Von der Treue der Bürger zur Verfassung
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Von der Treue der Bürger zur Verfassung
Loyalitätsanforderungen an den Staatsbürger im freiheitlichen Verfassungsstaat unter besonderer Berücksichtigung des Treuebekenntnisses im Einbürgerungsrecht
Schriften zum Öffentlichen Recht, Vol. 1497
(2023)
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About The Author
Pascal Langer studierte Rechtswissenschaft in Mainz und promovierte in Mainz und Frankfurt am Main. Nach Abschluss des Ersten Juristischen Staatsexamens war er am Lehrstuhl für Öffentliches Recht und Rechtsphilosophie von Prof. Dr. Uwe Volkmann (Goethe-Universität Frankfurt am Main) als Wissenschaftlicher Mitarbeiter tätig. Nach dem zweiten juristischen Staatsexamen wurde er zum Richter in Hessen ernannt. Derzeit ist er als Familienrichter tätig. Darüber hinaus übernimmt er regelmäßig Dozententätigkeiten.Abstract
Ausgangspunkt der Arbeit ist der Befund, dass ein Einbürgerungsbewerber sich nach § 10 StAG zur ›freiheitlichen demokratischen Grundordnung‹ zu bekennen hat. Durch diese Anforderung zeigt der Staat, dass er die Mitgliedschaft im Staatsverband von der Identifikation mit seiner Wertordnung abhängig machen will. Dies provoziert zu der Frage, wie dies mit den allgemeinen Anforderungen an die staatsbürgerliche Verfassungstreue vereinbar ist. Nach Würdigung staatsphilosophischer Grundlegungen des freiheitlichen Staates sowie Analyse des Grundgesetzes kommt die Arbeit zu dem Ergebnis, dass eine Identifikations- oder Bekenntnispflicht gerade nicht besteht. Das Bekenntnis im Einbürgerungsrecht ist zwar auf Grund des souveränen Rechts des Volkes zur Entscheidung über die Aufnahmekriterien verfassungsrechtlich trotzdem zulässig. Aus freiheitlicher Sicht erscheint es aber - auf Grund seines Wertbezugs - problematisch und sollte durch eine reine Wissensprüfung abgelöst werden.»About the Loyalty of Citizens to the Constitution. Loyalty Requirements to the Citizens in a Free Constitutionally State with a Particular Consideration of the Declaration of Loyalty in Naturalization Law«: The thesis analyzes the question, how the declaration of loyalty, which is demanded from naturalization applicants, is compatible with the general requirements to the civic loyalty to the constitution. Regarding philosophic and civic analysis, the finding is, that a general duty for the declaration does not exist. Because the populace can decide about acceptance of new members by its own, the declaration is constitutionally admissible. From a liberal view, a relinquishment of the declaration should be prioritized.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Vorwort | 7 | ||
Inhaltsverzeichnis | 9 | ||
A. Einleitung | 15 | ||
I. Verfassungstreue im Einbürgerungsrecht als Ausgangspunkt | 16 | ||
II. Methodik und Gang der Untersuchung | 20 | ||
1. Methodik | 20 | ||
2. Gang der Untersuchung | 21 | ||
III. Standortbestimmung | 22 | ||
1. Begriffsbestimmung | 22 | ||
a) Verfassungstreue | 23 | ||
b) Identifikation und Bekenntnis | 28 | ||
2. Freiheitlichkeit als Vorbedingung der Untersuchung | 30 | ||
B. Die Idee der Staatsangehörigkeit | 33 | ||
I. Staatsangehörigkeit: Begriff – Funktion – Rechtsnatur | 33 | ||
1. Begriff der Staatsangehörigkeit | 33 | ||
2. Funktion der Staatsangehörigkeit | 34 | ||
3. Rechtsnatur der Staatsangehörigkeit | 38 | ||
II. Völkerrecht und Staatsangehörigkeit | 40 | ||
III. Staatsbürgerschaft – ein Bündel von Rechten und Pflichten | 42 | ||
1. Die staatsbürgerliche Loyalitätspflicht | 42 | ||
2. Staatsbürgerschaft im demokratischen Verfassungsstaat | 43 | ||
3. Wahlrecht als Indikator für die Konzeption von Staatsbürgerschaft | 45 | ||
IV. Staat und Nation – Konzeptionen von Staatsbürgerschaft | 47 | ||
1. Die Unterscheidung von Kultur- und Staatsnation | 47 | ||
