Die zunehmende wirtschaftliche Betrachtungsweise im Grunderwerbsteuerrecht
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Die zunehmende wirtschaftliche Betrachtungsweise im Grunderwerbsteuerrecht
Eine noch verfassungsgemäße Entwicklung?
Schriften zum Steuerrecht, Vol. 168
(2022)
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Carina Koll ist seit 2015 Rechtsanwältin in Hamburg und berät nationale sowie internationale Unternehmen und Fonds im Bereich des Immobiliensteuerrechts. Ab Oktober 2021 ist sie als Senior Managerin im Real Estate Tax Team von EY tätig. Zudem ist sie seit 2017 Lehrbeauftragte für Immobiliensteuerrecht an der Bauhaus-Universität Weimar und engagiert sich als Mitglied des »Zentralen Immobilienausschusses« (ZIA e.V.) für die Immobilienwirtschaft. In der Hamburger »Real Estate and Leadership Foundation« (REaL e.V.) ist sie Mitglied des Ressorts Forschung & Lehre. Sie ist darüber hinaus Mitglied im Kreis des »Notarrechtlichen Zentrums« an der Bucerius Law School.Abstract
Carina Koll beschäftigt sich in ihrer steuerwissenschaftlichen Arbeit mit der zunehmenden wirtschaftlichen Betrachtungsweise im Grunderwerbsteuerrecht, deren Bedeutung mit der Grunderwerbsteuerreform 2021 nochmals zugenommen hat. Im Zentrum stehen die Systemkonformität und die Verfassungsmäßigkeit der zunehmenden Durchbrechung zivilrechtlicher Prinzipien im Grunderwerbsteuerrecht.Die Untersuchung ist wie folgt aufgebaut: Zivilrechtlich werden die historische Entwicklung der Gesamthand hergeleitet und die zivilistische Sicht auf Gesamthandsvermögen kritisch analysiert. Sodann werden die steuerlichen Zuordnungsprinzipien ausgeleuchtet. Anhand eines Beispiels-Sachverhalts wird geprüft, ob die Missbrauchsnorm des § 7 Abs. 3 GrEStG trotz einschränkender Auslegung durch die Rechtsprechung weiterhin überschießende Wirkung hat, und ob dies steuerverfassungsrechtlich haltbar ist. Schließlich wird der neue Ergänzungstatbestand des § 1 Abs. 2b GrEStG verfassungsrechtlich gewürdigt.»The Increasingly Applied Commercial Approach in Real Estate Transfer Tax Law. A Development still in Compliance with Constitutional Law?«: In her thesis, Carina Koll has tackled the increasing impact of the so-called commercial approach in real estate transfer tax law. Its relevance has even grown following the Real Estate Transfer Tax Reform of 2021. Her focus is on the imminent systemic conformity and constitutionality of the perpetual disregard of er civil law principles in real estate transfer tax law, which she has examined on the basis of the defined anti-abuse standards under Section 7 (3) of the Real Estate Transfer Tax Act (GrEStG) and the newly introduced supplementary provision under Section 1 (2b) of the Real Estate Transfer Tax Act (GrEStG).
