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Himmelseher, S. (2023). Grundrechtssubjektivität im staatlichen Binnenverhältnis. Duncker & Humblot. https://doi.org/10.3790/978-3-428-58924-1
Himmelseher, Sebastian. Grundrechtssubjektivität im staatlichen Binnenverhältnis. Duncker & Humblot, 2023. Book. https://doi.org/10.3790/978-3-428-58924-1
Himmelseher, S (2023): Grundrechtssubjektivität im staatlichen Binnenverhältnis, Duncker & Humblot, [online] https://doi.org/10.3790/978-3-428-58924-1

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Grundrechtssubjektivität im staatlichen Binnenverhältnis

Himmelseher, Sebastian

Schriften zum Öffentlichen Recht, Vol. 1512

(2023)

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About The Author

Sebastian Himmelseher studierte Rechtswissenschaften an der Universität Münster und der Temple University in Philadelphia, USA. Im Jahr 2018 schloss er die erste juristische Staatsprüfung am Oberlandesgericht Hamm ab. Anschließend war er promotionsbegleitend als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Düsseldorfer Büro einer internationalen Wirtschaftskanzlei tätig. In den Jahren 2021 bis 2023 absolvierte er das Rechtsreferendariat im Bezirk des Oberlandesgerichts Düsseldorf mit Stationen u.a. beim Landeswirtschaftsministerium Nordrhein-Westfalen und zwei internationalen Wirtschaftskanzleien. Im Mai 2023 schloss Sebastian Himmelseher die zweite juristische Staatsprüfung in Düsseldorf ab.

Abstract

Das deutsche Grundgesetz billigt über die Schaltnorm des Art. 19 Abs. 3 GG auch juristischen Personen seinen Grundrechtsschutz zu. Legt man die tradierte Lesart des Bundesverfassungsgerichts zugrunde, ist eine bestimmte Gruppe der Personengesamtheiten gleichwohl prinzipiell vom Grundrechtsschutz ausgeschlossen: die juristische Person in staatlicher Trägerschaft. Eisern verteidigt Karlsruhe diese These zumindest im Ergebnis gegen all jene Widerstände, die in wiederkehrenden Abständen anhand aktueller Einzelfallentscheidungen auf die Inkonsistenzen des verfassungsgerichtlichen Begründungsweges hinweisen. Die vorliegende Untersuchung beleuchtet die einzelnen Begründungsstränge des Bundesverfassungsgerichts und legt die Widersprüche insbesondere zwischen theoretischem Fundament und tatsächlichem Ergebnis offen. Sie plädiert für eine Neuausrichtung der Auslegung des Art. 19 Abs. 3 GG am Maßstab einer europarechtlich anschlussfähigen und inhaltlich geschärften grundrechtstypischen Gefährdungslage.»Subjectivity to Fundamental Rights within the State Body«: The discourse on fundamental rights of state-supported legal entities gathers momentum again in the light of German nuclear- and coal-based energy exit plans. The thesis takes this as an opportunity to critically assess the Federal Constitutional Court's case law. It argues for a reorientation of the interpretation of Article 19 (3) of the German Constitution on the basis of the typical risk situation of state-supported entities, which ensures connectivity in the European multi-level system.

