Die Revision des Parteiverbots
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Die Revision des Parteiverbots
Schriften zum Öffentlichen Recht, Vol. 1467
(2022)
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Dominik Pokora studierte Rechtswissenschaften an der Technischen Universität Dresden, der Karls-Universität Prag sowie der Universität Leipzig. Nach Abschluss des Referendariats am Oberlandesgericht Dresden nahm er 2017 parallel zum Beginn des Promotionsvorhabens seine Tätigkeit als Rechtsanwalt in einer internationalen Wirtschaftskanzlei in Dresden auf.Abstract
Gegenstand der Arbeit ist die Interpretation des ursprünglich in Art. 21 Abs. 2 GG a.F. - heute in Art. 21 Abs. 2 und Abs. 4 Alt. 1 GG - normierten Parteiverbots durch das BVerfG in seinem Urteil vom 17.01.2017, mit dem der Antrag des Bundesrates, die Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) für verfassungswidrig zu erklären, zurückgewiesen worden ist. Das NPD-Urteil stellt nach den erfolgreichen Verboten der SRP und KPD in den 1950er Jahren die erst dritte Sachentscheidung des BVerfG in einem Parteiverbotsverfahren dar. Obgleich das BVerfG an seine bisherige Rechtsprechung anknüpft, setzt das NPD-Urteil in gleich mehrfacher Hinsicht neue Akzente, sowohl für die Auslegung der einzelnen Tatbestandsmerkmale - hier ist insbesondere die Neujustierung der Eingriffsschwelle hervorzuheben - als auch für die zukünftige Handhabung des Parteiverbots. Der Autor beleuchtet hiervon ausgehend umfassend die formellen und materiellen Anforderungen an Parteiverbote mitsamt den daraus erwachsenden Konsequenzen.»The Revision of the Political Party Ban«: The subject of the study is the German Federal Constitutional Court‘s interpretation of the political party ban in its judgment from 2017 regarding the NPD ban proceeding. This decision has set new standards in several aspects, both for the interpretation of the elements of the party ban provision and for the future application of this instrument. Based on the foregoing, the author comprehensively examines the formal and material requirements for party bans, including the implications resulting therefrom.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Vorwort | 7 | ||
Inhaltsverzeichnis | 9 | ||
Kapitel 1: Einleitung | 17 | ||
A. Einführung in den Untersuchungsgegenstand | 17 | ||
B. Ziel der Untersuchung | 22 | ||
C. Gang der Untersuchung | 24 | ||
Kapitel 2: Grundlagen des Parteiverbots | 26 | ||
A. Historische Grundlagen des Parteiverbots in Deutschland | 26 | ||
I. Parteiverbote im Kaiserreich | 27 | ||
II. Parteiverbote in der Weimarer Republik | 28 | ||
1. Rechtliche Stellung der Parteien | 29 | ||
2. Möglichkeiten des Parteiverbots | 29 | ||
a) Reichsvereinsgesetz (RVG) von 1908 | 29 | ||
b) Notverordnungen des Reichspräsidenten gemäß Art. 48 Abs. 2 WRV | 29 | ||
c) Erstes Gesetz zum Schutze der Republik (RepSchG) von 1922 | 32 | ||
3. Übergang zur NS-Diktatur | 34 | ||
4. Fazit | 34 | ||
III. Die Aufnahme des Parteiverbots in das Grundgesetz | 36 | ||
B. Das Parteiverbot als Instrument streitbarer Demokratie des Grundgesetzes | 38 | ||
I. Historischer Hintergrund: Die Demokratiekonzeption in der Weimarer Republik | 39 | ||
II. Erste Vorarbeiten zur streitbaren Demokratie | 41 | ||
III. Die streitbare Demokratie des Grundgesetzes | 43 | ||
1. Begriff | 43 | ||
2. Instrumentarium und Schutzgut der streitbaren Demokratie | 44 | ||
