Der Vermögensnachteil in der Untreue – Möglichkeit einer Kompensation durch rechtlich missbilligte Vorteile
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Der Vermögensnachteil in der Untreue – Möglichkeit einer Kompensation durch rechtlich missbilligte Vorteile
Eine Untersuchung vor dem Hintergrund der neueren Entwicklung der Rechtsprechung
Beiträge zum Wirtschaftsstrafrecht, Vol. 4
(2022)
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About The Author
Judith Maurer studierte von 2010 bis 2016 Rechtswissenschaften an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg und an der Universidad de Buenos Aires, Argentinien sowie der Universidad Nacional de Córdoba, Argentinien mit dem Schwerpunkt Strafrechtliche Rechtspflege. Ihr Referendariat absolvierte Judith Maurer ab 2016 am Hanseatischen Oberlandesgericht in Hamburg mit Stationen am Hanseatischen Oberlandesgericht und in einer Rechtsanwaltskanzlei in Barcelona. Nach Abschluss des zweiten Staatsexamens promovierte sie extern bei Prof. Dr. Dr. h.c. Walter Perron und arbeitete in Teilzeit als Rechtsanwältin in einer Hamburger Wirtschaftskanzlei. Seit 2021 ist sie in Vollzeit als Rechtsanwältin tätig.Abstract
In einem globalisierten, wettbewerbsorientierten Marktumfeld werden in Unternehmen immer »kreativere« Wege der Gewinnsteigerung gefunden, welche die Rechtsprechung strafrechtlich beurteilen muss. Häufig werden dabei zur Erlangung lukrativer Aufträge Bestechungsgelder aus der Unternehmenskasse gezahlt.Aufgrund seiner abstrakten Formulierung wird illegales wirtschaftliches Handeln meist unter § 266 StGB subsumiert. Zentrale Frage dabei ist, ob dem Unternehmen durch die illegale Abzweigung bzw. Verwendung ein Vermögensnachteil i.S.d. § 266 StGB zugefügt wird oder ob hierdurch lukrative Geschäftsabschlüsse erst ermöglicht und somit Gewinne vergrößert werden. Die Rechtsprechung ist hierbei uneinheitlich und tendiert zu ersterer Auffassung. Diese Arbeit zeigt, dass auch illegal erlangte Gewinne in die Saldierung einbezogen werden müssen und die Rechtsprechung der rein wirtschaftlichen Beurteilung von Vermögenszuflüssen - auch aus verfassungsrechtlicher Sicht - größere Beachtung schenken muss.»The pecuniary loss in the embezzlement. The possibility of compensating asset outflows through illegally obtained profits. An examination in the light of recent developments in jurisdiction«: In cases of corporate embezzlement, when an employee uses company funds to obtain lucrative contracts through bribery, a central question is whether the company suffers a loss within the meaning of Section 266 StGB as a result of the bribery or whether its assets are ultimately increased by obtaining the contract. This work shows that illegally obtained profits must be included in the assessment of the economic loss and that the compensation of asset outflows must be assessed purely economically.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Vorwort | 7 | ||
Inhaltsverzeichnis | 9 | ||
Abkürzungsverzeichnis | 16 | ||
Teil 1: Einführung in die Problematik | 19 | ||
A. Einleitung | 19 | ||
B. Gang der Bearbeitung | 22 | ||
Teil 2: Analyse der uneinheitlichen Rechtsprechung zum Vermögensnachteil | 23 | ||
A. BGH (4. Strafsenat), NJW 1975, 1234ff. – „Bundesliga-Entscheidung“ | 23 | ||
B. BGH (2. Strafsenat), NStZ 2009, 95ff. – „Siemens/Enel“ | 25 | ||
