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Außergerichtliche Regulierung strafrechtlicher Konflikte

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Brauchitsch, M. (2024). Außergerichtliche Regulierung strafrechtlicher Konflikte. Duncker & Humblot. https://doi.org/10.3790/978-3-428-59061-2
Brauchitsch, Marie von. Außergerichtliche Regulierung strafrechtlicher Konflikte. Duncker & Humblot, 2024. Book. https://doi.org/10.3790/978-3-428-59061-2
Brauchitsch, M (2024): Außergerichtliche Regulierung strafrechtlicher Konflikte, Duncker & Humblot, [online] https://doi.org/10.3790/978-3-428-59061-2

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Außergerichtliche Regulierung strafrechtlicher Konflikte

Brauchitsch, Marie von

Schriften zum Strafrecht, Vol. 425

(2024)

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About The Author

Die Autorin studierte von 2014 bis 2019 Rechtswissenschaften an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg und der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, wo sie anschließend am Lehrstuhl für Öffentliches Recht und Politik promovierte. Nachdem sie ihr Rechtsreferendariat am Kammergericht Berlin von 2021 bis 2023 absolvierte, nahm sie ihre Tätigkeit als Rechtsanwältin auf.

Abstract

Die Arbeit setzt sich mit dem Phänomen strafrechtlich relevanter Konflikte auseinander, die nicht entlang dafür vorgesehener staatlicher Verfahren, sondern innerhalb kulturell homogener Gruppen reguliert werden. Sie nähert sich dem Thema, indem sie zunächst die - im Ergebnis engen - Grenzen zulässiger außergerichtlicher strafrechtlicher Konfliktregulierung herausarbeitet, den bisherigen Stand der empirischen Forschung darstellt und sodann die soziologischen und religiösen Hintergründe der Praktiken interner Regulierung im Umfeld von Großfamilien mit türkisch-kurdischer und arabischer Provenienz erörtert. Weiterhin handelt sie die Voraussetzungen des Täter-Opfers-Ausgleiches ab, welchen die Regulierungspraktiken im Ergebnis nur selten gerecht werden. Sie prüft die Strafbarkeit von Beteiligten in diversen typischen Konstellationen wegen Delikten, die die Strafrechtspflege als Schutzgut haben. Zuletzt wendet sich die Arbeit Reaktionsmöglichkeiten des Rechtsstaates auf das Phänomen zu.»Extrajudicial Regulation of Conflicts Subject to Criminal Law«: The dissertation deals with the phenomenon of criminally relevant conflicts that are not regulated by state procedures but within culturally homogeneous groups. It identifies the limits of lawful extrajudicial criminal conflict regulation, analyses the practices of internal regulation in the environment of extended families of Turkish-Kurdish and Arab provenance and examines possible reactions of the state under the rule of law.

