Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz – Eine unionsrechtliche Analyse
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Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz – Eine unionsrechtliche Analyse
Internetrecht und Digitale Gesellschaft, Vol. 47
(2023)
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Die Autorin studierte Rechtswissenschaften an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster und an der Université de Poitiers. Im Anschluss an das erste Staatsexamen war sie Doktorandin und wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Informations-, Telekommunikations- und Medienrecht (Prof. Dr. Thomas Hoeren). Seit 2022 ist sie Rechtsreferendarin am Landgericht Münster.Abstract
Dem Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) wurden bereits während des Gesetzgebungsverfahrens erhebliche verfassungs- und europarechtliche Bedenken entgegengebracht. Diesen europarechtlichen Bedenken widmet sich die Arbeit, wobei sie den Fokus auf den Einklang des NetzDG mit der EU-Grundrechtecharta legt. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf der Vereinbarkeit der Compliance-Vorschriften des NetzDG mit den Kommunikationsgrundrechten, insbesondere in Hinblick auf ein mögliches Overblocking durch die sozialen Netzwerke. Zudem beschäftigt sich die Arbeit mit einem möglichen Verstoß gegen das Herkunftslandprinzip und die Vorschriften der E-Commerce-Richtlinie zur Verantwortlichkeit von Hosting-Anbietern. Im Rahmen der Untersuchung kommt die Autorin zu dem Ergebnis, dass das NetzDG nicht mit den europarechtlichen Vorgaben zu vereinbaren ist. Die Arbeit schließt mit einem Ausblick auf die Reform des unionsrechtlichen Rahmens für den elektronischen Geschäftsverkehr in Form des Digital Services Act.»The Network Enforcement Act. An Analysis under Union Law«: The Network Enforcement Act (NetzDG) was already met with considerable constitutional and European law concerns during the legislative process. The thesis addresses these concerns under European law, focusing on the conformity of the NetzDG with the EU Charter of Fundamental Rights. In addition, the thesis focuses on a possible violation of the country of origin principle and the provisions of the E-Commerce Directive on the liability of hosting providers.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Vorwort | 5 | ||
Inhaltsverzeichnis | 7 | ||
Abkürzungsverzeichnis | 13 | ||
Kapitel 1: Einleitung | 17 | ||
A. Anlass der Untersuchung | 17 | ||
B. Fragestellung | 19 | ||
C. Gang der Untersuchung | 21 | ||
Kapitel 2: Das NetzDG und der unionsrechtliche Regulierungsrahmen | 22 | ||
A. Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz | 22 | ||
I. Hintergrund des NetzDG | 22 | ||
1. Soziale Netzwerke | 22 | ||
a) Definition „soziale Netzwerke“ | 23 | ||
b) Ausnahmetatbestände im NetzDG | 24 | ||
c) Funktionen sozialer Netzwerke | 25 | ||
2. Hassrede, Hasskriminalität und Falschnachrichten in sozialen Netzwerken | 26 | ||
a) Hassrede und Hasskriminalität | 27 | ||
b) Falschnachrichten | 30 | ||
II. Das Gesetzgebungsverfahren | 33 | ||
1. Die Task Force | 33 | ||
2. Die Gesetzgebung | 35 | ||
3. Weitere Entwicklung und Evaluation | 36 | ||
4. Anpassung des NetzDG | 38 | ||
a) Gesetz zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität | 38 | ||
b) Gesetz zur Änderung des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes | 39 | ||
