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Die Erweiterung des § 123 BGB zum verbesserten Schutz der rechtsgeschäftlichen Entscheidungsfreiheit

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Hinzpeter-Schmidt, R. (2024). Die Erweiterung des § 123 BGB zum verbesserten Schutz der rechtsgeschäftlichen Entscheidungsfreiheit. Duncker & Humblot. https://doi.org/10.3790/978-3-428-59214-2
Hinzpeter-Schmidt, Rosa. Die Erweiterung des § 123 BGB zum verbesserten Schutz der rechtsgeschäftlichen Entscheidungsfreiheit. Duncker & Humblot, 2024. Book. https://doi.org/10.3790/978-3-428-59214-2
Hinzpeter-Schmidt, R (2024): Die Erweiterung des § 123 BGB zum verbesserten Schutz der rechtsgeschäftlichen Entscheidungsfreiheit, Duncker & Humblot, [online] https://doi.org/10.3790/978-3-428-59214-2

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Die Erweiterung des § 123 BGB zum verbesserten Schutz der rechtsgeschäftlichen Entscheidungsfreiheit

Hinzpeter-Schmidt, Rosa

Schriften zum Bürgerlichen Recht, Vol. 580

(2024)

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About The Author

Rosa Hinzpeter-Schmidt studierte Deutsch-Französisches Recht an den Universitäten Erlangen-Nürnberg und Rennes I. Von August 2019 bis September 2024 arbeitete sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Arbeits- und Sozialrecht von Prof. Dr. Steffen Klumpp in Erlangen. Die von Prof. Dr. Steffen Klumpp betreute Arbeit wurde im Juli 2023 fertiggestellt. Die Disputation fand im Februar 2022 statt. Seit Oktober 2023 ist die Autorin Rechtsreferendarin am Oberlandesgericht Nürnberg.

Abstract

Anlässlich der Entscheidungen des BAG zum sogenannten »Gebot fairen Verhandelns« unternimmt die Arbeit eine erneute Standortbestimmung zu Strukturen und Systematik des Schutzes der rechtsgeschäftlichen Entscheidungsfreiheit im deutschen Privatrecht und zu Notwendigkeit und Mitteln einer Erweiterung des Schutzes. Der Fokus der Untersuchung liegt auf dem Anfechtungsrecht aus § 123 BGB bei Täuschung und Drohung. Sie entwickelt Maßstäbe einer möglichen Erweiterung des Anfechtungsrechts für Beeinträchtigungen der Entscheidungsfreiheit, die in ihrer Intensität mit der Beeinträchtigung durch Täuschung und Drohung vergleichbar sind. Eine analoge Anwendung des § 123 BGB ist möglich, im Sinne der Rechtsklarheit vorzugswürdig erscheint jedoch eine Neuregelung von § 123 BGB und § 2078 Abs. 2 BGB. Zur Konkretisierung des Begriffs werden einzelne Faktoren untersucht und bewertet, die in ihrem Zusammenwirken zu einer entsprechenden unzulässigen Beeinträchtigung führen können.»The Extension of Section 123 of the German Civil Code for a Better Protection Against Undue Influence on Contracting Parties«: The author examines the system of protection granted by the German civil law against undue influence exerted on contracting parties. She focuses on the annulment based on fraudulent misrepresentation or threats and concludes that the best way to better protect the free will of contracting parties is to extend the existing Section 123 of the German Civil Code. She develops criteria to determine which influences can lead to the annulment of a legal act and which influences must be endured by the influenced party.

