Die historische Entwicklung der Eheverbote wegen Verwandtschaft und Schwägerschaft vom Reichspersonenstandsgesetz bis zum Eheschließungsrechtsgesetz (1875 bis 1998)
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Die historische Entwicklung der Eheverbote wegen Verwandtschaft und Schwägerschaft vom Reichspersonenstandsgesetz bis zum Eheschließungsrechtsgesetz (1875 bis 1998)
Schriften zur Rechtsgeschichte, Vol. 210
(2023)
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Christoph Schmiegelt studierte Rechtswissenschaften an der Johannes Gutenberg-Universität in Mainz mit rechtshistorischem Schwerpunkt. Nach der Ersten Juristischen Prüfung absolvierte er das Referendariat im Bezirk des Oberlandesgerichts Koblenz. Nach der Zweiten Juristischen Staatsprüfung wurde er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Deutsche Rechtsgeschichte und Bürgerliches Recht von Prof. Dr. Andreas Roth. In dieser Zeit arbeitete er am Projekt »Notare in der nationalsozialistischen ›Volksgemeinschaft‹« von Prof. Roth und Prof. Dr. Michael Kißener vom Arbeitsbereich Zeitgeschichte des Historischen Seminars der Johannes Gutenberg-Universität mit.Abstract
Der Autor untersucht die historische Entwicklung der Eheverbote wegen Verwandtschaft, Schwägerschaft und Geschlechtsgemeinschaft seit Gründung des deutschen Nationalstaates. Nach einem Überblick über die Zeit ab der römischen Antike stellt das Reichspersonenstandsgesetz von 1875, das erstmals das deutsche Eheverbotsrecht seinem Umfang nach vereinheitlichte, den eigentlichen Ausgangspunkt der Untersuchung dar. Im Anschluss wird der Gang der Gesetzgebung bis 1998 dargestellt, der erst nach 1946 eine stetige Reduzierung der Eheverbote erkennen lässt. Die Gründe für diese wechselhafte Geschichte liegen nach Ansicht des Autors in den gravierenden Unterschieden der politischen und weltanschaulichen Rahmenbedingungen in Kaiserreich, Nationalsozialismus, unter alliierter Besatzung, in der Deutschen Demokratischen Republik und in der Bundesrepublik. Abschließend wird untersucht, ob und inwiefern sich die verbliebenen Eheverbote wegen Verwandtschaft unter dem Grundgesetz rechtfertigen lassen.»The Historical Development of Marriage Bans on Grounds of Kinship and Affinity from the Empire Personal Status Act (Reichspersonenstandsgesetz) to the Marriage Law Act (Eheschließungsrechtsgesetz) (1875 to 1998)«: The author examines the history of marriage bans on grounds of kinship, affinity, and sexual union since the founding of the German nation-state. Because of the changing political and ideological conditions in the German Empire, National Socialism, under Allied occupation, in the German Democratic Republic and in the Federal Republic, the tendency of their steady reduction finally becomes apparent only after 1946. Complete abolition, on the other hand, is not recommended.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Vorwort | 7 | ||
Inhaltsverzeichnis | 9 | ||
Abkürzungsverzeichnis | 14 | ||
Einleitung | 19 | ||
1. Kapitel: Die Entwicklung von der Antike bis zum 19. Jahrhundert im Überblick | 23 | ||
A. Das antike Recht der Römer und Germanen | 23 | ||
I. Das römische Recht | 23 | ||
II. Das germanische Recht | 24 | ||
B. Das Mittelalter | 25 | ||
