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Sieber, I. (2024). Unwissenheit schützt vor Selbstbelastung nicht?. Zur Pflicht der Belehrung über die Freiwilligkeit der Atemalkoholmessung und den Folgen ihrer Verletzung. Duncker & Humblot. https://doi.org/10.3790/978-3-428-59122-0
Sieber, Isabella. Unwissenheit schützt vor Selbstbelastung nicht?: Zur Pflicht der Belehrung über die Freiwilligkeit der Atemalkoholmessung und den Folgen ihrer Verletzung. Duncker & Humblot, 2024. Book. https://doi.org/10.3790/978-3-428-59122-0
Sieber, I (2024): Unwissenheit schützt vor Selbstbelastung nicht?: Zur Pflicht der Belehrung über die Freiwilligkeit der Atemalkoholmessung und den Folgen ihrer Verletzung, Duncker & Humblot, [online] https://doi.org/10.3790/978-3-428-59122-0

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Unwissenheit schützt vor Selbstbelastung nicht?

Zur Pflicht der Belehrung über die Freiwilligkeit der Atemalkoholmessung und den Folgen ihrer Verletzung

Sieber, Isabella

Strafrechtliche Abhandlungen. Neue Folge, Vol. 317

(2024)

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About The Author

Isabella Sieber studierte von 2015 bis 2020 Rechtswissenschaften an der Juristischen Fakultät der Universität Augsburg. Während des Studiums war sie mehrere Jahre am Lehrstuhl von Prof. Dr. Arnd Koch als studentische Hilfskraft tätig. Im Jahr 2020 absolvierte sie ihr erstes Staatsexamen mit strafrechtlichem Schwerpunkt und verfasste im Anschluss ihre Dissertation. Seit Oktober 2022 befindet sie sich im juristischen Vorbereitungsdienst im Bezirk des Oberlandesgerichts München.

Abstract

Täglich werden von Polizeibeamten im Straßenverkehr unzählige freiwillige Atemalkoholmessungen (»Pusten«) durchgeführt. Probleme ergeben sich dabei dann, wenn der Betroffene nicht um die Freiwilligkeit weiß. Ist er in diesem Fall durch die Polizeibeamten zu belehren? Und wenn ja, welche Folgen hätte der Verstoß gegen eine solche Belehrungspflicht? Wirkt er sich gegebenenfalls auf die Verwertbarkeit der folgenden Blutprobenentnahme aus?

Um diese Fragen zu beantworten, beschäftigt sich die Arbeit zunächst mit den ergangenen, teils gegensätzlichen Urteilen. Im Anschluss werden die in der Literatur zum nemo-tenetur-Grundsatz, der Belehrungspflicht und Verwertungsverboten vertretenen Ansichten ausgewertet. Die Arbeit kommt zu dem Ergebnis, dass in Bezug auf die Freiwilligkeit der Atemalkoholmessung eine Belehrungspflicht besteht und dass aus der Nichtbelehrung ein Beweisverwertungsverbot folgt.
»Does Ignorance not Prevent Self-Incrimination? On the Duty of Instruction on the Voluntary Nature of Breath Alcohol Measurement and the Consequences of its Violation«: Every day, police officers carry out countless voluntary breathalyser tests. Problems arise when the subject is not aware of the voluntary nature of the test. This work answers the questions of whether the affected person must be informed about the voluntary nature and what consequences a breach of the duty to inform has. For this purpose, the author examines the conflicting judgments and the different views expressed by the literature.