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Danksagung | 5 | ||
Inhaltsverzeichnis | 7 | ||
Abkürzungen | 13 | ||
Abbildungsverzeichnis | 14 | ||
1. Teil: Einleitung | 15 | ||
A. Ausgangspunkt und Fragestellung | 15 | ||
B. Forschungsfrage und Vorgehensweise | 21 | ||
2. Teil: Hauptteil | 22 | ||
A. Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts | 22 | ||
I. Die Rechtsfigur der Gesamthand im bürgerlich-rechtlichen Sinne | 22 | ||
1. Historische Entwicklung der Gesamthand | 22 | ||
2. Gesamthandsvermögen | 23 | ||
a) Historischer Hintergrund | 23 | ||
b) Historische Entwicklung der Rechtsfähigkeit der GbR | 27 | ||
aa) Traditionelle individualistische Gesamthandslehre | 27 | ||
(1) Rechtsauffassung | 27 | ||
(2) Kritik | 28 | ||
(a) Neu eintretender Gesellschafter | 28 | ||
(b) Umwandlungen | 29 | ||
(c) Gesetzesänderungen | 30 | ||
(d) Ladung sämtlicher Gesellschafter | 31 | ||
bb) Die neue kollektive Gesamthandslehre | 31 | ||
(1) Rechtsauffassung | 31 | ||
(2) Kritik | 35 | ||
cc) Reaktionen der Rechtsprechung | 36 | ||
(1) Bisherige Rechtsprechung | 37 | ||
(a) Bis in die 1970er Jahre | 37 | ||
(b) Der Wandel in der Rechtsprechung | 37 | ||
(2) Grundsatzurteil zur Rechtsfähigkeit der GbR | 40 | ||
c) Aktuelles Verständnis vom Gesamthandsvermögen | 43 | ||
II. Die steuerrechtlichen Zurechnungsprinzipien des § 39 AO | 46 | ||
1. Zivilrechtliche Betrachtungsweise gemäß § 39 Abs. 1 AO | 46 | ||
2. Wirtschaftliche Betrachtungsweise gemäß § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO | 49 | ||
3. Anwendungsbereich des § 39 AO | 54 | ||
4. Zurechnung bei Gesamthandsgemeinschaften, § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO | 54 | ||
B. Gesellschaftsanteile mit vertraglicher Zuordnung einer konkreten Wohnung | 57 | ||
I. Steuerlicher Beispiels-Sachverhalt | 57 | ||
II. Zivilrechtliche Würdigung des Beispiels-Sachverhalts | 58 | ||
1. Das Grundbuch | 58 | ||
2. Grundbuchfähigkeit der GbR | 60 | ||
a) Die Entwicklung der Rechtsprechung | 60 | ||
aa) Die frühere Rechtsprechung | 60 | ||
bb) Die Anerkennung der Grundbuchfähigkeit der GbR durch den BGH | 63 | ||
b) Bestätigung der Grundbuchfähigkeit der GbR durch den Gesetzgeber | 64 | ||
3. Das zivilrechtliche Rechtsverhältnis zwischen Gesellschafter und der vertraglich zugeordneten Wohnung | 65 | ||
a) Prüfung der Eigenschaft als Wohnungseigentum | 65 | ||
aa) Vertragliche Einräumung von Sondereigentum | 67 | ||
bb) Teilung durch den Eigentümer | 67 | ||
b) Prüfung des Vorliegens eines Sondernutzungsrechts | 68 | ||
4. Zivilrechtliches Zwischenergebnis | 70 | ||
III. Grunderwerbsteuerliche Behandlung des Sachverhalts | 70 | ||
1. Die Besteuerung der X-GbR im steuerlichen Beispiels-Sachverhalt | 71 | ||
a) Die X-GbR als Erwerberin des Grundstücks | 71 | ||
b) Grunderwerbsteuerliche Bemessungsgrundlage | 71 | ||
aa) Kaufvertragliche Gegenleistung als Bemessungsgrundlage | 72 | ||
bb) Ausnahme: Wert des Grundstücks im Zeitpunkt der Fertigstellung des Gebäudes | 72 | ||
(1) Einheitliches Vertragswerk | 73 | ||
(a) Rechtlicher Zusammenhang zwischen den Verträgen | 74 | ||
(b) Objektiv sachlicher Zusammenhang zwischen den Verträgen | 75 | ||
(aa) Bauerrichtungsvertrag vor oder zeitgleich mit Grundstückskaufvertrag | 76 | ||
(bb) Bauerrichtungsvertrag zeitlich nach Grundstückskaufvertrag | 76 | ||
(cc) Faktische Zwänge | 76 | ||
(dd) Hinnahme eines vorbereiteten Geschehensablaufs | 77 | ||
(ee) Mehrere Personen auf der Veräußererseite | 79 | ||
