Verhinderung einer Mehrfachhaftung des Kartellanten
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Verhinderung einer Mehrfachhaftung des Kartellanten
Die Streitverkündungslösung des Bundesgerichtshofes
Schriften zum Wirtschaftsrecht, Vol. 346
(2023)
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Hannah-Sophia Visé studierte Rechtswissenschaften an der Universität zu Köln. Die Erste juristische Prüfung legte sie 2017 ab. Anschließend arbeitete sie promotionsbegleitend bis 2021 als Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Verfahrensrecht und Insolvenzrecht der Universität zu Köln (Prof. Dr. Christoph Thole). Von 2020 bis 2022 absolvierte sie ihr Rechtsreferendariat im Bezirk des Oberlandesgerichts Köln, das sie im November 2022 mit der Zweiten juristischen Staatsprüfung abschloss.Abstract
Für einen Kartellanten besteht das Risiko sowohl seinem unmittelbaren als auch dem mittelbaren Abnehmer Ersatz für einen Preisüberhöhungsschaden leisten zu müssen, obwohl der kartellbedingte Preisaufschlag nur bei einem der Abnehmer oder bei beiden in Teilen als Schaden dauerhaft das Vermögen geschmälert haben kann. Die kritische Auseinandersetzung mit der vom Bundesgerichtshof in der Entscheidung ›ORWI‹ zur Verhinderung einer solchen Mehrfachhaftung angeführten Streitverkündung steht im Vordergrund dieser Arbeit. Die Streitverkündungslösung wird sowohl vor dem Hintergrund des vor dem Inkrafttreten der 9. GWB-Novelle geltenden Rechtes als auch unter Berücksichtigung der durch die 9. GWB-Novelle bedingten Änderungen der Gesetzeslage untersucht. Gleichzeitig soll gezeigt werden, dass sich Schwierigkeiten im Bereich des Kartellschadensersatzes vielfach durch den Rückgriff auf das allgemeine Zivil- bzw. Zivilprozessrecht bewältigen lassen.»Avoidance of Multiple Liability of the Cartelist. The Third Party Notice Solution of the Federal Court of Justice«: For a cartelist, there is the risk of having to compensate both his direct and indirect customers for price overcharge damages. The paper examines the third party notice cited by the Federal Court of Justice (Bundesgerichtshof) in the ›ORWI‹ decision to prevent such multiple liability. The paper investigates the background of the law applicable before the 9th GWB amendment came into force and the changes in the legal situation caused by the 9th GWB amendment.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Vorwort | 7 | ||
Inhaltsverzeichnis | 9 | ||
Abkürzungsverzeichnis | 14 | ||
A. Einleitung | 17 | ||
I. Problemstellung | 17 | ||
II. Begrenzung des Untersuchungsgegenstandes | 20 | ||
III. Gang der Untersuchung | 21 | ||
B. Die Abwälzung von kartellbedingten Preisaufschlägen innerhalb mehrgliedriger Lieferketten: Vorüberlegungen | 24 | ||
I. Die Entwicklung des GWB bis zur 9. Gesetzesnovelle: Ein kurzer Überblick | 24 | ||
II. Die unterschiedlichen Perspektiven der Abwälzung unter Berücksichtigung des grundlegenden Urteils des BGH in der Rechtssache ORWI | 27 | ||
1. Anspruchsberechtigung mittelbar Geschädigter | 28 | ||
2. Einwand der Schadensabwälzung (passing-on-defence) | 33 | ||
a) Grundsätzliche Zulassung des Einwandes | 33 | ||
b) Schadensentstehung oder Vorteilsausgleichung | 34 | ||
3. Fazit | 38 | ||
C. Die Streitverkündungslösung des BGH vor dem Hintergrund des vor dem Inkrafttreten der 9. GWB-Novelle in Deutschland geltenden Rechtes | 40 | ||
I. Der Kartellschadensersatzanspruch: Anspruchsvoraussetzungen und Vorteilsausgleichung | 43 | ||
1. Betroffenheit | 44 | ||
a) Einordnung als Voraussetzung des Schadensersatzanspruches | 44 | ||
b) Konkretisierung der Begrifflichkeit | 47 | ||
aa) Das Verhältnis zur tatsächlichen Betroffenheit | 48 | ||
(1) Funktion der tatsächlichen Betroffenheit | 49 | ||