Table of Contents

Section Title Page Action Price
Vorwort 5
Inhaltsverzeichnis 7
1. Kapitel: Einleitung 15
A. Problemstellung 15
B. Gang der Darstellung 16
2. Kapitel: Rechtsprechung zur Belehrungspflicht bei der Atemalkoholmessung 17
A. Gruppe 1: Ablehnung einer Belehrungspflicht 17
I. OLG Brandenburg, Beschluss vom 16.04.2013 – (2 B) 53 Ss-OWi 58/13 (55/13) 18
II. KG, Beschluss vom 30.07.2014 – 3 Ws (B) 356/14 – 122 Ss 106/14 19
III. OLG Brandenburg, Beschluss vom 08.07.2019 – (1 B) 53 Ss-OWi 285/19 (169/19) 20
IV. OLG Celle, Beschluss vom 20.08.2019 – 3 Ss (OWi) 178/19 20
V. Zwischenfazit 21
B. Gruppe 2: Ablehnung eines Beweisverwertungsverbotes 21
I. AG Michelstadt, Urteil vom 22.11.2011 – 2 OWi 1400 Js 22301/11 21
II. AG Castrop-Rauxel, Urteil vom 14.11.2014 – 6 OWi 241/14 22
III. AG Springe, Urteil vom 21.09.2019 – 8 OWi 7791 Js 101102/18 (634/18) 23
IV. Zwischenfazit 23
C. Gruppe 3: Annahme eines Beweisverwertungsverbotes 23
I. LG Freiburg, Urteil vom 21.09.2009 – 9 Ns 550 Js 11375/09 – AK 92/09 24
II. AG Leverkusen, Urteil vom 24.06.2002 – 52 OWi 217/02 25
III. AG Frankfurt am Main, Urteil vom 18.01.2010 – 998 OWi 2022-955 Js/OWi 20697/09 25
IV. Zwischenfazit 26
D. Gruppe 4: Annahme eines Beweisverwertungsverbotes mit Fernwirkung 26
E. Fazit 27
3. Kapitel: Freiwilligkeit der Atemalkoholmessung 28
A. Rechtliche Verankerung des nemo-tenetur-Grundsatzes 28
I. Historische Herleitung 29
1. Entwicklung in England 29
2. Entwicklung in Deutschland 29
II. Gesetzliche Normierung 31
III. Verfassungsrechtliche Verankerung 31
1. Materielles Freiheitsgrundrecht 32
a) Ausprägung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung 32
b) Ausprägung des Rechts auf Selbstdarstellung und dem Schutz vor Ehrverlust 34
c) Ausprägung eines Rechts auf Selbsterhaltung 36
d) Zwischenfazit 38
2. Funktional notwendiges Element eines legitimen Strafverfahrens 39
3. Element eines fairen Verfahrens 41
4. Zwischenfazit 42
B. Sachlicher Schutzbereich 43
I. Selbstbelastungshandlunge 43
1. Verbale Selbstbelastung 43
2. Nonverbale Selbstbelastung 44
3. Selbstbelastung durch Mitwirkung an der Atemalkoholmessung 46
a) Aktive Mitwirkung an der Messung 46
b) Beweiswert des Messergebnisses 47
aa) Beweiswert im Ordnungswidrigkeitenverfahre 47
bb) Beweiswert im Strafverfahre 48
II. Geltungsbereich von nemo tenetur se ipsum accusare 48
1. Geltung im Strafverfahre 48
2. Geltung im Ordnungswidrigkeitenverfahre 49
a) Ableitung aus § 55 OWiG 49
b) Streichung von § 44 Abs. 1 OWiG 50
aa) Normierung im Ordnungswidrigkeitengesetz von 1952 50
bb) Auswirkungen auf das heutige Ordnungswidrigkeitenverfahre 51
c) Anwendung über § 46 Abs. 1 OWiG 52
aa) Nemo-tenetur als Teil der „allgemeinen Gesetze über das Strafverfahren“ 52
bb) Sinngemäße Anwendung des nemo-tenetur-Grundsatzes 53
(1) Ethische Indifferenz von Ordnungswidrigkeite 54
(2) Unmöglichkeit einer Grenzziehung 55
d) Zwischenfazit 57
C. Personaler Schutzbereich 57
I. Auskunftsverweigerungsrecht des Zeuge 58
II. Zwischenfazit 59
D. Fazit 60
Exkurs: Freiwilligkeit der Atemalkoholmessung in anderen EU-Staate 61
4. Kapitel: Pflicht zur Belehrung über die Freiwilligkeit der Atemalkoholmessung 64
A. Herleitung aus § 81a StPO 64
I. Körperliche Untersuchung oder körperlicher Eingriff 65
II. Duldungspflicht 66
B. Herleitung aus § 136 Abs. 1 S. 2 Hs. 1 StPO 67
C. Allgemeine Herleitung der Belehrungspflicht 68