(c) Zwischenergebnis | 80 | ||
(2) Änderung des Gesellschafterbestandes einer Personengesellschaft | 80 | ||
cc) Zwischenergebnis | 81 | ||
c) Steuerschuldnerschaft der X-GbR | 81 | ||
2. Die Besteuerung der Gesellschafter A und B im steuerlichen Beispiels-Sachverhalt | 81 | ||
a) A und B als grunderwerbsteuerliche Erwerber des Grundstücks | 81 | ||
b) A und B als Haftungsschuldner für die Grunderwerbsteuer der X-GbR | 82 | ||
aa) Die Doppelverpflichtungslehre | 82 | ||
bb) Die Akzessorietätstheorie | 83 | ||
cc) Zwischenergebnis | 84 | ||
c) Erwerb von Wohnungseigentum durch die Gesellschafter A und B im Rahmen der Auseinandersetzung der X-GbR | 84 | ||
aa) Grunderwerbsteuerbarkeit des Erwerbs von Wohnungseigentum | 84 | ||
bb) Prüfung der Steuerbefreiung nach § 7 Abs. 2 GrEStG | 86 | ||
cc) Zwischenergebnis | 86 | ||
3. Die Besteuerung des Gesellschafters C im steuerlichen Beispiels-Sachverhalt | 87 | ||
a) C als grunderwerbsteuerlicher Erwerber des Grundstücks | 87 | ||
b) C als Haftungsschuldner für die Grunderwerbsteuer der X-GbR | 88 | ||
aa) Keine Haftung des Neugesellschafters für Altschulden der Gesellschaft nach älterer Rechtsprechung | 88 | ||
bb) Der Auffassungswandel zugunsten der analogen Anwendung des § 130 HGB | 89 | ||
cc) Akzessorische Haftung des Neugesellschafters für Altschulden der Gesellschaft nach neuerer Rechtsprechung | 90 | ||
dd) Zwischenergebnis | 91 | ||
c) Erwerb von Wohnungseigentum durch den Gesellschafter C im Rahmen der Auseinandersetzung der X-GbR | 91 | ||
IV. Verfassungsrechtliche Würdigung des steuerlichen Beispiels-Sachverhalts | 92 | ||
1. Inhalt und Bedeutung des allgemeinen Gleichheitssatzes im Steuerrecht | 92 | ||
2. Ungleichbehandlung i. S. des Art. 3 Abs. 1 GG | 94 | ||
3. Verfassungsrechtliche Rechtfertigung der steuerlichen Ungleichbehandlung | 98 | ||
a) Legitimer Zweck | 98 | ||
b) Geeignetheit | 99 | ||
c) Erforderlichkeit | 101 | ||
d) Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne | 104 | ||
aa) Überschießende Wirkung des § 7 Abs. 3 GrEStG | 104 | ||
bb) Einschränkende verfassungskonforme Auslegung | 105 | ||
cc) Kritik aus der Literatur | 106 | ||
dd) Rechtfertigung der Typisierung in § 7 Abs. 3 GrEStG | 108 | ||
4. Ergebnis der verfassungsrechtlichen Würdigung | 109 | ||
5. Die Bemessungsgrundlage im Lichte der Steuergerechtigkeit | 110 | ||
C. Aktueller Gesetzesentwurf: Steuerbarkeit von Gesellschafterwechseln bei grundbesitzenden Kapitalgesellschaften, § 1 Abs. 2b GrEStG-E | 114 | ||
I. Die Entwicklung im Gesetzgebungsverfahren | 114 | ||
II. Grunderwerbbesteuerung bei Gesellschafterwechsel in Personengesellschaften gemäß § 1 Abs. 2a GrEStG | 120 | ||
1. Zivilrechtliche Betrachtung des Gesellschafterwechsels bei Personengesellschaften | 120 | ||
a) Beitritt eines neuen Gesellschafters | 120 | ||
b) Anteilsübertragung | 122 | ||
aa) Frühere Auffassung: Theorie des Doppelvertrages | 122 | ||
bb) Aktuelle Auffassung: Unmittelbare Anteilsübertragung | 122 | ||
c) Auswirkung auf Grundbucheintragungen zugunsten der GbR | 124 | ||
2. Grunderwerbsteuerliche Behandlung des Gesellschafterwechsels in Personengesellschaften | 124 | ||
a) § 1 Abs. 2a GrEStG i. d. F. des JStG 1997 (ab dem 01. Januar 1997) | 125 | ||
b) § 1 Abs. 2a GrEStG i. d. F. des StEntlG 1999/2000/2002 (ab dem 01. Januar 2000) | 127 | ||
aa) Unmittelbare Änderung im Gesellschafterbestand | 128 | ||
(1) Unmittelbare Altgesellschafter i. S. des § 1 Abs. 2a GrEStG | 129 | ||
(2) Unmittelbare Neugesellschafter i. S. des § 1 Abs. 2a GrEStG | 130 | ||
