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Kiehne, W. (2024). Tatsachendisposition im Zivilprozess. Eine Untersuchung über die prozessuale Umgehung zwingenden materiellen Rechts. Duncker & Humblot. https://doi.org/10.3790/978-3-428-59079-7
Kiehne, Wenzel. Tatsachendisposition im Zivilprozess: Eine Untersuchung über die prozessuale Umgehung zwingenden materiellen Rechts. Duncker & Humblot, 2024. Book. https://doi.org/10.3790/978-3-428-59079-7
Kiehne, W (2024): Tatsachendisposition im Zivilprozess: Eine Untersuchung über die prozessuale Umgehung zwingenden materiellen Rechts, Duncker & Humblot, [online] https://doi.org/10.3790/978-3-428-59079-7

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Tatsachendisposition im Zivilprozess

Eine Untersuchung über die prozessuale Umgehung zwingenden materiellen Rechts

Kiehne, Wenzel

Schriften zum Prozessrecht, Vol. 299

(2024)

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About The Author

Wenzel Kiehne hat an den Universitäten Heidelberg und Graz Rechtswissenschaft und Europäische Kunstgeschichte mit einem Stipendium der Friedrich-Ebert-Stiftung studiert. Sein Referendariat legte er am Oberlandesgericht Hamburg samt einer Station am Obersten Gerichtshof in Wien ab. Seit 2020 war er für die Revisionskanzlei Rohnke Winter in Karlsruhe tätig. 2023 wurde er bei Professor Dr. Jan Felix Hoffmann an der Universität Freiburg promoviert. Seither absolviert er ein LL.M.-Studium an der University of Chicago Law School und wird durch ein Haniel-Stipendium der Studienstiftung des Deutsches Volkes gefördert.

Abstract

Wann ist ein Zivilgericht an unwahren Tatsachenvortrag der Parteien gebunden und wann nicht? Anlass und Ausgang dieser Arbeit ist ein jüngerer Fall des Kammergerichts, in dem die Parteien eines Werkvertrags um die Vergütung stritten, aber - anscheinend wahrheitswidrig - unstreitig stellten, keine gegen § 134 BGB verstoßende Ohne-Rechnung-Abrede getroffen zu haben.

Der Autor untersucht mit Blick auf die Kodifikationsgeschichte des 19. Jahrhunderts und das Unionsrecht die verschiedenen prozessualen Vehikel einer Tatsachendisposition auf ihre dogmatische Legitimation und Wirksamkeitsvoraussetzungen. Er streitet im Ergebnis wider die herrschende Ansicht für eine punktuelle Kongruenz von gerichtlichem und rechtsgeschäftlichem Geständnisrecht. Demnach hängt die Bindung des Zivilgerichts an unwahren Tatsachenvortrag davon ab, ob ein entsprechendes außergerichtliches ›disponierendes‹ Geständnis materiell-rechtlich wirksam wäre, soweit das Zivilprozessrecht keine ›lex specialis‹ enthält.
»Agreed Facts in Civil Proceedings. An Analysis of the Procedural Circumvention of Mandatory Substantive Law«: When is a civil court bound by litigants’ false assertions of fact? To answer this question, this Ph.D. thesis begins with a case where litigants in a breach of contract action concealed an illegal tax avoidance agreement. The author looks to the evolution of 19th-century statutes and recent EU jurisprudence to provide a new understanding of the rights and obligations of parties who present facts to courts by stressing the underlying role of substantive law in civil procedure.