2. Integration als materielle Dimension der Staatsangehörigkeit | 52 | ||
V. Staatsangehörigkeit nach dem Grundgesetz | 54 | ||
1. Nationalstaatsprinzip als verfassungsrechtliche Vorgabe? | 54 | ||
2. Schutz der Staatsangehörigkeit nach Art. 16 GG | 59 | ||
C. Treue und Wertordnung | 61 | ||
I. Wert und Wertordnung – Versuch einer terminologischen Eingrenzung | 61 | ||
II. Wertgeltung in einer freiheitlichen Gesellschaft | 65 | ||
1. Grundlagen individueller und kollektiver Wertbildung | 66 | ||
a) Individuelle Wertbildung | 66 | ||
b) Kollektive Wertbildung | 70 | ||
2. Wertepluralismus in einer freiheitlichen Gesellschaft | 71 | ||
3. Minimalkonsens als Bestandsgarantie einer freiheitlichen Gesellschaft | 73 | ||
a) Wertobjektivität als Konsenskriterium | 74 | ||
b) Prozedurale Komponenten des Minimalkonsenses | 77 | ||
c) Materielle Komponenten des Minimalkonsenses | 79 | ||
aa) Hoher Abstraktionsgrad und Äußerlichkeit | 79 | ||
bb) Grundlagen des freiheitlichen Zusammenlebens als materielles Minimum | 80 | ||
cc) Homogenität als Wert | 83 | ||
dd) Kontroverse über den Konsens | 85 | ||
ee) Das Problem der „Tyrannei der Werte“ | 86 | ||
4. Bestandssicherung durch Treue zum Minimalkonsens | 87 | ||
III. Die Wertordnung des Grundgesetzes | 91 | ||
1. Wertordnung als normative Verstärkung der Grundrechte | 91 | ||
2. Drittwirkung der Grundrechte als positive Treue? | 93 | ||
3. Freiheit durch inhaltlichen Minimalgehalt der Wertordnung | 95 | ||
D. Der freiheitliche Staat zwischen Neutralität und Verfassungsschutz – staatsphilosophische Grundlegung | 97 | ||
I. Das Paradoxon der Neutralität | 98 | ||
1. Der freiheitliche Staat als äußere Rahmenordnung | 98 | ||
2. Freiheit als inneres Substrat des Staates | 103 | ||
a) Sakralität der freiheitlichen Wertordnung? | 104 | ||
b) Die freiheitliche Wertordnung als Weltanschauung? | 108 | ||
3. Kulturelle Identität der Freiheit und das Recht ihrer Ablehnung | 111 | ||
4. Konfrontation statt Identifikation | 114 | ||
II. Verfassungstreue und Verfassungsschutz | 117 | ||
1. Verfassungstreue Staatsbürger als effektivster Schutz der Verfassung | 117 | ||
a) Verfassungspatriotismus | 118 | ||
b) Emotionale Verfassungsstabilisierung als Prä-Prävention | 121 | ||
2. Staatliche Werterziehung als prä-präventiver Verfassungsschutz | 124 | ||
a) Zweck staatlicher Werterziehung | 124 | ||
b) Das Verbot der Indoktrination | 125 | ||
c) Der Beutelsbacher Konsens | 127 | ||
d) Erziehung zur Wertordnung als konfrontativer Akt der Außenwelt | 128 | ||
e) Grenzen der Moralerziehung | 129 | ||
III. Die Verantwortung des Bürgers für die Freiheit | 131 | ||
1. Das Böckenförde-Diktum | 131 | ||
2. Treue als Gewissensentscheidung | 134 | ||
E. Verfassungstreue im Grundgesetz | 138 | ||
I. Verfassungstreue und Demokratie | 138 | ||
1. Demokratie als Maßgabe für die Staatsbürger | 139 | ||
a) Recht des Volkes zur Entscheidung über die Aufnahme von Mitgliedern in den Staatsverband | 139 | ||
b) Mindestmaß an demokratischer Homogenität | 144 | ||
2. „Wehrhafte Demokratie“ als Garant und Grenze der Freiheit | 146 | ||
a) Freiheitliche demokratische Grundordnung | 147 | ||
b) Parteiverbot: scharfe Waffe ohne Gesinnungszugriff | 149 | ||
c) Widerstandspflicht? | 152 | ||
II. Verfassungstreue in der Grundrechtsdogmatik | 154 | ||
1. Allgemeiner Vorbehalt der Verfassungstreue? | 154 | ||
2. Der Staat als Verpflichteter der Grundrechte | 158 | ||
3. Grundrechtsverwirkung für Verfassungsfeinde | 160 | ||
4. Grundpflichten im Grundgesetz? | 164 | ||
5. Schutz der verfassungsfeindlichen Meinung durch die Demokratiegrundrechte | 167 | ||
a) Freiheit zur Ablehnung der Wertordnung | 168 | ||
b) Die Wunsiedel-Entscheidung und das Verbot der Standpunktdiskriminierung | 169 | ||
c) Das Problem der hetzerischen Kampfrede („hate speech“) | 172 | ||
d) Vertrauen auf die Bewährung demokratischer Gesinnung | 175 | ||
