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Nicht kodifizierte Regeln im Deutschen Bundestag
Eine empirische und rechtssystematische Studie über das informale Parlament
Beiträge zum Parlamentsrecht, Vol. 87
(2024)
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About The Author
Felix Lücke studierte Rechtswissenschaften an der Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover. Seit September 2020 ist er als Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Öffentliches Recht und Sozialrecht bei Prof. Dr. Hermann Butzer beschäftigt, unter dessen Betreuung er auch seine Dissertation verfasste. Im Rahmen dieser Tätigkeit ist er derzeit an den Niedersächsischen Staatsgerichtshof abgeordnet. Seit Dezember 2022 ist Felix Lücke zudem Rechtsreferendar im Bezirk des Oberlandesgerichts Celle und absolviert unter anderem Stationen beim Niedersächsischen Justizministerium, in einer auf das Öffentliche Recht spezialisierten Kanzlei in Bonn sowie beim Bundesverfassungsgericht.Abstract
Wer leitet die konstituierende Sitzung des Deutschen Bundestages? Dürfen alle Fraktionen einen Vizepräsidenten stellen? Kann ein Ausschuss seinen Vorsitzenden abberufen? Wer sitzt im Plenarsaal an welchem Platz? - solche, mit einem Blick in Grundgesetz und Geschäftsordnung nicht eindeutig zu beantwortende Fragen sind Anzeichen eines besonderen parlamentarischen Phänomens: Organisation und Verfahrensgang eines Parlaments werden nicht allein von kodifizierten Normen gesteuert, sondern von einer Vielzahl an ungeschriebenen Übungen, Sitten, Gebräuchen und Gepflogenheiten entscheidend mitbestimmt. Der Autor nimmt diesen Befund zum Anlass, derartige Regelmäßigkeiten am Beispiel des Deutschen Bundestages empirisch zu erfassen, rechtssystematisch zu ordnen und die Ursachen ihrer Wirksamkeit zu ergründen. In Zeiten, in denen der Grundkonsens zwischen den am Parlamentsgeschehen beteiligten Akteuren zunehmend in Frage gestellt ist, bietet die Untersuchung auch der Praxis rechtliche Orientierung.»Non-codified Rules in the German Federal Parliament. An Empirical and Systematic Legal Study of the Informal Parliament«: The thesis analyses the numerous unwritten practices, customs and habits of the German Federal Parliament, which significantly shape its organisation and procedures. Based on an empirical collection of such non-codified parliamentary rules, a phenomenological examination is carried out and - against the background of the principle of parliamentary autonomy - a proposal for their systematisation based on legal and non-legal categories is made.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Vorwort | 5 | ||
Inhaltsübersicht | 7 | ||
Inhaltsverzeichnis | 11 | ||
1. Kapitel: Einführung | 23 | ||
A. Wissenschaftliche Relevanz der Thematik | 24 | ||
B. Bestandsaufnahme zum aktuellen Veröffentlichungsstand | 28 | ||
C. Gang der Untersuchung | 31 | ||
2. Kapitel: Empirische Bestandsaufnahme und Phänomenologie nicht kodifizierter Regeln im Deutschen Bundestag | 33 | ||
