Die Rückwirkung von unrechts- und schuldmindernden Umständen auf Mordmerkmale
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Die Rückwirkung von unrechts- und schuldmindernden Umständen auf Mordmerkmale
Schriften zum Strafrecht, Vol. 391
(2022)
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Die Autorin ist Volljuristin. Über berufliche Erfahrung in Wissenschaft und Praxis verfügt sie aus ihren Tätigkeiten als wissenschaftliche Mitarbeiterin an einem strafrechtlichen universitären Lehrstuhl, als Rechtsanwältin und Fachanwältin für Strafrecht sowie als Referentin im Bundesinnenministerium.Abstract
Was unterscheidet dem Grunde nach einen Mord von einem Totschlag? Sollten hierbei unrechts- und/oder schuldmindernde Gesichtspunkte relevant werden können, die wegen fehlender Voraussetzungen nicht als Rechtfertigungs-, Entschuldigungs- oder Schuldausschließungsgrund für den Täter streiten können? Ist in der Rechtspraxis jene Berücksichtigung möglicherweise bereits Usus?Diesen Kernfragen widmet sich die vorliegende Arbeit. Insgesamt liegt ihr Ausgang darin, dass Fragen im Bereich des Mordtatbestands unter Rückbesinnung auf sein Wesen zu beantworten sein sollen und Lösungsversuche nur hierin ihre rechtsdogmatisch überzeugende Legitimation finden können. Im Ergebnis liefert die Untersuchung einen Lösungsansatz, der eine einheitliche Behandlung der betrachteten tätergünstigen Umstände in dem Sinne ermöglicht, dass bei einem Zusammentreffen mit einem Mordmerkmal dessen Unrechts- und/oder Schuldgehalt zugunsten einer Totschlagsstrafbarkeit als kompensiert gelten kann.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Vorwort | 5 | ||
Inhaltsverzeichnis | 9 | ||
Abkürzungen | 16 | ||
Kapitel 1: Einleitung | 17 | ||
§ 1 Problemeinführung | 17 | ||
§ 2 Untersuchungsziel | 21 | ||
Kapitel 2: Stand der gegenwärtigen Diskussion – ausgewählte Problemkreise aus dem Bereich der Tötungsdelikte | 24 | ||
§ 1 Das Wesen der Mordmerkmale | 24 | ||
I. Unrechtsmerkmale | 25 | ||
1. Mord als reine Unrechtssteigerung | 25 | ||
2. Begründungsversuche | 26 | ||
a) Mord als primär besonders gefährliche Tötung | 26 | ||
b) Praktische Notwendigkeiten | 31 | ||
aa) Vorsatzprüfung | 31 | ||
bb) Teilnehmerstrafbarkeit | 32 | ||
3. Fazit | 32 | ||
II. Schuldmerkmale | 32 | ||
1. Mord als reine Schuldsteigerung | 32 | ||
2. Begründungsversuche | 33 | ||
a) Vereinbarkeit mit dem Schuldgrundsatz | 33 | ||
b) Höchstes Unrecht durch vorsätzliche Tötung | 34 | ||
c) Mord als besonders verwerfliche Tötung | 36 | ||
3. Fazit | 37 | ||
III. Differenzierende Auffassung | 37 | ||
1. Erste und dritte Gruppe der Mordmerkmale als schuldsteigernde Merkmale | 38 | ||
2. Zweite Gruppe der Mordmerkmale als gemischte Merkmale | 38 | ||
3. Fazit | 39 | ||
IV. Gemischte Auffassung | 39 | ||
1. Mord als Unrechts- und Schuldsteigerung | 39 | ||
2. Begründungsversuche | 40 | ||
a) Historische Auslegung | 40 | ||
b) Beste Kompatibilität mit der ständigen Rechtsprechung | 41 | ||
3. Fazit | 43 | ||
V. Ergebnis | 43 | ||
§ 2 Konturierungsansätze | 43 | ||
I. Die Vorgaben des BVerfG zur Restriktion | 43 | ||
II. Die Auffassungen der Literatur – Kurzüberblick | 45 | ||
1. Tatbestandslösungen | 45 | ||
