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Sänger, S. (2023). Die neuen §§ 113, 114, 115 StGB. Eine Untersuchung dogmatischer Probleme und kriminalpolitischer Rationalitäten in Bezug auf die Novellierung des Widerstandsstrafrechts. Duncker & Humblot. https://doi.org/10.3790/978-3-428-58946-3
Sänger, Sarah. Die neuen §§ 113, 114, 115 StGB: Eine Untersuchung dogmatischer Probleme und kriminalpolitischer Rationalitäten in Bezug auf die Novellierung des Widerstandsstrafrechts. Duncker & Humblot, 2023. Book. https://doi.org/10.3790/978-3-428-58946-3
Sänger, S (2023): Die neuen §§ 113, 114, 115 StGB: Eine Untersuchung dogmatischer Probleme und kriminalpolitischer Rationalitäten in Bezug auf die Novellierung des Widerstandsstrafrechts, Duncker & Humblot, [online] https://doi.org/10.3790/978-3-428-58946-3

Format

Die neuen §§ 113, 114, 115 StGB

Eine Untersuchung dogmatischer Probleme und kriminalpolitischer Rationalitäten in Bezug auf die Novellierung des Widerstandsstrafrechts

Sänger, Sarah

Schriften zum Strafrecht, Vol. 415

(2023)

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About The Author

Sarah Alissa Sänger schloss 2019 ihr Studium der Rechtswissenschaften mit dem Schwerpunkt Kriminologie an der Goethe-Universität in Frankfurt am Main ab. Von 2019 bis 2022 arbeitete sie in renommierten US-amerikanischen und britischen Wirtschaftskanzleien als juristische Mitarbeiterin unter anderem im Bereich Wirtschaftsstrafrecht/White Collar. Ihre Dissertation fertigte sie beginnend Anfang 2020 unter Betreuung von Prof. Dr. Jens Puschke LL.M. (King's College) an der Philipps-Universität in Marburg. Seit dem Jahr 2022 absolviert sie ihr Rechtsreferendariat am Landgericht Frankfurt am Main. Sarah Alissa Sänger wurde 2023 zum Dr. iur. promoviert.

Abstract

In dieser Arbeit wird das 52. StrÄG aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet. Zunächst wird die juristisch-dogmatische Qualität untersucht, wobei deutliche Defizite zu Tage treten. Die Novellierung wirft insbesondere Fragen im Hinblick auf das Schutzgut, die Konkurrenzen, die Regelbeispiele und die Erforderlichkeit einer Neudefinition des Tatbestandsmerkmals »tätlicher Angriff« auf. Sie scheint nicht in erster Linie an klassischen Rationalitätsaspekten wie dem besseren Rechtsgüterschutz, der Schließung von Strafbarkeitslücken oder der Lösung anderer juristischer Probleme ausgerichtet zu sein.

Aus diesem Grund liegt der zweite Schwerpunkt in der Erörterung der Fragen, welche Ziele neben dem offiziell verfolgten Motiv, der Verbesserung des strafrechtlichen Schutzes vor einer vermeintlich steigenden Anzahl an Angriffen auf Vollstreckungsbeamt:innen, verfolgt worden sein könnten, ob diese tatsächlich gefördert worden sind und wie diese unter Rationalitätsgesichtspunkten zu bewerten sind.

»The New Sections 113, 114, 115 German Criminal Code. A Study on Dogmatic Problems and Rationalities of Criminal Politics in Relation to the Amendment of the Resistance Criminal Law«: The main motive pursued by the 52nd Criminal Law Amendment Act is to improve the criminal law protection of law enforcement officers against an alleged rise of violent crimes targeting them. From a legal-dogmatic perspective, the author evaluates whether the amendment adequately fulfills this objective. Furthermore, the study examines the (criminal-)political context of the legislative act and discusses potential other rationalities.