bb) Mittelbare Änderungen im Gesellschafterbestand | 130 | ||
(1) Auffassung der Finanzverwaltung | 131 | ||
(a) Mittelbare Altgesellschafter des § 1 Abs. 2a GrEStG | 131 | ||
(b) Mittelbare Neugesellschafter des § 1 Abs. 2a GrEStG | 132 | ||
(2) Besonderheiten bei Kapitalgesellschaften | 132 | ||
(3) Die Rechtsprechung | 133 | ||
(4) Reaktionen in der Literatur | 133 | ||
cc) Fünf-Jahres-Frist | 134 | ||
(1) Rechtsprechung und Finanzverwaltung | 134 | ||
(2) Literatur | 135 | ||
(a) Fünf-Jahres-Frist auf allen Beteiligungsebenen | 135 | ||
(b) Fünf-Jahres-Frist auf Ebene beteiligter Kapitalgesellschaften | 137 | ||
c) § 1 Abs. 2a GrEStG in der aktuellen Fassung (ab dem 6. November 2015) | 138 | ||
aa) Unmittelbarer Gesellschafterwechsel | 138 | ||
bb) Mittelbarer Gesellschafterwechsel | 139 | ||
(1) Reaktion des Gesetzgebers | 139 | ||
(2) Rechtsprechung und Finanzverwaltung | 139 | ||
(3) Mittelbare Alt- und Neugesellschafter | 141 | ||
(a) Mittelbare Altgesellschafter | 141 | ||
(b) Mittelbare Neugesellschafter | 142 | ||
(4) Besonderheiten bei Kapitalgesellschaften | 142 | ||
cc) Kritik an der Neuregelung | 143 | ||
III. Grunderwerbbesteuerung bei Gesellschafterwechsel in Kapitalgesellschaften nach § 1 Abs. 2b GrEStG-E | 144 | ||
1. Das Wesen der juristischen Person | 144 | ||
a) Die Rechtsfigur der juristischen Person | 144 | ||
aa) Historische Entwicklung der juristischen Person | 144 | ||
bb) Heutiges Verständnis von der juristischen Person | 145 | ||
b) Das Gesellschaftsvermögen der juristischen Person | 146 | ||
c) Unterschiede zwischen Kapitalgesellschaften und Personengesellschaften | 147 | ||
2. Zivilrechtliche Betrachtung des Gesellschafterwechsels in einer Kapitalgesellschaft | 149 | ||
a) Gesellschafterwechsel in Aktiengesellschaften | 149 | ||
aa) Inhaberaktien | 149 | ||
bb) Namensaktien | 150 | ||
b) Gesellschaft mit beschränkter Haftung | 152 | ||
3. Grunderwerbsteuerliche Behandlung des Gesellschafterwechsels in Kapitalgesellschaften | 154 | ||
a) Auswirkungen auf börsennotierte Unternehmen | 155 | ||
b) Auswirkungen auf die übrigen Kapitalgesellschaften | 156 | ||
c) Auswirkungen auf land- und forstwirtschaftliche Betriebe in Form einer Kapitalgesellschaft | 156 | ||
IV. Verfassungsrechtliche Würdigung | 157 | ||
1. Das Leistungsfähigkeitsprinzip im Steuerrecht | 160 | ||
2. Das Gebot der gleichmäßigen Besteuerung | 164 | ||
a) Verfassungsrechtliche Grundsätze | 164 | ||
b) Verfassungsgemäße Missbrauchsbekämpfung | 165 | ||
3. Strukturelles Vollzugsdefizit | 170 | ||
a) Verfassungsrechtliche Grundsätze | 170 | ||
b) Prüfung eines strukturellen Vollzugsdefizits bei § 1 Abs. 2b GrEStG-E | 171 | ||
c) Wertpapierrechtliche Meldepflichten als Abhilfe? | 173 | ||
d) Die neue Transparenzregelung in § 67d AktG als Abhilfe? | 176 | ||
e) Zwischenergebnis | 177 | ||
4. Folgerichtigkeitsgebot in Bezug auf die grunderwerbsteuerlichen Nichterhebungsvorschriften | 179 | ||
a) Keine Rechtsformunterschiede in dinglicher Hinsicht | 179 | ||
b) Konsequenzen für das Folgerichtigkeitsgebot | 183 | ||
c) Auffassung der niedersächsischen Finanzverwaltung | 184 | ||
d) Zwischenergebnis | 184 | ||
5. Verhältnismäßigkeit der Normausgestaltung als unwiderlegliche Vermutung | 185 | ||
6. Zusammenfassung und Ergebnis der verfassungsrechtlichen Würdigung | 188 | ||
a) Zusammenfassung | 188 | ||
b) Ergebnis | 198 | ||
3. Teil: Fazit | 200 | ||
Literaturverzeichnis | 212 | ||
Sachverzeichnis | 232 |