Table of Contents

Section Title Page Action Price
Vorwort 5
Inhaltsverzeichnis 7
Einleitung 13
I. Gegenstand der Untersuchung: Grundrechtssubjektivität staatlich getragener juristischer Personen unter Art. 19 Abs. 3 GG 16
1. Grundrechtssubjektivität 17
2. Kreis der in Bezug genommenen juristischen Personen 19
II. Gang der Untersuchung und Erkenntnisziel 20
A. Status quo der Grundrechtsberechtigung staatlich getragener juristischer Personen unter Art. 19 Abs. 3 GG: Auf festgefahrenen Bahnen 23
I. Kontextualisierung des Art. 19 Abs. 3 GG 23
1. Wortlaut als Ausgangspunkt, nicht als Antwort 24
2. Entstehung des Art. 19 Abs. 3 GG: Verzerrter Blick auf den Schwerpunkt 25
3. Ideen- und verfassungsgeschichtlicher Hintergrund 28
II. Ausformung des Art. 19 Abs. 3 GG in der Rechtspraxis 32
1. Grundsatz: Kategoriales Denken über den Wortlaut hinaus – keine Grundrechtsfähigkeit 32
2. „Ausnahmetrias plus“: Religionsgemeinschaften, Universitäten, Rundfunkanstalten – und Justizgrundrechte 35
3. Theoretisches Grundgerüst der Rechtsprechung und Stand der Diskussion 38
a) Ideengeschichte der Grundrechte und Durchgriffsthese 39
b) Konfusionsargument 44
c) Kompetenzkonflikte und Lähmung staatlicher Aufgabenorganisation 49
d) Mehrdimensionalität der Grundrechte ohne Bedeutung 52
e) Systematischer Umkehrschluss aus § 91 BVerfGG 54
f) Selbstverwaltungsrecht als rein organisatorische Größe 55
g) Elemente formaler und funktionaler Argumentation 57
aa) Anker der öffentlich-rechtlichen Organisationsform 57
bb) Feinsteuerung durch Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben und Interessenvertretung der Mitglieder 59
cc) Erweiterung der Judikatur: Punktuell oder tendenziell? 64
4. Gegenentwurf des Schrifttums: Grundrechtstypische Gefährdungslage 65
a) Grundkonzept 66
b) Kritik 67
c) Adaption durch das Bundesverfassungsgericht 69
5. Gefolgschaft und Opposition in der sonstigen Rechtsprechung 72
III. Zwischenergebnis 74
B. Zwischen Flexibilität und Inkonsistenz: Althergebrachte Argumentationsmuster auf dem Prüfstand 77
I. Wenn die Ausnahme zur Regel wird: Einheitliche Dogmatik? 78
1. Innungs-Rechtsprechung 78
2. Zweierlei Maß im Verständnis von „inländisch“ und der wesensmäßigen Anwendbarkeit im Sinne des Art. 19 Abs. 3 GG 86
3. Verfahrensgrundrechte und Gleichheitssatz als zwei Seiten derselben Medaille 90
4. „Grundrechtlich geschützter Lebensbereich“ – Quo vadis? 97
5. Exzessive Ausweitung der Grundrechtsbindung auf Private 102
a) Einzelentscheidungen ohne systemsprengendes Potential 103
b) Jüngere Entwicklung auf dem Weg zum Paradigmenwechsel – „Mittelbare“ Drittwirkung? 104
aa) „Öffentliches Forum“ als Türöffner staatsgleicher Grundrechtsbindung Privater 105
bb) „Stadionverbots-Entscheidung“: Neujustierung des Verhältnisses von Gleichheit und Freiheit 110
cc) Erneuertes Verständnis der Staat-Bürger-Beziehung als Belastungsprobe der Rechtsprechung zur Grundrechtsfähigkeit juristischer Personen 119
6. Relativierung des Menschenwürdegehalts bei einzelnen Grundrechten 123
7. Verständnis von Art. 9 GG und Art. 19 Abs. 3 GG im Vergleich 127
II. Neuere Praxisfälle als Herausforderung der hergebrachten Grundsätze 134
1. Differenzierte Erscheinungsformen staatlicher Beteiligung am Wirtschaftsleben 135
a) Gemischt-wirtschaftliche Unternehmen 135
aa) Begriff, Charakteristika und Bestandsaufnahme aus der Praxis 135
bb) Entscheidungsfindung in der Rechtsprechung 138