C. Reformation und Konfessionalismus | 28 | ||
I. Die protestantischen Territorien | 29 | ||
II. Die katholischen Territorien | 30 | ||
D. Das Vernunftrecht der Aufklärung | 31 | ||
I. Die Emanzipation des Eherechts von Religion und Tradition durch die Erkenntnisphilosophie der Aufklärung | 31 | ||
II. Beispiele staatlicher Gesetzgebung im späten 18. und frühen 19. Jahrhundert | 33 | ||
1. Bayern | 35 | ||
2. Österreich | 35 | ||
3. Preußen | 37 | ||
4. Frankreich | 40 | ||
E. Die Gesetzgebung deutscher Staaten im 19. Jahrhundert bis zur Gründung des Deutschen Reiches 1871 | 41 | ||
2. Kapitel: Das Kaiserreich (1871 bis 1918) | 46 | ||
A. Das „Gesetz über die Beurkundung des Personenstandes und die Eheschließung“ vom 6. Februar 1875 | 46 | ||
I. Vorgeschichte und Hintergründe | 47 | ||
1. Die Forderung des Liberalismus nach Einführung der obligatorischen Zivilehe | 47 | ||
2. Der Kulturkampf | 48 | ||
3. Exkurs: Die Entwicklung in Österreich | 50 | ||
II. Die Entstehungsgeschichte des RPStG | 53 | ||
1. Von der „Resolution zu dem Gesetze betreffend die Beschränkung des Rechtes zum Aufenthalt der Jesuiten im Deutschen Reich“ bis zur Erweiterung der Gesetzgebungskompetenz des Reiches | 53 | ||
2. Der „Entwurf eines Gesetzes über die Beurkundung des Personenstandes und die Form der Eheschließung“ vom 2. März 1874 und seine Beratung und Verabschiedung im Reichstag | 61 | ||
3. Die Ablehnung des Gesetzentwurfes im Bundesrat und die Verabschiedung des neuen „Entwurfs eines Gesetzes über die Beurkundung des Personenstandes und die Eheschließung“ durch den Bundesrat | 72 | ||
4. Die Beratung und Annahme des neuen Gesetzentwurfes durch den Reichstag | 78 | ||
5. Die Zustimmung des Bundesrates zu dem Gesetzentwurf und das Inkrafttreten des RPStG | 91 | ||
III. Die fortgeltenden landesrechtlichen Bestimmungen über die rechtlichen Folgen von Verstößen gegen die Eheverbote wegen Verwandtschaft und Schwägerschaft nach dem RPStG | 92 | ||
IV. Würdigung | 96 | ||
B. Das Bürgerliche Gesetzbuch vom 18. August 1896 | 101 | ||
I. Von den Richtlinien der Vorkommission für ein bürgerliches Gesetzbuch bis zur Wahl der Ersten Kommission durch den Bundesrat | 103 | ||
II. Der „Entwurf eines Familienrechts für das Deutsche Reich“ von Gottlieb Planck (sogenannter Vorentwurf) | 108 | ||
III. Der „Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuches für das Deutsche Reich. Erste Lesung“ (sogenannter Erster Entwurf) | 118 | ||
1. Die Beratungen der Ersten Kommission über den Vorentwurf zum Familienrecht | 119 | ||
2. Die redaktionelle Überarbeitung der gefassten Beschlüsse und die Zusammenstellung der sachlich beschlossenen Bestimmungen des Familienrechts nach den Beschlüssen des Redaktionsausschusses der 1. Kommission | 127 | ||
3. Die Beratungen der Ersten Kommission über die „Zusammenstellung der sachlich beschlossenen Bestimmungen“ und der sogenannte Kommissionsentwurf | 131 | ||
4. Die erste und zweite Beratung des Kommissionsentwurfes | 134 | ||
5. Die Veröffentlichung des Ersten Entwurfes und der dazugehörenden Motive | 137 | ||
IV. Der Zweite Entwurf | 153 | ||
1. Die Einsetzung der Zweiten Kommission | 153 | ||
2. Die Arbeit der Zweiten Kommission | 161 | ||
V. Die Gesetzesberatungen in Bundesrat und Reichstag und das Inkrafttreten des BGB | 174 | ||
