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Bestrafte Innovation?

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Münster, M. (2022). Bestrafte Innovation?. Strafrechtliche Verantwortlichkeit für das Inverkehrbringen autonomer cyber-physischer Systeme. Duncker & Humblot. https://doi.org/10.3790/978-3-428-58435-2
Münster, Maximilian. Bestrafte Innovation?: Strafrechtliche Verantwortlichkeit für das Inverkehrbringen autonomer cyber-physischer Systeme. Duncker & Humblot, 2022. Book. https://doi.org/10.3790/978-3-428-58435-2
Münster, M (2022): Bestrafte Innovation?: Strafrechtliche Verantwortlichkeit für das Inverkehrbringen autonomer cyber-physischer Systeme, Duncker & Humblot, [online] https://doi.org/10.3790/978-3-428-58435-2

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Bestrafte Innovation?

Strafrechtliche Verantwortlichkeit für das Inverkehrbringen autonomer cyber-physischer Systeme

Münster, Maximilian

Schriften zum Strafrecht, Vol. 386

(2022)

Additional Information

Book Details

About The Author

Maximilian Münster studierte von 2011 bis 2016 Rechtswissenschaften an der Bucerius Law School in Hamburg und an der University of Queensland in Brisbane. 2017 absolvierte er das 1. Staatsexamen. Von 2017 bis 2020 war er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für deutsches, europäisches und internationales Strafrecht und Strafprozessrecht an der Bucerius Law School. 2019 führte ihn ein Auslandsforschungsaufenthalt an die University of California, Berkeley School of Law. Seit Februar 2021 ist er Rechtsreferendar am Kammergericht in Berlin.

Abstract

Autonome cyber-physische Systeme, also körperliche, selbstlernende Technologien, werden absehbar Einzug in unsere Lebenswirklichkeit finden. Wird auch das Strafrecht reagieren müssen, wenn innovative, autonome Technologien die tatbestandlichen Erfolge einer Körperverletzung oder einer Tötung herbeiführen? Zwecks Beantwortung dieser Frage untersucht Maximilian Münster die hierzulande geltenden Maßstäbe strafrechtlicher Produkthaftung, um anschließend ihre Anwendung auf das Inverkehrbringen autonomer cyber-physischer Systeme zu bewerten. Bei dieser Bewertung stehen diejenigen Grenzen im Vordergrund, welche das Verfassungsrecht der Kriminalisierung eines Verhaltens zwingend aufgibt. Die Arbeit schließt - auch mit Blick auf die Rechtslage in den USA - mit einer Stellungnahme gegen den Rückzug des Strafrechts aus dem hiesigen Anwendungsfeld.»Penalized Innovation? Criminal Liability for the Placing on the Market of Autonomous Cyber-Physical Systems«: Autonomous cyber-physical systems will foreseeably find their way into the reality of our lives. Will criminal law have to react when innovative, autonomous technologies cause bodily injury or homicide? To answer this question, Maximilian Münster examines the standards of criminal product liability that apply in Germany and then evaluates their application to the marketing of autonomous cyber-physical systems.