C. BVerfG, NJW 2010, 3209ff. – „Grundsatzentscheidung“ | 27 | ||
D. BGH (2. Strafsenat), NJW 2010, 3458ff. – „Trienekens“ | 28 | ||
E. BGH (1. Strafsenat), NJW 2011, 88ff. – „Siemens/AUB“ | 29 | ||
F. BGH (2. Strafsenat), NJW 2013, 401ff. – „Telekom-Spitzelaffäre“ | 31 | ||
G. BGH (1. Strafsenat), BeckRS 2018, 37760 – „Arzneimittel/Russlandgeschäft“ | 32 | ||
H. Zwischenfazit | 35 | ||
Teil 3: Die Grundlagen zum Tatbestand der Untreue | 36 | ||
A. Grundsatzfragen des Untreuetatbestands | 36 | ||
I. Strafwürdigkeit | 36 | ||
II. Geschütztes Rechtsgut | 37 | ||
III. Grundsätzlich einheitliche Betrachtung des Vermögensstrafrechts | 38 | ||
IV. Untreue als Auffangtatbestand? | 38 | ||
V. Verschleifungsverbot | 39 | ||
B. Tatbestandsmerkmale | 40 | ||
I. Besondere Pflichtenstellung gegenüber fremdem Vermögen – Täterqualifikation | 40 | ||
II. Pflichtwidrige Handlung | 42 | ||
1. Missbrauch | 42 | ||
2. Treubruch | 43 | ||
a) Art der Pflicht | 43 | ||
b) Pflichtwidrigkeit | 44 | ||
aa) Gravierende Pflichtverletzung | 44 | ||
bb) Spezifisch vermögensschützende Betreuungspflicht | 46 | ||
3. Einverständnis des Treugebers | 47 | ||
III. Vermögensnachteil | 49 | ||
1. Vermögensbegriff | 50 | ||
a) Juristischer Vermögensbegriff | 50 | ||
b) Wirtschaftlicher Vermögensbegriff | 50 | ||
c) Juristisch-ökonomischer Vermögensbegriff | 51 | ||
d) Integrierter Vermögensbegriff | 51 | ||
e) Nach der Entscheidung des BVerfG | 52 | ||
f) Einschätzung | 52 | ||
2. Feststellung der Minderung | 53 | ||
a) Prinzip der Gesamtsaldierung | 53 | ||
b) Besonderheiten des Untreue-Tatbestands | 54 | ||
aa) Unterlassen der Gewinnmehrung: Verlust von Exspektanzen | 54 | ||
bb) Berechnung des Nachteils | 57 | ||
cc) Berechnungsmethode | 57 | ||
(1) Vorher-Nachher-Vergleich | 57 | ||
(2) Hypothetischer Sollzustand (korrigierte ex post-Betrachtung) | 58 | ||
(3) Nach dem BVerfG | 59 | ||
(4) Einschätzung | 59 | ||
c) Kausalität und Zurechnung | 62 | ||
aa) Pflichtwidrigkeit | 63 | ||
bb) Unmittelbarkeit des Vermögensabflusses | 64 | ||
(1) Keine Übertragbarkeit des Betrugs-Spezifikums der Unmittelbarkeit | 64 | ||
(2) Unmittelbar entstehender Vermögensabfluss zur Begrenzung | 65 | ||
(3) Einschätzung | 66 | ||
cc) Schutzzweck der Norm | 68 | ||
3. Sonderproblem: Vermögensgefährdung | 70 | ||
4. Personalisierung des Vermögensnachteils | 75 | ||
5. Kompensation | 75 | ||
IV. Subjektiver Tatbestand: Vorsatz | 75 | ||
V. Schlussfolgerung: „Verengung“ auf zwei Tatbestandsmerkmale | 77 | ||
Teil 4: Grundsätze der Bestimmung der Kompensation bei illegalem Vermögenseinsatz | 79 | ||
A. Generelle Bedeutung der Kompensation im Wirtschaftsstrafrecht und Definition | 79 | ||
B. Voraussetzung für die Anerkennung einer Kompensation | 80 | ||
I. Wirtschaftliche Gleichwertigkeit von Vermögensabfluss und Vermögenszufluss | 80 | ||
1. Bestimmung einer Werthaltigkeit: Der Vermögensbegriff auf Vorteilsseite | 80 | ||
a) Juristisch-ökonomischer Vermögensbegriff | 81 | ||
b) Rein wirtschaftlicher Vermögensbegriff | 82 | ||
c) Einschätzung | 84 | ||
d) Zwischenergebnis | 89 | ||
2. Wertminderung bei rechtlicher Missbilligung | 89 | ||
a) Grundsatz: Anwendung einer Wertminderung | 89 | ||
aa) Abgrenzung individueller Schadenseinschlag | 90 | ||
bb) Berücksichtigte Minderungsfaktoren | 90 | ||
