Vom Ende des Vermeidungsgrundsatzes
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Vom Ende des Vermeidungsgrundsatzes
Perspektiven mehrfacher Staatsangehörigkeit
Schriften zum Öffentlichen Recht, Vol. 1562
(2025)
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Vito Tamburo studierte Rechtswissenschaften an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster. Im Jahr 2018 legte er das 1. Staatexamen am Oberlandesgericht Hamm ab. Im Anschluss an die Erste Staatsprüfung promovierte er bei Prof. Dr. Fabian Wittreck mit einer Arbeit im Staatsangehörigkeitsrecht. Von 2022 bis 2024 absolvierte er das Rechtsreferendariat im Oberlandesgerichtsbezirk Hamm. 2024 legte er das 2. Staatsexamen vor dem Landesjustizprüfungsamt Nordrhein-Westfalen ab. Er war Stipendiat der Friedrich-Ebert-Stiftung.Abstract
Im jüngst in Kraft getretenen Staatsangehörigkeitsmodernisierungsgesetz nahm der Gesetzgeber Abstand vom Vermeidungsgrundsatz mehrfacher Staatsangehörigkeit. Der Autor bereitet in seiner - zum Veröffentlichungszeitpunkt mithin (auch) rechtshistorisch geprägten - Untersuchung zum einen auf, auf welchen rechtlichen und staatspolitischen Fundamenten dieser Grundsatz gebaut ist, und zum anderen, ob und wo dessen Spurenelemente und Strukturgrenzen im höherrangigen und einfachen Recht zu verorten wären. Die Analyse zeigt Lokalisierungspunkte der rechtlichen Grenzen der unilateralen Steuerbarkeit der Mehrstaatigkeit auf und stellt die Chancen und Risiken aus der Perspektive der überkommenen Funktion der Staatsangehörigkeit als Zuordnungskonstante auf den Prüfstand. Ein Untersuchungsschwerpunkt wird hierbei auf die kritische Analyse einer ehemals zentralen Verkörperung dieses Grundsatzes gelegt, welche - bis zuletzt - ebenso einzigartig wie umstritten gewesen ist: das sog. Optionsmodell.»About the End of the Avoidance Principle. Prospects of Multiple Nationality«: This study is dedicated to a legal systematisation of the enforcement mechanisms of the avoidance principle of multiple citizenship that applied until the most recent reform of German nationality law. In this context, the legal policy parameters and roots of this principle are analysed. In addition, the most controversial legal figure in the history of German nationality law, the recently abolished option model, is examined from different legal perspectives.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Vorwort | 7 | ||
Inhaltsverzeichnis | 9 | ||
Abkürzungsverzeichnis | 26 | ||
A. Einführung: Staatsangehörigkeitsrecht und Mehrstaatigkeit im Kontext des Migrations(folgen)rechts | 33 | ||
I. Thematische Koordinatensetzung: Dichotomie des Untersuchungstopos | 35 | ||
II. Faktische Koordinatensetzung: Mehrstaatigkeit in ihren statistischen Realitäten | 38 | ||
III. Modus operandi, Gang der Untersuchung und Forschungsfragen | 42 | ||
1. Wozu eigentlich (noch) Staatsangehörigkeit? Lokalisierung rechtlicher Funktionsfacetten von Staatsangehörigkeit als Zuordnungskonstante | 43 | ||
2. Problemaufriss I: Exklusivität versus Mehrstaatigkeit – „Eine unendliche Geschichte“ | 44 | ||
3. Problemaufriss II: Perspektiven „des“ bzw. „eines“ Optionsmodells | 48 | ||
4. Folgen und Konsequenzen: Rechtspolitische Gestaltungsoffensiven als Alternative zum Optionsmodell im Prüfungsüberblick | 51 | ||
IV. Darlegung des Untersuchungsbedarfs und Reflexion des Forschungsstandes | 52 | ||
V. Abschließend: Was offen bleiben muss | 54 | ||
B. Funktionen, Bedingungen und rechtliche Konstituenten der (deutschen) Staatsangehörigkeit: Skizzierung eines elementaren Funktionswandels innerhalb des Migrationsrechts als Ausgangspunkt | 57 | ||
I. Grundlegungen: Staatsangehörigkeit als personale Basis von Legitimationsstrukturen im demokratischen Verfassungsstaat | 59 | ||
1. Überkommene Funktionsverständnisse und angehörigkeitsrechtliche Begriffsfacetten aus völker- und staatsrechtlicher Perspektive | 61 | ||
a) Völkerrechtliche Funktion: Staatsangehörigkeit als fundamentales und präzisiertes Zuordnungsinstrument | 63 | ||
b) Staatsrechtliche Funktion: Gesamtheit rechtlich definierter Staatsangehöriger als corpus des staatskonstitutiven Elements „Staatsvolk“ | 65 | ||
c) Staatsangehörigkeit und Integration | 67 | ||
d) Staatsangehörigkeit als Anknüpfungspunkt im Internationalen Privatrecht | 69 | ||
2. Sukzessiver Verständniswandel im Lichte zunehmender transnationaler Überlagerungserscheinungen und globaler Migrationsbewegungen | 70 | ||
a) Entpartikularisierung durch nationale und transnationale Dynamisierung tradierter Funktionen des Angehörigkeitsstatus: Ist das Daueraufenthaltsrecht „das neue Staatsangehörigkeitsrecht“? | 71 | ||
b) Der dynamische Rechtsstatus der Unionsbürgerschaft im stetigen Wandel hin zum „grundlegenden Status“: Vom losen Annex zur Statusemanzipation | 77 | ||
c) Folge: Rechtliche und soziopolitische Integrationsrendite durch Staatsangehörigkeit? | 83 | ||