Table of Contents

Section Title Page Action Price
Vorwort 5
Inhaltsverzeichnis 7
Erstes Kapitel: Einleitung und Begriffsbestimmungen 13
A. Problemaufriss 13
I. Strafrechtliche Produkthaftung – Ein alter Hut? 13
II. Strafbarkeitsrisiko als Innovationshemmnis 14
III. Die verschärfte Problematik bei autonom agierenden Systemen 16
B. Die Forschungsfrage 17
I. Begriffliche Begrenzung der Thematik 18
1. Cyber-physisches System 18
2. Autonomie 18
3. Haftung 20
4. Hersteller 20
II. Inhaltliche Begrenzung der Thematik 21
1. Das Inverkehrbringen als Gegenstand der Untersuchung 21
2. Strafrechtlicher Fahrlässigkeitsvorwurf 23
III. Forschungsfrage 24
C. Gang der Darstellung 24
Zweites Kapitel: Die Anwendung der geltenden strafrechtlichen Maßstäbe auf das Inverkehrbringen autonomer cyber-physischer Systeme 26
A. Die deutsche strafrechtliche Produkthaftungskonzeption und ihre Anwendung auf autonome CPS 26
I. Einführung in das deutsche Produkthaftungsgefüge 26
1. Kursorischer Überblick über die produkthaftungsrechtlichen Maßstäbe im Zi‍vilrecht 26
a) § 1 Abs. 1 ProdHaftG 27
b) § 823 Abs. 1 BGB 28
c) Keine Haftung für Entwicklungsrisiken 29
aa) § 1 Abs. 2 Nr. 5 ProdHaftG 30
(1) Reichweite der Norm 30
(2) Rückausnahmen 32
bb) Entwicklungsrisiken in der deliktischen Produzentenhaftung i.S.d. § 823 Abs. 1 BGB 33
d) Abzusehende Entwicklung der zivilrechtlichen Produkthaftung im Kontext autonomer CPS 34
2. Rechtsgrundlagen einer strafrechtlichen Produkthaftung 36
a) Nebenstrafrecht 36
aa) § 40 ProdSG 37
bb) Exemplarische Besonderheit: §§ 95 Abs. 1 und 4, 96 AMG 38
cc) Weitere spezialgesetzliche Regelungen 40
b) Kernstrafrecht 40
aa) Gemeingefährliche Vergiftung gem. § 314 StGB 41
bb) Betrug gem. § 263 StGB 42
cc) Fahrlässige Körperverletzung oder Tötung gem. §§ 222, 229 StGB 43
II. Die in den hier zu untersuchenden Fallkonstellationen zentralen Voraussetzungen der §§ 222, 229 StGB 45
1. Objektive Sorgfaltspflichtverletzung 45
a) Quellen der Sorgfaltspflichten 46
aa) Verhaltensvorschriften 46
(1) Rechtsnormen im engeren Sinne, insbesondere das ProdSG 47
(a) Anwendungsbereich des ProdSG 47
(b) Sicherheitsstandards nach dem ProdSG 48
(2) Technische Regeln 49
(3) Lediglich indizielle Wirkung von Sondernormen für das Fahrlässigkeitsurteil 50
(4) Zwischenergebnis 52
bb) Verkehrspflichten 53
(1) Der Stand von Wissenschaft und Technik 53
(a) Schwächen dieses Maßstabs 55
(b) Der Stand von Wissenschaft und Technik bei autonomen CPS 56
(2) Betriebsbezogene Durchschnittsanforderungen 56
cc) Zwischenergebnis 58
b) Grenzen der Sorgfaltspflichten 59
aa) Einfluss behördlicher Genehmigungen, Zulassungen und Stellungnah‍men 60
bb) Begrenzende Wirkung zivilrechtlicher Sorgfaltsmaßstäbe 61
(1) Bei grundsätzlicher Erlaubnis des in Frage stehenden Verhaltens 61
(a) Grundsatz: Subsidiaritätsprinzip im Strafrecht 61
(b) Orientierung an der Verhaltensnorm i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB? 62
(c) Unterschiedliche Zielsetzungen der Rechtsgebiete 63
(2) Bei einzelfallabhängiger Erlaubnis des in Frage stehenden Verhaltens 66
cc) Das erlaubte Risiko 66
(1) Bedeutungsgehalt des erlaubten Risikos 67
(2) Einordnung des erlaubten Risikos im Fahrlässigkeitsaufbau 69
(a) Tatbestandsausschluss oder Rechtfertigungsgrund? 69