A. Protokollregel | 35 | ||
I. Eröffnungszeremoniell | 35 | ||
II. Höflichkeit und Anstand | 36 | ||
III. Kleiderordnung | 39 | ||
B. Notwendige Organisationsregel | 42 | ||
I. Grundregeln des parlamentarischen Betriebs | 42 | ||
1. Grundsatz parlamentarischer Diskontinuität | 43 | ||
2. Grundsatz der Verfassungsorgan- und Intraorgantreue | 47 | ||
II. Institutionelle Einrichtunge | 50 | ||
1. Fraktionen und Fraktionsgemeinschafte | 51 | ||
2. Ältestenrat | 55 | ||
3. Parlamentarisches Kontrollgremium | 58 | ||
III. Konstituierung des Bundestages | 61 | ||
1. Vorbereitung der konstituierenden Bundestagssitzung | 62 | ||
2. Sitzordnung im Plenum | 64 | ||
3. Sitzungsleitung durch den Alterspräsidenten und Bestimmung der anzuwendenden Verfahrensregel | 68 | ||
4. Kreation des Bundestagspräsidiums | 76 | ||
a) Besetzungsrecht der stärksten Fraktion? | 76 | ||
b) Exkurs: Protokollarischer Rang des Bundestagspräsidente | 84 | ||
c) Wahl und Amtsausübung der Vizepräsidente | 85 | ||
5. Zwischenergebnis | 88 | ||
C. Notwendige Regeln zum Verfahrensgang | 88 | ||
I. Arbeitsplanung | 89 | ||
II. Regelung von Geschäftsordnungsstreitigkeite | 93 | ||
III. (Geheime) Wahlhandlungen im Plenum | 95 | ||
IV. Antrags-, Aussprache-, Anfrage- und Abstimmungsregel | 97 | ||
1. Aufsetzung eines Punktes auf die Tagesordnung | 97 | ||
2. Vorlagen einer Fraktio | 98 | ||
3. Missbilligungs- und Entlassungsanträge gegen Regierungsmitgliede | 99 | ||
4. Erklärungen und Berichte der Bundesregierung | 101 | ||
5. „Vereinbarte Debatten“ | 105 | ||
6. Jährliche Haushaltsdebatte | 106 | ||
7. Fragen einzelner Abgeordneter an die Regierung | 108 | ||
8. Verbot von „Dreiecksfragen“ | 110 | ||
9. Abstimmungsreihenfolge | 112 | ||
10. Wiederholung der Abstimmungshandlung vor einem „Hammelsprung“ | 113 | ||
11. Erklärungen zur Abstimmung | 115 | ||
V. Gesetzgebung | 115 | ||
1. Einbringung eines Gesetzentwurfs „aus der Mitte des Bundestages“ | 116 | ||
2. Rücknahme einer Gesetzesinitiative | 124 | ||
3. „Umgehung“ des Bundesrates durch „verkappte Regierungsvorlagen“ | 127 | ||
4. Beratung der Gesetzentwürfe im Plenum | 131 | ||
5. Grundsatz der relativen Unverrückbarkeit des Gesetzesbeschlusses | 138 | ||
6. Berichtigung eines fehlerhaften Gesetzesbeschlusses | 141 | ||
7. Zwischenergebnis | 147 | ||
VI. Exkurs: Extraparlamentarische Nutzung des Plenarsaals | 147 | ||
1. Sitzordnung in Sonderveranstaltunge | 148 | ||
2. Redebeiträge externer Gäste im Plenum | 151 | ||
D. Regeln zu Leitung und Ordnung der parlamentarischen Arbeit | 153 | ||
I. Der Bundestagspräsident als Sitzungsleite | 154 | ||
1. Sitzungsvorstand | 155 | ||
a) Vertretung in der Sitzungsleitung | 156 | ||
b) Aufgaben und Sitzordnung der Schriftführe | 158 | ||
2. Der Bundestags(-vize-)präsident als Abgeordnete | 160 | ||
3. Abberufung eines Bundestags(-vize-)präsidente | 163 | ||
II. Redeordnung | 170 | ||
