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Ausschluss aus dem Staatsvolk als Sanktion?

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Collorio, S. (2025). Ausschluss aus dem Staatsvolk als Sanktion?. Regelungen über den Verlust der Staatsangehörigkeit auf dem Prüfstand der Europäischen Menschenrechtskonvention. Duncker & Humblot. https://doi.org/10.3790/978-3-428-59307-1
Collorio, Sara Maria. Ausschluss aus dem Staatsvolk als Sanktion?: Regelungen über den Verlust der Staatsangehörigkeit auf dem Prüfstand der Europäischen Menschenrechtskonvention. Duncker & Humblot, 2025. Book. https://doi.org/10.3790/978-3-428-59307-1
Collorio, S (2025): Ausschluss aus dem Staatsvolk als Sanktion?: Regelungen über den Verlust der Staatsangehörigkeit auf dem Prüfstand der Europäischen Menschenrechtskonvention, Duncker & Humblot, [online] https://doi.org/10.3790/978-3-428-59307-1

Format

Ausschluss aus dem Staatsvolk als Sanktion?

Regelungen über den Verlust der Staatsangehörigkeit auf dem Prüfstand der Europäischen Menschenrechtskonvention

Collorio, Sara Maria

Schriften zum Völkerrecht, Vol. 262

(2025)

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About The Author

Sara Maria Collorio studierte Rechtswissenschaften an der Ludwig-Maximilians-Universität in München und der Université de Neuchâtel mit dem Schwerpunkt im Völker- und Europarecht. 2019 schloss sie ihre Erste Juristische Prüfung ab und erwarb 2021 einen LL.M. der Columbia University in the City of New York. Begleitend zu ihrer Promotion war sie in einer internationalen Wirtschaftskanzlei tätig. Ihr Rechtsreferendariat absolviert sie derzeit am Oberlandesgericht München.

Abstract

Im vergangenen Jahrzehnt hat das Staatsangehörigkeitsrecht verstärkt an Bedeutung im rechtlichen Instrumentarium europäischer Staaten gewonnen. Vor allem im Umgang mit sog. »foreign terrorist fighters« wurde die Möglichkeit der Ausbürgerung in diesem Zusammenhang diskutiert, und vielerorts auch davon Gebrauch gemacht. Der deutsche Gesetzgeber hat mit der Einführung von § 28 Abs. 1 Nr. 2 StAG auf dieses Phänomen reagiert, und so die bisher aus historischen Gründen begrenzten Möglichkeiten der Ausbürgerung von Deutschen um einen weiteren Tatbestand erweitert. Vor diesem Hintergrund beschäftigt sich die Arbeit mit den völkerrechtlichen Grenzen, die auch für diese - traditionellerweise dem domaine réservé der Staaten zugeordnete - Möglichkeit des Ausschlusses aus dem Staatsvolk bestehen. Dabei wird insbesondere die EMRK beleuchtet, für deren Art. 8 der EGMR über die »soziale Identität« einen Zugriffspunkt für den menschenrechtlichen Schutz vor Ausbürgerung eröffnet hat.»Exclusion from the Nation as a Means of Punishment? Rules on the Deprivation of Nationality in the Context of the European Convention on Human Rights«: This study deals with the international legal framework that limits states’ ability to expatriate their nationals. The topic of deprivation of nationality, which is traditionally assigned to the domaine réservé of states, has regained importance in the last decade. The study places a focus on the ECHR and the jurisprudence of the ECtHR, which has possibly opened up a point of access for human rights protection against deprivation of nationality through the concept of »social identity«.

