Opfer und Institution im Besonderen Teil des Strafrechts
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Opfer und Institution im Besonderen Teil des Strafrechts
Grundlagenuntersuchungen zu Straftaten gegen Angehörige einzelner Berufsgruppen unter Berücksichtigung der §§ 114 und 188 StGB
Schriften zum Strafrecht, Vol. 408
(2023)
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Felix Lichtenhagen studierte bis 2020 Rechtswissenschaften an der Universität Bonn und war parallel in einer Anwaltsboutique für Wirtschaftsstrafrecht als wissenschaftlicher Mitarbeiter tätig. Nach dem ersten Staatsexamen folgte bis zum Sommersemester 2022 die Arbeit an seiner Promotion. Seit Februar 2022 befindet sich Felix Lichtenhagen im Rechtsreferendariat mit Stationen am Bundesrechnungshof und in einer international tätigen Großkanzlei im Bereich Corporate/M&A.Abstract
Reformen der Kriminalgesetzgebung zum Schutz Berufsangehöriger werfen die Frage nach ihrer strafrechtstheoretischen Einordnung auf. Das wissenschaftliche Erklärungsangebot eines verstärkten Opferschutzes ruft regelmäßig Kritik hervor. Die Arbeit nähert sich dieser Kritik durch eine deskriptive Bestimmung des normativen Konfliktfalls, den die einschlägigen Strafgesetze regeln. Nach einer allgemeinen Weichenstellung prüft die Arbeit dazu die zum Zweck »Opferschutz« aufgebotenen wissenschaftlichen Begründungsmuster und führt die ihrerseits ganz disparaten Ansätze einer Kritik zu. Anschließend werden die Einwände am Beispiel der §§ 114 und 188 StGB konkret ausbuchstabiert. Die Prüfung ergibt, dass sich den Tatbeständen mit einer gezielten Beschränkung möglicher personaler Tatobjekte ein Eigenzweck »Opferschutz« nicht entnehmen lässt. Eine Fokussierung auf den empirischen Individualrechtsgüterschutz verfehlt die rechtliche Leitkategorie der Person. Diese Argumente schlagen auf die Ansätze einer opferorientierten Strafrechtstheorie durch.»Victims ands Institutions in the Special Part of the Criminal Law«: Criminal law reforms with the aim to protect certain professional groups are regularly justified on the basis of »victim protection«. If this concern is investigated, considerable complications arise in criminal law theory. The study elaborates on this using the example of §§ 114 and 188 of the German Criminal Code: Individual victim protection is only relevant in law to the extent that it can be made serviceable for the purposes of the normative order, i.e. the protection of persons and institutions.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Vorwort | 5 | ||
Inhaltsverzeichnis | 7 | ||
Abkürzungsverzeichnis | 10 | ||
Einleitung | 13 | ||
Teil 1: Vorüberlegungen zum Straftatbegriff | 15 | ||
A. Was ist ein materieller Straftatbegriff und was leistet er? | 15 | ||
I. Ein „wirklicher“ Begriff | 15 | ||
II. Strafrechtsbegrenzung als Vorgabe? | 18 | ||
III. Beschreibung und Normativität | 23 | ||
B. „Demokratizität“ als Fundamentaleinwand – Ist der Straftatbegriff rein formell? | 29 | ||
I. Die Abwendung von einem materiellen Verbrechensbegriff | 30 | ||
II. Gesetz, Positivität, Geltung | 32 | ||
III. „Idee der Freiheit“? | 34 | ||
IV. Grenzen des Relativismus | 35 | ||
V. Demokratische Gesellschaftstheorie? | 38 | ||
VI. Zusatz: Zur Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts – die Problematik der Verhältnismäßigkeitsprüfung im materiellen Strafrecht | 42 | ||
C. Rechtsgüterschutz als Ausgangspunkt? | 46 | ||
I. Was ist ein Rechtsgut? | 47 | ||
II. Begriffe statt Worte | 49 | ||
D. Grundlegung: Rechtsverhältnis und Rechtverletzung | 50 | ||
I. Strafrecht als nachgelagerte Normenordnung | 52 | ||
II. Rechtsverhältnisse: Apriorische Begründung? | 55 | ||
III. Gegenübergestellt: Rechts-Wirklichkeit | 58 | ||
1. Grund und Form der Rechte | 59 | ||
2. Wirklichkeit der Freiheit | 61 | ||
IV. Institutionelle Fixierung | 66 | ||