1. Die Beratung im Bundesrat | 176 | ||
2. Von den Beratungen im Reichstag bis zum Inkrafttreten des BGB | 182 | ||
a) Die erste Beratung im Reichstag | 182 | ||
b) Die Arbeit der XII. Kommission | 188 | ||
c) Von der zweiten Beratung im Reichstag bis zum Inkrafttreten des BGB | 191 | ||
VI. Würdigung | 197 | ||
3. Kapitel: Weimarer Republik, nationalsozialistische Diktatur und alliierte Kontrollratsgesetzgebung (1919 bis 1949) | 204 | ||
A. Ausbleibende Reformen in der Weimarer Republik und nationalsozialistische Ehegesetzgebung bis zum Jahr 1938 | 204 | ||
B. Die Gesetzesänderungen des Jahres 1938: „Liberalisierung“ durch den nationalsozialistischen Gesetzgeber? | 208 | ||
I. Das „Gesetz über die Änderung und Ergänzung familienrechtlicher Vorschriften und über die Rechtsstellung der Staatenlosen“ vom 12. April 1938 nebst Durchführungsverordnung vom 23. April 1938 | 209 | ||
II. Das „Gesetz zur Vereinheitlichung des Rechts der Eheschließung und der Ehescheidung im Lande Österreich und im übrigen Reichsgebiet“ vom 6. Juli 1938 nebst Durchführungsverordnung vom 27. Juli 1938 | 211 | ||
III. Die Gründe für die Gesetzgebung des Jahres 1938 | 218 | ||
1. Die amtlichen Begründungen zu den Gesetzen des Jahres 1938 | 219 | ||
2. Die „nationalsozialistische Weltanschauung“ | 221 | ||
3. Der Nationalsozialismus als „politische Religion“ | 225 | ||
4. Das Kirchenpolitik des nationalsozialistischen Staates bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkriegs | 229 | ||
a) Das Verhältnis des Nationalsozialismus zu den christlichen Kirchen während der Weimarer Republik und unmittelbar nach der Machtübernahme 1933 | 230 | ||
b) Die Politik gegenüber der katholischen Kirche bis 1937 | 232 | ||
c) Die Politik gegenüber den evangelischen Landeskirchen bis 1937 | 233 | ||
d) „Entkonfessionalisierung“ in den letzten beiden Vorkriegsjahren | 236 | ||
IV. Fazit | 240 | ||
C. Das Gesetz Nr. 16 des Alliierten Kontrollrates vom 20. Februar 1946 | 241 | ||
4. Kapitel: Die Deutsche Demokratische Republik (1949 bis 1990) | 250 | ||
A. Das marxistisch-sozialistische Rechtsverständnis: Recht als Mittel zur Durchsetzung sozialistischer Moral | 250 | ||
B. Die gesetzgeberische Praxis zu den Eheverboten wegen Verwandtschaft und Schwägerschaft | 254 | ||
I. Fortgeltung des Ehegesetzes von 1946 während der „antifaschistischen Umwälzung“ und Gründung der DDR | 254 | ||
II. Der Erlass der „Verordnung über Eheschließung und Eheauflösung“ vom 24. November 1955 während der „Schaffung der Grundlagen des Sozialismus“ | 256 | ||
III. Der Erlass des „Familiengesetzbuchs der Deutschen Demokratischen Republik“ vom 20. Dezember 1965 während des „umfassenden Aufbaus des Sozialismus“ | 259 | ||
C. Ideologische Grundlagen für die Eheverbotsgesetzgebung in der DDR | 260 | ||
I. Marxistische Grundannahmen über die Ehe | 261 | ||
II. Die Ablehnung des antiken römischen Rechts und des Kirchenrechts | 264 | ||
III. Marxismus-Leninismus als „politische Religion“? | 267 | ||
D. Fazit | 269 | ||
5. Kapitel: Die Bundesrepublik Deutschland bis zum Erlass des Eheschließungsrechtsgesetzes (1949 bis 1998) | 271 | ||
A. Der „Entwurf eines Gesetzes über die Gleichberechtigung von Mann und Frau auf dem Gebiete des bürgerlichen Rechts und über die Wiederherstellung der Rechtseinheit auf dem Gebiete des Familienrechts (Familienrechtsgesetz)“ vom 23. Oktober 1952 | 272 | ||