(b) Sorgfaltspflichtbegrenzung oder Zurechnungsausschluss? 71
(c) Eigenständige Funktion und Anwendungsbereich des erlaubten Risikos 72
(3) Der Vertrieb autonomer CPS als erlaubtes Risiko? 73
dd) Objektive Vorhersehbarkeit 74
(1) Dogmatische Einordnung der objektiven Vorhersehbarkeit 75
(2) Inhalt des Vorhersehenmüssens bei der Inverkehrgabe autonomer CPS 76
c) Zwischenergebnis zur Sorgfaltspflichtverletzung 78
2. Kausalität 79
a) Der Kausalitätsnachweis bei (natur-)‌wissenschaftlicher Unsicherheit 79
b) Kausalität bei Gremienentscheidungen 81
3. Objektive Zurechnung 82
a) Zurechnungshypertrophie bei strafrechtlicher Produktverantwortlichkeit? 83
b) Der Pflichtwidrigkeitszusammenhang 83
c) Der Vertrauensgrundsatz 86
d) Eigenverantwortlichkeit des mündigen Verbrauchers 87
e) Risikosenkung durch autonome CPS? 87
4. Schuld 88
III. Zwischenergebnis zur strafrechtlichen Produkthaftung für autonome CPS 89
B. Exkurs: Die US-amerikanische Produkthaftungskonzeption und ihre Anwendung auf das Inverkehrbringen autonomer CPS 89
I. Kursorische Einführung in das US-amerikanische Produkthaftungsrecht 89
1. Zivilrechtliche Produkthaftung 90
a) Skizzierung der Haftungsvoraussetzungen 90
b) Rechtsfolgen 92
2. Strafrechtliche Produkthaftung 94
3. Nationales Statutory Law 96
a) Consumer Products Safety Act 96
b) Produktbezogene Spezialgesetze 97
II. Die produkthaftungsrechtlichen Maßstäbe für autonome CPS im Beispielsstaat Kalifornien 99
1. Zivilrechtliche Produkthaftung 99
a) Haftungsvoraussetzungen 100
aa) Manufacturing Defects 100
bb) Informational Defects 101
cc) Design Defects 102
(1) Voraussetzungen 102
(2) Verschuldensgrad 103
b) Rechtsfolgen 104
2. Strafrechtliche Produkthaftung 106
a) Neben zivilrechtlicher Haftung? 106
b) Spezialgesetzlich normierte Strafbarkeiten 107
c) California Penal Code § 192 (b): Involuntary Manslaughter 108
aa) Täterqualität 109
bb) (Objektive) Sorgfaltspflichtverletzung 110
(1) Cal. PC § 192 (b) Alt. 1 110
(2) Cal. PC § 192 (b) Alt. 2 111
cc) Cause 113
dd) Zwischenergebnis 114
III. Zwischenergebnis zur Rechtslage in den USA 114
C. Zusammenfassung der Erkenntnisse im zweiten Kapitel 115
Drittes Kapitel: Bewertung der Anwendung von §§ 222, 229 StGB auf das Inverkehrbringen autonomer cyber-physischer Systeme 117
A. Vorrechtliche Überlegungen 118
I. Bedarf es einer innovationsspezifischen Risikoethik? 118
II. (Innovations-)‌Verantwortung als Negativausfüllung gesellschaftlich hinzunehmender Risiken 120
1. Ursprung der Verantwortung 120
2. Umfang der Verantwortung unter besonderer Berücksichtigung faktischer Wirkmacht 121
3. Der gemeinwohlverträgliche Interessen- und Werteausgleich als ausschlaggebende Weichenstellung 123
a) Individualinteressen 124
b) Allgemeininteressen, insbesondere das gesamtgesellschaftliche Innovati‍onsbedürfnis 124
aa) Innovationsbegriff 125
bb) Innovation als Wert 126
III. Zwischenstand der Überlegungen 127
B. Die Vereinbarkeit der Anwendung von §§ 222, 229 StGB mit straf- und verfassungsrechtlichen Prinzipien 128
I. Innovationsverantwortung im Rechtssinne 128
1. Zuweisung von Innovationsverantwortung als Staatsaufgabe? 129
2. Die Friktion zwischen Schutzpflichten und Eingriffsabwehr bei innovatorischen Tätigkeiten 131
3. Mögliche Orientierungspunkte bei ungewissen Risikolagen 132
