeutung des Tieres für den Schuldner einschränkbar | 360 | ||
Dritter Teil: Ergebnisse und Perspektiven | 362 | ||
§ 7 Befunde der Rechtsanalyse: Zusammenfassung und Bewertung | 362 | ||
I. Rückblick auf den Ausgangspunkt der Arbeit | 362 | ||
1. Praxisrelevanz und Forschungsbedarf zur zivilrechtlichen Behandlung von Tieren | 362 | ||
2. Neuer Ansatz mit Fokus auf zwei Aspekte: Affektionsinteresse an Tieren und „Tierwohl“ | 363 | ||
II. Zum Aspekt des Affektionsinteresses an Tieren | 364 | ||
1. Affektionsinteresse ist immateriell und daher der Restriktion des § 253 BGB unterworfen, aber als Teil des Integritätsinteresses geschützt | 364 | ||
2. Affektionsinteresse an Tieren ist qualitativ anders als an Sachen | 364 | ||
3. Auch Affektionsinteresse an einem Tier ist nicht liquidierbar | 366 | ||
4. Schutzwürdigkeit des Affektionsinteresses an Tieren ist gesetzlich anerkannt | 367 | ||
5. Affektionsinteresse an Tieren ist ein berücksichtigungsfähiger Belang | 369 | ||
6. Betroffenes Spannungsfeld: Konflikt von ideellen und materiellen Privatinteressen | 370 | ||
III. Zum Aspekt des „Tierwohls“ | 371 | ||
1. Bestehen eines rechtlichen Schutzregimes unterscheidet Tiere von Sachen | 371 | ||
2. Zwingendes Tierschutzrecht begrenzt das Zivilrecht | 372 | ||
3. „Tierwohl“ im weiteren Sinne als Gesichtspunkt bei der Zivilrechtsanwendung zu berücksichtigen | 373 | ||
4. Grenzen: Zivilrecht ist nicht originäres Vehikel zur Verwirklichung von Tierschutz | 375 | ||
5. Betroffenes Spannungsfeld: Konflikt von öffentlichem Interesse und Privatinteressen | 375 | ||
IV. Zum Verhältnis von „Tierwohl“ und „Affektionsinteresse“ in der Begründungsrhetorik – kritische Würdigung | 377 | ||
1. Häufig unsaubere Vermengung von „Tierwohl“ und „Affektionsinteresse am Tier“ | 377 | ||
2. Wertschätzung von Tieren durch den Menschen ist eigentliche Triebfeder | 378 | ||
V. Die Bedeutung von speziellen Tier-Regelungen im Zivilrecht | 381 | ||
1. § 90a BGB und vergleichbare Klauseln in anderen Rechtsordnungen: wirkungsschwach, aber nicht wirkungslos | 381 | ||
2. Tierspezifische Vorschriften wirken über ihren Anwendungsbereich hinaus | 382 | ||
§ 8 Herausforderungen und mögliche Folgerungen | 383 | ||
I. Schwierigkeiten in der konkreten Umsetzung der Berücksichtigung von „Tierwohl“ und „Affektionsinteresse“ | 383 | ||
1. Beurteilungsgegenstand schwer zugänglich | 383 | ||
2. Gefahr subjektiv gefärbter Entscheidungen | 384 | ||
II. Lösungsansätze | 385 | ||
1. Beibringungsgrundsatz und Beweislastverteilung | 385 | ||
2. „Tierwohl“-Gesichtspunkte: Koppelung an gesetzliche Vorgaben | 388 | ||
3. Affektionsinteresse am Tier: Koppelung an objektive Kriterien | 389 | ||
a) Kategorisierung von Tieren | 389 | ||
aa) Kategorisierung von Tieren ist im Recht angelegt | 390 | ||
bb) Kategorisierungstendenzen auch im Hinblick auf das Affektionsinteresse an Tieren | 391 | ||
cc) Abgestuftes System maßgeblicher Kriterien | 395 | ||
(1) Ideeller Zweck der Tierhaltung als notwendige, aber nicht hinreichende Voraussetzung | 395 | ||
(2) Räumliche Nähe zum Tier: Indiz-Wirkung | 396 | ||
(3) Tierart: Querschnittskriterium mit Indiz-Wirkung | 397 | ||
(4) Vorbehalt: verständige Würdigung des Falles | 398 | ||
b) Geltendmachung nur im Rahmen einer jeweils erforderlichen Rechtsposition | 399 | ||
aa) Eigentum | 400 | ||
bb) Sonstige Rechtsstellungen | 401 | ||
cc) Individuelle Umstände und Affektionsinteressen Dritter | 401 | ||
III. Ausblick und zusammenfassende Forderungen | 402 | ||
Literaturverzeichnis | 406 | ||
Sachwortregister | 435 |