E. Das Unrecht der Rechtsverletzung | 73 | ||
I. Personale und institutionelle Reichweite | 78 | ||
II. Ein Schaden und sein Ersatz | 81 | ||
III. Abgleich mit anderen Erklärungen: „Unfair Advantage“ und „Mitwirkungspflicht“ | 86 | ||
Teil 2: Institutionenschutz durch Opferschutz? – Zur Unrechtsdifferenzierung nach der beruflichen Position des Verletzten | 91 | ||
A. Hinführung und Problemeingrenzung | 91 | ||
B. Das Opfer der Straftat | 97 | ||
I. Zum normativen Individualismus | 97 | ||
II. Individuum und Rechtsperson | 100 | ||
1. Substanz-ontologische Herleitung? | 100 | ||
2. Normative Konstruktion: Institution und „Zurechnungsendpunkt“ | 103 | ||
III. Personalität als Zumutung | 108 | ||
C. Vorüberlegung: Begründungswege der Opfereinbeziehung | 112 | ||
I. Normentheoretische Aspekte | 112 | ||
1. Staatlicher Imperativ und horizontale Dimension | 112 | ||
2. Strafbarkeitsstufen | 116 | ||
3. Qualifikationsnormen als Schadensbegrenzungsmaßnahmen? | 120 | ||
4. Das Opfer im Qualifikationstatbestand: Symbolischer Überschuss | 123 | ||
II. Der Staat als „Treuhänder“ der Opferinteressen? – Zum „second-person standpoint“ | 124 | ||
III. Expressive Wirkung | 128 | ||
1. Strafe als Kommunikation? | 128 | ||
2. Genugtuung und Normbestätigung | 130 | ||
IV. Präventiver Individualschutz | 133 | ||
1. Exkurs: Der kriminalpolitische Straftatbegriff und das Problem von Schuld und Generalprävention | 135 | ||
2. Verbesserte Prävention durch Strafschärfung? | 139 | ||
3. Herstellung von Gleichheit im Strafrechtsschutz? | 140 | ||
4. Kosten und Nutzen | 143 | ||
V. Verfassungsrechtlicher Straf(verfolgungs)anspruch des Opfers? | 145 | ||
1. Schutz der persönlichen Integrität | 147 | ||
2. Vergeltungsanspruch | 148 | ||
3. Institutionenvertrauen | 150 | ||
4. Opferschutz: Mittel statt Zweck! | 151 | ||
D. Opferorientierte Sanktionsnormen: Unrechtsbestimmung und Funktionenanalyse | 153 | ||
I. Durchsicht des positiven Rechts | 153 | ||
II. Schwere der Rechtsverletzung | 158 | ||
1. Noch einmal: Anerkennung? | 159 | ||
2. Stattdessen: Funktionaler Bezug auf Außer-Rechtliches | 160 | ||
3. Vorüberlegung: Normativismus im Recht – Wie geht das? | 161 | ||
4. Übertragung auf opferorientierte Sanktionsnormen | 165 | ||
5. Folgerungen zum strafrechtlichen Institutionenschutz | 167 | ||
III. Besonderer Normgeltungsschaden | 169 | ||
1. Normative Bestätigung | 170 | ||
2. Empirische Auswirkungen der Tat | 178 | ||
IV. Strafschärfende Berücksichtigung der Gesinnung | 183 | ||
1. Übergriff auf das „Forum Internum“? | 185 | ||
2. Zweckbindung: Durchschlagen auf den Erfolg | 186 | ||
3. Institutionenablehnung? | 189 | ||
E. Der reformierte § 114 StGB | 192 | ||
I. Personaler Schutz | 194 | ||
1. Empirischer Schutz | 194 | ||
2. Normative Anliegen | 198 | ||
II. Institutionelle Funktionsfähigkeit | 202 | ||
1. Tatsächliche Funktionalität | 202 | ||
2. Symbolstrafrecht, Autorität, „Respekt und Wertschätzung“ | 203 | ||
III. Gleichheitswidrigkeit? | 205 | ||
IV. Auswirkungen auf die Herleitung des „tätlichen Angriffs“ | 207 | ||
1. Begriffliche Historizität – Funktionale Irrelevanz | 208 | ||
2. Zum „Willen des Gesetzgebers“ | 210 | ||
V. Was bleibt? | 211 | ||
F. Der Zweck des § 188 StGB | 212 | ||
I. Ehre und Kommunikation, Individuum und Kollektiv | 214 | ||
1. Individualcharakter? | 214 | ||
2. Personale Gleichheit – Zurechnung | 216 | ||
II. Funktionsträger als Opfer? | 218 | ||
1. Besonderes Schutzbedürfnis | 219 | ||
2. Außer-personale Gründe | 219 | ||
III. Institutionelle Schutzrichtung | 221 | ||
Schluss: Zusammenfassung der Ergebnisse und Einordnung | 225 | ||
I. Opferschutz als Strafrechtszweck – eine schlechte Abstraktion | 225 | ||
II. Berufsangehörige als Opfer? | 229 | ||
III. Ausblick: Ein Allgemeiner Teil des Besonderen Teils? | 231 | ||
Literaturverzeichnis | 234 | ||
Stichwortverzeichnis | 295 |