Menu Expand

Cite BOOK

Style

Dolezik, J. (2024). Die prekäre Verbindung von Menschenrechten und Frieden. Zur Ambivalenz des Liberalismus und der Ordnungsmuster des Völkerrechts. Duncker & Humblot. https://doi.org/10.3790/978-3-428-58897-8
Dolezik, Joachim. Die prekäre Verbindung von Menschenrechten und Frieden: Zur Ambivalenz des Liberalismus und der Ordnungsmuster des Völkerrechts. Duncker & Humblot, 2024. Book. https://doi.org/10.3790/978-3-428-58897-8
Dolezik, J (2024): Die prekäre Verbindung von Menschenrechten und Frieden: Zur Ambivalenz des Liberalismus und der Ordnungsmuster des Völkerrechts, Duncker & Humblot, [online] https://doi.org/10.3790/978-3-428-58897-8

Format

Die prekäre Verbindung von Menschenrechten und Frieden

Zur Ambivalenz des Liberalismus und der Ordnungsmuster des Völkerrechts

Dolezik, Joachim

Beiträge zur Politischen Wissenschaft, Vol. 205

(2024)

Additional Information

Book Details

Pricing

Abstract

Liberale Völkerrechtskonzeptionen hatten nach dem Fall des Eisernen Vorhangs Konjunktur. Kantisch inspirierte Erwartungen auf eine liberale internationale Friedensordnung sowie ein erreichtes »Ende der Geschichte« (Fukuyama), i.e. ein ideologischer Sieg der westlichen Werte der Menschenrechte, der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit − ein Ende der ideologischen (Klassen-)Kämpfe − sind jedoch im Zuge des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine bis auf Weiteres begraben worden. Auch wenn es spätestens seit dem Truppenabzug aus Afghanistan sowie im Hinblick auf den machtpolitischen Aufstieg Chinas wenig überzeugt, weiter unbeirrt von einem Siegeszug liberalen Denkens zu sprechen, so impliziert dies indes mitnichten die Schlussfolgerung, dass der Westen seinen Anspruch auf eine liberale Weltordnung aufgegeben hat (»the great battle for freedom: a battle between democracy and autocracy«). Der Forschungsansatz, inwieweit die Menschenrechte in einer ideologiekritischen Perspektive als Voraussetzung des Friedens gelten können, hat weiter an Berechtigung gewonnen. Eine zunehmend anthropozentrisch angereicherte internationale Rechtsordnung, die Eschatologie des Kantischen Friedensbegriffs sowie die Ambivalenz des Liberalismus, dessen Universalismusgedanke schon immer auch eine imperialistische Schlag- und Schattenseite sowie den Keim gewaltsamer Durchsetzung liberaler Ideen inkorporiert hat, sind hinsichtlich des prekären Verhältnisses von Menschenrechten und Frieden zur Disposition zu stellen.»The Precarious Connection of Human Rights and Peace. On the Ambivalence of Liberalism and the Patterns of International Law«: Considering world affairs today and the antiliberal currents within western societies (backlash), not to mention the rise of China or Russia’s ongoing war of aggression against the Ukraine, it certainly seems misguided to propagate a so-called triumph of Western values or an »end of history« as Fukuyama perceived 1992 the victory of human rights, democracy and of law itself in the course of the fall of the iron curtain. Although, this does not imply the conclusion that the West has given up its claim to a liberal world order (»the great battle for freedom: a battle between democracy and autocracy«). Following Carl Schmitt’s dictum »whoever invokes humanity wants to cheat« it thus stands to reason to take a critical look at the postulated universality of liberal values in the context of the highly complex relationship between human rights and peace as well as the ambivalence of liberalism, i.e. its universalist façade with discriminatory and imperialistic practices.