1. Grundsatz und Reichweite der Redebefugnis | 171 | ||
a) Redeprivilegierte | 171 | ||
b) Worterteilung durch den amtierenden Präsidente | 174 | ||
c) Zulässigkeit von Zwischenrufe | 175 | ||
d) Verbot nonverbaler Äußerunge | 178 | ||
e) Keine Pflicht zu freiem Vortrag trotz Grundsatz freier Rede | 179 | ||
2. Reihenfolge der Redne | 181 | ||
3. Zwischenergebnis | 185 | ||
III. Parlamentarisches Ordnungsrecht | 186 | ||
1. Begriff der parlamentarischen Ordnung | 187 | ||
2. Informelle Ordnungsmittel | 189 | ||
a) Rüge und Zurückweisung als „unparlamentarisch“ | 189 | ||
b) Nachträgliche Verhängung eines Ordnungsmittels | 192 | ||
c) Mahnunge | 192 | ||
3. Ordnungskompetenz gegenüber Parlamentsexterne | 193 | ||
E. Ausschussregel | 198 | ||
I. Einberufung der Ausschusssitzungen durch den Vorsitzende | 198 | ||
II. Obleuterunde | 200 | ||
III. Berichterstattergespräche | 202 | ||
IV. Ausschussrückruf | 204 | ||
V. Abberufung eines Ausschussvorsitzende | 207 | ||
F. Proporzregel | 209 | ||
I. Ämter- und Gremienbesetzung | 209 | ||
1. Exkurs: Berechnung der Stellenwertanteile | 210 | ||
2. Besetzung des Bundestagspräsidiums | 213 | ||
3. Besetzung der Ausschussvorsitze | 216 | ||
4. Weitere proporzorientierte Regelmäßigkeiten mit Gremienbezug | 220 | ||
II. Verteilung der Plenarredezeit | 222 | ||
1. Ursprünge der Debattenkontingentierung zwischen Individualbeschränkung und Fraktionsparität | 223 | ||
2. Übergang zu Proporzerwägungen und Integration der Redeprivilegierten in die Redeordnung des Deutschen Bundestages | 226 | ||
3. Entwicklung eines generell anwendbaren Verteilungsschlüssels | 229 | ||
4. „Bonner Stunde“ und jüngste Entwicklungen zur Debattentypisierung | 231 | ||
5. Sonderformen kontingentierter Aussprache | 236 | ||
6. Berücksichtigung fraktionsloser und abweichender Abgeordnete | 237 | ||
7. Zwischenergebnis | 239 | ||
III. Proporzorientierte Fraktionsfinanzierung | 240 | ||
IV. Zwischenergebnis | 242 | ||
G. Kooperationsregel | 242 | ||
I. Intraorgankooperatio | 242 | ||
1. Interfraktionelle Vereinbarunge | 242 | ||
2. Berufung des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages und des Präsidenten des Bundesrechnungshofs | 244 | ||
3. Verteilung der Vorschlagsrechte für die Wahl der Richter des Bundesverfassungsgerichts | 246 | ||
4. Pairing | 249 | ||
5. Faire und loyale Anwendung der Geschäftsordnung | 254 | ||
II. Interorgankooperatio | 255 | ||
1. Ständiger Vertreter des Kabinetts im Ältestenrat | 255 | ||
2. Eingliederung der Mitglieder von Bundesregierung und Bundesrat in die parlamentarische Redeordnung | 256 | ||
3. Weitere Übungen der Interorgankooperatio | 257 | ||
III. Zwischenergebnis | 258 | ||
H. Inkompatibilitätsregel | 259 | ||
I. Horizontale Inkompatibilitäten mit Bundestagsbezug | 261 | ||
II. Vertikale Inkompatibilitäten mit Bundestagsbezug | 262 | ||
III. Innerparlamentarische Inkompatibilitäte | 264 | ||
IV. Zwischenergebnis | 264 | ||