a) Typenkorrektur nach Maßgabe des Prinzips der Verwerflichkeit | 45 | ||
b) Restriktive Auslegung am Beispiel des Heimtückemerkmals | 47 | ||
aa) Besonders verwerflicher Vertrauensbruch | 48 | ||
bb) Tückisch-verschlagenes, hinterhältiges Vorgehen | 50 | ||
cc) Heimliche Tatvorbereitung | 50 | ||
dd) Missbrauch sozial-positiver Verhaltensmuster | 51 | ||
ee) Berechtigte Arglosigkeit | 52 | ||
c) Weitere Restriktionsvorschläge | 52 | ||
aa) Einschränkung nach den Kriterien der objektiven Zurechenbarkeit | 52 | ||
bb) Teilkompensation von Mordunrecht durch teilverwirklichte Rechtfertigung | 53 | ||
cc) Die dritte Gruppe der Mordmerkmale als Sonderfall der niedrigen Beweggründe | 54 | ||
2. Die Rechtsfolgenlösung der Literatur | 55 | ||
III. Eine Analyse der Rechtsprechung des BGH | 57 | ||
1. Konturierung einzelner Mordmerkmale in der frühen Rechtsprechung | 58 | ||
2. Die Entwicklung der Rechtsprechung des BGH nach der Grundsatzentscheidung des BVerfG | 60 | ||
a) Zum Merkmal der Verdeckungsabsicht | 60 | ||
b) Zum Heimtückemerkmal: die Rechtsfolgenlösung | 62 | ||
3. Die Entwicklung der Rechtsprechung nach BGHSt 30, 105 | 67 | ||
a) Handhabung der Rechtsfolgenlösung | 67 | ||
b) Subjektive tatbestandliche Ausformungen | 69 | ||
aa) Das Ausnutzungsbewusstsein beim Heimtückemerkmal | 70 | ||
(1) Die Rechtsprechung des BGH | 70 | ||
(2) Kritik | 71 | ||
(3) Psychiatrische Erkenntnisse | 73 | ||
(4) Fazit | 74 | ||
bb) Das Motivbeherrschungspotential bei den niedrigen Beweggründen | 75 | ||
(1) Die Rechtsprechung des BGH | 75 | ||
(2) Kritik | 77 | ||
cc) Das sachgedankliche Mitbewusstsein bei der Verdeckungsabsicht | 78 | ||
(1) Die Rechtsprechung des BGH | 78 | ||
(2) Kritik | 79 | ||
dd) Das Gesinnungselement beim Grausamkeitsmerkmal | 83 | ||
(1) Die Rechtsprechung des BGH | 83 | ||
(2) Kritik | 83 | ||
c) Objektive tatbestandliche Ausformungen | 84 | ||
aa) Bei dem Merkmal der Verdeckungsabsicht | 84 | ||
bb) Bei dem Merkmal der Heimtücke | 84 | ||
(1) Anforderungen an den Argwohn | 84 | ||
(2) Ausweitung der Zeitregel | 86 | ||
(3) Verobjektivierung der feindseligen Haltung | 89 | ||
(4) Anforderungen an den Täterbeitrag | 90 | ||
(5) Normative Einschränkung | 90 | ||
cc) Bei der Tötung zur Befriedigung des Geschlechtstriebs | 91 | ||
d) Mögliche Vermeidelösungen | 91 | ||
§ 3 Resümee | 94 | ||
Kapitel 3: Die Rückwirkung von unrechts- und schuldmindernden Umständen auf Mordmerkmale als zwingende Konsequenz ihres Wesens | 97 | ||
§ 1 Bisher gesehene Relevanz der Diskussion um das Wesen der Mordmerkmale | 97 | ||
I. Teilnehmerstrafbarkeit | 97 | ||
1. Im Allgemeinen | 97 | ||
2. In Bezug auf Mordmerkmale | 98 | ||
a) Erste und dritte Gruppe der Mordmerkmale | 98 | ||
b) Zweite Gruppe der Mordmerkmale | 102 | ||
II. Vorsatz | 103 | ||
§ 2 Aus dem Wesen der Mordmerkmale resultierende Konturierungsmöglichkeit | 105 | ||
I. Problemaufriss | 108 | ||
II. Subjektives Unrecht | 110 | ||
1. Die Lehre vom personalen Unrecht | 110 | ||
2. Fazit für die Zuordnung subjektiver Merkmale | 111 | ||
III. Schuld | 112 | ||
1. Normativer Schuldbegriff | 112 | ||
2. Psychologischer Schuldbegriff | 113 | ||
3. Die Vorwerfbarkeit der Tat | 114 | ||
4. Exkurs: Der mögliche Einfluss moderner Hirnforschung | 115 | ||