Table of Contents

Section Title Page Action Price
Vorwort 7
Inhaltsverzeichnis 9
A. Einleitung 15
I. Einführung und Problemskizzierung 15
II. Ausrichtung und Gang der Untersuchung 18
B. Zustand vor und seit der Novellierung im Überblick 21
I. Ausgewählte Problempunkte des Widerstands gegen die Staatsgewalt im historischen Rückblick 21
1. Rechtslage vor dem Bestehen eines eigenständigen Tatbestands 21
2. Rechtslage seit dem Bestehen eines eigenständigen Tatbestands 24
a) Zeitraum bis zum Reichsstrafgesetzbuch 24
aa) Geschützte Personengruppen 25
bb) Rechtliche Qualität der Amtshandlung 28
cc) Geschütztes Rechtsgut 31
dd) Tathandlung 32
ee) Konkurrenzen 34
b) Zeitraum seit dem Reichsstrafgesetzbuch bis in das Jahr 2011 35
c) Zwischenfazit 39
II. Gesetzgebungsverfahren zum 52. Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuches und durch die Vorgängerfassung geschaffene Ausgangssituation 41
1. Gesellschaftlicher Kontext der Novellierung 42
a) Neuere gesellschaftliche Entwicklungen mit Auswirkungen auf die Polizeiarbeit und das Polizei-Individuum-Verhältnis 43
b) Entwicklung der Kriminalitätsfurcht im Zeitraum um die Novellierung 49
c) Kein zuverlässig nachgewiesener Gewaltanstieg gegenüber der Polizei in der Zeit vor der Novellierung 51
2. Gesetzestext der §§ 113ff. StGB seit der Novellierung 54
3. Zustandekommen und Gesetzgebungsverfahren 55
a) Ausgangspunkt: Die Vorgängerfassung aus dem Jahr 2011 55
b) Aktuelle Fassung aus dem Jahr 2017 57
c) Standpunkte der Parteien 59
d) Bedeutung der Gewerkschaften der Polizei im Gesetzgebungsprozess 60
4. Wesentliche Kritikpunkte an der Vorgängerfassung und Zusammenhang zu den Kritikpunkten an der aktuellen Fassung 62
a) Erhöhung des Strafrahmens 62
aa) Geeignetheit und Angemessenheit 62
bb) Auswirkungen auf das dogmatische Verhältnis und die Konkurrenzen zur Nötigung nach § 240 StGB a.F. 63
b) Erweiterung des Schutzbereichs 65
c) Erweiterung der Regelbeispiele 66
III. Zwischenfazit 68
C. Dogmatische Probleme der aktuellen Gesetzeslage 70
I. Schutzgüter der §§ 113ff. StGB 70
1. Schutzgut des § 113 StGB 71
a) In Betracht kommende Schutzgüter und Gewichtung 73
b) Erstarken des Kollektivrechtsgüterschutzes bei deutlicher Reduktion des Individualrechtsgüterschutzes 77
aa) Gesetzesbegründung 77
bb) Zwingende (Mit-)Betroffenheit von Individualrechtsgütern 78
cc) Regelbeispiele 79
dd) Systematik 79
ee) Wortlaut: Festhalten an der Vollstreckungshandlung 79
ff) Zielrichtung des Widerstandleistens 80
gg) Irrtumsregelungen 81
hh) Zwischenergebnis 81
2. Schutzgut des § 114 StGB 81
a) Keine Verfolgung eines doppelten Schutzzwecks 82
aa) Gesetzesbegründung 84
bb) Systematik 86
cc) Irrtumsregelungen 86
dd) Hohe Strafandrohung 87
ee) Zwischenergebnis 88
b) Konkrete Ausgestaltung des Individualrechtsgüterschutzes 88
c) Zwischenergebnis 94
3. Schutzgut des § 115 Abs. 3 StGB 95
a) Keine Verfolgung eines überindividuellen Schutzzwecks 95
b) Konkrete Ausgestaltung des Individualrechtsgüterschutzes 96
c) Zwischenergebnis 99
4. Zwischenfazit 99
II. Erforderlichkeit einer (Neu-)Definition des tätlichen Angriffs 100
1. Allgemeines und bisherige (herrschende) Definition des tätlichen Angriffs 101
2. Abgrenzung zu ähnlichen Tathandlungen und Delikten 102
a) Abgrenzung zur Gewalt 102
b) Abgrenzung zur Gewalttätigkeit 106
c) Abgrenzung zur Körperverletzung 106
3. Auslegungsmöglichkeiten des Merkmals „tätlicher Angriff“ 107
a) Meinungen in der Literatur 108
b) Darstellung anhand von Fallgruppen 110
aa) Schreckschüsse 111