I. Zwischenbilanz: Phänomenologie nicht kodifizierter Parlamentsregel | 265 | ||
I. Entstehungsumfeld nicht kodifizierter Parlamentsregel | 266 | ||
II. Leistungsspektrum nicht kodifizierter Parlamentsregeln im Spannungsfeld von Recht und Politik | 271 | ||
1. Nicht kodifizierte Parlamentsregeln als dynamisierungsoffener, aber regelbeständiger Teil der Geschäftsordnung im materiellen Sinne | 272 | ||
2. Regelung „unregelbarer“ Angelegenheite | 274 | ||
3. Einfluss moralischer Maßstäbe | 275 | ||
4. Seismograph der Parlamentskultu | 276 | ||
III. Ursachen der Wirksamkeit nicht kodifizierter Parlamentsregel | 280 | ||
IV. Risiken des Bestands nicht kodifizierter Parlamentsregeln im Spannungsfeld verfassungsrechtlicher Vorgabe | 284 | ||
V. Fazit: Tatsächlicher Charakter und Leitprinzipien nicht kodifizierter Parlamentsregel | 288 | ||
3. Kapitel: Typologisierung nicht kodifizierter Parlamentsregeln im Deutschen Bundestag | 289 | ||
A. Grundlagen und Terminologie des Parlamentsrechts: Die Parlamentsautonomie des Deutschen Bundestages | 290 | ||
I. Parlamentsautonomie im Grundgesetz | 291 | ||
II. Aufriss der historischen Entwicklung und Ausgestaltung parlamentarischer Autonomie | 294 | ||
1. Geschäftsordnungen als Anker parlamentarischer Autonomie | 296 | ||
2. Ursprünge in England und Rezeption in Frankreich | 297 | ||
3. Auswirkungen der deutschen Konstitutionalisierung | 298 | ||
4. Parlamentsautonomie in der Verfassungstraditio | 300 | ||
5. Parlamentsautonomie zwischen normativer Kontinuität und gesellschaftlichem Wandel | 305 | ||
B. Der Mischcharakter des Parlamentsrechts: Dualismus aus kodifizierten Rechtsquellen und nicht kodifizierten Regel | 306 | ||
I. Kodifizierte Rechtsquellen des Parlamentsrechts | 307 | ||
1. Kodifiziertes Parlamentsrecht auf Verfassungsebene | 307 | ||
2. Kodifiziertes Parlamentsrecht auf Ebene des einfachen Gesetzesrechts | 310 | ||
3. Die Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages | 312 | ||
a) Parlamentspraktische Bedeutung der formellen Geschäftsordnung | 314 | ||
b) Rechtssystematische Einordnung der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages in das Normgefüge des Parlamentsrechts | 316 | ||
aa) Zur „Rechtsnatur“ parlamentarischer Geschäftsordnunge | 317 | ||
bb) Die parlamentarische Geschäftsordnung in der Hierarchie der Rechtsnormen: Rang- oder Kompetenzfrage? | 324 | ||
cc) Problematik der Formenwahl: Zur Zulässigkeit der Regelung innerer Parlamentsangelegenheiten durch Gesetz | 326 | ||
dd) Bindungswirkung parlamentarischer Geschäftsordnunge | 329 | ||
(1) Zeitlich: Kontinuität des Geschäftsordnungsrechts | 329 | ||
(2) Personell: Außenwirkung des Geschäftsordnungsrechts | 334 | ||
ee) Zwischenergebnis | 336 | ||
4. Kodifiziertes Parlamentsrecht als rahmenbildendes Recht | 337 | ||
II. Nicht kodifizierte Normen des Parlamentsrechts | 338 | ||
1. Nicht kodifizierte Parlamentsregeln rechtlichen Charakters | 338 | ||
a) Terminologische Ausgangslage | 338 | ||