a) Das Primat des Gesetzgebers 132
b) Das Vorsorgeprinzip 134
II. Die Legitimierbarkeit einer Kriminalisierung des Inverkehrbringens autonomer CPS über die § 222, 229 StGB in den Augen des Verfassungsrechts 137
1. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz als verfassungsrechtliche Leitlinie 137
2. Verfassungskonformität der Verhaltensnorm 139
a) Betroffene Grundrechte 139
b) Eingriffsrechtfertigung 140
aa) Legitimer Zweck und Geeignetheit 140
bb) Erforderlichkeit 141
cc) Angemessenheit 142
3. Verfassungskonformität der Sanktionsnorm 142
a) Betroffene Grundrechte 142
b) Eingriffsrechtfertigung 143
aa) Legitimer Zweck und Geeignetheit 143
bb) Erforderlichkeit unter besonderer Berücksichtigung des ultima-ratio-Grundsatzes 144
cc) Angemessenheit unter besonderer Berücksichtigung des Schuldprinzips 146
4. Hinreichende Bestimmtheit der sanktionierten Verhaltensnorm im Lichte des Art. 103 Abs. 2 GG 149
a) Die hinreichende Bestimmbarkeit durch verfassungskonforme Auslegung 150
b) Bestimmtheitsfördernde Auslegungsalternativen der Fahrlässigkeitstatbestände im Zusammenhang mit autonomen CPS 151
aa) Individualisierter, einstufiger Fahrlässigkeitsbegriff 151
bb) Streng akzessorische Orientierung an außerstrafrechtlichen Verhaltensnormen 152
cc) Ganzheitliche Betrachtung produktspezifischer Sorgfaltspflichten unter Berücksichtigung unternehmerischer Rückrufpflichten nach US-amerikanischem Vorbild 154
dd) Sorgfaltspflichtbestimmung anhand eines Koordinatenmodells in Anlehnung an Schünemann 159
ee) Gänzlicher Verzicht auf das Kriterium der Sorgfaltspflichtverletzung 161
ff) Transparente Konturierung der sanktionierten Verhaltensnorm als Aufgabe der Rechtsprechung 162
c) Mögliche Präzisierungskriterien für die objektivierte Verhaltensnorm im Zusammenhang mit autonomen CPS 165
aa) Die äußersten Grenzen des richterlichen Beurteilungsspielraums 166
bb) Das Vorsorgeprinzip als abwägungsleitender Orientierungspunkt? 166
cc) Objektive Kriterien einer Risiko-Nutzen-Abwägung bei autonomen CPS 167
(1) Risikobehaftung des Produkts 168
(2) Nutzen des Produkts 170
(a) Individueller Nutzen 171
(b) Sozialer Nutzen 171
(aa) Soziale Unentbehrlichkeit 171
(bb) Unterscheidung zwischen nutzensteigernden und risikosen‍kenden autonomen CPS? 172
(cc) Realisierungswahrscheinlichkeit des sozialen Nutzens bei innovativen Technologien 174
dd) Zusammenfassung der Vorschläge 175
d) Zwischenergebnis zur Bestimmtheit 175
C. Zwischenfazit 176
Viertes Kapitel: Mögliche Lösungsansätze de lege ferenda 177
A. Die Notwendigkeit einer formellen Kriminalisierung auf dem Gebiet autonomer CPS 177
I. Normbestätigende Funktion des Strafrechts 178
1. Der Konflikt mit dem Aufweichen strafrechtlicher Zurechnungsstrukturen 178
2. Notwendige Flexibilität des Strafrechts zwecks Normbestätigung 179
II. Stärkere Gewichtung von Opferinteressen 181
III. Der Blick in die USA 182
B. Mögliche inhaltliche Ausgestaltung einer formellen Kriminalisierung 184
I. Rein spezial- und nebenstrafrechtliche Lösung 185
II. Einführung einer strafrechtlichen strict liability für Hersteller 185
III. Vorzugswürdige Lösung: Risikobewertung innerhalb der geltenden Fahrlässigkeitskonzeption als Aufgabe der Rechtsprechung 187
Fazit 189
Literaturverzeichnis 192
Stichwortverzeichnis 208