cc) Mangelnde Ergiebigkeit hergebrachter Grundsätze und Fragilität des beherrschenden Einflusses 143
b) Marktwirtschaftliche Tätigkeit und kollektive Interessenvertretung 147
aa) Rein erwerbswirtschaftliche Tätigkeit: Wiedererstarktes Konfusionsargument 148
bb) Kollektive Interessenvertretung: Brüchige Schablone 150
(1) Vorinstanzlicher Tiefgang als Ausdruck einer komplexen ­Entscheidungsfindung 151
(2) Die nüchterne Antwort des Bundesverwaltungsgerichts: „Tradition verpflichtet!“ 156
2. Grundrechtsfähigkeit ausländischer Staatsunternehmen 158
a) Sachverhalt und Argumentation des Bundesverfassungsgerichts 158
b) Klassische Ansätze an der Belastungsgrenze 161
c) Ungewöhnlicher Schritt auf europarechtliches Terrain 164
aa) Mangelnde Grundrechtsfähigkeit als Beeinträchtigung der Niederlassungsfreiheit? 165
bb) Verknappte Rechtfertigungsprüfung und ihre Rückwirkung auf die Durchgriffsthese 168
cc) Überbetonung des Ausnahmecharakters als Kompensation der fehlenden Vorlage 170
dd) Folgeproblem: Qualifizierte „Inländerdiskriminierung“ 171
d) Menschenrechtlicher Bezug als Fingerzeig 174
III. Zwischenergebnis 176
C. Grundrechtsschutz im Mehrebenensystem als Perspektivenwechsel 178
I. Relevante methodische Besonderheiten im Mehrebenensystem 178
1. Autonomie und Vorrang des Europarechts 179
2. Besonderheiten des EMRK-Rechtsschutzsystems und der Interpretationsmethode des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte 184
II. Europarechtlicher Grundrechtsschutz: Grundfreiheiten 188
1. Dynamisches Einrücken in das grundrechtliche Mehrebenensystem 188
2. Materielle Regelung der Grundfreiheitssubjektivität: Großzügige Einbeziehung als Spiegel der Zweckorientierung 191
3. Implikationen für den Diskurs im deutschen Recht 194
a) Gedankliche Anleihen im Wege des wertenden Vergleichs 194
b) Unmittelbare Verknüpfung mit Art. 19 Abs. 3 GG und ihre Auswirkungen 198
III. Europarechtlicher Grundrechtsschutz: Europäische Grundrechte 202
1. Richtsätze bezüglich juristischer Personen zwischen spärlicher normativer Verankerung und lakonischer Rechtsprechung 202
2. Strategische Linien zum Grundrechtsschutz staatsgetragener Organisationseinheiten 205
a) Auffächerung der Problemstellung anhand der Hoheitskonzeption im Unionsrecht 205
b) Europäische Rechtsprechung zwischen Vorsicht und Dynamik 208
c) Replik der Wissenschaft: Parallelisierungsreflex und bekannte Lagerbildung 213
3. Implikationen für den Diskurs im deutschen Recht 219
a) Bundesverfassungsgerichtlicher Paradigmenwechsel als Aufwertung des europäischen Grundrechtsschutzes 219
aa) Åkerberg Fransson oder: Der Zwist im Kooperationsverhältnis 220
bb) Paradigmenwechsel des Bundesverfassungsgerichts im Beschlusspaar „Recht auf Vergessen“ 222
b) Materielle Implikationen 226
IV. Parenthese: Anschluss des europäischen Grundrechtsschutzes an die menschenrechtliche Ebene 232
V. Internationaler Grundrechtsschutz: Europäische Menschenrechtskonvention 238
1. Die juristische Person als Menschenrechtssubjekt – Pragmatischer Konventionsansatz fernab ideologischer Grabenkämpfe 238
a) Sonderrolle der Europäischen Menschenrechtskonvention 238
b) Die juristische Person in der EGMR-Rechtsprechung: Kasuistik zwischen dogmatischen Polen 240
2. Staatlich getragene Organisationseinheiten als auffallend weit entwickelter Problemkreis des Konventionsrechts 245
a) Präferenz des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte für eine Gesamtabwägung in Zweifelsfällen 246