aa) Ungeschriebenes Parlamentsrecht als Oberbegriff | 339 | ||
bb) Gewohnheitsrecht als naheliegende Parlamentsrechtsquelle | 342 | ||
cc) Unklare Begriffe: Observanz und Herkomme | 344 | ||
dd) Konventionalregeln als spezielle Parlamentsrechtsnorme | 345 | ||
ee) Nicht geeignet: Allgemeine Parlamentsrechtsgrundsätze | 350 | ||
ff) Zwischenergebnis | 355 | ||
b) Parlamentarisches Gewohnheitsrecht | 355 | ||
aa) Gewohnheitsrecht – eine „veraltete“ Rechtsquelle? | 355 | ||
bb) Argumente für ein Refugium des Gewohnheitsrechts im Bereich des Parlamentsrechts | 363 | ||
(1) Parlamentspraxis und Parlamentsautonomie | 364 | ||
(2) Konsensorientierte Rechtsgemeinschaft „Deutscher Bundestag“ | 365 | ||
(3) Periodizität des parlamentarischen Geschehens | 366 | ||
(4) Geringer Einfluss der Rechtsprechung | 366 | ||
(5) Zwischenergebnis | 368 | ||
cc) Gewohnheitsrecht im demokratischen Verfassungsstaat der Bundesrepublik Deutschland | 368 | ||
(1) Exkurs: Standortbestimmung der Gewohnheitsrechtstheorie | 369 | ||
(2) Problem: Leistungsgrenzen der Hierarchisierung im Rechtssystem | 375 | ||
(3) Lösungsansatz: Die verfassungsgebende Gewalt des Volkes als demokratische Legitimationsidee des Rechts | 377 | ||
(4) Folge: Legitimität des Gewohnheitsrechts durch Konformität mit der grundgesetzlich konstituierten Rechtsordnung | 383 | ||
(5) Deshalb im Grundsatz: Festhalten an tradierten Entstehungsvoraussetzunge | 385 | ||
(6) Darüber hinaus: Keine Notwendigkeit richterlicher oder sonst amtlicher Anerkennung | 386 | ||
(7) Zwischenergebnis | 392 | ||
dd) Entstehungsvoraussetzungen parlamentarischen Gewohnheitsrechts | 392 | ||
(1) Objektiv-faktisches Kriterium: Nachweis einer eindeutigen Übung in der Staats- bzw. Parlamentspraxis | 393 | ||
(a) Bislang: „Dauernde Übung“ | 394 | ||
(aa) Notwendige Berücksichtigung der Strukturunterschiede nicht kodifizierter Parlamentsregel | 395 | ||
(bb) Kein Entgegenstehen des Diskontinuitätsgrundsatzes | 396 | ||
(b) Daher: „Prägnanz“ der tatsächlichen Übung als Normtextäquivalent | 397 | ||
(aa) Eindeutigkeit als Wortlautsurrogat | 398 | ||
(bb) Argumentationsansätze zur dauerunabhängigen Prägnanzfeststellung | 400 | ||
(α) Wiederholungsintensität | 400 | ||
(β) Gesamtumstände der Anwendung | 401 | ||
(γ) Umfang der Beteiligung | 401 | ||
(δ) Zwischenergebnis | 401 | ||
(2) Subjektiv-normatives Kriterium: Überzeugung von der Rechtsverbindlichkeit der „Gewohnheit“ | 402 | ||
(a) „Überzeugung“ als mehrheitlich getragene Sollens-Anordnung | 403 | ||
(b) „Überzeugung“ als Rangbestimmung | 407 | ||
(c) Kriterien einer objektivierten Untersuchung des subjektiven Rechtsempfindens innerhalb der Rechtsgemeinschaft zur Überwindung des Erkenntnisproblems | 408 | ||
(aa) Gesamtumstände der Anwendung oder Aufgabe | 409 | ||
(bb) Funktionaler Zusammenhang zu rechtlich anerkannten Vorgänge | 410 | ||
(cc) Rezeptionsindiz parlamentarischer Periodizität | 411 | ||
(3) Zwischenergebnis: Begriff des parlamentarischen Gewohnheitsrechts | 411 | ||