III. Wesentlicher Regelungsinhalt des NetzDG | 40 | ||
1. Anwendungsbereich | 40 | ||
2. Berichtspflichten | 41 | ||
3. Lösch- und Sperrpflichten | 41 | ||
4. Einrichtung der Regulierten Selbstregulierung | 42 | ||
5. Meldungen an das Bundeskriminalamt | 43 | ||
6. Gegenvorstellungsverfahren | 43 | ||
7. Privatrechtliche Schlichtungsstellen | 44 | ||
8. Regelungen für Videosharingplattform-Dienste | 44 | ||
9. Bußgeldvorschriften | 45 | ||
10. Ernennung eines Zustellungsbevollmächtigten sowie einer empfangsberechtigten Person | 46 | ||
11. Aufsicht | 46 | ||
12. Änderung des TMG | 47 | ||
B. Der unionsrechtliche Rahmen für die Regulierung sozialer Netzwerke | 47 | ||
I. Primärrecht | 49 | ||
1. Der unionsrechtliche Grundrechtsschutz | 49 | ||
a) Der Einfluss der Europäischen Menschenrechtskonvention | 49 | ||
b) Die Charta der Grundrechte der Europäischen Union | 51 | ||
2. Die Grundfreiheiten des Binnenmarktes | 52 | ||
II. Sekundärrecht | 53 | ||
1. Die E-Commerce-Richtlinie | 54 | ||
2. Die Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste | 55 | ||
3. Die Datenschutz-Grundverordnung | 55 | ||
Kapitel 3: Die Vereinbarkeit des NetzDG mit dem Unionsrecht | 57 | ||
A. Beeinträchtigung der Rechte der Netzwerkmitglieder | 57 | ||
I. Overblocking durch das NetzDG | 57 | ||
1. Der Begriff des Overblockings | 58 | ||
2. Grundlegende Anreizstrukturen für Overblocking | 59 | ||
3. Anreizstrukturen für Overblocking im NetzDG | 60 | ||
4. Derzeitige Erkenntnisse aus den Transparenzberichten | 61 | ||
5. Beeinträchtigung des Art. 11 Abs. 1 GRCh durch die Anreize zum Overblocking | 64 | ||
a) Anwendbarkeit der Grundrechtecharta auf das NetzDG | 64 | ||
aa) Durchführung von Unionsrecht | 65 | ||
bb) Verhältnis zu nationalen Grundrechten | 67 | ||
b) User-Generated-Content im Gewährleistungsbereich des Art. 11 Abs. 1 GRCh | 69 | ||
c) Eingriff in die Meinungsfreiheit aus Art. 11 Abs. 1 GRCh durch die Bestimmungen des NetzDG | 72 | ||
d) Rechtfertigung der Regelungen des NetzDG | 74 | ||
aa) Schrankenbestimmungen des Art. 11 Abs. 1 GRCh | 74 | ||
bb) Gesetzesvorbehalt | 76 | ||
cc) Verfolgung eines legitimen Zwecks durch die Vorschriften des NetzDG | 76 | ||
dd) Eignung des NetzDG zur Zweckerreichung | 78 | ||
ee) Alternativen zu den Regelungen des NetzDG | 80 | ||
(1) Verbesserung der Strafverfolgung und des einstweiligen Rechtsschutzes | 80 | ||
(2) Langfristige Investition in Journalismus und Bildung | 85 | ||
(3) Technische Hilfsmittel | 86 | ||
(4) Erweiterung der Regulierten Selbstregulierung | 88 | ||
(5) Zwischenergebnis | 91 | ||
ff) Angemessenheit der Regelungen des NetzDG | 91 | ||
(1) Lösch- und Sperrpflichten | 92 | ||
(2) Bußgeldandrohung | 95 | ||
(3) Verfahrensvorgaben | 99 | ||
(a) Content-Management | 99 | ||
(b) Anforderungen an die Beschwerde | 101 | ||
(c) Möglichkeit zur Stellungnahme | 102 | ||
(4) Erkenntnisse aus der Gesetzgebung Frankreichs | 104 | ||
(a) Vergleich mit der französischen Gesetzgebung | 104 | ||
(b) Die Rechtsprechung des Conseil Constitutionnel | 106 | ||
(c) Bedeutung der französischen Gesetzgebung für das NetzDG | 107 | ||
(5) Das Gegenvorstellungsverfahren als Korrektiv | 108 | ||
(6) Schlussfolgerung | 109 | ||
e) Ergebnis | 111 | ||
6. Beeinträchtigung der Virtuellen Versammlungsfreiheit durch den Anreiz zum Overblocking | 111 | ||
