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Das voluntarium indirectum

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Löhmer, A. (2024). Das voluntarium indirectum. Eine Untersuchung über das Doppelwirkungsprinzip und seine Anwendbarkeit in der Rechtsdogmatik. Duncker & Humblot. https://doi.org/10.3790/978-3-428-59110-7
Löhmer, Anton. Das voluntarium indirectum: Eine Untersuchung über das Doppelwirkungsprinzip und seine Anwendbarkeit in der Rechtsdogmatik. Duncker & Humblot, 2024. Book. https://doi.org/10.3790/978-3-428-59110-7
Löhmer, A (2024): Das voluntarium indirectum: Eine Untersuchung über das Doppelwirkungsprinzip und seine Anwendbarkeit in der Rechtsdogmatik, Duncker & Humblot, [online] https://doi.org/10.3790/978-3-428-59110-7

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Das voluntarium indirectum

Eine Untersuchung über das Doppelwirkungsprinzip und seine Anwendbarkeit in der Rechtsdogmatik

Löhmer, Anton

Recht und Philosophie, Vol. 15

(2024)

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Abstract

Ist es erlaubt, den Tod eines unschuldigen Menschen herbeizuführen, wenn der Todeserfolg nicht beabsichtigt, sondern nur billigend in Kauf genommen wird? Die der scholastischen Moraltheologie entstammende Lehre vom voluntarium indirectum (Prinzip der Doppelwirkung, »PDW«) gestattet die Todesverursachung als Nebenfolge einer intrinsisch neutralen Handlung, sofern die Absicht des Akteurs ausschließlich auf den positiven Effekt gerichtet ist und das vorhergesehene Übel durch einen schwerwiegenden Grund aufgewogen wird. Die vorliegende Arbeit gelangt zum Ergebnis, dass das PDW ein philosophisch überzeugendes Konzept und ein geradezu notwendiges Korrektiv einer jeden deontologischen Ethik darstellt. Weiterhin zeigt sie auf, dass das PDW auch in der Rechtsdogmatik Anwendung finden sollte, um neuralgische Rechtsfragen in Zusammenhang mit der indirekten Sterbehilfe, dem Kollateralschaden im Krieg, dem Flugzeugabschuss und dem Lebensnotstand einer konsistenten Lösung zuzuführen.»Voluntarium indirectum«: The thesis examines the so-called Principle of Double Effect (»PDE«) based on the question whether it is permissible to cause the death of an innocent person if the death is the unintended side effect of an intrinsically neutral act. It comes to the conclusion that the PDE is a philosophically convincing concept and should also be applied in legal doctrine in order to consistently resolve cases such as indirect euthanasia, collateral damage and the shooting down of an aeroplane.