3. Die Wesensmerkmale der streitbaren Demokratie | 46 | ||
4. Der Grundkonflikt der streitbaren Demokratie und seine Auflösung | 47 | ||
5. Streitbare Demokratie als Verfassungsprinzip? | 49 | ||
C. Der fortbestehende Geltungsanspruch des Parteiverbots | 51 | ||
D. Die Einordnung des Parteiverbots im Grundgesetz | 54 | ||
I. Funktion und verfassungsrechtliche Stellung der Parteien | 54 | ||
II. Die Freiheit der Parteien | 55 | ||
III. Parteiverbot als „demokratieverkürzende Ausnahmenorm“ | 56 | ||
1. Parteiverbot und politische Freiheit im Grundgesetz | 56 | ||
2. Verfassungsrechtliche Einhegung des Parteiverbots | 57 | ||
a) Erhöhter verfassungsrechtlicher Schutz der Parteienfreiheit | 58 | ||
b) Verhältnis zu Art. 9 Abs. 2 GG | 59 | ||
c) Verfahrenssicherungen | 60 | ||
d) Gebot restriktiver Auslegung der Tatbestandsmerkmale des Art. 21 Abs. 2 GG | 60 | ||
E. Verfahrensrechtliche Grundlagen des Parteiverbots | 61 | ||
I. Antrag | 61 | ||
1. Kreis der Antragsberechtigten | 61 | ||
2. Ermessen bei der Antragstellung | 62 | ||
3. Antragsgegner | 63 | ||
II. Vorverfahren | 64 | ||
III. Voruntersuchung und mündliche Verhandlung | 65 | ||
IV. Die Entscheidung über die Verfassungswidrigkeit und ihre Rechtsfolgen | 66 | ||
1. Konstitutive Wirkung der Feststellungsentscheidung | 66 | ||
2. Auflösung der Partei | 67 | ||
3. Verbot der Schaffung von Ersatzorganisationen | 68 | ||
4. Einziehung des Parteivermögens | 69 | ||
5. Mandatsverlust | 70 | ||
V. Vollzug des Urteils | 72 | ||
VI. Bindungswirkung des Urteils | 72 | ||
F. Parteiverbote und EMRK | 73 | ||
I. Die Bedeutung der EMRK für die Auslegung des Grundgesetzes | 73 | ||
II. Anwendbarkeit der EMRK bei der Auslegung des Art. 21 Abs. 2 GG | 76 | ||
III. Die Rolle der EMRK im NPD-Urteil | 78 | ||
IV. Parteiverbote unter der EMRK | 79 | ||
1. Rechtliche Grundlagen | 79 | ||
2. Spruchpraxis | 80 | ||
G. Bisherige Parteiverbotsverfahren vor dem BVerfG | 82 | ||
I. Das Verbot der SRP | 82 | ||
II. Das Verbot der KPD | 85 | ||
III. FAP- und NL-Beschluss | 88 | ||
IV. Das erste Verbotsverfahren gegen die NPD | 89 | ||
V. Das zweite Verbotsverfahren gegen die NPD | 93 | ||
VI. Fazit | 96 | ||
Kapitel 3: Rechtsstaatliche Anforderungen an das Parteiverbotsverfahren | 97 | ||
A. Rechtliche Grundlagen der Beobachtung politischer Parteien durch den Verfassungsschutz | 98 | ||
I. Institutioneller und materieller Verfassungsschutz | 98 | ||
1. Verfassungsschutz als grundgesetzlicher Auftrag | 98 | ||
2. Tätigwerden der Verfassungsschutzbehörden | 99 | ||
II. V-Leute als nachrichtendienstliches Mittel | 101 | ||
1. Begriff und Rechtsstellung der V-Leute | 102 | ||
2. Besondere Voraussetzungen für den Einsatz von V-Leuten | 104 | ||
III. Die nachrichtendienstliche Beobachtung politischer Parteien | 105 | ||
B. Verfassungsrechtliche Verfahrensvoraussetzungen im Parteiverbotsverfahren | 110 | ||
I. Rechtliche Ausgangslage | 110 | ||
II. Gebot der Staatsfreiheit | 114 | ||
1. Entwicklung des Grundsatzes der Staatsfreiheit in der Rechtsprechung des BVerfG zur Parteienfinanzierung | 115 | ||
2. Bedeutung der Staatsfreiheit im Kontext des Parteiverbotsverfahrens | 116 | ||
3. „Strikte“ Staatsfreiheit? – Die Anforderungen im Einzelnen | 119 | ||
III. Gebot der Quellenfreiheit | 125 | ||
1. Anforderungen der Quellenfreiheit | 125 | ||
2. Einzelfragen | 126 | ||