a) Schutzbereich der Versammlungsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GRCh | 113 | ||
b) Erfasst der Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GRCh virtuelle Versammlungen? | 114 | ||
II. Chilling Effects | 117 | ||
1. Begriff der Chilling Effects und dogmatische Einordnung | 118 | ||
2. Ursachen für Chilling Effects im NetzDG | 119 | ||
3. Beeinträchtigung des Art. 11 Abs. 1 GRCh durch Chilling Effects | 121 | ||
a) Eingriff in Art. 11 Art. 1 GRCh durch Chilling Effects | 121 | ||
b) Verhältnismäßigkeit des Eingriffs durch die Chilling Effects | 124 | ||
4. Ergebnis | 126 | ||
III. Verkürzung der Nutzerrechte durch die Privatisierung der Rechtsdurchsetzung | 126 | ||
1. Einordnung des Begriffs | 127 | ||
2. Private Rechtsdurchsetzung im NetzDG | 127 | ||
3. Beeinträchtigung von Grundrechtspositionen der Nutzer | 129 | ||
4. Ergebnis | 130 | ||
IV. Speicherung zu Beweiszwecken und Dokumentationspflicht | 131 | ||
1. Schutz personenbezogener Daten | 131 | ||
a) Gewährleistungsgehalt des Art. 8 GRCh | 131 | ||
b) Eingriff in Art. 8 GRCh durch die Speicherung zu Beweiszwecken sowie die Dokumentationspflicht | 132 | ||
c) Verhältnismäßigkeit | 133 | ||
2. Ergebnis | 136 | ||
V. Meldung an das BKA | 137 | ||
1. Beeinträchtigung des Schutzes personenbezogener Daten aus Art. 8 GRCh | 138 | ||
a) Eingriff in Art. 8 GRCh durch die Meldung an das BKA | 138 | ||
b) Verhältnismäßigkeit der Meldepflicht | 139 | ||
2. Ergebnis | 142 | ||
VI. Auskunft über Bestandsdaten | 142 | ||
1. Vereinbarkeit des § 21 Abs. 2 TTDSG mit der DS-GVO | 142 | ||
a) Regelungsbefugnis der Mitgliedstaaten aus Art. 6 Abs. 4 DSGVO? | 142 | ||
aa) Zweckänderungsbefugnis nach Art. 6 Abs. 4 DS-GVO | 143 | ||
(1) Fehlende Regelungskompetenz | 143 | ||
(2) Art. 6 Abs. 4 DS-GVO als eigenständige Öffnungsklausel | 144 | ||
bb) Diskussion | 145 | ||
b) Genügt § 21 Abs. 2–4 TTDSG dem Art. 6 Abs. 4 DS-GVO? | 148 | ||
2. Ergebnis | 148 | ||
VII. Zwischenfazit zur Beeinträchtigung der Nutzerrechte | 148 | ||
B. Beeinträchtigung der Rechte der Anbieter sozialer Netzwerke | 149 | ||
I. Beschränkung der Tätigkeiten sozialer Netzwerke durch die Compliance-Pflichten des NetzDG | 149 | ||
1. Vereinbarkeit der Beschränkungen mit der Medienfreiheit aus Art. 11 Abs. 2 GRCh | 149 | ||
a) Soziale Netzwerke im Gewährleistungsbereich der Medienfreiheit | 150 | ||
aa) Gewährleistungsgehalt des Art. 11 Abs. 2 GRCh | 150 | ||
bb) Einordnung sozialer Netzwerke | 151 | ||
b) Eingriff in die Medienfreiheit durch das NetzDG | 152 | ||
c) Verhältnismäßigkeit | 153 | ||
aa) Anwendbarkeit der Schrankenbestimmungen des Art. 10 Abs. 2 EMRK | 153 | ||
bb) Verhältnismäßigkeit des Eingriffs in die Medienfreiheit | 155 | ||
2. Vereinbarkeit der Beschränkungen mit der unternehmerischen Freiheit aus Art. 16 GRCh | 157 | ||
a) Gewährleistungsgehalt des Art. 16 GRCh | 157 | ||
b) Eingriff in die unternehmerische Freiheit durch das NetzDG | 158 | ||
c) Verhältnismäßigkeit der Beschränkungen durch das NetzDG | 159 | ||
3. Vereinbarkeit der Beschränkungen mit der Dienstleistungsfreiheit, Art. 65 AEUV | 162 | ||
a) Gewährleistungsgehalt der Dienstleistungsfreiheit | 162 | ||
b) Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit durch das NetzDG | 164 | ||
c) Verhältnismäßigkeit der Beschränkung | 164 | ||
II. Ungleichbehandlung der Anbieter sozialer Netzwerke | 166 | ||