Table of Contents

Section Title Page Action Price
Vorwort 5
Inhaltsverzeichnis 7
Abkürzungsverzeichnis 13
Einleitung 17
I. Das Phänomen der Tatsachendispositio 17
II. Diskussionsstand 21
1. Literatu 21
2. Judikatu 27
3. Zwischenbefund 28
III. Zielsetzung der Arbeit und Gang der Darstellung 28
1. Kapitel: Zivilprozessrechtliche Perspektive 31
A. Tatsache 31
I. Positive Rechtslage 31
1. Definitio 31
2. Subjektive und objektive Wahrheit 32
II. Wahrheit als Zivilprozesszweck 33
1. Leistungsfähigkeit der Frage nach dem Zivilprozesszweck 33
2. Meinungsstand 35
3. Formelle und materielle Wahrheit 36
a) Historische Entwicklung 36
b) Sprachkritik 39
c) Rechtspolitische Einwendunge 42
III. Zwischenbefund 43
B. Parteiherrschaft 44
I. Begriffliches 44
II. Dispositionsmaxime 45
1. Herleitung 45
2. Prozessualer Verzicht und prozessuales Anerkenntnis 47
3. Beschränkter prozessualer Verzicht und beschränktes prozessuales Anerkenntnis 50
4. Zwischenbefund 57
III. Beibringungsgrundsatz 57
1. Herleitung 57
a) Ideologische/dogmatische Begründung 58
b) Technische Begründung 61
c) Stellungnahme 62
2. Notwendigkeit von Parteivortrag 66
a) Grundsatz 66
b) Offenkundigkeit 68
c) Materielle Prozessleitung 70
3. Beweisführung 72
a) Grundsatz 72
b) Amtswegige Beweiserhebung 72
4. Geständniswirkung 75
a) Unstreitiger Parteivortrag 75
aa) Herrschende Meinung 75
bb) Mindermeinung 77
cc) Stellungnahme 79
b) Ausnahme 80
c) Gerichtliches Geständnis 83
aa) Definitio 83
bb) Herleitung 85
cc) Verhältnis zur Wahrheitspflicht 89
(1) Widerruflichkeit des gerichtlichen Geständnisses 89
(2) Übertragung auf Nichtbestreite 97
(3) Versäumnisurteil 98
(4) Präklusio 100
(5) Ergebnisabgleich: österreichische Rechtslage 102
d) Außergerichtliches Geständnis 104
aa) Prozessrechtliche und materiell-rechtliche Perspektive 104
bb) Systematisierung 108
cc) Beweisvertrag 111
(1) Beweiswürdigung etc. 112
(2) Geständnisvertrag 116
dd) Zwischenbefund 120
5. Tat- und Rechtsfrage 120
a) Iura novit curia 120
b) Juristisch eingekleidete Tatsachen und präjudizielle Rechtsverhältnisse 122
c) Prozessuale Ausschaltung materiellen Rechts 127
aa) Konkurrierende Anspruchsgrundlage 127
bb) Einwendunge 131
d) Zwischenbefund 135
6. Amtsprüfung 135
a) Zivilprozessrecht 136
aa) Inhalt 136
bb) Herleitung 141
cc) Sonderfälle: Rechtsschutzbedürfnis und Feststellungsinteresse 146
b) Materielles Recht – ipso iure und ope exceptionis 153
c) Ergebnisabgleich: österreichische Rechtslage 155
aa) Zivilprozessrecht 155
bb) Materielles Recht 158
d) Sonderfälle 160
aa) EU-Verbraucherschutzrecht 160
(1) Grundsatz der Verfahrensautonomie 160
(2) Amtsermittlung nach der Klausel-RL 162
(3) Kritik im Schrifttum 163
(4) Übriges EU-Verbraucherschutzrecht 166
(5) Schlussfolgerunge 168
bb) Internationales Privatrecht 170
(1) Fakultatives Kollisionsrecht 170
(2) Ermittlung der Anknüpfungstatsache 171
e) Zwischenbefund 175
2. Kapitel: Materiell-rechtliche Perspektive 177
A. Materielle Gestaltungs- und Verfügungsbefugnis 177
I. Rechtlich 177
1. Dispositives und zwingendes Recht 177
a) Dichotomische Systematisierung 178
b) Beispiele 180
c) Abstufunge 182
aa) Eingriffsnorme 182