IV. Lösungsansätze zur Abgrenzung | 118 | ||
1. Abgrenzung nach Objektivierbarkeit | 118 | ||
2. Abgrenzung nach Substantiierbarkeit | 119 | ||
3. Abgrenzung nach sozialem Unwert | 120 | ||
4. Abgrenzung nach dem Objekt der Willenslenkung | 121 | ||
5. Abgrenzung nach den Bezugspunkten der Motivationsanalyse | 122 | ||
6. Abgrenzung nach Deliktsbezogenheit | 122 | ||
7. Speziell für § 211 StGB: Abgrenzung nach dem Strafgrund | 123 | ||
8. Speziell für § 211 StGB: ein Vergleich mit § 212 Abs. 2 StGB | 125 | ||
V. Fazit für die Zuordnung von Mordmerkmalen | 127 | ||
1. Erste und dritte Gruppe der Mordmerkmale | 128 | ||
2. Zweite Gruppe der Mordmerkmale | 131 | ||
§ 3 Resümee | 133 | ||
Kapitel 4: Sachliche Auswirkungen | 138 | ||
§ 1 Berücksichtigung unrechtsmindernder Umstände | 138 | ||
I. Im Bereich der Rechtfertigungsgründe | 138 | ||
II. Im Bereich teilverwirklichter Rechtfertigungsgründe | 140 | ||
III. Die Entscheidung des BGH (Erpresserfall) – Rückwirkungslösung | 143 | ||
1. Gründe | 143 | ||
a) Feststellungen | 143 | ||
b) Rechtliche Würdigung | 144 | ||
2. Kritik | 147 | ||
a) Fiktion von Argwohn | 147 | ||
b) Verstoß gegen die Dreistufigkeit des Deliktsaufbaus | 148 | ||
c) Unzulässige Verwirkung von Rechtsschutz | 149 | ||
d) Konturenlosigkeit mit der Folge ungewollter Ausuferung | 150 | ||
e) Umgehung der für den Fall überschrittener Notwehrgrenzen geltenden gesetzlichen Regelung | 151 | ||
3. Antikritik | 152 | ||
a) Restriktionsmöglichkeit für weniger verwerfliche Fälle | 152 | ||
b) Mehr Rechtssicherheit durch Abkehr von dem Erfordernis einer faktischen Arglosigkeit des Opfers | 153 | ||
c) Zulässige Normativierung des Heimtückemerkmals durch Abkehr von dem Erfordernis einer faktischen Arglosigkeit des Opfers | 154 | ||
d) Annahme von Argwohn im Sinne eines latenten Gefahrenbewusstseins | 157 | ||
e) Zulässige Rechtsschutzeinschränkung aufgrund eigenen rechtswidrigen Vorverhaltens | 158 | ||
f) Zutreffende Ausrichtung am Schutzzweck der Norm | 160 | ||
g) Zutreffende Annahme einer Unrechtsminderung infolge fehlender Tücke | 161 | ||
4. Alternativvorschläge | 161 | ||
a) Die Auffassung Hillenkamps | 161 | ||
b) Die Auffassung Roxins | 162 | ||
c) Die Auffassung Bendermachers | 163 | ||
d) Die Auffassung Müssigs | 164 | ||
e) Die Auffassung Zorns | 165 | ||
IV. Übertragung der Rückwirkungslösung auf weitere rechtfertigungsnahe Situationen und Mordmerkmale? | 166 | ||
1. Rechtsprechung | 166 | ||
a) Erpresserfall als obiter dictum? | 166 | ||
aa) Übertragung auf weitere Fallkonstellationen | 166 | ||
bb) Übertragung auf sonstige Mordmerkmale | 168 | ||
b) Entwicklung in der Folgerechtsprechung | 169 | ||
aa) Tötung in Rechtfertigungslage aufgrund fortdauernden Hausfriedensbruchs | 169 | ||
bb) Tötung des Haustyrannen I | 171 | ||
(1) Feststellungen | 171 | ||
(2) Rechtliche Würdigung | 172 | ||
cc) Tötung des Haustyrannen II | 173 | ||
2. Kritik an der Rechtsprechung | 174 | ||
a) Übertragbarkeit der Erpresserrechtsprechung auf Haustyrannenfälle | 175 | ||
aa) Bestehende Rechtfertigungslage | 175 | ||
bb) Verursachung durch den Erstangreifer | 176 | ||
cc) Überschreiten der Grenzen der Rechtfertigung | 176 | ||
dd) Vorliegendes subjektives Rechtfertigungselement | 177 | ||