Table of Contents

Section Title Page Action Price
Vorwort 7
Inhaltsverzeichnis 9
Abkürzungsverzeichnis 15
Einführung 19
I. Eine kritische Annäherung an die Menschenrechte 19
II. Die Bedeutung des Themas 22
III. Zur Gliederung der Arbeit 26
1. Teil: Zur Konnexität des Friedens und der Menschenrechte 28
1. Kapitel: Die ideengeschichtliche Entwicklung von Menschenrechten und Friede 29
A. Die Entwicklung der Menschenrechtsidee 29
B. Die ideengeschichtliche Genese des Friedensbegriffs 34
2. Kapitel: Die normative Konnexität des Friedensbegriffs und der Verwirklichung der Menschenrechte 39
A. Der „positive“ Friedensbegriff im Kontext der Einheit und der Universalität der Menschenrechte 42
B. Universalität und kulturelle Partikularität 44
3. Kapitel: Das normative Spannungsverhältnis zwischen Friedenssicherung und Menschenrechtsschutz 48
A. Die Rückführung von Flüchtlingen und die Behandlung von Minderheite 49
B. Das Spannungsverhältnis von Strafverfolgung und Friede 52
I. Die friedensfördernde Wirkung von Amnestie 52
II. Die Errichtung des Internationalen Strafgerichtshofs und der Vorwurf des Neokolonialismus 54
III. Immunitätsschutz für hochrangige Regierungsvertreter bei schweren Menschenrechtsverletzunge 55
C. Menschenrechte und Humanitäres Völkerrecht 57
D. Die Verbindung von Frieden und dem Selbstbestimmungsrecht der Völke 60
E. Demokratischer Frieden und demokratische Sicherheit 62
I. Drei Dimensionen universalistischer Friedenskonzeptione 63
II. Das Verhältnis von Demokratie und Menschenrechte 64
III. Das exklusive Friedensverständnis des demokratischen Friedens 65
4. Kapitel: Die gewaltsame Durchsetzung der Menschenrechte 68
A. Die Konfliktträchtigkeit der Menschenrechte 69
I. Die Demokratisierung des Krieges im Kontext universalistischer Friedenstheoreme 69
II. Die Positivierungs- und die quis iudicabit-Problematik 72
III. Die Frage einer „effektiven“ Durchsetzung der Menschenrechte 74
B. Gerechtigkeitstheoretische Grundpositione 76
C. Universalistische und partikularistische Vorstellungen vom Friede 78
D. Partikularistische und kosmopolitische just war-Theorie 80
E. Militärische humanitäre Interventionen: Illegal but legitimate? 83
I. Begriffsklärung 83
II. Die Frage der Legalität einer militärischen humanitären Intervention i.e.S. 84
1. Humanitäre Intervention mit UN-Sicherheitsratsbeschluss 85
a) UNSR-Resolutionen ohne militärische Gewaltanwendung 85
b) UNSR-Resolutionen mit militärischer Gewaltanwendung 86
2. Humanitäre Intervention ohne UN-Sicherheitsratsbeschluss 87
a) Verstoß gegen das Interventionsverbot 87
b) Verstoß gegen das Gewaltverbot 88
c) Erweiterungsversuche für unilaterale Anwendung von Gewalt 89
d) Illegal but legitimate? 92
e) Der politische Charakter des Völkerrechts 93
F. Positionen in der katholischen und evangelischen Kirche 94
I. „Gerechter Frieden“ in der katholischen Ethiklehre 94
II. „Gerechter Frieden“ in der evangelischen Ethiklehre 97
G. Rechtsphilosophische Positione 100
I. Der partikularistische Ansatz am Beispiel von Michael Walze 100
II. Der kosmopolitische Ansatz am Beispiel von Fernando Tesó 102
III. Die liberale Gerechtigkeitskonzeption John Rawls 103
2. Teil: Die Ambivalenz des Liberalismus: The dark sides of human rights 106
5. Kapitel: Kritische Menschenrechts- und Völkerrechtstheorie 109
A. Die Crits 109
B. Postkoloniale Kritike 114
I. „The Holy Trinity“ 116
II. Makau Mutua und die „savages-victims-saviors metaphor of human rights“ 119
1. Die Verwurzelung der Menschenrechte im kolonialen Erbe 119
2. Die hierarchische Struktur des Menschenrechtsdiskurses 120
3. Menschenrechte als imperialistische Interventionstitel 122
III. Ratna Kapur und die „diskriminierende Universalität“ der Menschenrechte 123
C. Feministische Kritike 125
I. Der gender bias des Völkerrechts 125
II. Der Androzentrismus der Menschenrechte 127
III. „Apocryphal jurisprudence“ 128
IV. Androzentrische Interventionsnarrative 129
1. „The new human rights warriors“ 129
2. Zeitliche und räumliche Narrationsebene 131
3. Fragile Identitätskonstruktione 132
D. Pragmatische Kritike 134
I. David Kennedy und das humanitäre Selbstverständnis 134
II. Die Vermischung des humanitären, politischen und militärischen Diskurses 136
III. Die Ausweitung „gerechter“ Kriegsgründe 138
IV. Die Aushöhlung etablierte kriegsrechtlicher Regelwerke 139
E. Der ambivalente Charakter kritischer Völkerrechtstheorie 140
I. Zur Relevanz der Schmittschen Argumente 140
II. Die Humanisierung des Völkerrechts 143
III. Der shift von „Formalismus zu Realismus“ in der Evolution des Kriegsrechts 144
IV. Die „kolonialen Ursprünge des Völkerrechts“ 145