Table of Contents

Section Title Page Action Price
Vorwort 7
Inhaltsverzeichnis 9
Abkürzungsverzeichnis 16
Einleitung 17
Kapitel 1: Die Selbstbestimmung als Geltungsgrund der Willenserklärung 21
A. Ausgangspunkt: Privatautonomie als Garantie selbstbestimmter Regelung 21
B. Die Bindung an die Willenserklärung 24
I. Selbstbestimmung als Geltungsgrund 25
1. Keine „Apriorität des Versprechens“ 25
2. Selbstbestimmung als entscheidender Geltungsgrund 26
3. Selbstverantwortung und „ethische Kraft der Vertragstreue“ 28
4. Keine eigenständige Bedeutung des Vertrauens- und Verkehrsschutzes 31
5. Geschäftsfähigkeit als Zugangsvoraussetzung zur rechtsgeschäftlichen Selbstbestimmung 33
6. Zwischenergebnis 38
II. Formelle und materielle Selbstbestimmung 38
1. Formelle und materielle Betrachtung 39
2. Rechtsgeschäftliche Entscheidungsfreiheit als materielle Selbstbestimmung 41
a) M. Wolf: Entscheidungsfreiheit als Tatbestandsmerkmal der Willenserklärung? 41
b) Positive Feststellung eines „freien Willens“? 43
aa) Die (Nicht-)‌Existenz des freien Willens 43
bb) Normative Bestimmung der selbstbestimmten Entscheidung 45
cc) Das Problem der „vernünftigen“ Entscheidung 47
c) Beeinträchtigte Entscheidungsfreiheit als negatives Merkmal 48
3. Zwischenergebnis 49
III. Verbindlichkeit bei fehlerhafter Selbstbestimmung 49
1. Ermittlung der Verbindlichkeit durch Interessensabwägung 50
2. Bestands- und Lösungsinteresse 51
a) Wessen Interessen sind zu berücksichtigen? 51
b) Inhalt von Bestands- und Lösungsinteresse 53
3. Abwägungsfaktoren 53
a) Keine eigenständige Bedeutung von Verkehrs- und Vertrauensschutz 53
b) Selbstverantwortung als entscheidendes Abwägungskriterium 55
aa) Verantwortung für die fehlerfreie Übermittlung einer Erklärung 55
bb) Verantwortung für die eigene Willensbildung 56
cc) Verringerung der Selbstverantwortung 57
IV. Alternativvorschlag: Rechtfertigungsprinzip? 58
V. Fazit 60
C. Bundesverfassungsgericht: Grundrechtlicher Schutz der rechtsgeschäftlichen Entscheidungsfreiheit 61
I. Die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts 61
1. Die Handelsvertreterentscheidung 61
2. Die Bürgschaftsbeschlüsse 63
3. Die Ehevertragsentscheidungen 65
II. Bewertung im Hinblick auf die rechtsgeschäftliche Entscheidungsfreiheit 67
1. Anerkennung der Bedeutung der Entscheidungsfreiheit im Sinne von materieller Selbstbestimmung 67
2. Noch einmal: der „angemessene Interessenausgleich“ durch Vertrag 69
3. Der Begriff der Vertragsparität 71
a) Wirtschaftliche oder intellektuelle Unterlegenheit 72
b) Aushandeln als Voraussetzung? 73
c) Existenzielle Abhängigkeit 74
d) Normative Bestimmung von Parität 75
4. Die zurechenbare Beeinträchtigung der Entscheidungsfreiheit 76
a) Entscheidungsfreiheit als einzig taugliches Kriterium 76
b) Die Merkmale „typisiert“ und „strukturell“ 77
c) Zurechenbarkeit der Beeinträchtigung der Entscheidungsfreiheit 81
5. Maßstäbe für die Inhaltskontrolle 82
6. Der Einfluss der Grundrechte 83
7. Staatliche Pflicht zur Vermeidung beeinträchtigter Entscheidungsfreiheit 86
8. Fazit 87
D. Fazit zur Bindung an die Willenserklärung 88
Kapitel 2: Telos und Regelungsstruktur der Anfechtungsrechte 91
A. Die Anfechtung als erneute Entscheidungsmöglichkeit über die Bindung 91
I. Schutz der Interessen des Erklärenden 92
II. Verkehrsschutz durch Anfechtungsfristen 93
III. Alternative: Schwebende Unwirksamkeit? 94
B. Störung im Erklärungsakt: §§ 119 I, 120 BGB 95
C. Endogene Störungen der Entscheidungsfreiheit 97
I. Die grundsätzliche Unbeachtlichkeit von Motivirrtümern 97
II. Motivirrtümer bei letztwilligen Verfügungen 99
III. Der Irrtum über verkehrswesentliche Eigenschaften, § 119 II BGB 99
D. Exogene Störungen der Entscheidungsfreiheit 102