Table of Contents

Section Title Page Action Price
Vorwort 5
Inhaltsverzeichnis 7
Abkürzungsverzeichnis 13
Einleitung 15
A. Die indirekte Sterbehilfe: ein strafrechtsdogmatischer Fremdkörper 19
I. Der Grundsatz des absoluten Lebensschutzes 19
1. Menschenwürdegarantie und Objektformel 22
2. Herleitung und Dimensionen des Tötungsverbots 25
a) Opferperspektive und Täterperspektive 25
b) Der scholastische Ansatz: Lebensrecht als Ausfluss des Tötungsverbots 27
3. Der Grundsatz des absoluten Lebensschutzes im Verfassungsrecht und Strafrecht 29
4. Die faktischen Durchbrechungen 33
II. Die dogmatische Legitimation der indirekten Sterbehilfe 36
1. Die Aporie der Rechtfertigungslösungen 38
a) Defekte der Notstandslösung und Einwilligungslösung 39
aa) Die Unabwägbarkeit des Lebensrechts 39
bb) Keine Anwendbarkeit des § 34 StGB auf denselben Rechtsgutträger 41
cc) Hauptargumente gegen die Rechtfertigungslösungen 44
b) Die modifizierte Einwilligungslösung nach Duttge 46
2. Die Aporie der Tatbestandslösungen 49
a) Erlaubtes Risiko, fehlender Tötungsvorsatz und sozialer Sinngehalt 49
b) Defekte der Tatbestandslösung 51
aa) Forensische Nachweisprobleme 51
bb) Der Vorwurf der Gesinnungsstrafbarkeit 53
cc) Die Direkt / Indirekt-Unterscheidung als dogmatischer Fremdkörper 55
3. Indirekte Sterbehilfe und Doppelwirkungsprinzip 57
B. Das voluntarium indirectum im scholastischen System 62
I. Die vier Voraussetzungen 62
II. Die historischen Ursprünge bei Thomas von Aquin 67
1. Die Quellen der Moralität: Objekt, Umstände, Zweck 67
a) Der actus humanus als Grundbedingung der Moralität 67
b) Die moralische und ontische Dimension des actus humanus 73
aa) Ontologische und ontische Qualitäten 73
bb) Der finis naturalis im menschlichen Lebensvollzug 75
cc) Technische Qualitäten 76
c) Die wesenskonstitutive Funktion des Handlungsobjekts 78
aa) Objekt und Umstände, Substanzen und Akzidenzien 79
bb) Die Abgrenzung von Objekt und Umstand 81
cc) Finis operis und finis operantis 84
dd) Der äußere Handlungsvollzug als Indikator des finis operis 89
d) Die physizistische Fehldeutung des Handlungsobjekts 91
aa) Die Verdinglichung des Handlungsobjekts 91
bb) Die Gleichsetzung von finis operis, finis naturalis und operatum 97
cc) Die Verengung des finis auf den finis operantis in der Tradition Abaelards 102
e) Die sittliche Relevanz der Umstände und Nebenwirkungen 107
f) Die Moralität der Handlung in sämtlichen Elementen 110
2. Das Notwehrbeispiel 114
a) Die intrinsische Immoralität der Tötungshandlung 114
b) Notwehrtötung als indirekte Todesverursachung? 121
III. Der Streit um die naturnotwendigen Handlungsfolgen 127
1. Die Methode der Mentalrestriktion 127
a) Varianten der Mentalrestriktion bei Cajetan, Kramer und Grisez 128
b) Gegenargumente bei Thomas von Aquin 134
c) Tradition und Lehramt 139
2. Die Objektzugehörigkeit der naturnotwendigen Handlungsfolgen in Anwendung auf das Notwehrbeispiel 145
a) Die Natur der Abwehrhandlung 145
b) Perspektiven der direkten Notwehrtötung 147
c) Mentalrestriktion bei Rhonheimer 150
3. Der Umfang der naturnotwendigen Handlungsfolgen 152
a) Die Anknüpfung an die Handlungsgattung oder die individuelle Handlung 152
b) Der Einbezug einzelfallbedingter Effekte in das Handlungsobjekt bei Scholz 156
c) Das Handlungsobjekt zwischen Intention und Wesenswirkung 160
IV. Die vier Voraussetzungen im Lichte der scholastischen Handlungstheorie 164
1. Die indirekten Nebenfolgen der aktiven Handlung 164
a) Erste Voraussetzung: die Handlung „in sich“ 165
b) Zweite Voraussetzung: die Intention 168