(1) Aufdeckungs- und Sanktionsrisiko | 90 | ||
(2) „Reduzierung auf Null“: Fehlende Nutzbarkeit | 91 | ||
(3) Einpreisung durch die Parteien | 92 | ||
(4) Einschätzung und Anwendung | 93 | ||
b) Vorliegend zu untersuchende Fälle | 94 | ||
c) Grundvoraussetzung: Risiko des Wertabflusses | 95 | ||
d) Konkrete Berechnung der Wertminderung | 95 | ||
aa) Anforderungen an das Entdeckungs- und Verlustrisiko | 95 | ||
(1) Hoof: Unterschiedliche Betrachtung | 96 | ||
(2) 4. Strafsenat (Bundesliga-Entscheidung): 51% | 96 | ||
(3) Schreiber/Beulke: Hohe Wahrscheinlichkeit | 98 | ||
(4) Ransiek: In dubio pro reo | 99 | ||
(5) Velten: Wie bei Risikogeschäften | 100 | ||
(6) Saliger/Gaede: Kritik an der „schadensgleiche[n] Kompensationsgefährdung“ | 102 | ||
(7) Burger: Eigene Saldierung | 104 | ||
(8) Zwischenergebnis | 105 | ||
bb) Beurteilungszeitpunkt: Ex ante/Ex post | 106 | ||
cc) Bewertung der Kompensationseinbuße durch das Entdeckungsrisiko | 107 | ||
(1) Relation zwischen Kompensationsgefährdung und effektivem Wertverlust | 107 | ||
(2) Unmittelbarkeit der drohenden Minderung? | 108 | ||
(3) Konkrete Bezifferung | 110 | ||
(4) Heranziehung des Bilanzrechts? | 111 | ||
(5) Anwendung auf die vorliegende Konstellation | 113 | ||
(a) Sanktionshöhe | 113 | ||
(aa) Einziehung | 113 | ||
(bb) Bußgeld nach OWiG | 115 | ||
(cc) Zwischenergebnis | 116 | ||
(b) Entdeckungswahrscheinlichkeit | 117 | ||
e) Zwischenergebnis: Keine Minderung | 118 | ||
II. Unterschiedliche Auswirkung verschiedener Nichtigkeitsgründe? | 118 | ||
Teil 5: Konkrete Faktoren zur Wertbestimmung illegal erlangter Vermögensvorteile | 121 | ||
A. Feststellung des konkreten Vermögenszuflusses | 121 | ||
I. Zurechnung kompensationsfähiger Vermögenszuflüsse | 121 | ||
1. Kausalität/Unmittelbarkeit | 122 | ||
2. Einzel-/Gesamtbetrachtung | 124 | ||
a) Meinungsstand | 124 | ||
b) Einschätzung | 126 | ||
3. Sonderfall: Ansprüche gegen den Treunehmer? | 128 | ||
a) (Schadens-)Ersatzansprüche | 128 | ||
b) Ausgleichsfähiger und -bereiter Treunehmer | 128 | ||
c) Einschätzung | 130 | ||
d) Zeitabhängiger Zinsschaden | 132 | ||
II. Werthaltigkeit des Vermögenszuflusses | 134 | ||
1. Relevante Vermögensbestandteile | 135 | ||
a) Allgemeine Positionen | 135 | ||
b) Exspektanzen auf Zuflussseite | 135 | ||
aa) Unterschiedliche Betrachtung bei Abfluss und Zufluss? | 135 | ||
(1) Unterschiedliche Betrachtung | 136 | ||
(2) Einheitliche Behandlung | 138 | ||
(3) Einschätzung | 140 | ||
bb) Spiegelbildliche Behandlung: Verhältnis zur Vermögensgefährdung | 143 | ||
2. Wertbestimmung des Vermögenszuflusses | 144 | ||
a) Exakte Bezifferung auch des Vorteils? | 145 | ||
b) Rückgriff auf Sachverständige | 147 | ||
c) Bilanzrecht | 149 | ||
aa) Anwendung in der Grundsatzentscheidung | 149 | ||
bb) Kein „bilanzrechtsakzessorisches“ Vermögen | 151 | ||
cc) Die relative Bilanzwahrheit | 152 | ||
dd) Eignung einzelner Bewertungsgrundsätze | 154 | ||
(1) Bewertungsgrundsätze des HGB | 154 | ||
(2) Bewertungsgrundsätze der IFRS | 156 | ||
ee) Einschätzung | 157 | ||
ff) Sonderproblem: Zweifelssatz | 160 | ||
gg) Fazit | 161 | ||
d) Konkrete strafrechtliche Wertbestimmung der zugeflossenen Position | 161 | ||
aa) Zufluss allgemeiner Positionen | 161 | ||
(1) „Marktwert“ eines Vermögensgegenstands | 162 | ||
(a) Grundsatz | 162 | ||