d) Folgerungen und Resümee: Staatsangehörigkeit als Zuordnungskonstante im Kontext sich wandelnder Staatlichkeit | 86 | ||
II. Normative Grundlegungen der (deutschen) Staatsangehörigkeit | 87 | ||
1. Allgemein-völkerrechtliche Determinanten der Staatsangehörigkeit | 87 | ||
a) Grundsatz: Souveräne Ausgestaltung durch die Nationalstaaten, die Grenzen der Gestaltungshoheit und das Risiko des sog. genuine links | 88 | ||
b) Staatenlosigkeit als Schranke der Gestaltungsbefugnis? | 91 | ||
2. Konstitutionelle Präsuppositionen der Staatsangehörigkeit nach dem Grundgesetz: Verfassungsrechtliche Offenheit zugunsten der gesetzgeberischen Gestaltungsbefugnis | 94 | ||
a) Art. 16 Abs. 1 GG: Schutzbastion einer entziehungsfesten Staatsangehörigkeit als Fundament demokratischer Gleichheit | 94 | ||
aa) Schutzstandard des Art. 16 Abs. 1 GG als Abwehrrecht: Entziehungsschutz und Institutsgarantie | 95 | ||
bb) Verfassungsrechtliches Egalisierungsgebot: Deutsche Staatsangehörigkeit als Grundlage gleichberechtigter Zugehörigkeit | 97 | ||
cc) Punktuelle Permeabilität des Staatenlosigkeitsvorbehalts | 99 | ||
b) Art. 116 GG: Historischer Fußabdruck des Kriegs- und Diktaturunrechts mit zeitloser staatsrechtlicher Aufladung | 101 | ||
aa) Abs. 1: Definitionsvoranschlag des personellen Legitimationssubjekts | 101 | ||
bb) Abs. 2: Wiedereinbürgerungsoption und Nichtausbürgerungsfiktion als konstitutioneller Ausdruck der Wiedergutmachung | 104 | ||
cc) Formelle und materielle Staatsangehörigkeit als Konsequenz des Art. 116 Abs. 1 GG? | 105 | ||
c) Art. 6 Abs. 1 GG: Perpetuierung eines Grundsatzes der staatsangehörigkeitsrechtlichen Familieneinheit de constitutione lata? | 108 | ||
d) Dennoch: Keine absolute Gestaltungsfreiheit der Statuszugänge auf Kosten verfassungsrechtlicher Wertentscheidungen (Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1, 20 Abs. 2 S. 1 GG) | 110 | ||
3. Erwerbs- und Verlustvarianten der Staatsangehörigkeit de lege lata und rechtshistorische Prototypen | 112 | ||
a) Kursorische Genese staatsangehörigkeitsrechtlicher (Reform-)Gesetzgebung im Spiegel gesellschaftspolitischer Grundentscheidungen | 112 | ||
b) Erwerb | 116 | ||
aa) Originärer Erwerb (insbesondere der „Geburtserwerb“) | 116 | ||
(1) Angehörigkeitserwerb kraft Abstammung: Prämisse familiärer und sozialer Bindungsentwicklungen als Fundament des sog. ius sanguinis | 118 | ||
(2) Angehörigkeitserwerb kraft Geburt im Inland: Zum Facettenreichtum des sog. ius soli | 121 | ||
(a) Gesetzliche Verankerung: Keine hyperinklusive „Zufälligkeit der Geburt“, sondern Erheblichkeit von Elementen des ius domicilii | 122 | ||
(b) Kritik | 126 | ||
(aa) Sonderfall des „reinen“ ius soli auf Ebene der Unionsstaaten | 126 | ||
(bb) Deutsche Regelung: Viel Rauch um (fast) nichts? | 128 | ||
bb) Derivativer Erwerb | 130 | ||
(1) „Unter ferner liefen“: Tatbestände der Ermessenseinbürgerung | 131 | ||
(2) Solleinbürgerung ausländischer Ehegatten und Lebenspartner, § 9 StAG | 133 | ||
(3) Anspruchsvoraussetzungen der Einbürgerung nach § 10 StAG als Konnex von soziopolitischen Inklusions- und Exklusionsfaktoren | 135 | ||
(4) Einbürgerungsrecht als integrationspolitisches Wechselspiel | 139 | ||
c) Überblick: Verlustgründe nach dem StAG | 141 | ||
aa) Verlust der Staatsangehörigkeit auf Eigeninitiative | 142 | ||
bb) Rücknahme einer rechtswidrigen Einbürgerung als Ankerpunkt verfassungsrechtlicher Funktionsdiskurse über die Staatsangehörigkeit | 143 | ||
cc) Durchsetzungsmechanismen des Vermeidungsgrundsatzes im engeren Sinne | 143 | ||
dd) Verlust der Staatsangehörigkeit infolge des Eintritts in ausländische Streitkräfte oder der Beteiligung an Kampfhandlungen ausländischer terroristischer Vereinigungen | 144 | ||
III. Überleitendes Zwischenfazit: Zugehörigkeitskonstante unter Definitionshoheit des parlamentarischen Gesetzgebers | 146 | ||
C. Anatomie der Mehrstaatigkeit und des erodierenden Vermeidungsgrundsatzes: Normative Anlagen, rechtliche Wurzeln und rechts- und soziopolitische Begründungsansätze | 148 | ||
I. Staatsangehörigkeiten auf Kollisionskurs: Mehrstaatigkeit und ihr Zustandekommen | 150 | ||
1. Terminologische Klarstellungen: „Doppelte“ und „mehrfache“, „echte“ und „unechte“ Mehrstaatigkeit | 150 | ||
2. Entstehungsmodi der Mehrstaatigkeit | 152 | ||
a) Positivkollision originärer Erwerbsgrundsätze | 152 | ||
aa) Abkömmlinge bi- oder multinationaler Partnerschaften als Kollisionsreaktion internationaler Erwerbsmodi iure sanguinis | 152 | ||
bb) Kollision von ius sanguinis und ius soli in verschiedenen Staatsangehörigkeitsregimen | 153 | ||
b) Kumulierte Angehörigkeiten als Folge des derivativen Erwerbs der Staatsangehörigkeit | 154 | ||
3. Folgerungen | 155 | ||
II. Völkerrechtliche Auskunftslage: Die Vermeidung von Mehrstaatigkeit als internationalrechtliches Ziel? | 156 | ||
1. Allgemeines Völkerrecht: Gleichrangigkeit der Staatsangehörigkeiten und Gestaltungsbefugnis als Ausgangspunkt | 157 | ||
a) Keine allgemein-völkerrechtliche Maxime zur Hinnahme oder Vermeidung von Mehrstaatigkeit | 157 | ||