ee) Sonderfall: Verfassungsgewohnheitsrecht | 412 | ||
(1) Begriffliche Klarstellunge | 412 | ||
(a) Verfassungswandel | 413 | ||
(b) Verfassungskonkretisierung | 414 | ||
(c) Ungeschriebenes Verfassungsrecht und Verfassungsgewohnheitsrecht | 416 | ||
(2) Legitimation verfassungsrechtlichen Gewohnheitsrechts unter dem Grundgesetz | 417 | ||
ff) Zwischenergebnis | 422 | ||
c) Parlamentarische Konventionalregel | 422 | ||
aa) Rechtsnormcharakter parlamentarischer Konventionalregel | 423 | ||
(1) Kein Hindernis durch mangelnde Justiziabilität | 423 | ||
(2) Gegenstände der objektiven Parlamentsrechtsordnung | 425 | ||
bb) Entstehungsvoraussetzungen parlamentarischer Konventionalregel | 426 | ||
2. Nicht kodifizierte Parlamentsregeln nicht-rechtlichen Charakters | 428 | ||
a) Courtoisie: Gepflogenheiten des Anstands und Sittlichkeitsgebote | 428 | ||
b) Parlamentsbräuche: Politisch verbindliche Übungen und „werdendes Recht“ | 429 | ||
3. Zwischenergebnis | 431 | ||
C. Einordnung der empirisch nachgewiesenen nicht kodifizierten Regeln im Deutschen Bundestag anhand der entwickelten Typologie | 431 | ||
I. Mitgesetztes ungeschriebenes Verfassungsrecht | 431 | ||
1. Grundsätze der Verfassungsorgan- und Intraorgantreue | 432 | ||
2. Unvereinbarkeit der gleichzeitigen Mitgliedschaft in Bundestag und Bundesrat | 433 | ||
II. Parlamentarisches Verfassungsgewohnheitsrecht | 434 | ||
1. Grundsatz sachlicher Diskontinuität | 434 | ||
2. Eigenes Mandat als Wählbarkeitsvoraussetzung für das Amt des Bundestagspräsidente | 437 | ||
3. Grundsatz relativer Unverrückbarkeit des Gesetzesbeschlusses | 438 | ||
4. Unvereinbarkeit der gleichzeitigen Mitgliedschaft im Bundestag und in einer Landesregierung | 440 | ||
III. Parlamentarisches Gewohnheitsrecht im Range der Geschäftsordnung | 441 | ||
1. Gewohnheitsrecht zu Organisation und Verfahrensgang | 441 | ||
a) Verknüpfung der Präsidentenwahl mit dem Namensaufruf der Abgeordneten und der Feststellung der Beschlussfähigkeit | 441 | ||
b) Kompetenz des Ältestenrates zur Regelung von Geschäftsordnungsstreitigkeite | 442 | ||
c) Modifiziert offene Wahl der Mitglieder des Richterwahlausschusses und des Ausschusses gem. § 6 Abs. 2 BVerfGG | 442 | ||
d) Unterzeichnung einer Fraktionsvorlage nur durch den Vorsitzende | 443 | ||
e) (Gewohnheits-)Recht der Opposition, auf Regierungserklärungen zu antworte | 444 | ||
f) Gewohnheitsrechtliche Zulässigkeit „Vereinbarter Debatten“ | 444 | ||
g) Gewohnheitsrechtliche Bestimmung der Abstimmungsreihenfolge | 445 | ||
2. Gewohnheitsrecht zu Leitung und Ordnung der parlamentarischen Arbeit | 447 | ||
a) Verengung der Schriftführeraufgabe | 447 | ||
b) Gewohnheitsrechtliche Zulässigkeit von Zwischenrufe | 448 | ||
c) Verbot nonverbaler politischer Meinungskundgabe | 448 | ||
d) Praktische Umsetzung der Redeprivilegien (Art. 43 Abs. 2 Satz 2 GG) | 449 | ||
e) Rüge (im engeren Sinn) | 450 | ||
f) Zurückweisung einer Äußerung als „unparlamentarisch“ | 452 | ||