(2) Die Entscheidung des BGH in der Rechtssache Schienenkartell II | 50 | ||
(3) Ähnlichkeit der Betroffenheitsprüfungen? | 51 | ||
bb) Das Verhältnis zur Kartellbefangenheit | 56 | ||
c) Fazit | 59 | ||
2. Haftungsausfüllender Tatbestand | 60 | ||
a) Positiver Schaden und entgangener Gewinn | 60 | ||
b) Schadenseintritt | 62 | ||
aa) Kartellbefangenheit des Beschaffungsvorganges | 64 | ||
bb) Anscheinsbeweis und tatsächliche Vermutung: Die Berücksichtigung von Erfahrungssätzen | 68 | ||
(1) Kombination zweier Anscheinsbeweise | 68 | ||
(2) Die tatsächliche Vermutung | 71 | ||
cc) Fazit | 74 | ||
c) Schadenshöhe | 76 | ||
d) Vorteilsausgleichung | 77 | ||
aa) Feststellung des Vorteils | 78 | ||
bb) Kausalzusammenhang zwischen Vorteil und schädigendem Ereignis | 79 | ||
cc) Versagung der Vorteilsausgleichung aufgrund wertender Überlegungen? | 82 | ||
(1) Fallgruppen der Vorteilsausgleichung | 83 | ||
(2) Besonderheiten des kartellrechtlichen Schadensersatzanspruches | 86 | ||
dd) Die Problematik des Nachfragerückgangs in der Entscheidung ORWI und das Erfordernis der Kongruenz | 89 | ||
(1) Diskrepanz zwischen der Entscheidung ORWI und dem Erfordernis der Kongruenz | 90 | ||
(2) Weitergehende Bedenken gegen eine zusätzliche Anforderung an die Vorteilsausgleichung | 92 | ||
ee) Anscheinsbeweis | 95 | ||
ff) Höhe des Vorteils | 98 | ||
3. Besonderheiten bei Schadensersatzansprüchen mittelbarer Abnehmer | 98 | ||
II. Zulässigkeit und Wirkung einer Streitverkündung | 103 | ||
1. Die Voraussetzungen der Streitverkündung und ihre Auswirkungen auf den Vorprozess | 103 | ||
2. Die Interventionswirkung im Folgeprozess | 104 | ||
a) Der subjektive Umfang | 105 | ||
b) Der objektive Umfang | 107 | ||
c) Die Besonderheiten bei einem non-liquet im Vorprozess | 108 | ||
III. Erfolgsgeeignetheit zur Vermeidung einer Mehrfachhaftung: Prozessuale Überlegungen | 109 | ||
1. Vorprozess des unmittelbaren Abnehmers und Folgeprozess des mittelbaren Abnehmers | 109 | ||
a) Vorprozess des unmittelbaren Abnehmers | 109 | ||
aa) Faktische Probleme der Streitverkündung | 110 | ||
bb) Allgemeine beweisrechtliche Überlegungen | 111 | ||
cc) Verteilung der Darlegungs- und Beweislast im Vorprozess unter gleichzeitiger Berücksichtigung der Beteiligungsmöglichkeiten des mittelbaren Abnehmers | 113 | ||
(1) Betreffend den Haftungsgrund | 114 | ||
(2) Betreffend den Eintritt und den Umfang des Schadens | 116 | ||
(3) Betreffend die Vorteilsausgleichung | 118 | ||
dd) Sekundäre Darlegungslast des klagenden unmittelbaren Abnehmers | 120 | ||
(1) Erforderlichkeit einer sekundären Darlegungslast | 120 | ||
(a) Kenntniserlangung mittels Streitverkündung | 121 | ||
(b) Informationsbeschaffung als Zweck der Streitverkündung? | 123 | ||
(c) Fazit | 125 | ||
(2) Zumutbarkeit einer sekundären Darlegungslast | 125 | ||
b) Folgeprozess des mittelbaren Abnehmers | 127 | ||
aa) Feststellungen im Ersturteil zum Schadenseintritt beim unmittelbaren Abnehmer | 128 | ||
bb) Feststellungen im Ersturteil zur Weiterwälzung des Preisaufschlages | 129 | ||
2. Vorprozess des mittelbaren Abnehmers und Folgeprozess des unmittelbaren Abnehmers | 132 | ||
a) Vorprozess des mittelbaren Abnehmers | 132 | ||
b) Folgeprozess des unmittelbaren Abnehmers | 136 | ||
3. Fazit | 140 | ||
D. Änderung der Gesetzeslage durch die 9. GWB-Novelle in Umsetzung der Kartellschadensersatzrichtlinie | 143 | ||
I. Unionsrechtlich aufgestellte Vorgaben durch die Kartellschadensersatzrichtlinie | 143 | ||
1. Entscheidungen des EuGH zum kartellrechtlichen Schadensersatz: Courage und Manfredi | 144 | ||
2. Vorschläge der Kommission im Grün- und Weißbuch | 146 | ||
3. Ordentliches Gesetzgebungsverfahren zur Kartellschadensersatzrichtlinie | 148 | ||