b) „Nemo potest exuere patriam“: Faktische Begünstigung durch Staatenpraxis der fehlenden Entlassungsbereitschaft | 159 | ||
2. Präzisierung und Generalisierung durch völkerrechtliche Verträge | 160 | ||
a) Bilaterale Verträge „unter deutscher Beteiligung“ als Prototypen ihrer Zeit voraus? | 160 | ||
b) Entwicklungsgenese völkervertragsrechtlicher Rezeptionen als Indiz für die Abstraktion von originärer und derivativer Entstehung von Mehrstaatigkeit | 164 | ||
aa) Globale Vermeidungsdesiderate: Haager-Konventionen 1930 – Ein Konglomerat „zahnloser“ Absichtserklärungen | 164 | ||
bb) Forcierung des geschlechtergerechten „système dualiste“ als Wegbereiter der Mehrstaatigkeit am Exempel einschlägiger UN-Konventionen | 167 | ||
c) Europäische Vermeidungsdesiderate: Übereinkommen über die Verringerung der Mehrstaatigkeit und über die Wehrpflicht von Mehrstaatern 1963 | 171 | ||
aa) Zaghafte Restriktionsversuche von Mehrstaatigkeit durch den Europarat | 172 | ||
bb) Zweites Zusatzprotokoll als exemplarischer Enttabuisierungsschlüssel | 175 | ||
d) Europäisches Übereinkommen über die Staatsangehörigkeit des Europarates 1997: „Vom Saulus zum Paulus“? | 177 | ||
aa) Holzschnitt: Staatsangehörigkeitsübereinkommen als Kodifikation gemeinsamer Prinzipien inklusive sukzessiver Berücksichtigung von Individualinteressen | 178 | ||
bb) Kompromiss der neutralen Rezeption von Mehrstaatigkeit als status quo im Europarat | 179 | ||
3. Folgerungen: Konkretisierung heutiger Vermeidungsbestrebungen durch Völkerrecht und Überantwortung an innerstaatlichen Diskurs | 183 | ||
III. Unionsrechtliche Auskunftslage: Mittelbare Durchschlagswirkungen im Interesse der Grundfreiheiten ohne genuinen Einfluss auf Vermeidungsmechanismen der mitgliedstaatlichen Staatsangehörigkeitsgesetzgebung | 184 | ||
1. Keine Implikationen auf mitgliedsstaatliche Vermeidungs- oder Toleranzstrategien | 184 | ||
2. Säulen operativer Elemente mehrfacher (EU-)Staatsangehörigkeit aus Sicht des Unionsrichterrechts | 186 | ||
a) Gullung und Gilly: Keine frühe unionsrechtliche Aufladung der EU-Mehrstaatigkeit | 186 | ||
b) Micheletti: Absage an Dominanzabstufungen und Validitätsnegierungen kumulierter Staatsangehörigkeiten zum Zwecke des Unionsrechts | 188 | ||
c) Garcia Avello und McCarthy: EU-Mehrstaatigkeit als Freifahrtschein zur unionsrechtlichen Jurisdiktionsgewalt? | 190 | ||
3. Folgerungen | 194 | ||
IV. Staatsrechtliche Auskunftslage und verfassungsrechtliche Exklusivitätsdesiderate | 195 | ||
1. Rechtliche Qualifikation von Mehrstaatigkeit unter dem Regime des StAG 1870 und des RuStAG 1913 als Kontraindikator vorkonstitutioneller Perpetuierungen eines Vermeidungsgrundsatzes | 195 | ||
2. Nochmals anhand der Verhandlungen des Parlamentarischen Rates: Umgangsstrategien an den parlamentarischen Gesetzgeber überwiesen | 200 | ||
3. Mehrstaater-Beschluss des BVerfG oder auch: Eine „Übeldoktrin“, die den Namen nicht verdient | 203 | ||
4. Ein „Verfassungsrecht der Mehrstaatigkeit“ oder ein „Verfassungsrecht gegen die Mehrstaatigkeit“? | 206 | ||
a) Institutsgarantie: Erwerbseinschränkungen als spiegelbildliches Analogon der grundsätzlichen Entziehungsfestigkeit der Staatsangehörigkeit? | 207 | ||
b) Nationalstaatliche Verfassungsinhärenz aus Art. 116 GG: Eine Schranke vermehrter Zulassung von Mehrstaatigkeit? | 211 | ||
c) Gleichheit: Mehrstaatigkeit und Vermeidungsgrundsatz als struktureller Ausgangspunkt gleichheitsverfassungsrechtlicher Kalamitäten? | 213 | ||
aa) Konzeptionelle Dimension („Ob“): Asymmetrische Standards als Distinktionsindikator zwischen genuin verfassungsrechtlichen und rechtspolitischen Kalamitäten | 213 | ||
bb) Qualitative Dimension („Wie“): Absolutes „Mehr“ an Rechten des Mehrstaaters im Vergleich zum Monostaater am Paradeexempel pluralisierter Partizipationsrechte? | 214 | ||
d) Staatsstrukturprinzipien: Gesetzgeberische Implikationen in das Staatsangehörigkeitsrecht und Hinnahme der Mehrstaatigkeit unter dem Demokratieprinzip? | 217 | ||
aa) Vorfrage: Offenheit des (angehörigkeitsrechtlichen) Volksbegriffes nach Art. 20 Abs. 2 S. 1 GG für normative Zuordnungsentscheidungen des Gesetzgebers | 217 | ||
bb) Keine Auflösung der Ausschließlichkeit des mit der Staatsangehörigkeit verbundenen exklusiven Treue- und Pflichtenverhältnisses als Verfassungs- und Demokratieproblem | 220 | ||
cc) Kein Funktionsverlust der konstitutionell abgesicherten Staatlichkeit durch eine individualistische Relativierung der Schicksalsgemeinschaft | 223 | ||
dd) Vice versa: Hinnahme von Mehrstaatigkeit kein genuin rechtliches Filtrat, sondern ein verfassungspolitisches Desiderat | 227 | ||
e) Verfassungsrechtliche Bilanz: Reformen ohne Verfassungsbruch, sondern als Index verfassungsrechtlicher Wertneutralität | 229 | ||
V. Architektur innerstaatlicher Durchsetzungsmechanismen und Revisionen des Vermeidungsprinzips: Von angehörigkeitsrechtlicher Scheinkonstituante zur offenen Rechtsillusion? | 231 | ||