b) Der Sonderfall kommunaler Gebietskörperschaften 251
c) Autonomer EGMR-Ansatz im Lichte von Durchgriffsthese und grundrechtstypischer Gefährdungslage 252
3. Implikationen für den Diskurs im deutschen Recht 254
a) Europäische Menschenrechtskonvention und Europäische Grundrechtecharta 254
aa) Orientierung der europäischen Gerichtsbarkeit an den Grundsätzen der Konvention und der EGMR-Judikatur 254
bb) Rekurs: Grundrechtecharta und Grundgesetz 258
b) Europäische Menschenrechtskonvention und Grundgesetz 259
VI. Zwischenergebnis 266
D. Synthese 270
I. Der Wert der Konvergenz im grundrechtlichen Mehrebenensystem 270
II. Gedanken zur Grundrechtstheorie 276
1. Durchgriffskonstrukt als Ausdruck einer modifizierten liberalen Grundrechtstheorie 276
2. Zum Mehrwert der Grundrechtstheorie für die konkrete Auslegung 280
3. Kernprämisse der liberalen Grundrechtstheorie unter dem Druck einer veränderten Auffassung der Beziehung von Staat und Gesellschaft 283
a) Dichotomie zwischen Staat und Gesellschaft als überholte Realitätsbeschreibung 284
b) Dualismus von Staat und Gesellschaft als tragfähiges funktionelles Differenzierungskriterium für die Auslegung des Art. 19 Abs. 3 GG? 286
aa) Public Private Partnerships: Vielfältige Kooperation von Staat und Privaten 287
bb) Karlsruhe und der Rubikon: Staatsgleiche Grundrechtsbindung Privater als Einbruch in die funktionelle Trennung 293
cc) Theoretische Neuausrichtung durch Öffnung gegenüber dem grundrechtlichen Mehrebenensystem 296
4. Zwischenergebnis 300
III. Neuausrichtung der Auslegung des Art. 19 Abs. 3 GG 303
1. Grundaussagen einer veränderten Auslegung des Art. 19 Abs. 3 GG 304
a) Grundrechtsberechtigung staatlicher Einheiten als Ausnahme 304
b) Wirkrichtung und Grenzen eines potentiellen Grundrechtsschutzes 307
c) Grundrechtsberechtigung nur im eigenen Kompetenzrahmen 313
d) Fortbestehendes Band demokratischer Legitimation 314
e) Theoretische Grundgedanken: Die staatlich getragene juristische Person und das „Wesen“ der Grundrechte 316
2. Die „grundrechtstypische Gefährdungslage“ als Ausweg aus der Karlsruher Ausnahmenkaskade 323
a) Rückblick auf den Kerngedanken 324
b) Konturenschärfung der Begriffsmerkmale 325
aa) Distanzstellung zum eingreifenden Hoheitsträger 325
(1) Kein unmittelbares organisationsrechtliches Abhängigkeitsverhältnis 328
(a) Grundsatz: Keine Distanz bei staatsoriginären Organisationsentscheidungen 328
(b) Ausnahme: Institutionelles Distanzverhältnis 332
(2) Selbstverwaltungsrecht 336
(3) Zugehörigkeit zu separierten Ebenen im Sinne der horizontalen und föderativen Gewaltenteilung 338
(4) Privatrechtsform 340
bb) Wertungsmäßige Vergleichbarkeit der Interessenlage 343
(1) Das Wertungsmoment der Waffengleichheit 343
(2) Konkretisierung im Modus der Gesamtbetrachtung 345
cc) Verhältnis der Bestimmungsmerkmale zueinander 348
3. Effekte auf die Problemlösung 349
a) Differenzierungsgewinn in komplexer Ausgangslage 349
b) Verminderte Entscheidungserheblichkeit der Kategorien „Staat“ und „Gesellschaft“ 351
c) Rezeptionsoffenheit 354
IV. Fallgruppenbildung 356
1. Strafprozessuale Zwangsmaßnahmen 357
2. Verfahrensgrundrechte im gerichtlichen Forum 360
3. Hoheitlicher Zugriff auf das Eigentum 363
4. Stellung im Wettbewerb 368
5. Negativbeispiel: Interessenvertretung gegenüber dem Gesetzgeber 375
V. Zwischenergebnis 378
Schlussbetrachtung 381
Zusammenfassung in Thesen 386
Literaturverzeichnis 391
Stichwortverzeichnis 424