Table of Contents

Section Title Page Action Price
Vorwort 7
Inhaltsverzeichnis 9
Einleitung 15
I. Einführung 15
II. Gang der Darstellung 17
Erster Teil: Grundlegung – Strafrechtliche Einordnung außergerichtlicher Konfliktregulierung und Stand der Forschung 20
A. Die staatliche Gewalt und außergerichtliche Konfliktregulierung im Strafrecht 20
I. Die Strafgewalt des Staates 21
1. Vorbeugung privater Gewalt durch das staatliche Gewaltmonopol und Bürgerpflichten 21
2. Das Strafrecht als Garant sozialen Friedens 22
3. Die Sicherung rechtsstaatlicher Verfahren durch den staatlichen Strafanspruch 22
4. Das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung 23
5. Strafverfolgung grundsätzlich von Amts wegen – das Offizialprinzip 24
6. Fazit 25
II. Möglichkeiten privaten Handelns im Strafverfahren 25
1. Täter-Opfer-Ausgleich und Schadenswiedergutmachung 26
2. Antragsdelikte 28
3. Privatklagedelikte 31
4. Nebenklage 33
5. Zeugnis- und Auskunftsverweigerungsrechte 34
6. Zusammenfassung 37
III. Die Grenze von gewünschter bzw. geduldeter privater Konfliktregulierung und der Gefährdung des staatlichen Gewaltmonopols 38
B. Eine Auseinandersetzung mit den Begriffen „Paralleljustiz“ und „außergerichtliche Konfliktregulierung“ 42
I. Verschiedene Definitionsansätze für „Paralleljustiz“ 42
II. „Paralleljustiz“ als untaugliche Begriffswahl 45
III. Alternative Begriffswahl zu „Paralleljustiz“ 46
IV. Fazit 49
C. Empirischer Kenntnisstand zum Ablauf außergerichtlicher Konfliktregulierung 50
I. Populärwissenschaftliche Beiträge 51
1. Kirsten Heisigs „Das Ende der Geduld“ 51
2. Joachim Wagners „Richter ohne Gesetz“ 51
3. Thomas Heises und Claas Meyer-Heuers „Die Macht der Clans“ 53
II. Stimmen aus dem Umfeld 54
1. „Friedensrichter“ Hassan Allouche 54
2. Nader Khalil – Betreuer straffälliger Jugendlicher 55
3. Rechtsanwalt Erol Özkaraca 56
III. Kathrin Bauwens „Religiöse Paralleljustiz“ 56
IV. Der Kenntnisstand von Bund und Ländern 57
1. „Paralleljustiz“ in Berlin 59
2. „Paralleljustiz“ in Baden-Württemberg 61
3. „Paralleljustiz“ Lagebild Nordrhein-Westfalen 64
4. Forschungsprojekt „Konfliktregulierung in Deutschlands pluraler Gesellschaft“ 67
V. Fazit 68
Zweiter Teil: Kontext und Ursachen außergerichtlicher Konfliktregulierung 69
A. Migration und Integration 70
I. Herkunft – Migrationsgeschichte und -politik 70
II. Integrationsgrade und -faktoren 74
III. Die Bildung großfamiliärer „Clanstrukturen“ in Deutschland 76
B. Kollision sozialer Normen mit dem deutschen Rechtssystem 80
I. Kollektivistische Gesellschaften 81
II. Das Ehrverständnis der Herkunftsregionen und dessen Auswirkung 83
1. Ehrbegriffe und deren Bedeutung 84
2. Auswirkung auf die soziokulturelle Gesellschaftsstruktur 86
3. Der Umgang mit Konflikten in einer Schamkultur 87
4. Tatsächliche Verbreitung der Ehrauffassung aus den Herkunftsregionen unter in Deutschland lebenden Menschen 89
III. Konflikt von Eigenheiten des Ehrverständnisses mit dem deutschen Straf- und Strafprozessrecht 90
1. Kein hinreichender Ehrschutz durch das deutsche Strafrecht aufgrund einer divergierenden Ehrauffassung 90
2. Die Bedeutung des Schuldausgleichs als Zweck von Bestrafung 93
3. Kollektivistische Schamkultur versus individualistische Schuldkultur 98
a) Art und Weise der Rechtsanwendung 98
b) Strafrechtlich relevante Konflikte sind keine Privatangelegenheit 99
c) Gefährdung des Ansehens durch Öffentlichkeit deutscher Strafprozesse 99
d) Langwierigkeit der Gerichtsverfahren – zügige „Ehrwiederherstellung“ nicht möglich 100
4. Fazit 101
IV. Die Schlichtungstradition „Ṣulḥ“ 101
1. Ablauf der „Ṣulḥ“ bei strafrechtlichen Konflikten 102
2. Einfluss von „Ṣulḥ“ auf praktizierte Konfliktregulierung 103
3. Fazit 105
V. Einfluss von Religion auf außergerichtliche Konfliktregulierung 105
1. Exkurs: „Der Islam“ in Deutschland 106
a) Wahrnehmung in der Öffentlichkeit 106
b) Muslimisches Leben in Deutschland 107
c) Integrationsfaktor Religion 108
2. Streitschlichtung nach islamischem Recht 113
a) Grundzüge islamischen Strafrechts 114
