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Kischko, D. (2021). Der »Gnadenschuss«. Über aktive Sterbehilfe in militärischen Extremsituationen. Duncker & Humblot. https://doi.org/10.3790/978-3-428-58384-3
Kischko, Dominik. Der »Gnadenschuss«: Über aktive Sterbehilfe in militärischen Extremsituationen. Duncker & Humblot, 2021. Book. https://doi.org/10.3790/978-3-428-58384-3
Kischko, D (2021): Der »Gnadenschuss«: Über aktive Sterbehilfe in militärischen Extremsituationen, Duncker & Humblot, [online] https://doi.org/10.3790/978-3-428-58384-3

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Der »Gnadenschuss«

Über aktive Sterbehilfe in militärischen Extremsituationen

Kischko, Dominik

Schriften zum Strafrecht, Vol. 377

(2021)

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About The Author

Dominik Kischko studierte Rechtswissenschaft an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn. Nach dem Ersten Juristischen Staatsexamen 2017 verfasste er von 2018 bis 2021 seine Dissertation zu einem strafrechtlichen Thema mit Bezügen zum humanitären Völkerrecht. Promotionsbegleitend arbeitete er in zwei Düsseldorfer Wirtschaftskanzleien im Bereich des Strafrechts und des öffentlichen Rechts. Seit Januar 2020 absolviert er sein Rechtsreferendariat beim Landgericht Essen.

Abstract

Mit dem »Gnadenschuss« an Schwerstverwundeten in bewaffneten Konflikten behandelt diese Arbeit einen Bereich der aktiven Sterbehilfe, der bisher kaum Beachtung gefunden hat. Nach einer umfassenden Darstellung praktischer Fälle aus Geschichte und Gegenwart und einer Erläuterung der maßgeblichen Regeln des humanitären Völkerrechts erfolgt eine Prüfung hypothetischer »Gnadenschuss-Fälle« mit Beteiligung deutscher Soldaten nach den jeweils einschlägigen Tatbeständen (§ 216 Abs. 1 StGB; § 8 Abs. 1 Nr. 1 VStGB). Untersucht werden verschiedene denkbare Lösungsansätze für solche Fälle, bevor ein eigener Vorschlag unter Heranziehung des rechtfertigenden Notstands erarbeitet wird. Anschließend werden die Folgefragen, die sich aus der vorgeschlagenen Notstandslösung ergeben, erläutert. Die Arbeit schließt mit einem Überblick über weitere denkbare Fallkonstellationen im Kontext militärischer Extremsituationen und einer tabellarischen Zusammenstellung der bekanntgewordenen »Gnadenschuss-Fälle«.

Ausgezeichnet mit dem Eimer Heuschmid Mehle-Preis für herausragende strafrechtliche Dissertationen 2021 durch den Fachbereich Rechtswissenschaft der Universität Bonn.
»Mercy Killing on the Battlefield. On Active Euthanasia in Extreme Combat Situations«: With the »mercy killing« of severely wounded soldiers in armed conflicts, this dissertation covers an area of active euthanasia that has received almost no attention to date. Based on a comprehensive presentation of historical cases, and taking into account the applicable rules of international humanitarian law, this study examines such »mercy killing« cases under the relevant provisions of the German Criminal Code (StGB) and the German Code of Crimes against International Law (VStGB).