g) Nachträgliche Verhängung eines Ordnungsmittels | 452 | ||
3. Gewohnheitsrecht zu Ausschüsse | 453 | ||
a) Gewohnheitsrechtliche Zulässigkeit eines Ausschussrückrufs | 453 | ||
b) Besetzung des Vorsitzes und stellvertretenden Vorsitzes der Ausschüsse mit Abgeordneten unterschiedlicher Fraktione | 454 | ||
c) Gewohnheitsrechtliche Verteilung des Vorsitzes im Haushalts- und Rechnungsprüfungsausschuss | 456 | ||
d) Proportionale Verteilung der Sachverständigen auf die Fraktionen für Ausschussanhörunge | 457 | ||
4. Gewohnheitsrecht zur Proportionalisierung und Kooperatio | 458 | ||
a) Parität der Schriftführer im Sitzungsvorstand | 458 | ||
b) Ständiger Vertreter des Kabinetts im Ältestenrat | 459 | ||
5. Gewohnheitsrecht zu Inkompatibilitäte | 459 | ||
a) Unvereinbarkeit der gleichzeitigen Mitgliedschaft im Bundestagspräsidium und in der Bundesregierung | 459 | ||
b) Unvereinbarkeit der gleichzeitigen Ausübung eines Amtes als Ausschussvorsitzender und als Mitglied der Bundesregierung | 460 | ||
c) Unvereinbarkeit der Alterspräsidentschaft mit dem Amt des Bundeskanzlers | 461 | ||
d) Unvereinbarkeit der gleichzeitigen Ausübung eines Amtes als Mitglied des Bundestagspräsidiums und als Ausschussvorsitzende | 461 | ||
IV. Parlamentarische Konventionalregel | 462 | ||
1. Besetzung des Bundestagspräsidiums | 463 | ||
a) Verfassungskonventionalregel: Besetzung des Amtes des Bundestagspräsidenten mit dem vorgeschlagenen Mitglied der stärksten Fraktio | 463 | ||
b) Parlamentarisches Geschäftsordnungsgewohnheitsrecht: Vorschlagsrecht der stärksten Fraktion für das Amt des Bundestagspräsidente | 464 | ||
2. Bestimmung der durch die Fraktion präsentierten Kandidaten zu Ausschussvorsitzende | 465 | ||
3. Wahl der vom Bundestag zu bestimmenden Richter des Bundesverfassungsgerichts anhand der verteilten Vorschlagsrechte | 468 | ||
V. Parlamentsbräuche | 468 | ||
1. Parlamentsbräuche zu Organisation und Verfahrensgang | 469 | ||
a) „Vor-Fraktionen“ und „Vor-Ältestenrat“ | 469 | ||
b) Sitzordnung im Plenum | 469 | ||
c) Deklaratorische Übernahme der Geschäftsordnung | 470 | ||
d) Struktur der Sitzungswochen und Planung der Plenarsitzungstage | 470 | ||
e) Gestaltung der jährlichen Haushaltsberatunge | 470 | ||
f) Tagesordnungsfähigkeit einer Regierungserklärung und Aussprache | 470 | ||
g) Zulassung von Missbilligungs- und Entlassungsanträgen gegen Regierungsmitgliede | 471 | ||
h) Verbot von „Dreiecksfragen“ | 471 | ||
i) Trennung des Parlaments- und Repräsentationsbetriebs | 472 | ||
2. Parlamentsbräuche zu Leitung und Ordnung der parlamentarischen Arbeit | 472 | ||
a) Leitung der konstituierenden Sitzung durch den Alterspräsidente | 472 | ||
b) Vertretung des Bundestagspräsidente | 473 | ||
c) Mäßigung der Präsidiumsmitglieder im politischen Diskurs | 473 | ||
d) Rücktritt eines Präsidiumsmitglieds bei Vertrauensverlust | 474 | ||
e) Einteilung der Schriftführerpaare | 474 | ||