c) Dritte Voraussetzung: die Zweck-Mittel-Relation 172
d) Vierte Voraussetzung: die Abwägung der Handlungsfolgen 176
e) Die Erfüllung der vier Voraussetzungen 179
2. Die indirekten Nebenfolgen der Unterlassung 182
a) Voraussetzungen der Unterlassung 182
b) Die Unterlassung als Akzidens der aktiven Handlung 187
c) Sonderfragen der Unterlassung 191
aa) Unterlassen durch Tun 191
bb) Sittliche Mindergravidität der Unterlassung 192
3. Grenzfälle des indirekten Handelns 194
a) Die Behandlung der Eileiterschwangerschaft 196
aa) Die Rechtfertigung der Salpingektomie durch Bouscaren 196
bb) Die tugendethische Ansatz Rhonheimers 201
b) Auswege aus dem doppelten Lebensnotstand 205
aa) Das Kind als ungerechter Angreifer 205
bb) Die Anwendung des Totalitätsprinzips 207
c) Die Hingabe des eigenen Lebens 209
aa) Die Überdehnung der indirekten Selbsttötung 210
bb) Die intrinsische Qualität des Lebensopfers 213
C. Das voluntarium indirectum in der teleologischen Moraltheologie 215
I. Das Naturrecht in teleologischer Kritik 215
1. Absolute und relative Verbotsnormen 216
2. Die historische Dekonstruktion 219
3. Die ontische Gütermaximierung als Grundprinzip der Ethik 222
a) Die Negation des „intrinsece malum“ 222
b) Das Kriterium der Selbstwidersprüchlichkeit als Schwundstufe der intrinsischen Moralität 228
c) Die Relevanz von Intention und Gesinnung 233
4. Das „rechtverstandene Prinzip der Doppelwirkung“ nach Knauer 237
a) Die Knauersche Umdeutung der Begriffe 237
aa) Finis operis und finis operantis 237
bb) Direkt und indirekt 241
b) Eckpfeiler des Knauerschen Doppelwirkungsprinzips 243
aa) Das Doppelwirkungsprinzip als Universalprinzip 244
bb) Selbstwidersprüchlichkeit statt Güterabwägung 245
II. Naturwidrigkeit und Vernunftwidrigkeit als Kriterien der intrinsischen Immoralität 248
1. Sittlichkeit als ontische Vollkommenheit der Person 249
2. Die natürliche Erkennbarkeit des Sittengesetzes 251
3. Grenzen der spekulativen Selbstanalyse 254
4. Der unmittelbare Zugang zum natürlichen Sittengesetz 259
a) Die normative Kraft der inclinationes naturales und die Erkenntnis des spezifisch Humanen 260
b) Die Engführung der Neuen Naturrechtstheorie 265
5. Antworten auf den Essentialismus-Vorwurf 272
a) Die einfache und doppelte Naturwidrigkeit bei Thomas von Aquin 272
b) Die Enzyklika „Veritatis splendor“ 275
6. Das autonomistische Paradoxon 277
a) Grundzüge der autonomen Moral 277
b) Teleologische Moral als verkappter Essentialismus 281
D. Die Rezeption des Doppelwirkungsprinzips in der säkularen Ethik 286
I. Die Trolley-Kasuistik 286
1. Die Originalfassung von Foot 287
2. Die Variationen von Thomson 290
II. Die Verkennung des Handlungsobjekts 294
1. Die Unsicherheiten des Closeness-Kriteriums: Bennett, Davis und Marquis 294
2. Das kausalmechanistische Fehlverständnis der Direkt-Indirekt-Unterscheidung: Birnbacher, Kuhse und Hart 298
3. Die Überbetonung der Intention: Bennett und Steinhoff 302
III. Di Nuccis „Ethics without Intention“ 307
1. Die Verwechslung von Handlung und Geschehensablauf 308
2. Die Abgrenzung von Handlung und Handlungsfolge 309
a) Der „conterfactual test“ 309
b) Untaugliche Lösungen für das Closeness-Problem: Bennett und Bratman 311
3. Das geringfügig schlechte Mittel zum Zweck 313
IV. Das Doppelwirkungsprinzip und der Kantianismus 315
1. Das Doppelwirkungsprinzip als praktischer Kantianismus: Quinn 316
a) Verzweckungsverbot und Selbstzweckhaftigkeit 316
b) Kritik bei Marquis und von der Pfordten 318
2. Das Verbot der indirekten Instrumentalisierung 321