Table of Contents

Section Title Page Action Price
Vorwort 7
Inhaltsverzeichnis 9
A. Einleitung und Problemdarstellung 17
I. Einleitung 17
II. Sterbehilfe als rechtliches Problem 20
1. Begrifflichkeiten 20
2. Überblick: Ärztliche Sterbehilfe 21
a) Aktive Sterbehilfe 22
b) Indirekte Sterbehilfe 23
c) Sterbehilfe durch „Behandlungsabbruch“ 25
d) Mitwirkung am Suizid 29
3. Abgrenzung zwischen ärztlicher und „militärischer“ Sterbehilfe 29
III. Sterbehilfe im militärischen Kontext 33
1. Praxisrelevanz und historischer Überblick 34
a) Historische Dimension 36
aa) In der Bibel 36
bb) Antike und Mittelalter 37
cc) Neuzeit 39
dd) 20. Jahrhundert 41
(1) Erster Weltkrieg 42
(2) Zweiter Weltkrieg 43
(3) Konflikte nach 1945 48
(4) „Gnadenschüsse“ bei militärischen Hinrichtungen 50
b) Moderne Fälle: Irak und Afghanistan 51
aa) Sergeant MacLachlan (GB) 51
bb) Captain Maynulet (USA) 52
cc) Staff Sergeants Alban-Cardenas und Horne (USA) 53
dd) Captain Semrau (Kanada) 55
ee) Special Warfare Operator Chief Gallagher und Special Warfare Operator 1st Class Scott (USA) 56
2. Zwischenergebnis und Relevanz für Soldaten der Bundeswehr 57
IV. Zu untersuchende Fallkonstellationen 58
1. Tötung auf Verlangen des Verwundeten (Fall 1) 59
2. Tötung ohne vorherige Willensäußerung (Fall 2) 59
3. Freund/Feind/Dritter 60
B. Vorfragen und strafrechtliche Besonderheiten im Kontext militärischer Operationen 61
I. Anwendbarkeit des deutschen Strafrechts auf „Gnadenschuss“-Fälle 62
1. Taten deutscher Soldaten 62
a) Inlandstaten 62
aa) Grundsatz: § 3 StGB 62
bb) Flaggenprinzip des § 4 StGB 63
b) Taten im Auslandseinsatz 64
2. Taten nichtdeutscher Staatsbürger 66
a) Inlandstaten/Deutsche Schiffe und Luftfahrzeuge 66
b) Auslandstaten 66
3. Zwischenergebnis 67
II. Der Schutz Verwundeter durch das humanitäre Völkerrecht 67
1. Überblick: Humanitäres Völkerrecht 67
a) Ziel, Schutzzweck und Grundprinzipien 70
b) Entwicklung und Rechtsquellen 72
c) Ius in bello 75
d) Anwendbarkeit: Bewaffneter Konflikt 77
e) Geschützte Personen im „Haager“ und „Genfer“ Recht 79
aa) „Haager Recht“ 80
bb) „Genfer Recht“ 82
cc) Der Verwundete als geschützte Person in der „Gnadenschuss“-Situation 83
2. Einhaltung, Verstöße und Verfolgung 85
3. Humanitäres Völkerrecht im deutschen Strafrecht – VStGB 88
4. Zwischenergebnis: Humanitäres Völkerrecht und der „Gnadenschuss“ 91
III. Strafbarkeit nach StGB oder VStGB 91
1. Einschlägige Straftatbestände 92
a) §§ 211, 212, 213 StGB 92
b) § 216 StGB 92
aa) Erfüllung des Tatbestandes des § 216 StGB beim „Gnadenschuss“ 92
(1) Tötung 94
(2) Durch ausdrückliches und ernstliches Verlangen bestimmt 94
(3) Subjektiver Tatbestand 98
(4) Rechtsfolge 98
bb) Legitimation und Schutzzweck 98
(1) Individuell-paternalistische Legitimation 99
(2) Überindividuell-tabuisierende Legitimation 103
(3) Eigene Ansicht: Primärer Tabuschutz mit Übereilungsschutz-Aspekten 108
cc) Zwischenergebnis: § 216 StGB 110
c) § 8 Abs. 1 Nr. 1 VStGB 110
aa) Erfüllung des Tatbestandes des § 8 Abs. 1 Nr. 1 VStGB 110
(1) Tauglicher Täter 111
(2) Tötung einer nach humanitärem Völkerrecht geschützten Person 112
(3) Im Zusammenhang mit einem bewaffneten Konflikt 113
(4) Subjektiver Tatbestand 115
(5) Rechtsfolge 116
bb) Legitimation und Schutzzweck 118
cc) Zwischenergebnis: § 8 Abs. 1 Nr. 1 VStGB 121
2. Zum Verhältnis von StGB und VStGB 121
a) Fall 1: bei ernstlichem Verlangen – Sperrwirkung des § 216 StGB? 122
aa) § 8 Abs. 1 Nr. 1 VStGB lex specialis zu § 216 StGB? 123