(b) Bewertungsperspektive | 164 | ||
(2) IFRS 13: Bemessung des beizulegenden Zeitwerts | 165 | ||
(3) Illegale Positionen – „Schwarzmarktwert“ | 165 | ||
(4) Singuläre Ereignisse | 168 | ||
(5) Zwischenfazit | 171 | ||
bb) Zufluss von Forderungen und Exspektanzen | 171 | ||
(1) Rechtlich abgesicherte Exspektanz | 172 | ||
(a) Nennwert der Forderung | 173 | ||
(b) Konkreter wirtschaftlicher Wert | 174 | ||
(aa) Marktwert einer Forderung? | 174 | ||
(bb) Singuläres Ereignis – Einbringlichkeit der Forderung | 175 | ||
(c) Zwischenergebnis | 177 | ||
(2) Faktisch abgesicherte Exspektanz | 177 | ||
(a) Sonderproblem: Beherrschbarkeit durch den Treunehmer | 178 | ||
(b) Zwischenergebnis | 179 | ||
(c) Marktwert einer faktischen Exspektanz? | 180 | ||
(d) Singuläres Ereignis: Wahrscheinlichkeit der Realisierung | 180 | ||
(3) Zwischenfazit für die Bewertung von Exspektanzen | 183 | ||
cc) Zwischenfazit für die Wertbestimmung von Vermögenszuflüssen | 183 | ||
e) Exkurs: Folgerung für die Bezifferung der Kompensationsgefährdung | 184 | ||
B. Punktuelle Normativierung trotz wirtschaftlichem Vermögensbegriff? | 186 | ||
I. Zulasten des Treunehmers | 186 | ||
1. Das Einrichten schwarzer Kassen | 186 | ||
a) Die Entwicklung der BGH-Rechtsprechung | 187 | ||
b) Kritische Prüfung der Rechtsprechung | 188 | ||
aa) Vermögensabfluss | 189 | ||
(1) Einrichtung der schwarzen Kasse | 189 | ||
(a) Totalverlust durch Aussonderung der Gelder | 189 | ||
(b) Kein Vermögensabfluss durch Aussonderung | 190 | ||
(c) Einschätzung | 191 | ||
(2) Zinsschaden | 195 | ||
(3) Konkrete Ausgestaltung – Zugriff Dritter | 195 | ||
(4) Zusammenfassung | 197 | ||
bb) Vermögenszufluss/Kompensation | 198 | ||
(1) Chance auf zukünftige Zuflüsse | 198 | ||
(a) Verwendungsabsicht des Treunehmers – vermögenswerte Exspektanz? | 198 | ||
(b) Rechtliche Missbilligung der erlangten Chance? | 203 | ||
(c) Zwischenergebnis | 204 | ||
(2) Rückgabefähigkeit und -bereitschaft | 204 | ||
c) Zusammenfassung | 207 | ||
2. Individueller Schadenseinschlag | 208 | ||
3. Zweckverfehlung | 212 | ||
a) Einseitiger Vermögensabfluss | 212 | ||
b) Gegenseitiger gleichwertiger Mittelaustausch | 212 | ||
c) Einschätzung | 213 | ||
4. Zwischenergebnis | 215 | ||
II. Zugunsten des Treunehmers | 216 | ||
1. Bewertung immaterieller Vermögenspositionen – Ausnahme von der Geldwertsaldierung? | 216 | ||
a) Immaterielle Vermögenspositionen | 216 | ||
b) Bewertung nach den obigen Grundsätzen? | 217 | ||
c) Vermögenswerte Exspektanz | 218 | ||
d) Abweichung von der Geldwertsaldierung – Geldwertäquivalentes Vorteilsbestimmungsinstrument? | 219 | ||
e) Lösung über die Pflichtwidrigkeit | 220 | ||
f) Zwischenergebnis | 221 | ||
2. Befreiung von einer Verbindlichkeit | 222 | ||
3. Vorleistung | 223 | ||
III. Zwischenergebnis | 224 | ||
C. Exkurs: Folge für den Vorsatz | 224 | ||
Teil 6: Schlussfolgerungen für die dargestellte Rechtsprechung | 227 | ||
A. Bundesliga-Entscheidung | 228 | ||
B. Siemens/Enel | 231 | ||
C. BVerfG-Grundsatzentscheidung | 234 | ||
D. Trienekens | 237 | ||
E. Siemens/AUB | 238 | ||
F. Telekom-Spitzelaffäre | 241 | ||
G. Arzneimittel/Russlandgeschäft | 244 | ||
H. Abschließende Kritik | 248 | ||
Teil 7: Fazit dieser Arbeit | 251 | ||
Literaturverzeichnis | 256 | ||
Internetquellen | 267 | ||
Sachwortverzeichnis | 268 |