Table of Contents

Section Title Page Action Price
Vorwort 7
Inhaltsverzeichnis 9
A. Einleitung 13
I. Ausbürgern und Verbannen 13
II. Aktuelle Gesetzgebung in Europa: die „Rückkehr der Verbannung“? 16
III. Ziel und Gang der Untersuchung 22
B. Grundlegendes zur Staatsangehörigkeit im (Völker-)‌Recht 26
I. Staatsangehörigkeit im aktuellen Rechtsverständnis 26
1. Staatsangehörigkeit und Staatsbürgerschaft 26
a) Staatsangehörigkeit 28
b) Staatsbürgerschaft 29
c) Sprachliche Unterschiede und weitere Charakteristika 31
2. Die Loslösung der staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten vom Status der Staatsangehörigkeit 32
a) Aufenthaltsrecht 34
b) Sozialstaatliche Unterstützung 35
c) Recht auf wirtschaftliche Betätigung und Zugang zu öffentlichen Ämtern 36
d) Wahlrecht 37
e) Staatsbürgerliche Pflichten und IPR 37
f) Fazit 38
II. Die (traditionelle) Rolle der Staatsangehörigkeit im Völkerrecht 40
1. Der StIGH im Fall „Nationality Decrees Issued in Tunis and Morocco“ 41
2. Das Haager Abkommen 1930 42
3. Der IGH im Fall „Nottebohm“ 43
4. Der Wandel der Rolle der Staatsangehörigkeit im Völkerrecht 45
C. Staatsangehörigkeitsverlust in den EMRK-Staaten 47
I. Systematisierung der staatsangehörigkeitsrechtlichen Verlustnormen in den EMRK-Mitgliedstaaten 48
1. Kategorisierung anhand der Art. 7 und 8 EÜStA 48
2. „Entziehung“ und „Verlust“ der Staatsangehörigkeit: Begrifflichkeiten und prozedurale Mechanismen 50
II. Freiwillige Aufgabe auf Veranlassung der Betroffenen 52
III. Unfreiwilliger Verlust auf Veranlassung des Staates 54
1. (Freiwilliger) Erwerb einer anderen Staatsangehörigkeit 55
2. Staatsangehörigkeitserwerb durch falsche Angaben u.ä. 56
3. Freiwilliger Dienst in ausländischen Streitkräften bzw. anderen öffentlichen Diensten eines fremden Staates 58
4. Verhalten entgegen den wesentlichen Interessen, gegen die nationale Sicherheit, Illoyalität 60
a) Verlust der Staatsangehörigkeit infolge terroristischer Aktivitäten 61
b) Andere Fälle illoyalen oder die nationale Sicherheit gefährdenden Verhaltens 63
5. Fehlen einer echten Bindung zwischen dem Vertragsstaat und einem Staatsangehörigen mit gewöhnlichem Aufenthalt im Ausland 66
a) Unterfall 1: Rückgängigmachen der Einbürgerung 68
b) Unterfall 2: Verhinderung der Generationenübertragung 69
c) Unterfall 3: Allgemeingültiger Schutz des genuine link 70
d) Weitere Kriterien 71
6. Verlust der Staatsangehörigkeit im Zusammenhang mit familiären Veränderungen 72
IV. Fazit 77
D. Grenzen für Staatsangehörigkeitsverlust auf globaler und außereuropäischer regionaler Ebene 78
I. Rechtsquellen auf globaler Ebene 78
1. Art. 15 AEMR 79
a) Die Entstehung des „Menschenrechts auf Staatsangehörigkeit“ 79
b) Rechtlicher Inhalt des Art. 15 AEMR 83
c) Rechtsnatur des Art. 15 AEMR 87
2. Art. 12 Abs. 4 IPbpR 89
a) Persönlicher Schutzbereich 91
aa) Enge Auslegung des Schutzbereichs im Fall „Stewart gegen Kanada“ 91
bb) Aktuelle, weite Auslegung des Schutzbereichs 93
cc) Staatsangehörigkeitsverlust unter Art. 12 Abs. 4 IPbpR 94
b) Sachlicher Schutzbereich 95
c) Schranke 96
d) Fazit 97
3. Sonstige Verträge auf globaler Ebene 98
II. Außereuropäische regionale Rechtsquellen zum Staatsangehörigkeitsverlust 99
E. Europäische Rechtsquellen zum Staatsangehörigkeitsverlust 101
I. Europäisches Übereinkommen über die Staatsangehörigkeit 101
II. Unionsrecht: die Verhältnismäßigkeitsprüfung nach „Rottmann“ und „Tjebbes“ 106
III. Europäische Menschenrechtskonvention 108