(1) Historische Hintergründe 126
(2) Verringerte Einsichtsfähigkeit im Konflikt? 128
(3) Drohende Strafbarkeitslücken bei Anwendung des § 216 StGB? 129
(4) Keine Berücksichtigung des Tötungsverlangens vor dem IStGH? 130
(5) Zwischenergebnis 132
bb) Fallkonstellationen 133
(1) Opfer Kamerad – Schutz im Verhältnis zur eigenen Konfliktpartei? 133
(2) Opfer Feind oder Dritter 139
b) Fall 2: Tötung ohne geäußertes Verlangen 140
aa) § 8 Abs. 1 Nr. 1 VStGB lex specialis zu den §§ 211, 212 StGB? 140
bb) Fallkonstellationen 141
(1) Opfer Kamerad 141
(2) Opfer Feind oder Dritter 141
c) Zwischenergebnis 142
IV. Zuständigkeit des IStGH 142
C. Fall 1: Tötung auf Verlangen 144
I. Denkbare Lösungsansätze 144
1. Auf Tatbestandsebene 144
a) „Keine Tötungshandlung im Rechtssinne“, „Sozialadäquanz“, „erlaubtes Risiko“ 144
b) Rechtsfreier Raum 146
c) Teleologische Reduktion des Tatbestandes bei objektiv vernünftigem Verlangen 148
2. Auf Rechtfertigungsebene 154
a) Gewohnheitsrecht 154
b) Rechtfertigende Einwilligung 157
c) § 34 StGB – Rechtfertigender Notstand 159
3. Auf Schuldebene: (übergesetzlicher) Notstand 161
4. Auf Ebene der Rechtsfolgen/prozessual 167
a) § 60 StGB 168
b) §§ 153 ff. StPO 170
c) Begnadigung 172
5. Regelungsbedarf für den Gesetzgeber 173
6. „Nichtlösung“ – Berücksichtigung lediglich im Strafmaß 179
II. Eigene Lösung: n§ 34 StGB beim verlangten „Gnadenschuss“ 181
1. Allgemeine Kritik an der Zulassung aktiver Sterbehilfe 181
a) Tötungsverbot und „Dammbruch“ 181
aa) Tötungsverbot bzw. -tabu 181
bb) „Dammbruch“ 182
cc) Relevanz solcher Gefahren beim „Gnadenschuss“ 186
b) Weitere Gegenargumente im Hinblick auf den „Gnadenschuss“ 189
aa) Zweifel an der Praxisrelevanz 189
bb) Hypothetische Rettungsmöglichkeit 189
cc) Sinn und Zweck von Leid 190
2. Anwendbarkeit des § 34 StGB 191
a) Tötungen im Rahmen des § 34 StGB 191
b) § 34 StGB bei intrapersonellen Interessenkollisionen 195
aa) Kollidierende Interessen einer Person 195
bb) Zusätzlich betroffene gesellschaftliche Interessen 198
c) Einwilligungssperre des § 216 StGB und rechtfertigender Notstand 199
3. Notstandslage: Gefahr für ein notstandsfähiges Rechtsgut 201
a) Notstandsfähiges Rechtsgut („Erhaltungsgut“) 201
aa) Schmerzfreiheit im Tod 201
(1) Kein „Erhaltungsgut“ bei Tötung des Subjekts? 203
(2) Schmerzfreiheit im Tod als Beendigung eines negativen Zustandes 205
bb) Selbstbestimmtes Sterben 207
cc) Menschenwürde 208
dd) Zwischenergebnis 212
b) Gegenwärtige Gefahr 212
4. Notstandshandlung: Gefahr nicht anders abwendbar 214
a) Zur Gefahrenabwehr geeignet 214
b) Mildestes Mittel 214
aa) Tötung als mildestes Mittel der Schmerzbeendigung 215
bb) Mildestes Mittel und Einwilligung 219
5. Interessenabwägung 220
a) Betroffene Rechtsgüter auf beiden Seiten 221
b) Abwägung zwischen „Eingriffs-“ und „Erhaltungsgut“ 221
aa) Abwägung mit dem subjektiven Lebensinteresse 221
(1) Subjektives Lebensinteresse als Basis der Abwägung 221
(2) Objektive Qualifikation der subjektiven Interessenbewertung („Extremfall“) 224
(3) Zur Bedeutung eines „nullwertigen“ Interesses in der Abwägung 228
bb) Abwägung mit gesellschaftlichen Interessen 230
cc) Ergebnis der Interessenabwägung 233
dd) Wesentliches Überwiegen 234
c) Angemessenheit 235
6. Subjektives Rechtfertigungselement 236
III. Ergebnis zu Fall 1 237
D. Fall 2: Tötung ohne ausdrückliches Verlangen 239
I. Überprüfung denkbarer Lösungsansätze 240
1. Auf Tatbestandsebene 240
2. Auf Rechtfertigungsebene 241
a) Gewohnheitsrecht 241