I. Analoge Anwendung von § 81a StPO 68
II. Analoge Anwendung von § 136 Abs. 1 S. 2 Hs. 1 StPO 70
1. Ähnlichkeit der Fälle 70
a) Sinn und Zweck von § 136 Abs. 1 S. 2 Hs. 1 StPO 70
b) Übertragbarkeit auf die Atemalkoholmessung 73
2. Abschließende Regelung der Belehrungspflichte 74
a) Normierung einer Belehrungspflicht in § 81h Abs. 4 StPO 75
aa) Weiterentwicklung der Belehrungspflicht durch die Rechtsprechung 77
(1) Pflicht zur qualifizierten Belehrung 77
(2) Belehrungspflicht im Rahmen von § 81a StPO 78
(3) Zwischenfazit 78
bb) Form und Inhalt der Belehrung gemäß § 81h StPO 80
b) „Hörfallen-Entscheidung“ des Bundesgerichtshofes 81
aa) Historie der Aussagefreiheit 83
bb) Weitere Ausführungen des Großen Senats 83
cc) Zwischenfazit 84
c) Erfassung von Mitwirkungshandlungen vom nemo-tenetur-Grundsatz 85
d) Fehlende gesetzliche Regelung der Atemalkoholmessung 86
e) Besondere Stellung der Aussage 87
f) Anordnung einer Belehrungspflicht in den RiBA 89
3. Zwischenfazit 90
III. Grundsatz des fairen Verfahrens 90
1. Wirksamer Rechtsschutz nur bei Rechtskenntnis (Geppert) 91
a) Keine umfassende Aufklärungspflicht der Strafverfolgungsbehörde 91
aa) Sanktionslosigkeit von selbstbegünstigenden Lügen des Beschuldigte 93
bb) Keine Erscheinenspflicht zur polizeilichen Vernehmung 94
b) Zwischenfazit 96
2. Strafprozessuale Aufklärungspflichten als Konsequenz von nemo tenetur (Rogall) 97
Exkurs: Uniformgehorsam nach Leonard Bickma 98
3. Wirksamkeit der Einwilligung in Grundrechtsbeeinträchtigungen (Amelung) 101
a) Zulässigkeit der Einwilligung 102
b) Freiwilligkeit der Einwilligung 103
aa) Verhinderung weiterer staatlicher Eingriffe 104
(1) Halbfreiwillige Einwilligunge 104
(2) Übermaßverbot 105
bb) Irrtümliche Annahme einer Rechtspflicht 106
(1) Risikoverteilung bei Bitten oder Aufforderunge 107
(2) Ausschluss des Irrtumsrisikos 108
c) Einwilligungsfähigkeit des Einwilligende 109
d) Zwischenfazit 110
4. Zwischenfazit 111
D. Interministerielle Richtlinie 113
I. Außenwirkung der Richtlinie 113
II. Selbstbindung der Verwaltung aus Art. 3 Abs. 1 GG 114
1. Gleichförmigkeit der Verwaltungspraxis 114
2. Vergleichbarkeit der Fälle 115
5. Kapitel: Bestehen eines Beweisverwertungsverbotes 117
A. Funktion und Terminologie der Beweisverbote 117
I. Beweiserhebungsverbote 118
II. Beweisverwertungsverbote 119
1. Selbstständige Beweisverwertungsverbote 119
2. Unselbstständige Beweisverwertungsverbote 120
B. Gesetzlich normiertes unselbstständiges Beweisverwertungsverbot in § 136 Abs. 3 S. 2 StPO 121
I. § 136a Abs. 3 S. 2 StPO 122
1. Sinn und Zweck von § 136a StPO 122
2. Voraussetzungen des Verwertungsverbots 123
II. § 136a Abs. 3 S. 2 StPO analog 123
1. Voraussetzungen der analogen Anwendung 123
a) Vergleichbarkeit der Interessenlage 124
b) Planwidrigkeit der Regelungslücke 125
2. Verbotene Vernehmungsmethode 126
a) Täuschung 127
aa) Falsche Belehrung des Betroffene 128
(1) Fahrlässige Falschbelehrung 128
(a) Begriff der Täuschung 128
(b) Sinn und Zweck des Täuschungsverbotes 129
(2) Zwischenfazit 131
bb) Fehlende Belehrung des Betroffene 131
(1) Rechtspflicht zur Aufklärung 132
(a) Verletzung der Belehrungspflicht aus § 257c Abs. 5 StPO 133
(b) Verletzung der Belehrungspflicht aus § 243 Abs. 5 S. 1 StPO 134
(2) Zwischenfazit 135
b) Alkoholisierung des Betroffene 136
3. Zwischenfazit 138
C. Nicht normierte Beweisverwertungsverbote 138