E. Die philosophische Berechtigung des Doppelwirkungsprinzips 325
I. Konsistenz 325
II. Ein Mittelweg zwischen Konsequentialismus und Kantianismus 326
1. Defekte des Konsequentialismus 328
2. Das deontologische Paradoxon 330
III. Jenseits der Handlungsfolgen 331
F. Die Anwendung des voluntarium indirectum in der Rechtsdogmatik 334
I. Der Kollateralschaden im Kriegsvölkerrecht 334
1. Diskriminierungsprinzip und Proportionalitätsprinzip 336
2. Merkmale der unerlaubten Kampfhandlung 339
II. Problemkreise der Strafrechtsdogmatik 342
1. Die Gleichwertigkeit der strafrechtlichen Vorsatzformen 343
a) Die Weite des strafrechtlichen Vorsatzbegriffs und ihre Defekte 344
aa) Der Lacmannsche Schießbudenfall und die Vorsätzlichkeit des unerwünschten Handlungseffekts 345
bb) Der eventualvorsätzliche Versuch 347
cc) Die Vorsätzlichkeit des voluntarium indirectum 349
b) Der dolus indirectus und seine Nutzbarkeit für die Abgrenzung von Vorsatz und Fahrlässigkeit 351
aa) Historische Bedeutung und moderne Rezeption des dolus indirectus in der Lehre von der Vorsatzgefahr 351
bb) Nutzbarkeit des dolus indirectus für die Abgrenzung von Vorsatz und Fahrlässigkeit? 355
2. Die Restriktionen der objektiven Zurechnung bei sozialadäquaten Tathandlungen 358
a) Unglück und Unrecht 359
b) Erlaubtes Risiko 361
aa) Erlaubtes Risiko und statistische Gefährlichkeit 362
bb) Sozialadäquanz trotz Schädigungsabsicht? 364
c) Risikoverringerung 367
aa) Risikoverringerung und Einwilligung bei indisponiblen Rechtsgütern 367
bb) Die Berücksichtigung von Reserveursachen 370
d) Beihilfe durch neutrales Verhalten 373
3. Die normative Differenz zwischen Handlung und Unterlassung 378
a) Die rechtfertigende Einwilligung in das Sterbenlassen 381
b) Die Durchbrechung des Abwägungsverbots am Lebensende 385
c) Der Vorrang der Unterlassungspflicht im Rahmen der Pflichtenkollision 388
aa) Die rechtfertigende Pflichtenkollision im Deliktsaufbau 388
bb) Der Vorrang des Tötungsverbots vor der Rettungspflicht 392
d) Unterlassen durch Tun 394
aa) Die Abschaltung des Beatmungsgeräts 395
bb) Die Ex-post-Triage 399
4. Zwischenergebnis: Die Restriktionen des subjektiven und objektiven Tatbestandes 402
5. Auswege aus dem Lebensnotstand 404
a) Die Abwägung „Leben gegen Leben“ 405
aa) Symmetrische und asymmetrische Gefahrengemeinschaften 406
bb) Reduziertes Lebensinteresse und mutmaßliche Einwilligung 408
b) Die Ausweitung des Notwehrrechts: Defensivnotstand und Verstrickung 411
aa) Der Defensivnotstand 411
bb) Der Kollateralschaden der Notwehrhandlung 416
c) Die Ausweitung der normativen Unterlassung 421
III. Der Flugzeugabschuss 424
1. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts 425
a) Die kollidierenden Pflichten des Hoheitsträgers 426
b) Strafrechtsdogmatische Notstandserwägungen 427
aa) „Teil der Waffe“ 427
bb) Reduziertes Lebensinteresse und freiwilliges Lebensopfer 429
2. Der Flugzeugabschuss als zulässiger Kollateralschaden 432
a) Die Wertungen des Kriegsvölkerrechts 432
b) Der Flugzeugabschuss im Lichte des Doppelwirkungsprinzips 433
aa) Der Tod der Passagiere als „Mittel“ der Rettung 434
bb) Die Zweckentfremdung des Zivilflugzeugs 435
c) Die Engführung bei von Schirach 438
G. Zusammenfassung und Ausblick: Die Integration des voluntarium indirectum 440
I. Eine subjektive Komponente? 440
II. Vorteile und Anwendungsbereiche des Doppelwirkungsprinzip 442
1. Der Lebensnotstand 442
2. Die Glättung strafrechtsdogmatischer Friktionen 444
III. Das Doppelwirkungsprinzip im Deliktsaufbau 447
Literaturverzeichnis 449
Sachwortverzeichnis 483