f) Sitzordnung der Schriftführe | 474 | ||
g) Wiederholung einer Abstimmungshandlung bei unklarem Ergebnis | 474 | ||
h) Keine Pflicht zu freiem Vortrag und Zulässigkeit der Zitierung | 475 | ||
3. Parlamentsbräuche zu Ausschüsse | 476 | ||
a) Vertretung des Ausschussvorsitzenden und dessen Stellvertreter durch das lebensälteste Mitglied | 476 | ||
b) Zeiträume für Ausschusssitzunge | 476 | ||
c) Obleuterunden und Berichterstattergespräche | 477 | ||
d) Benennung der Berichterstatte | 477 | ||
4. Proporzorientierte Parlamentsbräuche | 477 | ||
a) Zugriffsverfahren zur Besetzung der Ausschussvorsitze | 477 | ||
b) Grundmandat jeder Fraktion in kleinen Gremie | 478 | ||
c) Verteilung der Plenarredezeit und Bestimmung der Rednerreihenfolge | 478 | ||
5. Kooperationsbezogene Parlamentsbräuche | 479 | ||
a) Verteilung der Vorschlagsrechte für die Wahl der vom Bundestag zu bestimmenden Richter des Bundesverfassungsgerichts | 479 | ||
b) Pairing-Vereinbarunge | 479 | ||
c) Intraorganliche Rücksichtnahme: Faire und loyale Anwendung der Geschäftsordnung | 480 | ||
d) Interorganliche Rücksichtnahme | 480 | ||
e) Integration der Redeprivilegierten in die Redeordnung | 481 | ||
f) Ausübung der Ordnungsgewalt des sitzungsleitenden Präsidenten gegenüber Mitgliedern von Bundesregierung und Bundesrat | 482 | ||
VI. Courtoisie | 483 | ||
4. Kapitel: Schlussfolgerungen und Schlussbetrachtung | 485 | ||
A. Rechtssystematische Folgerungen aus der Typologie nicht kodifizierter Regeln im Deutschen Bundestag | 485 | ||
I. De lege lata: Charakteristika des nicht kodifizierten Parlamentsrechts | 485 | ||
1. Systematik des parlamentarischen Gewohnheitsrechts und sein Verhältnis zum kodifizierten Parlamentsrecht | 485 | ||
a) Parlamentarisches Gewohnheitsrecht als Äquivalent des kodifizierten Parlamentsrechts | 486 | ||
b) Anwendbarkeit der allgemeinen Normkollisionsregel | 487 | ||
2. Parlamentarische Konventionalregeln als „Regelungsumformer“ | 488 | ||
II. De lege ferenda: Aufgabe-, Modifikations- und Abweichungsoptionen für nicht kodifizierte Parlamentsregel | 489 | ||
1. Parlamentsbrauch und Akte der Courtoisie | 489 | ||
2. Parlamentarisches Gewohnheitsrecht | 489 | ||
a) Keine faktische Aufgabe oder Änderung verfassungsgewohnheitsrechtlicher Norme | 490 | ||
b) Dynamik des Gewohnheitsrechts im Geschäftsordnungsrang | 491 | ||
aa) Aufhebung oder Änderung eines Gewohnheitsrechtssatzes (Derogation) | 491 | ||
bb) Analoge Anwendung des für die kodifizierte Geschäftsordnung vorgesehenen Abweichungsverfahrens | 492 | ||
c) Auswirkungen einer Kodifizierung vormaligen Gewohnheitsrechts | 493 | ||
3. Parlamentarische Konventionalregel | 494 | ||
B. Schlussbetrachtung und Ausblick | 494 | ||
I. Bestätigung der Ausgangsthese: Dualismus des Parlamentsrechts | 495 | ||
II. Ausblick: Das informale Parlament in der Krise? | 496 | ||
C. Wesentliche Ergebnisse der Arbeit in These | 496 | ||
Literaturverzeichnis | 503 | ||
Stichwortverzeichnis | 560 |