I. Täuschung und Drohung 102
II. Täuschung und Drohung als kommunikative Akte 104
III. Lex specialis zur (erkannten) Mentalreservation? 105
IV. Normzweck: Schutz der Entscheidungsfreiheit 106
V. Weitgehende Rücknahme der Selbstverantwortung 109
1. Geringe Anforderungen an den Selbstschutz 109
2. Grund: Verursachung durch den Erklärungsempfänger 111
VI. Die Person des Täuschenden oder Drohenden 115
1. Gründe für die Ungleichbehandlung von Drittdrohung und Dritttäuschung 115
2. Überlegungen zur Einschränkung bei Drittdrohung 117
3. Eigener Standpunkt: Verantwortung des Erklärungsempfängers 121
4. Die Person des Dritten 129
VII. Widerrechtliche Beeinflussung 134
VIII. Subjektive Voraussetzungen 139
1. Das Vorsatzerfordernis 139
2. Bewusstsein der Rechtswidrigkeit? 145
IX. Kein Ersatz des Vertrauensschadens 146
X. Sonderfall: nicht empfangsbedürftige Willenserklärungen 147
XI. Anfechtung letztwilliger Verfügungen 149
E. Fazit zu den Anfechtungsrechten 150
Kapitel 3: Strukturen und Regelungsbereiche anderer Instrumente zum Schutz der Entscheidungsfreiheit 152
A. Präventive Schutzinstrumente 152
I. Geschäftsfähigkeit 153
II. Gesetzlich vorgeschriebene Form 155
1. Geringer Schutz durch die Schriftform 157
2. Stärkerer Schutz durch notarielle Beurkundung 157
3. Fazit 159
III. Gesetzlich angeordnete Informationspflichten 160
1. Förderung der Selbstverantwortung 160
2. Begrenzter Nutzen 161
3. Verbesserter Schutz durch Kombination von Vorgaben 162
IV. Präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt – § 14 HeimG 163
V. Fazit 168
B. Bedenkzeit nach bzw. vor dem Vertragsschluss 169
I. Nachträgliche Bedenkzeit: Verbraucherwiderruf 169
1. Überblick 169
2. Insbesondere: Überrumpelung 171
3. Regelungsmechanismus 175
a) „Schwebende Wirksamkeit“ 175
b) „Tatbestandslosigkeit“ 178
c) Unverzichtbarkeit des Widerrufsrechts 178
4. Anwendung auf Verträge zwischen Unternehmer und Verbraucher 180
5. Widerrufsrechte und die Verbindlichkeit der Willenserklärung 183
a) Privatautonomie und Selbstverantwortung des Verbrauchers 184
b) Privatautonomie und Verantwortung des Unternehmers 185
aa) Außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge 186
bb) Fernabsatzvertrag 189
cc) Andere Widerrufsrechte 190
c) Das Problem der Typisierung 191
6. Eignung zum Schutz der Entscheidungsfreiheit 193
7. Sperrwirkung der Widerrufsrechte? 195
8. Fazit 196
II. Bedenkzeit vor Vertragsschluss: § 495 III BGB 198
C. Die Sittenwidrigkeit des Rechtsgeschäfts nach § 138 BGB 199
I. Inhalts- statt Abschlusskontrolle 199
II. Das Wucherverbot des § 138 II BGB 202
1. Die Zwangslage 203
2. Unerfahrenheit, Mangel an Urteilsvermögen und erhebliche Willensschwäche 205
3. Die Ausbeutung der Schwächesituation 206
III. Die Generalklausel des § 138 I BGB 206
1. Das stark betonte inhaltliche Element 206
2. Die schwächere Ausprägung des Elements der beeinträchtigten Entscheidungsfreiheit 207
a) Die fortwährende Notwendigkeit eines Elements beeinträchtigter Entscheidungsfreiheit 208
b) Störungen der Entscheidungsfreiheit 209
IV. Sperrwirkung der berücksichtigten Beeinträchtigungen? 214
V. Umstandssittenwidrigkeit bei einseitigen Rechtsgeschäften 215
VI. Fazit 216
D. Die Inhaltskontrolle allgemeiner Geschäftsbedingungen 218
E. Die Beeinträchtigung der Entscheidungsfreiheit als Verstoß gegen Treu und Glauben, § 242 BGB 220
I. § 242 BGB als Mittel der Inhaltskontrolle 220
II. § 242 BGB als Mittel der Abschlusskontrolle? 222
F. Vertragsaufhebung im Wege der culpa in contrahendo, §§ 280 I, 241 II, 311 II BGB 223
I. Die Rechtsprechung des BAG zum „Gebot fairen Verhandelns“ 224
1. Das Urteil vom 07.02.2019 224
2. Das Urteil vom 24.02.2022 226
3. Bisherige Berücksichtigung des Gebots in Literatur und Rechtsprechung 227
