Vulnerabilität und Resilienz der freiheitlichen Demokratie
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Vulnerabilität und Resilienz der freiheitlichen Demokratie
Volkssouveränität, Marktplatz der Meinungen und andere Probleme der deutschen Verfassungsrechtsdogmatik aus Sicht der freiheitlich demokratischen Grundordnung
Schriften zum Öffentlichen Recht, Vol. 1474
(2022)
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Ministerialrat a.D. Dr. Matthias Fahrner ist Richter und Dozent im Strafrecht u.a. an verschiedenen Universitäten und einer Polizeihochschule. Er habilitiert sich und forscht im Schwerpunkt des Staatsschutzstrafrechts. Zuvor war er mit zahlreichen Aufgaben in Justiz, Regierung und Parlament auf Bundes- und Landeseben betraut: unter anderem als stellvertretender Referatsleiter im Bundesministerium der Justiz, Beauftragter des Landes Baden-Württemberg für Inneres beim Bund, den »NSU«-Untersuchungsausschuss und die Bund-Länder-Kommission Rechtsterrorismus sowie Sekretär der »NSU«-Untersuchungsausschüsse des Landtags. Zudem ist er deutscher Delegierter der europäischen Richtervereinigung MEDEL.Abstract
Populismus und Extremismus bedrohen die Demokratie weltweit. Das Grundgesetz hält ihnen die freiheitlich demokratische Grundordnung (FDGO) entgegen, seinen Wesenskern und damit die Lehren aus der Weimarer Republik, den nachfolgenden Diktaturen, der unbeschreiblichen Barbarei. Wie widerstandsfähig ist unsere rechtsstaatlich-demokratische Verfassungsordnung heute gegen totalitäre Bestrebungen und autoritäre Tendenzen? Wo ist sie konkret verletzbar und welche Rolle spielen dabei das Bundesverfassungsgericht und die Verfassungsrechtsdogmatik? Die Detailanalyse der politischen und juristischen Bedingungen unserer freiheitlichen Demokratie aus Sicht der Funktionen der FDGO zeigt zahlreiche Angriffspunkte: überkommene Bilder national-identitärer Volkssouveränität, eine Naivität des »Marktplatzes der Meinungen«, reale Entkopplungen und Irrationalisierung, sowie die Rolle von Parteien, Medien und organisierten Interessen.»Vulnerability and Resilience of the Liberal Democracy«: Populism and extremism threaten democracy worldwide. How vulnerable and resilient are the existing German constitutional order and dogmatics? The detailed political and legal analysis from the perspective of the specific German invented Free Democratic Basic Order discovers numerous points of attack: a heritage of identitarian »popular sovereignty«, the »marketplace of ideas«, political decoupling and irrationality, as well as the role of parties, media and organized interests.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Vorwort | 7 | ||
Inhaltsverzeichnis | 11 | ||
A. Einleitung | 15 | ||
I. Einführung in die Problemlage | 15 | ||
II. Fragestellung und Forschungsstand | 20 | ||
III. Vorgehen, Methodik und Gliederung | 24 | ||
B. Grundlagen und Rahmen der Beurteilung | 27 | ||
I. Die freiheitlich demokratische Grundordnung | 27 | ||
1. Definitionen | 27 | ||
2. Funktionsanforderungen | 33 | ||
a) Menschenwürde | 33 | ||
b) Pluralismus | 34 | ||
c) Fortschrittlichkeit | 36 | ||
d) Friedlichkeit | 37 | ||
II. Ein pluralistisch-subjektivistisches Strukturmodell der Freiheit | 43 | ||
1. Regulatorische Freiheit | 44 | ||
2. Ressourcenmäßige Freiheit | 45 | ||
3. Rationale Freiheit | 47 | ||
4. Informationelle Freiheit | 50 | ||
5. Sittliche Freiheit | 51 | ||
C. Freiheitliche Demokratie in der Verfassungsrechtsdogmatik als Grundproblem der FDGO | 53 | ||
I. Ausgangspunkte der demokratischen Autonomie und Souveränität | 53 | ||
II. Das Konzept der Volkswillenssouveränität nach der Staatslehre von Schmitt und Böckenförde | 55 | ||
1. „Leerstelle des Volkswillens“ | 55 | ||
2. Identität von Volk(-swille) und Staat(-sgewalt) | 57 | ||