1. Vermeidung von Mehrstaatigkeit im derivativen Staatsangehörigkeitserwerb als Epizentrum des sog. Vermeidungsgrundsatzes | 232 | ||
a) Vermeidung von Mehrstaatigkeit als normative Voraussetzung der Anspruchseinbürgerung | 232 | ||
aa) Implikationen von Regel und Verfahren: Reichweite der konstitutiven Anspruchs- und Integrationsvoraussetzung | 233 | ||
(1) Problem I: Verwaltungsrechtsdogmatische Frage des Verlust- und Aufgabezeitpunktes und problematische gesetzgeberische Kompatibilitätsofferte mit Nebenbestimmungen | 234 | ||
(2) Problem II: Rechts- und Integrationspolitische Folgewirkungen | 236 | ||
bb) Der Ausnahmenkatalog des § 12 StAG und dessen Rechtsprechungsgenese als Unzumutbarkeitskorrektiv: Strukturelle Fragilität des Vermeidungsgrundsatzes? | 238 | ||
(1) Fragilität: Rechtliche oder „faktische“ Unmöglichkeit der Aufgabe der bisherigen Staatsangehörigkeit, § 12 Abs. 1 S. 2 Nr. 1, Nr. 2 StAG, als genuin rechtlicher Abhängigkeitsnachweis des Vermeidungsgrundsatzes von ausländischer Staatsgewalt | 239 | ||
(2) Billigkeit: Versagung aus den Gründen in § 12 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 StAG zur Schaffung von Einzelfallgerechtigkeit | 242 | ||
(a) Gründe, die der Einzubürgernde nicht zu vertreten hat, und Bescheidung in nicht angemessener Zeit als präzise umrissene Ausnahmevorgaben | 243 | ||
(b) „Unzumutbarkeit“ als Wirkungsexempel des Vermeidungsgrundsatzes | 244 | ||
(3) Einzelfallgerechtigkeit: Ausnahmetatbestände für „unverhältnismäßige Schwierigkeiten“, „besondere Härte“ bis hin zu „erheblichen Nachteilen“ nach § 12 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 und Nr. 5 StAG | 248 | ||
(4) Ausnahmetatbestand für Flüchtlinge nach der GFK | 251 | ||
(5) Durchbrechung des Vermeidungsgrundsatzes qua Generalklausel und Verfassungsrecht? | 253 | ||
(a) Generalklausel des § 12 Abs. 1 S. 1 StAG: Systematisch synchronisiert mit dem Ausnahmenkatalog | 253 | ||
(b) Hinnahme von Mehrstaatigkeit als Produkt verfassungsrechtlicher Schrankensetzung durch individuelle Gewissenskonflikte (Art. 4 Abs. 1 GG) | 255 | ||
cc) Gesetzgeberisch gewollte Abweichung: EU-Mehrstaater und Staatsangehörige der Schweiz als angehörigkeitsrechtliche Privilegienträger | 257 | ||
b) Vermeidung von Mehrstaatigkeit im Zuge der Ermessenseinbürgerung | 260 | ||
c) Vermeidungsgrundsatz in der Ehegatten- und Lebenspartnereinbürgerung | 262 | ||
d) Konsequenzen und Würdigung des Vorstehenden: Eine „Regel-Ausnahme-Umkehrung“ als konzeptioneller Fragilitätsnachweis des Vermeidungsgrundsatzes? | 263 | ||
2. Vermeidungsgrundsatz auf der Verlustebene: Derivativer Erwerb einer ausländischen Staatsangehörigkeit und „Auslandsadoption“ Minderjähriger durch ausländische Staatsangehörige | 268 | ||
a) Rechtspolitische Immanenz und Struktur des § 25 Abs. 1 StAG als Zuwendungsindex zum ausländischen Einbürgerungsstaat | 268 | ||
b) Zentraler Exemtionsindikator: Beibehaltungsgenehmigung in § 25 Abs. 2 StAG | 270 | ||
c) Novellierungen des § 27 StAG als Exempel rechtspolitischer Konsistenzkontroversen über disparate Exemtionen des Vermeidungsgrundsatzes | 273 | ||
3. Originärer Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit: Grundsatz und Beschränkungen | 274 | ||
a) Konzeptionelle Beschränkung des originären Erwerbs iure sanguinis durch einen „Auslandsgenerationenschnitt“ | 275 | ||
b) Konzeptionelle Beschränkung des originären Erwerbs iure soli: Das Optionsmodell | 276 | ||
4. Folgerungen: Vermeidung von Mehrstaatigkeit als leicht überschreitbare Grenze eines jeden Erwerbs- und Verlusttatbestandes? | 277 | ||
VI. Rechtliche und scheinrechtliche Begründungsansätze zur Vermeidung oder Hinnahme von Mehrstaatigkeit | 281 | ||
1. Rechtshistorischer Ausgangspunkt: Überkommene Mitgliedschaftsvorverständnisse und ein Geflecht konkurrierender Nationalstaaten als Problemauslöser | 283 | ||
a) Differente Problemperspektiven unter völkerrechtlichen und staatsfunktionellen Koordinaten | 284 | ||
b) Folge der Radizierung: Krisenfallszenario ad extremum | 286 | ||
2. Rechtliche Konfliktpunkte: Prinzipielle Ignorierung fremder Staatsangehörigkeiten bei Inanspruchnahme eigener Staatsangehöriger als Ausgangspunkt | 290 | ||
a) Diplomatische und konsularische Schutzausübung: Der klassische Konflikt konkurrierender Personalhoheiten | 291 | ||
aa) Einwand: Schutzfrage als Resultat kollidierender Personalhoheiten par excellence | 292 | ||
bb) Replik I: Keine völkerrechtliche Schutzlosigkeit im Dreiecksverhältnis | 294 | ||
cc) Replik II: Zunehmender Rekurs auf die vorherrschende Staatsangehörigkeit als Folge zunehmenden „Empowerments“ des mediatisierten Individuums im Völkerrecht | 295 | ||
b) Reziprokes Verhältnis Heimatstaat – Individuum: Mehrfache Staatsangehörigkeit als mehrfache Inanspruchnahme? | 302 | ||
aa) Wehrpflicht: (K)ein Problem der laufenden Epoche? | 302 | ||
(1) Einwand: Die Aussetzung der Wehrpflicht in Deutschland als Alpha eines neuen Problems? | 303 | ||