1. Art. 3 Abs. 2 ZP 4 EMRK 109
a) Sachlicher Schutzbereich 110
b) Persönlicher Schutzbereich 115
c) Staatsangehörigkeitsentzug zum Zweck der Ausweisung bzw. zur Verhinderung der Einreise 118
aa) Gesetzgebung in Deutschland: § 28 Abs. 1 Nr. 2 StAG 120
bb) Gesetzgebung in Dänemark: § 8 B Lov om Dansk Infødsret 124
cc) Ausbürgerungspraxis im Vereinigten Königreich auf Basis des Art. 40 BNA 126
dd) Fazit 130
d) Fazit und Verhältnis zu anderen Konventionsrechten 131
2. Art. 8 EMRK 132
a) Allgemeine Dogmatik des Art. 8 EMRK 132
aa) Schutzbereich 133
(1) „right to respect for“ 133
(2) Schutzbereichsausprägungen 134
(a) Privatleben 135
(b) Familienleben 137
(c) Wohnung 138
bb) Eingriff und Rechtfertigung 138
(1) Gesetzliche Grundlage 139
(2) Legitimes Ziel 141
(3) Notwendigkeit in einer demokratischen Gesellschaft 141
cc) Fazit 142
b) Rechtsprechung des EGMR in Staatsangehörigkeitsfragen 143
aa) Staatsangehörigkeit im Geltungsbereich der Konvention? 143
(1) „Familie K. und W. gegen die Niederlande“ (1985) 144
(2) „Karassev gegen Finnland“ (1999) 145
(3) „Genovese gegen Malta“ (2011) 147
(4) „Ramadan gegen Malta“ (2016) 149
bb) Etablierung einer Dogmatik in Staatsangehörigkeitsfällen? 151
(1) Die „etablierte“ Dogmatik in der Rechtsprechung des EGMR 152
(2) Vergleich mit der allgemeinen Dogmatik des Art. 8 EMRK 154
cc) Die Rolle der „Identität“ in der staatsangehörigkeitsrechtlichen Rechtsprechung 157
(1) Betrachtung sozialer Integration und Verbindung zum Staat in der staatsangehörigkeitsrechtlichen Rechtsprechung 157
(2) Rechtsprechung zur Staatsangehörigkeit als Teil der „Identität“ 160
F. Identität 164
I. „Teilbereiche“ der individuellen Identität 166
1. Personale Identität 167
2. Soziale Identität 169
3. Verhältnis der Teilidentitäten 171
4. Fazit 173
II. Theorie der sozialen Identität und Gruppendynamik 174
1. Theorie des realistischen Konflikts: das „Robbers Cave“-Experiment 175
2. Paradigma der minimalen Gruppe 176
3. Theorie der sozialen Identität und Selbstkategorisierungstheorie: der „Social Identity Approach“ 177
III. Das Bedürfnis nach Zugehörigkeit: Folgen des Ausschlusses aus Gruppen 179
IV. Berücksichtigung kultureller Unterschiede in der Identitätsforschung 182
V. Nationale Identität und Staatsangehörigkeit 184
1. Nationale Identität als Teil der Identitätstheorie 185
2. Empirische Untersuchung: „ISSP National Identity“ 189
a) Bedeutung der nationalen Identität im Vergleich zu anderen Teilaspekten sozialer Identität 190
b) Bedeutung der formellen Staatsangehörigkeit 192
c) Fazit 194
G. Staatsangehörigkeit als Teil des Privatlebens: Auslegung der EMRK-Bestimmungen 195
I. Kritik an der Herangehensweise des EGMR 195
II. Auslegung der EMRK-Bestimmungen (insbesondere Art. 8 EMRK) 197
1. Historische Auslegung: entgegenstehender Staatenwille? 200
2. Völkerrechtlicher Kontext: Zeichen eines „emerging consensus“ 207
a) Für alle EMRK-Vertragsstaaten gültiges Völkerrecht 208
b) Generelles völkerrechtliches Regelungsumfeld 210
c) Fazit und weitere Indizien für einen „emerging consensus“ 211
3. Wortlautauslegung: „Soziale Identität“ als tauglicher Anknüpfungspunkt für evolutive Auslegung? 213
4. Systematik und Teleologie: Verhältnis zu Art. 3 ZP 4 EMRK und Versuch einer harmonischen Gesamtauslegung 217
5. Vorteile der dargestellten Auslegung und rechtspolitische Erwägungen 219
H. Zusammenfassende Thesen 224
Literaturverzeichnis 230
Stichwortverzeichnis 251