bb) Drohend erhobene Hand 111
cc) Ausholen zum Schlag 112
dd) Anrempeln, Schubsen und leichte Schläge 112
ee) Ein- und Aussperren 113
ff) Kontakt mit Körperflüssigkeiten 113
c) Auslegung und Argumentation 114
aa) Wortlaut 114
bb) Systematik 117
cc) Historie und Telos 118
4. Schlussfolgerung 120
III. Konsequenzen der Novellierung für das Konkurrenzverhältnis 121
1. Verhältnis § 113 StGB zu § 114 StGB 122
a) Spezialität 123
b) Konsumtion 126
c) Subsidiarität 127
d) Tateinheit 128
2. Verhältnis §§ 115 Abs. 3 S. 1, 113 StGB zu §§ 115 Abs. 3 S. 2, 114 StGB 128
3. Verhältnis §§ 113, 114 StGB zu § 115 Abs. 3 StGB 129
4. Verhältnis §§ 113 ff. StGB zu § 240 StGB 131
a) Endgültige Entfernung vom Privilegierungsgedanken 131
b) Konkurrenzen 132
aa) Verhältnis § 113 StGB zu § 240 StGB 132
bb) Auswirkungen auf die Thematik der Sperrwirkung 135
cc) Verhältnis § 114 StGB zu § 240 StGB 136
dd) Verhältnis § 115 StGB zu § 240 StGB 137
(1) § 115 Abs. 3 S. 1 StGB zu § 240 StGB 138
(2) § 115 Abs. 3 S. 2 StGB zu § 240 StGB 139
5. Verhältnis §§ 113ff. StGB zu §§ 223 ff. StGB 140
a) Verhältnis §§ 113, 114 StGB zu § 223 StGB 140
b) Verhältnis §§ 113, 114 StGB zu §§ 223, 22, 23 Abs. 1 StGB 140
aa) Verhältnis § 113 StGB zu §§ 223, 22, 23 Abs. 1 StGB 141
bb) Verhältnis § 114 StGB zu §§ 223, 22, 23 Abs. 1 StGB 142
c) Verhältnis §§ 113, 114 StGB zu §§ 224, 226 StGB 143
d) Verhältnis §§ 113, 114 StGB zu §§ 224, 226, 22, 23 Abs. 1 StGB 144
6. Zwischenfazit 144
IV. Veränderungen innerhalb der Regelbeispiele 145
1. § 113 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 StGB: Beisichführen einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs 145
a) Problemstellung 145
b) Hintergrund der Änderung 146
aa) Erhöhte Gefahr 146
bb) Vergleichbarkeit mit dem Diebstahl mit Waffen 148
cc) Unbenannter Grund: Beseitigung von Beweisproblemen 149
c) Kritikpunkt Nr. 1: Wertungswidersprüche im Strafmaß 149
aa) Allgemeiner Vergleich mit anderen Regelbeispielen und mit Qualifikationen 149
bb) Vergleich mit § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB im Besonderen 151
d) Kritikpunkt Nr. 2: Übertragung der Auslegungsprobleme aus § 244 Abs. 1 Nr. 1a StGB und § 250 Abs. 1 Nr. 1a StGB 152
aa) Lösungsansätze 152
bb) Bewertung 152
e) Zwischenfazit 154
2. § 113 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 StGB: Gemeinschaftliche Tatbegehung 155
a) Problemstellung 155
b) Gesetzesbegründung und Kritikpunkt Nr. 1: Vermeintlich erhöhte Gefahr 157
aa) Zur Gefährlichkeit gemeinschaftlicher Angriffe im Allgemeinen 158
bb) Zur Gefährlichkeit gemeinschaftlicher Angriffe im Rahmen der §§ 113, 114 StGB 159
(1) Steigerung der Gefährlichkeit grundsätzlich möglich 159
(2) Keine vergleichbare Steigerung der Gefährlichkeit wie bei Konfliktsituationen zwischen Durchschnittsindividuen 160
c) Kritikpunkt Nr. 2: Wertungswidersprüche im Strafmaß 162
aa) Vergleich mit anderen Delikten 162
bb) Beweisprobleme 163
d) Sonstige Kritikpunkte an dem Regelbeispiel 164
e) Zwischenfazit 164
3. Bewertung des Alternativvorschlags des saarländischen Gesetzesentwurfs 165
a) Quälen oder rohes Misshandeln 165
b) Herbeiführen einer dauerhaften Dienstunfähigkeit 167
V. Bedenken am geschützten Personenkreis im Hinblick auf das allgemeine Gleichbehandlungsgebot 168
1. Bedenken hinsichtlich der aktuellen Gesetzesfassung 169
2. Bedenken an der Alternativlösung des saarländischen Gesetzesentwurfs 171
3. Bedenken an der Alternativlösung des hessischen Gesetzesentwurfs 173
VI. Systematische Defizite 174
1. Strafmaß 175