b) Der Einfluss islamischen Strafrechts auf außergerichtliche Konfliktregulierung 116
c) „Ṣulḥ“ als kulturelle Tradition oder islamisch-religiöse Schlichtung? 118
d) Die Rolle religiöser Autoritäten als Schlichtungspersonen 120
e) Fazit 121
3. Mittelbarer religiöser Einfluss auf außergerichtliche Konfliktregulierung? 121
a) Verankerung des verbreiteten Ehrverständnisses im Islam 122
b) Islamischer Einfluss auf die Bildung patriarchalischer Gesellschaftsstrukturen? 126
4. Fazit 129
VI. Vergleich mit empirischen Erkenntnissen über Gesellschaftsgruppen mit ähnlichen soziokulturellen Strukturen 130
C. Zusammenfassung 134
Dritter Teil: Rechtmäßigkeit außergerichtlicher Konfliktregulierung und staatliche Reaktionsmöglichkeiten 136
A. Vereinbarkeit außergerichtlicher Konfliktregulierungspraktiken mit dem deutschen Straf- und Strafprozessrecht 137
I. Täter-Opfer-Ausgleich 137
1. Ein hypothetischer Fall 138
2. Die Voraussetzungen des Täter-Opfer-Ausgleichs 138
a) Kommunikation zwischen Täter und Opfer 139
b) Wiedergutmachung der Folgen der Tat 140
3. Einordnung des Ergebnisses 142
II. Die Grenzen des materiellen Strafrechts bei außergerichtlicher Konfliktregulierung 144
1. Ein hypothetischer Fall 146
a) Strafbarkeit des Täters 147
b) Strafbarkeit des Verletzten 148
aa) Rücknahme des Strafantrags durch den Verletzten 148
bb) Falschaussage des Verletzten vor Gericht 148
cc) Pflichtwidriges Schweigen des Verletzten vor Gericht 148
dd) Rücknahme des Strafantrages infolge einer Drohung 150
c) Strafbarkeit der Zeugin 151
d) Strafbarkeit von Schlichtungspersonen und sonstigen Dritten 151
aa) Strafbarkeit des Vaters des Verletzten der Vortat 152
(1) Strafvereitelung durch den Rat zur Rücknahme des Strafantrages 152
(2) Strafbarkeit durch den Rat zur Falschaussage 153
(3) Strafvereitelung durch den Rat zum pflichtwidrigen Schweigen 153
(4) Strafvereitelung durch die Nötigung zur Rücknahme des Strafantrages 157
(5) Zwischenergebnis 158
bb) Strafbarkeit des Vaters des Täters und der Zeugin 159
(1) Einwirkung auf den Vortäter 159
(2) Nötigung der Zeugin zur Geltendmachung des Zeugnisverweigerungsrechtes zugunsten des Sohnes 159
(3) Anstiftung des Vaters des Opfers 160
e) Ergebnis 161
2. Bezugnahme auf die Umstände im untersuchten Umfeld 162
a) Innerfamiliäre Konflikte 162
b) Soziale Konvention als Durchsetzungsmittel 163
c) Verfolgungsprobleme aufgrund vorherrschender Rechtsunkenntnis 164
III. Fazit und Stellungnahme 164
B. Reaktionsmöglichkeiten des Staates 165
I. Möglichkeiten der wahldeutigen Verurteilung 167
1. Wahlfeststellung zwischen § 164 Abs. 1 StGB und § 153 StGB 168
a) „Rechtsethische und psychologische Vergleichbarkeit“ 169
b) Lehre vom identischen Unrechtskern 174
c) Zwischenergebnis 175
2. Wahlfeststellung zwischen § 164 Abs. 1 StGB und § 258 Abs. 1 StGB 175
a) „Rechtsethische und psychologische Vergleichbarkeit“ 176
b) Lehre vom identischen Unrechtskern 179
c) Stellungnahme und Zwischenergebnis 181
3. Fazit 182
II. Strafschärfende Berücksichtigung einer versuchten Umgehung der Strafjustiz bei der Strafzumessung? 182
1. Duldung und Hervorrufung von Falschaussagen 185
2. Einflussnahme auf Zeugen zur Berufung auf ein Zeugnisverweigerungsrecht 186
3. Einflussnahme auf Zeugen zum pflichtwidrigen Schweigen im Strafprozess 187
4. Zurechenbarkeit des Nachtatverhaltens 188
5. Fazit 189
III. Weitere Möglichkeiten der Unterbindung und Verhinderung – rechtspolitischer Ausblick 191
1. Handlungsmöglichkeiten zur Eindämmung der Auswirkung illegitimer Konfliktregulierung auf das Strafverfahren im Einzelfall 191
a) Zeugenvernehmung 192
b) Schutz von Zeugen 195
c) Sicherung von Sachbeweisen 197
d) Maßnahmen gegen Hintergrundpersonen 197
2. Einzelfallunabhängige Präventionsmaßnahmen 199
a) Staatliche Akteure betreffende Maßnahmen 200
b) Auf das Umfeld der Großfamilien bezogene Maßnahmen 203
aa) Aufweichung hierarchisch-patriarchalischer Gesellschaftsstrukturen 203
bb) Schaffung von Zugängen zum Rechtsstaat 204
IV. Ausblick 207
Ergebnisse der Arbeit 209
Literaturverzeichnis 218
Stichwortverzeichnis 238