3. Konstitutionalisierung der Quellenfreiheit | 130 | ||
IV. Grundsatz des fairen Verfahrens | 133 | ||
1. Grundlagen und Inhalt | 133 | ||
2. Bedeutung im Parteiverbotsverfahren | 133 | ||
V. Fehlerfolgen – Abwägung von rechtsstaatlichen Verstößen mit dem Präventionszweck des Parteiverbots | 137 | ||
VI. Exkurs: Geltung der Verfahrensanforderungen auch im Finanzierungsausschlussverfahren | 142 | ||
C. Fazit | 145 | ||
Kapitel 4: Die Tatbestandsmerkmale des Art. 21 Abs. 2 GG | 147 | ||
A. Die Neujustierung des Begriffs der „freiheitlichen demokratischen Grundordnung“ | 147 | ||
I. Die Bedeutung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Grundgesetz und einfachen Recht | 148 | ||
1. Die freiheitliche demokratische Grundordnung im Grundgesetz | 148 | ||
2. Die freiheitliche demokratische Grundordnung im einfachen Recht | 149 | ||
II. Das Problem der Unbestimmtheit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung | 149 | ||
III. Die freiheitliche demokratische Grundordnung in der bisherigen Rechtsprechung des BVerfG | 153 | ||
1. Die Auslegung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung in den Verbotsurteilen gegen SRP und KPD | 154 | ||
a) SRP-Urteil | 154 | ||
b) KPD-Urteil | 155 | ||
2. Die freiheitliche demokratische Grundordnung in der weiteren Rechtsprechung des BVerfG | 157 | ||
3. Ergebnis | 159 | ||
IV. Kritik an der bisherigen Rechtsprechung und Streitstand in der Literatur | 159 | ||
1. Kritik an der Formel des BVerfG | 160 | ||
2. Der Streit um die Identität der freiheitlichen demokratischen Grundordnung mit Art. 79 Abs. 3 GG | 161 | ||
3. Alternative Ansätze zur Inhaltsbestimmung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung | 165 | ||
V. Die freiheitliche demokratische Grundordnung im NPD-Urteil des BVerfG | 167 | ||
1. Das bundesverfassungsgerichtliche Begriffsverständnis | 167 | ||
a) Überblick | 167 | ||
b) „Reduzierter Ansatz“ wegen Ausnahmecharakter des Parteiverbots | 169 | ||
c) Keine Identität mit Art. 79 Abs. 3 GG | 169 | ||
d) „Drei-Elemente-Lehre“ des BVerfG | 170 | ||
aa) Menschenwürde | 170 | ||
bb) Demokratieprinzip | 170 | ||
cc) Rechtsstaatsprinzip | 172 | ||
2. Kritik | 172 | ||
a) Die Bedeutung des reduzierten Ansatzes | 173 | ||
b) Vergleich der zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung zugehörigen Elemente im SRP- und NPD-Urteil | 175 | ||
aa) Die Unterscheidung zwischen Grundprinzip und Ableitung | 176 | ||
bb) Gegenüberstellung der Definitionen aus SRP- und NPD-Urteil | 178 | ||
cc) Zwischenergebnis | 183 | ||
c) Die freiheitliche demokratische Grundordnung als Teilmenge des Art. 79 Abs. 3 GG | 184 | ||
aa) Schnittmengen und Unterschiede | 185 | ||
bb) Einbeziehung des Sozialstaatsprinzips | 188 | ||
cc) Einbeziehung der einzelnen Grundrechte | 191 | ||
VI. Fazit | 192 | ||
B. „Beeinträchtigen oder Beseitigen“ der freiheitlichen demokratischen Grundordnung als Störungsalternativen | 195 | ||
I. Das bisherige Verständnis der Begriffe „Beeinträchtigen“ und „Beseitigen“ | 196 | ||
II. Die Differenzierung des BVerfG im NPD-Urteil | 198 | ||
1. Beseitigung | 198 | ||
2. Beeinträchtigung | 198 | ||
3. Stellungnahme | 202 | ||
III. „Beeinträchtigen“ als Redaktionsversehen? | 204 | ||
C. Ziele der Partei oder Verhalten ihrer Anhänger als Erkenntnismittel | 207 | ||
I. Ziele der Partei | 208 | ||
II. Verhalten der Anhänger | 211 | ||
1. Anhänger | 211 | ||