B. Der „Entwurf eines Gesetzes über die Gleichberechtigung von Mann und Frau auf dem Gebiete des bürgerlichen Rechts und über die Wiederherstellung der Rechtseinheit auf dem Gebiete des Familienrechts“ der FDP-Bundestagsfraktion vom 2. Dezember 1953 | 277 | ||
C. Der „Entwurf eines Gesetzes zur Vereinheitlichung und Änderung familienrechtlicher Vorschriften“ vom 9. Juli 1955 | 280 | ||
D. Das „Gesetz zur Vereinheitlichung und Änderung familienrechtlicher Vorschriften (Familienrechtsänderungsgesetz)“ vom 11. August 1961 | 280 | ||
E. Das „Gesetz über die rechtliche Stellung der nichtehelichen Kinder“ vom 19. August 1969 | 283 | ||
F. Das „Erste Gesetz zur Reform des Ehe- und Familienrechts (1. EheRG)“ vom 14. Juni 1976 | 285 | ||
I. Der Meinungsstand in Rechtsprechung und Schrifttum zum Eheverbot wegen Geschlechtsgemeinschaft bis zu den frühen siebziger Jahren | 286 | ||
1. Die Rechtsprechung | 286 | ||
2. Das rechtswissenschaftliche Schrifttum | 288 | ||
3. Die Eherechtskommission des Bundesjustizministeriums | 295 | ||
4. Fazit | 296 | ||
II. Der „Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Reform des Ehe- und Familienrechts (1. EheRG)“ | 296 | ||
III. Der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 14. November 1973 | 297 | ||
IV. Der weitere Gang des Gesetzgebungsverfahrens | 302 | ||
V. Würdigung | 303 | ||
G. Das „Gesetz über die Annahme als Kind und zur Änderung anderer Vorschriften (Adoptionsgesetz)“ vom 2. Juli 1976 | 305 | ||
H. Das „Gesetz zur Neuordnung des Eheschließungsrechts (Eheschließungsrechtsgesetz – EheschlRG)“ vom 4. Mai 1998 | 308 | ||
I. Die rechtswissenschaftliche Kontroverse um das Eheverbot wegen Schwägerschaft seit den fünfziger Jahren bis zum Eheschließungsrechtsgesetz | 309 | ||
II. Das Gesetzgebungsverfahren | 317 | ||
III. Würdigung | 320 | ||
1. Die Rückführung des Eheschließungsrechts in das BGB | 320 | ||
2. Die Übertragung der Befugnis zur Einleitung des Aufhebungsverfahrens auf die Verwaltungsbehörden | 321 | ||
3. Die Abschaffung des Eheverbotes wegen Schwägerschaft | 322 | ||
4. Die Abschaffung der Ehenichtigkeit und die Vereinheitlichung der Rechtsfolgen von Verstößen gegen Eheverbote | 327 | ||
6. Kapitel: Legitimation der verbliebenen Eheverbote wegen Verwandtschaft und etwaiger Reformbedarf | 331 | ||
A. Die verfassungsrechtliche Rechtfertigung der Eheverbote wegen Verwandtschaft | 334 | ||
I. Sittlich-religiöse Tabus | 334 | ||
II. Die Eindeutigkeit der sozialen Rolle der einzelnen Familienmitglieder für Familie und Gesellschaft sowie die Verhinderung von Geschlechtskonkurrenz in der Kernfamilie und der Zwang zu exogamem Heiratsverhalten | 335 | ||
III. Die Gefahr sexuellen Missbrauchs und seiner nachträglichen Legitimation durch das Versprechen einer späteren Eheschließung | 340 | ||
IV. Die Verhinderung von Erbkrankheiten | 345 | ||
B. Die Frage nach etwaigem Reformbedarf des geltenden Eheverbotsrechts | 348 | ||
I. § 1307 BGB | 348 | ||
II. § 1308 BGB | 352 | ||
III. Die Rechtsfolgenseite | 353 | ||
Schluss | 354 | ||
Anhang: Gesetzestexte (auszugsweise) | 357 | ||
Literaturverzeichnis | 372 | ||
Stichwortverzeichnis | 387 |