a) Vergleich mit Tatbeständen außerhalb und innerhalb der Widerstandsdelikte 175
b) Vergleich mit den vorangegangenen Gesetzesentwürfen 177
aa) Hessischer Gesetzesentwurf 177
bb) Saarländischer Gesetzesentwurf 178
2. Rechtmäßigkeitserfordernis 180
3. Systematische Bedenken hinsichtlich des neuen § 115 StGB 182
4. Alternativlösungen aufgrund systematischer Bedenken hinsichtlich § 114 StGB 183
a) Alternative: Verortung des tätlichen Angriffs an einer anderen Stelle des Strafgesetzbuches 184
b) Alternative: Streichung des tätlichen Angriffs 185
5. Auflösung des Bezugs zur Vollstreckungshandlung 186
a) Systematische Folgeprobleme 187
b) Alternativlösungen aus dem hessischen und dem saarländischen Gesetzesentwurf 187
aa) Tatbestandsmerkmal „in Beziehung auf den Dienst“ 188
bb) Tatbestandsmerkmal „in Beziehung auf den Dienst oder während der Dienstausübung“ 190
c) Alternative: Vollstreckungsbezug insgesamt aufheben 191
d) Alternative: Tätlicher Angriff als besonders schwerer Fall des Widerstands im Falle einer Vollstreckungshandlung 192
6. Zwischenfazit 193
D. Bewertung: Zur Rationalität der Gesetzesänderung 195
I. Anforderungen an ein rationales Gesetz und Kriterien „guter Gesetzgebung“ 195
II. Legislative Rationalität symbolischer Gesetze 199
1. Definition symbolischen Strafrechts 200
2. Einordnung des 52. Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches als symbolisches Gesetz 201
a) Ineffektivität bei der Verbesserung des Schutzes von Vollstreckungspersonen und Rettungskräften gegen Gewaltdelikte 201
b) Solidaritätsbekundung statt Auseinandersetzung mit zu Grunde liegenden Problemen 202
aa) Zufriedenheits- und Gesundheitszustand innerhalb der Polizei 205
(1) Vorgehen und Erschwernisse der Datenerfassung 205
(2) Erkenntnisse ausgewählter Studien 206
bb) Personalmangel als zentrale Ursache für Unzufriedenheit 212
(1) Ursache Nr. 1: Erweitertes Aufgabenspektrum 212
(2) Ursache Nr. 2: Unzureichende Nachwuchsgewinnung 213
(3) Ursache Nr. 3: Pensionierungswelle 215
cc) Annahme breiter Ablehnung in der Gesellschaft 216
dd) Irrelevanz des vermeintlichen Gewaltanstiegs für die Unzufriedenheit von Polizist:innen 219
(1) Stärkere Sensibilisierung im Themenkomplex „Gewalt“ 219
(2) Gewandeltes Verhältnis zwischen Individuum, Polizei und Staat 221
(3) Präsenz der Thematik in den Medien 223
(4) Kein maßgeblicher Zusammenhang zwischen Zufriedenheit und Gewaltanwendung 225
c) Zwischenergebnis 226
3. Einordnung des 52. Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches in Bezug auf dessen kriminalpolitische Rationalität 227
a) Zustimmung hervorrufend und vollzugstauglich 227
b) Gesellschaftliches Stabilisierungspotential 229
aa) Stabilisierung durch Punitivität und Opferorientierung 229
bb) Ungeeignetheit zur Beeinflussung der Kriminalitätsfurcht 231
(1) Determinante Nr. 1: Gesellschaftliche Krisensituationen 231
(2) Determinante Nr. 2: Demografische Daten 232
c) Zwischenergebnis 234
III. Gefahren symbolischer Normen im Bereich des Widerstandsstrafrechts 236
1. Verdrängung zu Grunde liegender Probleme 236
2. Verfestigung von Fehlvorstellungen in ohnehin verunsicherter Gesellschaft 237
3. Einseitige Diskursverschiebung zu Gunsten der Polizei 238
4. Einbuße an staatlicher Autorität und Glaubwürdigkeit 240
5. Totalitärer werdende Rechtsordnung 242
6. Gefährdung des Demokratieprinzips 243
IV. Exkurs: Außerstrafrechtliche Alternativen 245
V. Zwischenfazit 248
E. Ergebnis 249
I. Zusammenfassung in Thesen 249
II. Schlussfolgerungen 254
Literaturverzeichnis 256
Stichwortverzeichnis 279