I. Kriterien zur Einzelfallbetrachtung 139
1. Radikale Ansätze 139
a) Grundsätzliche Annahme eines Beweisverwertungsverbotes 139
b) Beweisbefugnislehre 140
c) Kritik der Beweisbefugnislehre 141
2. Rechtskreistheorie 143
a) Unterscheidung verschiedener Rechtskreise 143
b) Kritik der Rechtskreistheorie 144
aa) Beweisverwertungsverbot aus §§ 69 Abs. 3, 136a StPO 144
bb) Revisibilität bei Verletzung von § 53 StPO 144
cc) Umfassendes Rügerecht der Staatsanwaltschaft 145
dd) Zwischenfazit 146
3. Informationsbeherrschungstheorie (Amelung) 147
a) Informationsbeherrschungsrechte 147
b) Kritik der Informationsbeherrschungstheorie 149
c) Anwendung auf die Atemalkoholmessung 150
4. Revisionsrechtliche Theorie 150
a) Anwendung auf die Atemalkoholmessung 151
b) Kritik der revisionsrechtlichen Theorie 151
5. Abwägungslehre 153
a) Abwägung bei unterlassener Belehrung über die Mitwirkungsfreiheit 154
aa) Gewicht des Verfahrensverstoßes 154
bb) Schutzzweck der verletzten Vorschrift 155
cc) Beeinträchtigung des Beweiswertes 155
dd) Grenzen der zulässigen Wahrheitserforschung 156
ee) Schutzbedürfnis des Beschuldigte 156
ff) Staatliches Strafverfolgungsinteresse 157
gg) Zwischenfazit 157
b) Kritik der Abwägungslehre 157
6. Schutzzwecklehre 160
a) Schadensvertiefungstheorie nach Grünwald 160
aa) Anderweitige Erwägunge 161
bb) Kritik der Schadensvertiefungstheorie 162
b) Interessentheorie nach Rudolphi 164
c) Lehre von der Schutzzweckhierarchie nach Beulke 166
aa) Kategorisierung der Verwertungsverbote 166
bb) Kritik der Lehre von der Schutzzweckhierachie 168
d) Schutzzweck der Belehrungspflicht über die Mitwirkungsfreiheit 169
e) Kritik der Schutzzwecklehre 171
7. Zwischenfazit 172
II. Begrenzung der unselbstständigen Beweisverwertungsverbote durch Hypothesenbildung 173
1. Anforderungen an die Hypothesenbildung 173
2. Hypothesenbildung bei der Atemalkoholmessung 175
III. Widerspruchslösung des Bundesgerichtshofes 177
D. Übertragung auf das Ordnungswidrigkeitenverfahre 179
I. Verwertungsverbot bei unterbliebener Belehrung über die Aussagefreiheit 179
II. Verwertungsverbot bei unterbliebener Belehrung über die Mitwirkungsfreiheit 180
E. Fazit 181
6. Kapitel: Fortwirkung und Fernwirkung des Beweisverwertungsverbotes 183
A. Unterscheidung zwischen Fernwirkung und Fortwirkung 183
B. Fortwirkung des Beweiserhebungsfehlers 185
I. Voraussetzungen der Fortwirkung 186
II. Folgen der Fortwirkung 187
1. Umgehung der Anordnungspflicht 188
2. Unterbleiben der Anordnung 189
III. Zwischenfazit 191
C. Fernwirkung des Beweisverwertungsverbots 191
I. Befürwortung der Fernwirkung in der Literatu 192
1. Fruit of the poisonous tree doctrine 192
2. Ansicht der deutschen Literatu 193
a) Umgehungsargument 193
b) Disziplinierungsgedanke 194
c) Integrität des Strafverfahrens 196
d) Informationsbeherrschung und Schadensvertiefung 197
II. Ablehnung der Fernwirkung durch die Rechtsprechung 199
1. Kriminalpolitische Bedenke 199
2. Wortlaut des § 136a Abs. 3 StPO 200
3. Fehlende Kausalität 201
4. Anerkennung von Ausnahme 203
III. Vermittelnde Auffassung 204
IV. Fernwirkung des Verwertungsverbots hinsichtlich des Atemalkoholwerts 205
1. Beruhen auf dem Verfahrensfehle 205
2. Schutzzweck der verletzten Vorschrift 206
3. Umgehung der Voraussetzungen von § 81a StPO 207
4. Unabhängige Verdachtsmomente 208
D. Fazit 209
7. Kapitel: Fazit 211
Literaturverzeichnis 213
Sachverzeichnis 227