1. Schutzbereich des Art. 20 GRCh | 166 | ||
2. Ungleichbehandlung der Diensteanbieter | 167 | ||
3. Rechtfertigung dieser Ungleichbehandlung | 168 | ||
III. Unklarheit der Bußgeldandrohung | 170 | ||
1. Der Bestimmtheitsgrundsatz aus Art. 49 Abs. 1 GRCh | 170 | ||
2. Verstoß gegen den Bestimmtheitsgrundsatz durch das NetzDG | 171 | ||
IV. Befugnisse des Bundesamts für Justiz | 174 | ||
1. Der Grundsatz der Staatsferne der Medien aus Art 11 Abs. 2 GRCh | 175 | ||
2. Verstoß gegen den Grundsatz der Staatsferne durch das NetzDG | 176 | ||
a) Befugnisse des Bundesamts für Justiz in § 3 Abs. 6–9 NetzDG | 176 | ||
b) Prüfkompetenz des Bundesamts für Justiz | 178 | ||
3. Ergebnis | 179 | ||
V. Anwendungsbereich des NetzDG | 180 | ||
1. Das Herkunftslandprinzip der E-Commerce-Richtlinie | 180 | ||
a) Art. 3 Abs. 2 ECRL | 180 | ||
b) Vereinbarkeit des NetzDG mit dem Herkunftslandprinzip, Art. 3 Abs. 2 ECRL | 183 | ||
aa) Soziale Netzwerke als Dienste der Informationsgesellschaft | 183 | ||
bb) Koordinierter Bereich | 184 | ||
cc) Ausnahmen vom Herkunftslandprinzip | 185 | ||
(1) Art. 3 Abs. 3 ECRL, generelle Ausnahmen | 185 | ||
(2) Art. 3 Abs. 4 ECRL, das NetzDG als einzelfallbezogene Ausnahme | 186 | ||
(a) Art. 3 Abs. 4 lit. a Ziffer i ECRL, Schutzziele | 186 | ||
(b) Art. 3 Abs. 4 lit. a Ziffer ii ECRL, betrifft das NetzDG einen bestimmten Dienst der Informationsgesellschaft? | 187 | ||
(aa) Auslegung des Art. 3 Abs. 4 lit. b Ziffer ii ECRL | 187 | ||
(bb) Erkenntnisse aus der österreichischen Gesetzgebung | 190 | ||
(cc) Rechtsprechung des EuGH | 190 | ||
(dd) Zwischenergebnis | 191 | ||
(c) Art. 3 Abs. 4 lit. a Ziffer iii ECRL, Verhältnismäßigkeit der Maßnahme | 192 | ||
(d) Art. 3 Abs. 4 lit. b ECRL, Konsultation | 194 | ||
(3) Art. 3 Abs. 5 ECRL, das NetzDG als dringlicher Fall | 195 | ||
dd) Unionsrechtskonforme Auslegung des NetzDG | 197 | ||
ee) Auslegung des NetzDG als Instrument der Selbstregulierung | 199 | ||
c) Ergebnis | 200 | ||
2. Das Herkunftslandprinzip nach der AVMD-RL | 201 | ||
VI. Einhaltung des Notifizierungsverfahrens | 202 | ||
VII. Verantwortlichkeit der sozialen Netzwerke | 206 | ||
1. Art. 14 ECRL | 207 | ||
a) Vereinbarkeit der Fristvorgaben des NetzDG mit Art. 14 Abs. 1 lit. b ECRL | 207 | ||
aa) Der Begriff der Unverzüglichkeit im allgemeinen Sprachgebrauch | 208 | ||
bb) Systematische Erwägungen | 209 | ||
cc) Auslegung nach Sinn und Zweck der Vorschrift | 210 | ||
dd) Einheitliche Auslegung des Unionsrechts | 212 | ||
ee) Umsetzung der Richtlinie in anderen Mitgliedstaaten | 213 | ||
ff) Zwischenergebnis | 214 | ||
b) Zeitpunkt des Tätigwerdens | 215 | ||
aa) Aufforderung zum Handeln vor Kenntnis im NetzDG | 215 | ||
(1) Pflicht zur Kenntnisverschaffung | 215 | ||
(2) Pflicht zur unverzüglichen Kenntnisnahme aus § 3 Abs. 2 Nr. 1 NetzDG | 216 | ||
(3) Einrichtung des Gegenvorstellungsverfahrens | 217 | ||
bb) Fristbeginn bei Eingang der Beschwerde | 217 | ||
c) Erfordernis der erfolgreichen Sperrung oder Löschung | 219 | ||
2. Vereinbarkeit mit Art. 15 Abs. 2 ECRL | 219 | ||
3. Ergebnis | 220 | ||
C. Ergebnis | 220 | ||
Kapitel 4: Ausblick und Fazit | 222 | ||
A. Erster Ausblick: Das NetzDG – eine Erfolgsgeschichte? | 222 | ||
B. Zweiter Ausblick: Der Digital Services Act | 224 | ||
C. Fazit | 226 | ||
Literaturverzeichnis | 228 | ||
Sachverzeichnis | 247 |