e) Ausnahme für Ausländer? | 176 | ||
6. Schutz des verfassungsfeindlichen Glaubens | 180 | ||
III. Verfassungstreue und Schulpflicht | 183 | ||
IV. Sonstige Anhaltspunkte für Verfassungstreue im Grundgesetz | 186 | ||
1. Würde des Menschen und Bekenntnis zu den Menschenrechten in Artikel 1 Absatz 1 und Absatz 2 Grundgesetz | 186 | ||
2. Treue zur Verfassung in Artikel 5 Absatz 3 Satz 2 Grundgesetz | 186 | ||
3. Wehrpflicht in Artikel 12a Grundgesetz | 188 | ||
4. Verfassungsschutz in Artikel 87 Absatz 1 Satz 2 Grundgesetz | 190 | ||
5. Verfassungsablösung in Artikel 146 Grundgesetz | 191 | ||
F. Synthese der Erkenntnisse zu einer Konzeption staatsbürgerlicher Verfassungstreue | 193 | ||
I. Gefordertes Maß an Treue | 193 | ||
1. Modalitäten der Treue | 193 | ||
2. Stufen der Verfassungs(un)treue | 195 | ||
a) Aktive Betätigung gegen die freiheitliche Ordnung | 196 | ||
b) Bekenntnis gegen die freiheitliche Ordnung | 197 | ||
c) Mitgliedschaft in einer verfassungsfeindlichen Partei | 199 | ||
d) Neutrale Grundhaltung (Indifferenz) | 199 | ||
e) Positives Bekenntnis zur freiheitlichen Ordnung | 200 | ||
f) Äußere Übereinstimmung mit der freiheitlichen Ordnung | 201 | ||
g) Aktives Eintreten für die freiheitliche Ordnung | 201 | ||
3. Anforderungen an Neumitglieder im Staatsverband | 202 | ||
II. Normative Qualität der Anforderungen | 202 | ||
1. Anforderungsmodalitäten | 203 | ||
2. Verfassungstreue als Zumutung und Erwartung | 205 | ||
a) Terminologische Abgrenzung | 206 | ||
b) Treue als Zumutung | 208 | ||
c) Treue als Erwartung | 209 | ||
3. Verfassungstreue als Staatsauftrag | 210 | ||
III. Gegenstand der geforderten Treue | 212 | ||
IV. Zwischenstand | 213 | ||
G. Verfassungstreue im Einbürgerungsrecht | 215 | ||
I. Anforderungen an die Verfassungstreue des Einbürgerungsbewerbers | 215 | ||
1. Normierung im Staatsangehörigkeitsgesetz | 216 | ||
a) § 10 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Staatsangehörigkeitsgesetz | 216 | ||
aa) Bekenntnis und Loyalitätserklärung | 216 | ||
bb) Bekenntnis als materielle Einbürgerungsvoraussetzung | 217 | ||
cc) Begrenzung der Treue auf die freiheitliche demokratische Grundordnung | 225 | ||
b) § 11 Staatsangehörigkeitsgesetz | 227 | ||
c) § 16 Satz 2 Staatsangehörigkeitsgesetz | 232 | ||
d) § 8 Staatsangehörigkeitsgesetz | 235 | ||
e) § 37 Absatz 2 Staatsangehörigkeitsgesetz | 239 | ||
2. Zusammenschau der Verfassungstreueklauseln | 239 | ||
a) Mehrfache Absicherung gegen Verfassungsfeinde | 239 | ||
b) Integration und Sicherheit als übergreifende Kriterien der einbürgerungsrechtlichen Verfassungstreue | 242 | ||
c) Beweislastverteilung zwischen Bewerber und Behörde | 244 | ||
II. Einordnung der geforderten Verfassungstreue | 247 | ||
1. Negative Verfassungstreue | 247 | ||
2. Positive (äußere) Verfassungstreue | 249 | ||
3. Innere Verfassungstreue durch Treuebekenntnis? | 251 | ||
III. Bewertung der einbürgerungsrechtlichen Verfassungstreueanforderungen | 252 | ||
1. Zumutungen im Einbürgerungsrecht | 252 | ||
2. Das Problem der überschießenden Treueanforderung | 256 | ||
a) Bewertungsmaßstab | 256 | ||
b) Positive Treue aus verfassungsrechtlicher Perspektive | 259 | ||
aa) Grundrechtliche Spannungen | 259 | ||
bb) Unzumutbarkeit durch den Normbefehl | 261 | ||
cc) Unzumutbarkeit durch die Feststellungspraxis | 264 | ||
c) Positive Treue aus freiheitlicher Perspektive | 274 | ||
d) Erhöhte Anforderungen an die negative Treue | 276 | ||
aa) Verfassungsfeindliche Meinungskundgabe | 276 | ||
bb) Verfassungsfeindliche Betätigung durch aktives Tun | 278 | ||
3. Freiheitsschonende Ausgestaltung der Verfassungstreue im Einbürgerungsrecht | 279 | ||
IV. Integration im Einbürgerungsrecht – rechtspolitische Bemerkungen | 281 | ||
H. Resümee | 285 | ||
Literaturverzeichnis | 289 | ||
Sachwortverzeichnis | 312 |