F. Dekonstruktion als ein intellektuelles Glasperlenspiel? Der Umgang mit dem Erbe der Crits („The Critical Heritage“) 147
3. Teil: Menschenrechte im Kontext der Ordnungsmuster des Völkerrechts 153
6. Kapitel: Kosmopolitische und „realistische“ Haltungen zum internationalen System: „Visions of World Order“ 153
A. (Kantische) Universalistische Strömunge 155
B. (Hobbesianische) „Realistische“ Strömunge 157
C. Die (Grotianische) International Community School 158
I. Der Rekurs auf die internationale Gemeinschaft als eine „regulative Idee“ 160
II. Humanistisch motiviertes Wertordnungsdenken und die Aufhebung der Staatensouveränität 161
7. Kapitel: Ambivalenzen und Kollisionen normativer Systeme und die Ordnungsmuster des Völkerrechts 163
A. Dianne Otto und die contested „knowledges of modernity“ 163
I. „Modern knowledges [as] the product of power“ 163
II. Epistemologische Aporien im modernen Menschenrechtsdiskurs 166
B. Das Verhältnis von Völkerrecht und politischer Ökonomie 168
I. Die Eigenlogiken spezieller Teilregime des Völkerrechts: Die Verfestigung struktureller Machtasymmetrien im Wirtschaftsvölkerrecht 168
II. Das Völkerrecht als Plattform ökonomischer Verteilungskämpfe 169
III. „The dark sides of capitalism“ 170
IV. Die Blindschaltung des präferierten makroökonomischen Modells 172
V. Der „imperialism of free trade“ 174
VI. „Positiver“ und „negativer“ Friedensbegriff als Ausdruck des globalen Nord-Süd-Konflikts 175
C. Die Normalisierung hegemonialer Ideologie: Die Erzeugung „blinder Flecken“ und die Reproduktion „europäischen Wissens“ 176
I. Die ideologisch-idealisierte Stellung des Völkerrechts 180
II. Die Blindschaltung des inhärenten Gewaltaspekts des Völkerrechts 181
D. Ambivalenzen hinter der Entstehung und Anwendung des ius contra bellum sowie des ius in bello-Regimes 185
I. Der Krieg als ein „historisch positiv besetzter Kreislauf“ 185
II. Die rechtliche Fixierung des Kombattantenstatus zur Gewährleistung der fortwährenden Kriegsbereitschaft der Bürgerschaft 189
III. Völkerrechtliche Friedenspakte als das rationalisierte-universalisierte Produkt dominierender machtpolitischer Interesse 191
IV. Die Rekrudeszenz des diskriminierenden Kriegsbegriffs und die Entgrenzung des Krieges 192
V. Ambivalenzen in der Verrechtlichung des Krieges 196
E. Die Ambivalenz der „Vervölkerrechtlichung“ humanitärer Wertvorstellunge 198
I. Die europäische „mission civilisatrice“ 199
II. Eine „Anti-Zivilisation in den eigenen Reihen“: Die Kongokrise (1906–1908) 201
III. Die Abschaffung des Sklavenhandels 202
IV. Die Williams thesis 204
F. Wertordnungsdenken und die „Entformalisierung“ des Rechts 205
I. Implied powers und Functionalism 205
II. Liberal-imperialistisches Wertordnungsdenke 209
III. Menschenrechte als „bureaucratic small-change“ 212
IV. Die Menschenrechtsidee im Kontext praktischer Konkordanz 213
V. Die Wahl der Methode als Mittel zum Transport politischer Ansichte 215
VI. Die „Entformalisierung“ des Völkerrechts durch materielle Werte 216
VII. Frieden als polemisches Konzept 220
1. Die inhaltliche Aushöhlung des Kriegsbegriffs 221
2. Die pauschale Verrechnung von Sicherheitsrisike 222
3. Der inflationäre Gebrauch des Friedensbegriffs 223
G. Samuel Moyn und die letzte politische Utopie 225
H. Epilegomena zur Eschatologie des Kantischen Friedensbegriffs und der Menschenrechte 229
I. Konkurrierende Universalisme 231
II. Zhao Tingyang und der ordnungspolitische Leitbegriff des Tianxia 232
III. Menschenrechte als globale Ideologie und als „lingua franca of global moral thought“ 235
IV. Fortschrittsnarrative 237
4. Teil: Menschenrechte im Kontext der Ambivalenzen der Moderne 241
8. Kapitel: Epistemologische Aporie 242
A. Entfremdungszusammenhänge 242
B. „Blinde Flecken“ der Menschenrechtsentwicklung 243
C. Der „redemptive move“ zeitgenössischer Menschenrechtskritike 246
D. Die Zweideutigkeit der Moderne und die Suche nach Identität 248
E. Die Reproduktion politischer und sozialer Hierarchie 251
F. Die Gleichzeitigkeit von Zivilisation und Barbarei in der Moderne 253
9. Kapitel: Schlussbetrachtung 261
A. Das prekäre Gleichgewicht zwischen „Werten als Boten der Humanität und als Apologeten der Hegemonie“ 261
B. Die Zirkularität der Kosmopolitismus–Partikularismus-Debatte und der moderne „Polytheismus“ der Werte 264
C. Backlash: Liberalismus und Multikulturalismus als ideologische Feindbilde 266
D. Der Wettstreit um die Zukunft der internationalen Ordnung im Kontext des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine und des machtpolitischen Aufstiegs Chinas 271
Zusammenfassung 278
Literaturverzeichnis 286
Stichwortverzeichnis 316