(2) Lösungsangebot und Rechtslage: Aussetzung der Wehrpflicht als zweischneidiges Schwert | 304 | ||
bb) Steuerrecht: Gelöste Mehrfachbesteuerungen als Pioniere völkervertragsrechtlicher Zugänglichkeit | 308 | ||
c) Internationales Privatrecht: Keine Frage des „Ob“ der Mehrstaatigkeit, sondern eine Frage des „Wie“ | 312 | ||
aa) Mehrfache Staatsangehörigkeit, multiple Anknüpfung? | 312 | ||
(1) Einwand: Gefahr „hinkender Rechtsverhältnisse“ im IPR | 314 | ||
(2) Replik: Strukturschwäche der pro-domo-Klausel als Problemursache | 315 | ||
bb) Zuständigkeits- und Anerkennungswettläufe im internationalen und europäischen Zivilverfahrensrecht | 317 | ||
d) Holzschnitt: Fragen des Internationalen Straf- und Auslieferungsrechts: Sukzessiv bedeutungslos, im Unionsraum obsolet | 320 | ||
e) Rück- und Ausblick auf die rechtlichen Konfliktfelder anhand eines aktuellen Beispiels: Struktur- und Bestandsschwäche aller Einzelstaatsangehörigkeiten durch Statuspluralisierung aus verfassungsrechtlicher Sicht? | 323 | ||
3. Zum Spezifikum der EU-Mehrstaatigkeit: Demokratietheoretische Kalamität eines Grundsatzes „one person, two votes“ als Gefahr eines „nationality shoppings“? | 326 | ||
a) Seitenblick: Rar gesäte Privilegierungsmechanismen weiterer EU-Mitgliedstaaten für eine erleichterte Einbürgerung für EU-Ausländer | 328 | ||
b) Demokratiedefizit durch „echte“ Doppelwahlen? Die „Causa di Lorenzo“ als Menetekel künftiger Wahlungleichheiten? | 331 | ||
c) Demokratiedefizit durch „unechte“ Doppelwahlen? Rekurs und Abstraktion von der reklamierten doppelten Wahlmöglichkeit von Mehrstaatern | 336 | ||
d) Folgerungen: EU-Mehrstaatigkeit ohne partikulares Unrechtspotential | 338 | ||
4. Rechts- und integrationspolitische Kosten-Nutzen-Abwägung: Überwiegen die Chancen der Hinnahme von Mehrstaatigkeit die Destabilisierungsszenarien? | 339 | ||
a) Narrativ des automatisierten Loyalitätskonflikts: Irregularität kumulierter Staatsangehörigkeiten aufgrund eines exklusiven „Wesens“ der Staatsangehörigkeit? | 340 | ||
aa) Einwand: Statuskumulationen als normative Degradierung bürgerschaftlicher Zugehörigkeit im Allgemeinen? | 340 | ||
bb) Replik: Migrationspolitische Realitäten vor dem Anachronismus des exklusiven Loyalitäts- und Treuekonzepts der Staatsangehörigkeit | 343 | ||
b) Soziopolitische „Integrationshemmung“ durch mehrfache Staatsangehörigkeit? | 346 | ||
aa) Einwand: „Wir können aus dem ‚Staatenkuchenˋ uns nicht nur die Rosinen suchen“ | 347 | ||
bb) Replik: Artifizielle Vermengung nur bedingt kompatibler Sachfragen | 348 | ||
c) Gegenrede aus staatsfunktioneller und demokratietheoretischer Perspektive | 351 | ||
aa) Interventionsoptionen von Seiten der Hoheitsgewalt des Herkunftsheimatstaats: Destabilisierungswirkung durch außen- und innenpolitische Desintegrationseffekte | 352 | ||
(1) Ausgangspunkt: Mehrstaatigkeit als politisches Instrument zum Ausbau der personalhoheitlichen Souveränität über die Diaspora | 353 | ||
(2) Folgewirkung I: Außenpolitische Desintegration als Damoklesschwert hingenommener Mehrstaatigkeit? | 355 | ||
(3) Folgewirkung II: Innenpolitische Desintegration und Minderheitenschutz – Vorrechtliche Bedenken über aus Minderheitenrechten erwachsende Partizipationsinstanzen | 360 | ||
bb) Demokratietheoretische Implikationen: Wider die Unterinklusion durch Einräumung von Mehrstaatigkeit, wider die Überinklusion durch intergenerative Überführung in die Monostaatigkeit – Mehrstaatigkeit als Transitzustand | 364 | ||
d) Resümee: Staatspolitische und rechtssoziologische Vorteile im Einwanderungsstaat Deutschland | 367 | ||
5. Folgerung: Hinnahme von Mehrstaatigkeit kein rechtliches „Übel“, in reguliertem Maße ein potentieller „Genuss“ | 368 | ||
VII. Rechtsvergleichender Seitenblick: Staatenpraxis als Argument für eine stärkere Permission mehrfacher Staatsangehörigkeit? | 371 | ||
1. Grundlegend: Begrenzte Vergleichbarkeit staatsangehörigkeitsrechtlicher Konzeptionen? | 372 | ||
2. Trend innerhalb der EU-Mitgliedstaaten: Vorsichtige Tendenz in Richtung Hinnahme trotz vernehmbarer staatsangehörigkeitspolitischer Heterogenität | 376 | ||
VIII. Bündelung wesentlicher Erkenntnisse: Renitentes Festhalten am Vermeidungsgrundsatz als pars pro toto für ein monosedentäres Migrationsrecht? | 379 | ||
1. Auskunftslage des Völker- und Europarechts: Mehrstaatigkeit als öffentliches Statuskollisionsrecht nur peripher dem internationalen Recht überantwortet | 379 | ||
2. Auskunftslage des StAG: Fragilität des Vermeidungsgrundsatzes im Lichte künftiger Migrationsbewegungen | 380 | ||
3. Was ist das „Übel“ an der Mehrstaatigkeit? | 382 | ||
4. Desiderat: Transitorische Mehrstaatigkeit im Immigrationskontext als Materie des Völkervertragsrechts | 384 | ||
D. Retro- und Prospektive des sogenannten Optionsmodells als Spezifikum: Rostender Anker des Vermeidungsgrundsatzes? | 386 | ||
I. Konzeptionelle Säulen und Wurzeln des Optionsmodells | 387 | ||