b) (Mutmaßliche) Einwilligung 241
c) § 34 StGB – Rechtfertigender Notstand 242
3. Auf Schuldebene 242
4. Auf Ebene der Rechtsfolgen/prozessual 243
a) § 60 StGB, §§ 153 ff. StGB, Begnadigung 243
b) „Rechtsfolgenlösung“ – § 49 Abs. 1 Nr. 1 StGB analog 243
5. Regelungsbedarf für den Gesetzgeber 245
6. „Nichtlösung“ – lebenslange Haft 247
7. Exkurs: §§ 212, 213 StGB 247
II. Eigene Lösung: § 34 StGB 248
1. Anwendbarkeit 248
2. Notstandslage 249
a) „Erhaltungsgut“ 249
b) Gegenwärtige Gefahr 249
aa) Grundsatz 249
bb) Sonderfall: Unklare Empfindungsfähigkeit 249
3. Notstandshandlung 250
4. Interessenabwägung 250
a) Betroffene Rechtsgüter auf beiden Seiten der Abwägung 250
b) Abwägung zwischen „Eingriffs-“ und „Erhaltungsgut“ 251
aa) Abwägung mit dem subjektiven Lebensinteresse 251
(1) Kein geäußertes Tötungsverlangen 253
(2) Kommunikationsfähiger Verwundeter 254
(3) Sonst: Ermittlung des mutmaßlichen Willens 254
(4) Sonderfall: Unklare Empfindungsfähigkeit 259
(5) Zwischenergebnis 260
bb) Abwägung mit dem überindividuellen Konfliktbegrenzungsinteresse 261
cc) Ergebnis der Abwägung, wesentliches Überwiegen, Angemessenheit 263
5. Subjektives Rechtfertigungselement 263
III. Ergebnis zu Fall 2 264
E. Einzelprobleme und Sonderkonstellationen 265
I. Unterlassungsstrafbarkeit – Pflicht zum „Gnadenschuss“? 265
1. § 323c StGB 265
2. Unechte Unterlassungsdelikte 267
II. Fehlende Rechtfertigungselemente und Irrtümer 269
1. Fehlende Elemente der Rechtfertigung 269
a) Handeln trotz erkannten Fehlens eines Extremfalls 269
b) Fehlender (mutmaßlicher) Wille des Opfers 270
c) Fehlendes subjektives Element – Tötung aus anderer Motivation 271
aa) Berücksichtigung der Motivation? 271
bb) Fehlende Kenntnis 274
2. Irrtumsfälle 275
a) Erlaubnistatbestandsirrtum 275
aa) Bei § 216 StGB 275
bb) Bei § 8 Abs. 1 Nr. 1 VStGB 276
b) Erlaubnisirrtum 276
III. Der „Gnadenschuss“ im Zusammenhang mit der militärischen Befehlskette 277
1. Gehorsamspflicht 277
2. Strafrechtliche Verantwortlichkeit des Befehlsempfängers 280
3. Strafrechtliche Verantwortlichkeit des militärischen Vorgesetzten 282
a) Anstiftung; § 33 f. WStG 282
b) §§ 4, 14 VStGB; § 41 WStG 283
IV. Übertragbarkeit der gefundenen Lösungen auf andere Konstellationen 284
1. Zukünftiges Leid 284
a) Drohende Gefangenahme, Folter etc. 284
b) Feststehendes Schicksal 287
2. Fälle ohne (direkten) Bezug zu Kampfhandlungen 288
a) „LKW-Fall“ 288
b) Außergewöhnliche, „konfliktähnliche“ Katastrophenfälle 290
c) Hinrichtungen 292
aa) Als staatliche Strafe 292
bb) „Gnadenschüsse“ bei strafbaren Tötungen 292
F. Exkurs: Triage 295
I. Begriff und Verfahren im Überblick 295
II. Strafrechtliche Probleme der militärischen Triage 297
1. Kollidierende Handlungspflichten – Pflichtenkollision? 298
2. Unzulässige Abwägung Leben gegen Leben? 299
3. Lösungsvorschlag 302
III. Sonderfälle 305
G. Ergebnisse 309
I. Zusammenfassung 309
1. Praktische Relevanz und Abgrenzung der „militärischen“ Sterbehilfe 309
2. Anwendbare Normen und humanitäres Völkerrecht 310
3. „Gnadenschuss“ – Tötung auf Verlangen? 310
4. „Gnadenschuss“ – Kriegsverbrechen? 312
5. Einzelprobleme im Umfeld des „Gnadenschusses“ 314
6. Sonderkonstellationen 315
7. Exkurs: Triage 316
II. Fazit 316
Anhang 318
I. Erläuterung 318
II. Tabellarische Aufstellung bekannter „Gnadenschuss“-Fälle 319
1. Fälle im militärischen Kontext 319
2. Vergleichbare Fälle jenseits von (militärischen) Kampfhandlungen 331
Literaturverzeichnis 332
Sachwortverzeichnis 376