2. Verhalten | 212 | ||
3. Zurechenbarkeit | 214 | ||
a) Grundsatz | 214 | ||
b) Abgestuftes Zurechnungskonzept nach Anhängergruppen | 215 | ||
aa) Leitende Funktionäre der Partei | 216 | ||
bb) Einfache Parteimitglieder | 216 | ||
cc) Sonstige Anhänger | 217 | ||
c) Konformität mit Rechtsprechung des EGMR | 218 | ||
d) Zurechnung von Straftaten und Parlamentarischen Äußerungen im Besonderen | 219 | ||
aa) Straftaten | 219 | ||
bb) Parlamentarische Äußerungen | 222 | ||
III. Verhältnis von Parteizielen und Anhängerverhalten | 225 | ||
IV. Zusammenfassung | 227 | ||
D. „Potentialität“ als neue Eingriffsschwelle – Die Neuinterpretation des Tatbestandsmerkmals „darauf ausgehen“ | 227 | ||
I. Das Verständnis des „Darauf Ausgehens“ vor dem NPD-Urteil | 229 | ||
1. Rechtsprechung des BVerfG | 229 | ||
a) SRP-Urteil | 229 | ||
b) KPD-Urteil | 230 | ||
2. Streitstand im Schrifttum | 232 | ||
a) Rezeption des KPD-Urteils im Schrifttum | 232 | ||
b) Das Spektrum möglicher Eingriffsschwellen in der Literatur | 234 | ||
aa) Zustimmung zum Maßstab im KPD-Urteil | 235 | ||
bb) Weitergehender Ansatz | 236 | ||
cc) Restriktivere Ansätze | 237 | ||
3. Fazit: Zur Ausgangslage des BVerfG im zweiten NPD-Verfahren | 240 | ||
II. Das Tatbestandsmerkmal „darauf ausgehen“ im NPD-Urteil | 241 | ||
1. Kursänderung des BVerfG im NPD-Urteil | 241 | ||
2. Inhaltliche Fragestellungen | 245 | ||
a) Das Prognoserisiko | 245 | ||
b) Verhältnis zur konkreten Gefahr | 248 | ||
3. Methodische Fragestellungen | 249 | ||
a) Grundgesetzautonome Betrachtung | 250 | ||
aa) Methoden der Verfassungsinterpretation | 250 | ||
bb) Überprüfung des Potentialitätsmerkmals anhand der Auslegungsgrundsätze | 252 | ||
(1) Wortlaut | 253 | ||
(2) Entstehungsgeschichte | 254 | ||
(3) Normzweck | 256 | ||
(4) Systematik | 262 | ||
cc) Verfassungswandel | 266 | ||
dd) Zwischenergebnis | 267 | ||
b) Konventionskonforme Auslegung | 268 | ||
aa) Anforderungen des EGMR an die Eingriffsschwelle | 268 | ||
bb) Berücksichtigung nationaler Besonderheiten durch den EGMR | 276 | ||
cc) Fazit | 279 | ||
III. Ergebnis | 280 | ||
E. Absage an ungeschriebene Tatbestandsmerkmale | 282 | ||
I. Wesensverwandtschaft mit dem Nationalsozialismus | 283 | ||
1. Position des BVerfG | 284 | ||
2. Bedeutung der Wesensverwandtschaft mit dem Nationalsozialismus in der Rechtsprechung zu Partei- und Vereinsverboten | 285 | ||
a) SRP-Urteil des BVerfG | 285 | ||
b) Rechtsprechung des BVerwG zu Vereinsverboten | 286 | ||
3. Antinationalsozialistisches Sonderrecht | 288 | ||
4. Fazit | 290 | ||
II. Grundsatz der Verhältnismäßigkeit | 291 | ||
1. Diskussionsstand bis zum NPD-Urteil | 292 | ||
2. Argumentation des BVerfG im NPD-Urteil | 294 | ||
3. Aspekte der Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes im Einzelnen | 295 | ||
a) Parteiverbote als Anwendungsbereich des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes | 295 | ||
b) Art. 21 Abs. 2 und Abs. 4 Alt. 1 GG als gebundene Entscheidung | 296 | ||
c) Vergleichende Betrachtung mit Art. 9 Abs. 2 GG | 298 | ||
d) Prüfung der Verhältnismäßigkeit durch den EGMR | 302 | ||
e) Lösung des BVerfG: Verhältnismäßigkeitsorientierte Auslegung insbesondere des „Darauf Ausgehens“ | 303 | ||
4. Fazit | 305 | ||
Kapitel 5: Gesamtfazit und Ausblick | 306 | ||
Kapitel 6: Zusammenfassung | 310 | ||
Literaturverzeichnis | 317 | ||
Sachwortverzeichnis | 336 |