1. Entwicklung des Optionsmodells als Kompromissresultat einer gesellschaftspolitischen Kontroverse | 387 | ||
a) Diskussionshergang: Reformpotential als Zufallsprodukt der Mehrheitsverhältnisse innerhalb beider Gesetzgebungsorgane | 388 | ||
b) Kursorisch: Verfassungswidrige Betaversion und Schnittstellen zum finalen Endprodukt des Optionsmodells – Das Modell der sogenannten Kinderstaatszugehörigkeit | 391 | ||
c) Erwerbsregelungstechnischer Paradigmenwechsel unter Inkaufnahme einer Einschränkung | 393 | ||
aa) „Traditionelle“ staatsangehörigkeitsrechtliche Etymologie der Option: Vom Instrument zur Vermeidung von Mehrstaatigkeit | 394 | ||
(1) Die Option als völkerrechtliches Instrument für ein verbindliches Zugehörigkeitsproprium nach einer Staatensukzession | 395 | ||
(2) Die Option als staatsangehörigkeitsrechtliches Gestaltungsinstrument: Gemeinsamkeiten und Unterschiede | 396 | ||
(3) Die Option als rares Instrument zur Vermeidung von Mehrstaatigkeit: Akademische Vorreiter und Tuchfühlungen aus der Staatenpraxis | 398 | ||
(a) Abwahlzwang als akademisches und rechtspolitisches Glasperlenspiel | 398 | ||
(b) Der Optionszwang als Instrument zur Vermeidung von Mehrstaatigkeit in der internationalen Praxis: Überholte oder gescheiterte Exempel | 401 | ||
(c) Noch heute als Verzichtsobliegenheiten praktizierte „Optionszwänge“ als Exempel prozeduraler und inhaltlicher Permeabilität | 403 | ||
(d) § 29 StAG als „deutscher Sonderweg“ | 406 | ||
bb) Rechtsnatur und Regelungswirkung – Mehrstaatigkeit unter auflösender Bedingung der Tätigung einer Obliegenheit | 407 | ||
cc) Administrative Eigentümlichkeiten des Optionsverfahrens nach alter und neuer Rechtslage | 409 | ||
dd) Die Beibehaltungsgenehmigung als verfassungsrechtlich notwendiges und systematisch folgerichtiges Korrektiv: Zusätzliches Einfallstor für Durchbrechungen des Vermeidungsgrundsatzes | 414 | ||
d) Skizzierung der rechtlichen und gesellschaftspolitischen Kontroverse über das „native“ Optionsmodell vor dem Änderungsgesetz | 417 | ||
aa) Rechtspolitische Schwächen und rechtliche Folgefragen des Optionsmodells | 417 | ||
(1) Während des Optionsverfahrens geborene Kinder | 417 | ||
(2) Migrationsfolgenrechtliche und rechtspolitische Probleme gestern und heute | 418 | ||
(3) Komplikationen im Bereich des Internationalen Privatrechts | 421 | ||
bb) Integrationspolitische Streitbarkeit des Optionsmodells als Zentrum der Kontroverse | 422 | ||
(1) Das Optionsmodell im Lichte der divergierenden Integrationsprämissen | 423 | ||
(2) Die Abwahlentscheidung als ausschließliches Barometer des Integrationsgrades | 425 | ||
(3) Begrenzte Aussagekraft empirischer Erkenntnisse zu dem Optionsverhalten der Betroffenen vor der Novellierung | 425 | ||
(4) Folgerung: Kompromissprodukt eines Optionsmodells unter Inkaufnahme von Zugeständnissen auf Seiten beider integrationspolitischer Ansätze | 428 | ||
2. Restrukturierung des Optionsmodells 2014: Entschärfung unter Inkaufnahme rechtlicher Probleme im dezimierten Anwendungsbereich | 429 | ||
a) Konzeptionelle Modifikationen im neuen Optionsrecht: Novellierter Voraussetzungskatalog als rechtliche Grundlage der profunden Modellentkräftung | 432 | ||
aa) Identischer Grundsatz: Äquivalenter Anwendungskreis | 433 | ||
bb) Teleologische Einschränkung bei Kindern aufgrund einer Naturalisation der Eltern? | 434 | ||
cc) Kriterium des „Aufwachsens“ im Sinne des Abs. 1a als neuer, zentraler Ausgangs- und Aufhebungsschlüssel | 436 | ||
(1) Grundlegung: Staatsangehörigkeitsrechtliche Auslegung des gewöhnlichen Aufenthalts im Inland | 437 | ||
(2) Härtefallklausel als flexibilisierendes Korrektiv in restriktiver Handhabung | 439 | ||
(3) Folgen und Würdigung der Bereichsausnahme: Weitgehende Entschärfung der rechts- und integrationspolitischen Sprengkraft | 440 | ||
dd) Erhalt des Hinweises nach Abs. 5 S. 5 als materielle Obliegenheitsvoraussetzung | 442 | ||
b) Erhebliche Applikationsprobleme im Optionsvorverfahren nach Abs. 5: Die ultima ratio der Öffentlichen Zustellung als Garant des fehlenden „Erhalts“ | 443 | ||
c) Zwischenergebnis: Optionsmodell als entschärftes Kompromissprodukt – Konzeptionelle Belastung des Erwerbs iure soli als Symbol? | 448 | ||
II. Verfassungsmäßigkeit und verfassungsrechtliche Implikationen eines Optionsmodells im Allgemeinen und des § 29 StAG im Besonderen | 449 | ||
1. Verfassungsrechtliche Bewertung des Optionsmodells aus der (facettenreichen) Perspektive des Art. 16 Abs. 1 GG | 449 | ||
a) Virulenz auf Verlustebene: Der Verlust der Staatsangehörigkeit qua optione als grundgesetzlich verbotene Entziehung im Sinne des Art. 16 Abs. 1 S. 1 GG? | 449 | ||
aa) Entziehungsbegriffe in Schrifttum und Rechtsprechung im Wandel: Abgrenzung zum Verlust | 450 | ||
(1) Wortlautorientierte und historisch-teleologische Auslegungszugriffe | 451 | ||
(2) Entwicklungsbemühungen des „Entziehungsbegriffes“ im Lichte der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung | 452 | ||