3. Absolutheit des Volkswillens, Rechtsstaat und pouvoir constituant | 59 | ||
III. Auslegung von Artikel 20 II GG | 62 | ||
1. Grammatikalische und systematische Auslegung | 62 | ||
2. Historische Auslegung | 63 | ||
a) Aufnahme in das Grundgesetz und Vorläuferdiskussionen zur Weimarer Reichsverfassung | 63 | ||
b) Identitärer Volkswillensabsolutismus in der historischen politischen und verfassungsrechtlichen Realität | 67 | ||
c) Tradition der Aufklärung | 72 | ||
3. Teleologische Auslegung | 75 | ||
a) Ungeeignetheit eines Konzepts absoluter Volkswillenssouveränität aus Art. 20 II 1 GG | 75 | ||
b) Widersprüche der Theorien der Volkswillenssouveränität in sich und mit dem Normbestand des Grundgesetzes | 81 | ||
c) Unvereinbarkeit der neo-identitären und neo-absoluten Demokratielehre mit der FDGO | 84 | ||
4. Folgerungen für die Auslegung von Art. 20 II GG im Einklang mit der FDGO | 87 | ||
D. Politische Rahmenbedingungen freiheitlicher Demokratie | 91 | ||
I. Demokratie als prozedurale Rationalisierung | 91 | ||
1. Legitimierung der Demokratie, Volk und Offenheit | 91 | ||
2. Prozedurale Rationalisierung und Strukturierung demokratischer Prozesse | 97 | ||
3. Folgerung: Willensbildung und Meinungsbildung | 101 | ||
II. Rationalitätsprobleme der Demokratie | 104 | ||
1. Marketplace of Ideas | 104 | ||
2. Psychologie der Massen | 106 | ||
3. Ansatz der rationalen Freiheit und subjektiven Rationalität | 108 | ||
4. Hauptangriffspunkte extremistischer Strategien | 114 | ||
5. Aktuelle Anfälligkeiten der Demokratie | 116 | ||
III. Demokratischer Rechtsstaat | 126 | ||
E. Rechtliche Ausgestaltung der freiheitlichen Demokratie | 130 | ||
I. Horizontale Dimension | 130 | ||
1. Entscheidungsregeln, Mehrheit und Einstimmigkeit | 130 | ||
2. Allgemeinheit, Offenheit und Öffentlichkeit | 132 | ||
3. Demokratische Freiheit | 138 | ||
4. Demokratische Gleichheit | 144 | ||
II. Vertikale Dimension | 162 | ||
1. Notwendigkeit und Grundlagen vertikaler Delegation und Rückbindung staatlicher Herrschaftsmacht | 162 | ||
2. Rückkopplungsformen | 168 | ||
3. Wahlen | 175 | ||
4. Rolle des Parlaments und ergänzende formale plebiszitäre Elemente | 178 | ||
5. Mittelbare formale Rückkopplung und Legitimationskette | 181 | ||
6. Demokratische Rückkopplung und Legitimation der Justiz | 189 | ||
III. Mediierende Akteure: Medien, Verbände, Parteien | 194 | ||
1. Grundlagen | 194 | ||
2. Kernproblem aus Sicht der FDGO | 198 | ||
3. Außenpluralität und Modelle politischer Märkte | 200 | ||
4. Ergänzungen, namentlich Binnenpluralität | 213 | ||
IV. Staatliche Einwirkung und Schutz der FDGO | 223 | ||
1. Grundrechtlicher Schutz demokratischer Meinungsbildung | 223 | ||
a) Überblick und Abgrenzung | 223 | ||
b) Ausprägungen des Schutzes – einzelne Grundrechte | 225 | ||
c) Zugangsregulierung und Zensur | 231 | ||
2. Hoheitliche Eingriffe in die demokratische Meinungsbildung | 233 | ||
a) Rahmen zur Beschränkung der Kommunikationsgrundrechte | 233 | ||
b) Funktionale Schranken-Schranken-Dogmatik des BVerfG namentlich zur Meinungsfreiheit | 243 | ||
c) Würdigung | 250 | ||
d) Diskussion in Rechtsprechung und Literatur | 256 | ||
e) Eigenes Modell | 266 | ||
3. Staatliche Beiträge in der demokratischen Meinungsbildung | 283 | ||
F. Schluss: Strukturierung von Vulnerabilitäten und Schutzbedarf der freiheitlichen Demokratie | 300 | ||
I. Methodische Reflexion | 300 | ||
II. Vulnerabilitäten | 302 | ||
1. Ausgangspunkt des Grundgesetzes | 302 | ||
2. Festgestellte Vulnerabilitäten und ihre Wurzeln | 303 | ||
III. Resilienzen und Lösungen der Vulnerabilitäten | 307 | ||
Literaturverzeichnis | 314 | ||
I. Quellen | 314 | ||
II. Abgekürzt zitierte Kommentare und Handbücher | 314 | ||
III. Weitere Literatur | 316 | ||
Sachwortverzeichnis | 355 |