bb) Ordre public 184
(1) Erscheinungsforme 184
(2) Ordre public als Grenze prozessualer Parteiautonomie? 186
2. Systematisierung des zwingenden Rechts 188
a) Äußere und innere Grenze 188
b) Rechtliches Können und rechtliches Dürfe 189
c) Umgehungsgeschäfte 192
II. Faktisch 196
B. Materiell-rechtliche Deutung von Tatsachendispositione 198
I. Bestätigung 199
1. Grundlegendes 199
2. Beispiele 200
a) Ohne-Rechnung-Abrede 200
b) Grundstücksübertragung 200
c) Verbraucherwiderruf 201
II. Änderungsvertrag und Novatio 202
III. Erlassvertrag und Verzicht 203
IV. (Prozess-)‌Vergleich 205
1. Grundlegendes 205
a) § 55 VwVfG 206
b) Beschränktes „Wirkungsprivileg“ 210
c) Gesetzliche Wertunge 212
aa) § 595 Abs. 8 S. 1 BGB 212
bb) § 19 Abs. 1 S. 2 VSBG 213
2. Beispiele 214
a) Ohne-Rechnung-Abrede 214
b) Grundstücksübertragung 214
c) Verbraucherwiderruf 215
V. Konstitutives bzw. abstraktes Schuldversprechen und -anerkenntnis 217
1. Grundlegendes 217
2. Beispiele 218
a) Ohne-Rechnung-Abrede 218
b) Grundstücksübertragung 218
c) Verbraucherwiderruf 219
VI. Deklaratorisches bzw. kausales Schuldanerkenntnis 219
VII. Feststellungsvertrag 221
VIII. Tatsachenvergleich 223
3. Kapitel: Prozesshandlungen und materielles Recht 227
A. Grundlegendes 227
B. Einzelne Prozesshandlunge 231
I. Prozessvergleich 231
1. Rechtsnatu 231
2. Materiell-rechtliche Wirksamkeitsanforderunge 232
II. Prozessualer Verzicht und prozessuales Anerkenntnis 232
1. Rechtsnatu 232
2. Materiell-rechtliche Wirksamkeitsanforderunge 234
a) Prozessuales Anerkenntnis 234
b) Prozessualer Verzicht 239
III. Geständnis, Geständnisfiktionen und Tatsachenbehauptunge 240
1. Rechtsnatu 240
2. Materiell-rechtliche Wirksamkeitsanforderunge 241
4. Kapitel: Eigene Konklusio 243
A. Materiell-rechtliche Wirksamkeitsanforderunge 243
I. Wertungszusammenhang aufgrund der dogmatischen Herleitung 244
II. Prozessuale Amtsprüfung und EU-Verbraucherschutzrecht 245
III. Eingeschränkte Relevanz der Rechtsnatu 245
B. Konsistenz prozessualer und materiell-rechtlicher Privatautonomie 246
I. Funktionale Äquivalenz zur außerprozessualen Dispositio 246
II. Verschiebung materiell-rechtlicher Wirkungsgrenzen im Prozess 247
1. Lex specialis im Zivilprozessrecht 248
2. Anhängigkeit eines Rechtsstreits 249
a) Faktische Verfügungsbefugnis 249
b) § 55 VwVfG 250
c) Kongruenz zum außergerichtlichen Geständnis‍(-vertrag) 252
III. Systemstimmigkeit 253
C. Prüfung durch das Gericht 254
I. Überzeugung des Gerichts 254
II. Beschaffung des Tatsachenstoffs 256
III. Schluss: Ohne-Rechnung-Abrede 259
D. Fallbeispiele zum Verbraucherwiderrufsrecht 260
I. Vorprozessual 261
1. Absehen von Rechtsverfolgung 261
2. Außergerichtlicher Vergleich 261
3. Deklaratorisches Schuldanerkenntnis 261
4. Geständnisvertrag 262
II. Prozessual 262
1. Gerichtlicher Verzicht 262
2. Prozessuales Anerkenntnis 262
3. Prozessvergleich 263
4. Beschränktes prozessuales Anerkenntnis bzw. gerichtliches Geständnis eines präjudiziellen Rechtsverhältnisses 263
5. Gerichtliches Geständnis 264
6. Versäumnisurteil 265
Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse 266
Literaturverzeichnis 271
Stichwortverzeichnis 289