(3) Kursorisch: Vorzug und Schwäche des funktionellen Ansatzes des BVerfG unter komplementärer Heranziehung des Zumutbarkeitsansatzes | 455 | ||
bb) Notwendigkeit der Differenzierung verschiedener Verlustmodi | 457 | ||
(1) Positivoption ohne Nachweis über die Aufgabe der ausländischen Staatsangehörigkeit | 457 | ||
(2) Unterlassene Abgabe einer Erklärung | 459 | ||
(3) Positivoption für die ausländische Staatsangehörigkeit | 460 | ||
cc) Folgerung: Optionskonzept im Hinblick auf Art. 16 Abs. 1 S. 1 GG bedenkenlos | 461 | ||
b) Virulenz auf Erwerbsebene: Die optionsbelastete Staatsangehörigkeit als Differenzierung im Sinne einer Staatsangehörigkeit der „zweiten Klasse“? | 461 | ||
aa) Optionsbelastung keine inhaltliche Statusdiminuierung | 462 | ||
bb) Idealtypische Permanenz der Staatsangehörigkeit für die Verfassungskonformität unergiebig | 464 | ||
c) Optionsregelung als Verlusttatbestand im Sinne des Art. 16 Abs. 1 S. 2 GG: Abstraktion von Konzeption und Prozedur | 466 | ||
aa) Legitimer Zweck der Vermeidung von Mehrstaatigkeit: Heranziehung des Prinzips und gedeckter Novellierungsbedarf | 467 | ||
bb) Verfassungsrechtliche Kalamität der Ursprungsfassung: Fälle drohender Staatenlosigkeit bei prozeduralen Versäumnissen | 467 | ||
cc) Konzeptuell: Novellierte Optionsregelung als verhältnismäßiger Verlusttatbestand | 469 | ||
dd) Prozedural: Öffentliche Zustellung des Optionshinweises und der deklaratorischen Verlustfeststellung als verfassungsrechtlich unbetretbarer Verlustkorridor? | 471 | ||
d) Fazit: Abstrakte Entschärfung der verfassungsrechtlichen Virulenz aus Art. 16 Abs. 1 GG – Konkrete Verschärfung in der prozeduralen Verwirklichung | 476 | ||
2. Optionspflicht und Gleichheitssätze (Art. 3 Abs. 1, Abs. 3 S. 1, 33 Abs. 1 GG) | 476 | ||
a) Die Optionspflicht als gegen Art. 3 Abs. 3 S. 1 GG verstoßende Differenzierung nach der „Abstammung“ des Betroffenen? | 477 | ||
aa) Maßstab: „Staatsangehörigkeit“ als verbotenes Differenzierungskriterium? | 479 | ||
bb) Direkte Fassung der Optionsregelung nach § 29 StAG unter dem verbotenen Merkmal der „Abstammung“ oder „Heimat“? | 480 | ||
(1) Differenzierungskriterium „Abstammung“: Über ein verfassungsgerichtlich konstruiertes Nadelöhr | 480 | ||
(2) § 29 StAG als lediglich „dem Wesen nach auf der Abstammung beruhende“ Differenzierung | 482 | ||
(3) Inlandssozialisationsprivileg des „Aufwachsens“ (§ 29 Abs. 1a StAG) keine Diskriminierung nach der „Heimat“ | 484 | ||
b) Analyse optionsrechtlicher Gleichheitsprobleme am allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) | 485 | ||
aa) Konzeptionell: Gesonderte Pflicht für Deutsche iure soli im Allgemeinen als Ungleichbehandlung | 485 | ||
(1) Würdigung der als Rechtfertigungsgründe proklamierten Sacherwägungen | 486 | ||
(2) Divergierende Integrationsvermutungen zugunsten Deutscher iure sanguinis als gewichtiger sachlicher Differenzierungsgrund | 487 | ||
(a) Verhältnismäßigkeitseinwand | 488 | ||
(b) Replik | 489 | ||
(aa) Im Lichte der Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers | 490 | ||
(bb) Mit Einschränkung: Im Lichte der vom Gesetzgeber gewählten Ausgestaltung und der Rechtsnatur | 492 | ||
(cc) Spezifikum der Novellierung: Im Lichte partiell plausibilisierter Integrationsprämissen | 494 | ||
(dd) Mit Einschränkung: Im Lichte des Generationenschnitts, § 4 Abs. 4 StAG | 494 | ||
(3) Konzeptionelles Fazit: Distinktionen und Typisierungen zwischen den originären Erwerbsmodi als Exempel weitreichender gesetzgeberischer Gestaltungsbefugnis | 495 | ||
bb) Replikation der Vergleichsgruppen als inhärentes Plausibilitäts- und Verfassungsproblem | 496 | ||
cc) EU-Mehrstaater und Schweizer Mehrstaater versus Mehrstaater mit Drittstaatsangehörigkeit | 500 | ||
(1) EU-Mehrstaater | 500 | ||
(a) Sachlicher Grund: Rechtfertigung über internationale Sonderbeziehungen eingedenk des verfassungsrechtlichen Integrationsförderauftrages in Art. 23 GG? | 500 | ||
(b) Würdigung der sachlichen Gründe im Rahmen der Rechtfertigung: Nicht alles europäische Integration, was privilegiert? | 502 | ||
(2) Schweizer Bürger: Keine EU – kein sachlicher Privilegierungsgrund? | 505 | ||
(3) Zwischenergebnis: Privilegierungstatbestände als Abstraktionsexempel zwischen rechtspolitischen Zweifeln und gesetzgeberischer Gestaltungsbefugnis | 509 | ||
dd) Faktische Privilegierung von Staatsangehörigen entlassungsunwilliger Drittstaaten | 509 | ||
ee) Privilegierung von Spätaussiedlern (§ 15 BVFG) | 510 | ||
ff) Implementationsprobleme der Öffentlichen Zustellung als Indikator des Erfordernisses einheitlicher Rechtsanwendung (Art. 33 Abs. 1 GG) | 511 | ||
gg) Zwischenfazit: Gleichheitsrechtliche Kontrolle als Trennlinie zwischen rechtspolitischer Plausibilität und genuin verfassungsrechtlichen Geboten | 512 | ||
3. Demokratietheoretische Implikationen des optionsbedingten Staatsangehörigkeitsverlustes, Art. 20 Abs. 1, Abs. 2 GG | 513 | ||