4. Wesentliche Aspekte und inhaltliche Zielvorgaben der Richtlinie für das Recht der Mitgliedstaaten | 149 | ||
a) Art. 13 RL: Einwendung der Abwälzung des Preisaufschlags | 150 | ||
b) Art. 14 RL: Mittelbare Abnehmer | 152 | ||
c) Vorgaben zur Vermeidung einer Mehrfachhaftung des Kartellteilnehmers | 156 | ||
II. Deutsches Gesetzgebungsverfahren zur 9. GWB-Novelle: Umsetzung der unionsrechtlichen Vorgaben in deutsches Recht | 158 | ||
1. Referentenentwurf | 159 | ||
2. Regierungsentwurf | 164 | ||
3. Endgültige Gesetzesfassung und ausgebliebene Änderungen | 165 | ||
III. Punktuelle Neuerung durch das GWB-Digitalisierungsgesetz (10. GWB-Novelle) | 167 | ||
IV. Die Modifizierung der Gesetzeslage: Inhaltliche Ausgestaltung des Kartellschadensersatzanspruches | 168 | ||
1. Betroffenheit | 169 | ||
2. Haftungsausfüllender Tatbestand | 170 | ||
a) Unmittelbarer Abnehmer | 170 | ||
aa) Anderweitige Auslegungsmöglichkeit des § 33a II 1 GWB n.F.? | 174 | ||
(1) Anwendungsbereich des § 33a II 4 GWB n.F. | 174 | ||
(2) Erfordernis einer gesonderten gesetzlichen Vermutung für die Kartellbefangenheit? | 175 | ||
(3) Fazit | 178 | ||
bb) Verbleibender Anwendungsbereich des Anscheinsbeweises bzw. der tatsächlichen Vermutung | 179 | ||
b) Mittelbarer Abnehmer | 181 | ||
aa) Eintritt eines kartellbedingten Preisaufschlages auf der Stufe des unmittelbaren Abnehmers | 182 | ||
bb) Vermutungsbasis des § 33c II GWB n.F. | 183 | ||
cc) Verbleibende Verteidigungsmöglichkeiten des Kartellanten | 185 | ||
(1) Der Grundsatz: Beweis des Gegenteils und Gegenbeweis | 185 | ||
(2) Die Besonderheiten des § 33c III 1 GWB n.F. | 186 | ||
(3) Abweichende Auslegungsmöglichkeiten des § 33c III 1 GWB n.F. und deren Konsequenzen für § 33c II GWB n.F. | 189 | ||
(a) § 33c III 1 GWB n.F. als dritte Verteidigungsmöglichkeit | 189 | ||
(b) § 33c III 1 GWB n.F. als Tatbestandsausnahme | 190 | ||
(c) § 33c II GWB n.F. als gesetzlicher Anscheinsbeweis | 191 | ||
(aa) Gesetzliche Festschreibung eines Anscheinsbeweises? | 191 | ||
(bb) Übertragung der Überlegungen auf § 33c GWB n.F. | 193 | ||
(cc) Vereinbarkeit der Auslegung mit Art. 14 RL | 196 | ||
(4) Fazit | 197 | ||
V. Konsequenzen der geänderten Verteilung der Darlegungs- und Beweislast im Kartellschadensersatzprozess für die Streitverkündungslösung des BGH | 197 | ||
1. Vorprozess des unmittelbaren Abnehmers und Folgeprozess des mittelbaren Abnehmers | 198 | ||
a) Vorprozess des unmittelbaren Abnehmers | 198 | ||
aa) Beweisrechtliche Überlegungen | 198 | ||
bb) Das Verhältnis von sekundärer Darlegungslast und neuen Offenlegungsmöglichkeiten | 201 | ||
b) Folgeprozess des mittelbaren Abnehmers | 206 | ||
aa) Auslegung des § 33c II GWB n.F. als widerlegbare gesetzliche Vermutung | 206 | ||
(1) Die Problematik der Mehrfachhaftung | 207 | ||
(2) Berücksichtigung der Zielsetzung der Richtlinie: Vermeidung einer Mehrfachhaftung des Kartellanten | 210 | ||
(3) Überlegungen de lege lata unter Beibehaltung der Streitverkündungslösung | 212 | ||
(4) Anderweitige geeignete Verfahrensmittel | 214 | ||
(a) § 147 ZPO | 214 | ||
(b) § 75 ZPO | 216 | ||
(c) Zwischenergebnis | 217 | ||
(5) Fazit | 217 | ||
bb) Auslegung des § 33c II GWB n.F. als gesetzlich normierter Anscheinsbeweis | 219 | ||
c) Folgeproblem: Rückwirkende Geltung des gesetzlichen Anscheinsbeweises? | 220 | ||
d) Ergebnis | 222 | ||
2. Vorprozess des mittelbaren Abnehmers und Folgeprozess des unmittelbaren Abnehmers | 222 | ||
a) Vorprozess des mittelbaren Abnehmers | 222 | ||
b) Folgeprozess des unmittelbaren Abnehmers | 224 | ||
c) Ergebnis | 228 | ||
E. Zusammenfassung der wichtigsten Untersuchungsergebnisse | 229 | ||
Anhang | 233 | ||
Literaturverzeichnis | 238 | ||
Stichwortverzeichnis | 258 |