ee) Ergebnis | 178 | ||
b) Übertragbarkeit der Erpresserrechtsprechung auf weitere Rechtfertigungskonstellationen und die übrigen Mordmerkmale | 178 | ||
3. Fazit | 179 | ||
V. Überlegungen zu einem Ansatz zur Konturierung der Rückwirkungslösung | 180 | ||
1. Überflüssigkeit einer Fiktion, Rückwirkung bei messbarer Unrechtsminderung | 180 | ||
2. Konturierung durch das Erfordernis der Konnexität | 182 | ||
3. Vorverschulden | 185 | ||
a) Die Einschränkungslösung | 187 | ||
b) Die Lösung über die Rechtsfigur der actio illicita in causa | 191 | ||
aa) Allgemeines | 191 | ||
bb) Die Handhabung in der Rechtsprechung | 194 | ||
cc) Kritik an der a.i.i.c. | 196 | ||
c) Übertragbarkeit auf den hiesigen Problemkreis | 197 | ||
aa) Grundsätzlich | 197 | ||
bb) Die Anforderungen im Einzelnen | 198 | ||
(1) Anforderungen an das Vorverhalten | 198 | ||
(2) Anforderungen an den Vorstellungsinhalt im Hinblick auf die Rechtfertigungslage | 199 | ||
(3) Ergebnis | 202 | ||
d) Übertragbarkeit auf weitere Sachverhalte | 204 | ||
4. Fazit | 205 | ||
§ 2 Berücksichtigung schuldmindernder Umstände | 206 | ||
I. Im Bereich der Schuldausschließungs- und Entschuldigungsgründe | 206 | ||
II. Im Bereich teilverwirklichter Schuldausschließung oder Entschuldigung | 209 | ||
1. Problemaufriss | 210 | ||
2. Die Handhabung in der Rechtsprechung | 214 | ||
3. Kritik an der Rechtsprechung | 216 | ||
III. Überlegungen zu einem Ansatz zur Konturierung der Rückwirkungslösung | 217 | ||
1. Konturierung durch das Erfordernis der Konnexität | 219 | ||
2. Vorverschulden | 222 | ||
a) Vorverschulden bei § 20 StGB | 224 | ||
aa) Die Vermeidbarkeitslösung der Rechtsprechung | 227 | ||
bb) Die Lösungsansätze der Literatur | 229 | ||
(1) Übertragbarkeit gesetzlich normierter Vermeidbarkeitslösungen | 229 | ||
(2) Berücksichtigung des Vorverhaltens nach den Regeln der a.l.i.c. | 232 | ||
b) Vorverschulden unterhalb der Schwelle des § 20 StGB | 236 | ||
c) Übertragbarkeit auf den hiesigen Problemkreis | 239 | ||
3. Fazit | 242 | ||
§ 3 Folgen für die Handhabung | 243 | ||
I. Im Allgemeinen | 243 | ||
II. Im Besonderen – Anwendungsbeispiele | 244 | ||
1. Erpresserfall – Heimtücke | 244 | ||
a) Grundfall | 244 | ||
b) Abwandlung | 246 | ||
2. Erpresserfall – Verdeckungsabsicht | 250 | ||
3. Haustyrannenfälle | 252 | ||
4. Kannibalenfälle | 254 | ||
Kapitel 5: Reformbemühungen | 259 | ||
§ 1 Frühere Reformansätze | 259 | ||
§ 2 Jüngste Reformansätze | 263 | ||
I. Rein redaktionelle Korrektur | 263 | ||
II. Strafzumessungslösung | 265 | ||
1. Reformvorschlag | 265 | ||
2. Kritik | 267 | ||
a) Gesetzesvorbehalt und Bestimmtheitsgrundsatz, Art. 103 Abs. 2 GG | 267 | ||
b) Nationalsozialistischer Ursprung | 268 | ||
c) Vergleich mit der österreichischen Rechtslage | 270 | ||
d) Prozessuale Schwierigkeiten | 271 | ||
e) Überzeugungsbildung des Urteils | 272 | ||
III. Regelbeispielslösung | 272 | ||
IV. Tatbestandslösung | 274 | ||
V. Reformvorschläge der Expertengruppe zur Reform der Tötungsdelikte | 277 | ||
1. Die Privilegierungslösung | 278 | ||
2. Die Qualifizierungslösung | 280 | ||
3. Ergebnis | 281 | ||
§ 3 Fazit | 281 | ||
Kapitel 6: Resümee | 284 | ||
Literaturverzeichnis | 291 | ||
Stichwortverzeichnis | 306 |