4. Das „Gebot fairen Verhandelns“ in der Instanzrechtsprechung 228
II. Kritik am „Gebot fairen Verhandelns“ 230
III. Stellungnahme 233
1. Vertragsaufhebung im Wege der culpa in contrahendo 233
a) Schutz der Entscheidungsfreiheit über die c.i.c.? 233
b) Art des Schadensersatzes: Anspruch auf Vertragsaufhebung 237
c) Besondere Kausalitätsanforderungen? 239
2. Keine systemwidrige Aushöhlung der Vertragsbindung 241
a) Begrenzte Aussagekraft des Grundsatzes „pacta sunt servanda“ 241
b) Keine Sperrwirkung der bestehenden Rechtsbehelfe 243
3. Keine übermäßige Förderung von Rechtsunsicherheit 246
4. Die Möglichkeit fahrlässiger Beeinträchtigung 248
5. Analoge Anwendung der Anfechtungsfrist 250
6. Das „Gebot fairen Verhandelns“ als arbeitsrechtliche Besonderheit? 253
7. Nachteile der Konstruktion über den Schadensersatz 256
a) Schutzlücken 256
b) Die Anfechtung als vorzugswürdiges Instrument 258
c) Kein Vorteil des Schadensersatzes: Die Alternative der Vertragsanpassung 260
IV. Fazit 261
G. Der Schadensersatzanspruch aus § 9 II UWG 261
I. Anwendungsbereich 262
II. Unlautere geschäftliche Handlungen 263
III. Nicht mehr nur rein mittelbarer Schutz der beeinträchtigten Vertragspartei 264
IV. Bewusste Entscheidung des Gesetzgebers für Vertragsaufhebung im Wege des Schadensersatzes? 267
V. Fazit 267
H. Fazit zu den Schutzinstrumenten bei beeinträchtigter Entscheidungsfreiheit 268
Kapitel 4: Erweiterung individualisierter Lösungsrechte bei beeinträchtigter Entscheidungsfreiheit 270
A. Allgemeines Widerrufsrecht bei Überrumpelung 270
B. Erweiterung des Anfechtungsrechts aus § 123 BGB 272
I. Methodische Erweiterung oder Neuregelung 273
1. Analoge Anwendung des § 123 I BGB 274
a) Planwidrige Regelungslücke 274
aa) Regelungsplan des Gesetzgebers 274
bb) Vorschlag von Sack: Lücke zwischen § 119 BGB und § 123 BGB 275
cc) Einwände gegen eine planwidrige Unvollständigkeit 275
dd) Ergebnis 278
b) Vergleichbarkeit 279
aa) Einwirkung auf die Entscheidungsfreiheit 279
(1) Art und Intensität der Beeinträchtigung 279
(2) Keine direkte Heranziehung des UWG 281
(3) Verursachung durch den Erklärungsempfänger 282
bb) Widerrechtlichkeit der Beeinflussung 284
(1) Frage des „zumutbaren Widerstands“ 284
(2) Gesetzliche Anhaltspunkte für rechtliche Missbilligung 284
(3) Berücksichtigung vorhandener oder fehlender „Unterlegenheit“? 286
cc) Kausalität 287
dd) Subjektive Anforderungen 289
c) Analoge Anwendung des § 2078 II BGB 290
d) Fazit 291
2. Regelungsvorschlag de lege ferenda 291
a) Der Regelungsvorschlag Eidenmüllers 291
b) Eigener Regelungsvorschlag 292
II. Inhaltliche Ausgestaltung: Fallgruppen rechtswidriger Beeinflussung 294
1. Konkretisierung in Anlehnung an andere gesetzliche Vorschriften 294
a) Anlehnung an Vorschriften des UWG 294
b) Anlehnung an verbraucherschützende Widerrufsrechte 297
c) Anlehnung an § 136a StPO 298
2. Anhaltspunkte für eine unzulässige Beeinträchtigung der Entscheidungsfreiheit 300
a) Berücksichtigung des konkreten Erklärungsinhalts 300
b) Ausnutzung körperlicher beziehungsweise psychischer Schwäche oder fehlender Sprachkenntnisse 301
aa) In Betracht kommende Defizite 301
bb) Kritik: grundsätzlich keine Berücksichtigung vorgefundener Defizite? 302
cc) Stellungnahme 303
c) Überrumpelung 305
d) Belästigung 308
e) Psychische Druckausübung 310
aa) „Drohendes“ Verhalten 310
bb) Ausnutzung besonderer Nähe- oder Abhängigkeitsverhältnisse 312
cc) Moralischer Druck 313
f) Räumliche Komponente 315
g) Zeitliche Komponente 316
III. Konkurrenzen 317
1. Zu den Mängelgewährleistungsrechten 317
2. Zum Widerruf nach §§ 312g I, 312b BGB 318
3. Zu § 9 II UWG 319
Zusammenfassung 320
Literaturverzeichnis 328
Stichwortverzeichnis 348