4. Kursorisch: Konformität der grundrechtseinschränkenden Vorschrift mit (vermeintlichen) verfassungsrechtlichen Formalitäten | 515 | ||
a) Gesetzgeberisches Versäumnis im Hinblick auf das Zitiergebot? | 515 | ||
b) Hinreichende Bestimmtheit der Härtefallklausel (Art. 20 Abs. 3 GG) | 518 | ||
5. Ergebnisse der verfassungsrechtlichen Konformitätskontrolle: Entschärfungen und Verschärfungen einer in sich wenig tragfähigen Restregelung – Fokusverschiebung von der Konzeption auf die Prozedur | 519 | ||
a) Mittelbarer Einfluss der Reform auf die Verfassungskonformität: Grenzen der Integrationshypothesen und Hürden der prozeduralen Abwicklung | 519 | ||
b) Konzeptionelle Verfassungskonformität von Optionsmodellen, prozeduraler Stillstand als neues Verfassungsproblem | 520 | ||
III. Unionsrechtskonformität des § 29 StAG: Konzeptionsgrenzen staatsangehörigkeitsrechtlicher Verlustgründe in den Verträgen und einschlägiger EuGH-Rechtsprechung | 521 | ||
1. Art. 20 AEUV: Verlusttatbestände des nationalen Staatsangehörigkeitsrechts in „neuem“ unionsrechtlichen Prüfungsgewand | 522 | ||
a) Einschränkung des mitgliedsstaatlichen Monopols für staatsangehörigkeitsrechtliche Erwerbs- und Verlusttatbestände | 525 | ||
aa) Prozesshistorie EuGH [Rottmann] | 526 | ||
bb) Inventur und Entscheidungsgenese: „Rottmann“ als Schlüssel zur Erweiterung europäischer Jurisdiktionsgewalt | 527 | ||
b) Rs. Tjebbes als präzisierter Maßstab für Verlusttatbestände ex lege | 533 | ||
aa) Prozesshistorie EuGH [Tjebbes] | 534 | ||
bb) Kursorische Urteilsgenese: Komplementär oder Surrogat der Rottmann-Maßstäbe? | 535 | ||
cc) Würdigung: „Rolle rückwärts“ oder sinnvolle Ergänzung des Gerichtshofs? | 537 | ||
(1) Spezifikation des Verhältnismäßigkeitsvorbehalts nach den „Rottmann-Maßstäben“: EuGH im Spagat zwischen Residualkompetenz und Kernbestandsschutz | 537 | ||
(2) Keine Signalwirkung der Entscheidung hinsichtlich von Mehrstaatigkeit und des Vermeidungsgrundsatzes | 540 | ||
dd) Konsequenzen, Aussagekraft und Ausblick für das deutsche Staatsangehörigkeitsrecht | 542 | ||
(1) Konsequenz: Überkommene Verlustgründe ex lege im unionsrechtlichen Limbus? | 543 | ||
(2) Applikation der vorbezeichneten Grundsätze auf die Optionsregelung: Verschärfung des Schwebezustandes und unionsrechtlicher Präzisierungsbedarf | 548 | ||
2. Art. 21 AEUV: Das eingeschränkte Freizügigkeitsrecht als Indikator einer unionsbürgerschaftlichen Zwickmühle | 550 | ||
a) Bereichsausnahme für im Inland aufgewachsene Deutsche iure soli als Einschränkung der Freizügigkeit aus Art. 20 Abs. 2 Nr. 1, 21 AEUV | 551 | ||
b) Mitgliedstaatliche Prärogative zur Ausgestaltung und Würdigung staatsangehörigkeitsrechtlicher „enger Bindungen“ als Rechtfertigungsgrund? | 554 | ||
c) Verhältnismäßigkeit und unionsrechtskonforme Auslegung? | 556 | ||
3. Zwischenfazit und unionsrechtlicher Ausblick | 559 | ||
IV. Völkerrechtliche Evaluation des § 29 StAG als Beispiel des permissiven Rahmens für spezifische Angehörigkeitsmodelle | 561 | ||
1. Allgemeines Völkerrecht als unterentwickelter Prüfungsmaßstab | 561 | ||
2. Konformität mit multilateralen, staatsangehörigkeitsrechtlichen Abkommen: Vorbehalt zu Art. 7 des Europäischen Übereinkommens über die Staatsangehörigkeit | 562 | ||
3. Folgerung: Staatsangehörigkeitsrechtliches Unikat unter Völkerrechtskonformität | 565 | ||
V. Resultate: Perspektiven des (novellierten) Optionsmodells und Auswirkungen | 565 | ||
1. Ex post-Korrektur iure soli entstehender Mehrstaatigkeit: Eine als Grundsatz getarnte Ausnahme | 566 | ||
2. Rechtspolitische Tragfähigkeit und Zukunftsaussichten des Optionsmodells | 567 | ||
3. Politische Revitalisierungsperspektiven des Optionsmodells oder auch: Eine Reise ohne Wiederkehr? | 568 | ||
4. Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht: Konzeptionell ungewöhnlich, jedoch weitgehend rechtskonform – prozedural hochproblematisch | 570 | ||
5. Konsequenzen für den Vermeidungsgrundsatz: Indikator einer sukzessiven Wandlung zum Hinnahmeprinzip mit demokratietheorischen Korrektiven? | 571 | ||
a) Neue Asymmetrie von Geburtserwerb iure soli und Einbürgerungsvorschriften: Keine rechtliche Virulenz, sondern rechtspolitische Handlungsoption | 572 | ||
b) Neue gesetzgeberische und rechtspolitische Tendenzen durch die Entschärfung? | 573 | ||
6. Ausblick: Bereichsausnahme für im Inland aufgewachsene Deutsche iure soli als Anfang vom Ende des Optionsmodells? | 574 | ||
E. Genese rechtspolitischer Gestaltungsoffensiven als Alternativen zum Optionsmodell | 576 | ||
I. Modell der aktiven und ruhenden Staatsangehörigkeit als Flexibilisierung der letztmaßgeblichen Zuordnung? | 577 | ||
1. Konzeptionierungen: Bisherige Erfahrungen im spanisch-lateinamerikanischen und italienisch-argentinischen Rechts- und Personenverkehr als Blaupause? | 578 | ||
2. Kritik: Ein binäres Angehörigkeitsnetz als Rechtsutopie? | 580 | ||
a) Verfassungsrechtliche Implikationen durch die Einheitlichkeit der deutschen Staatsangehörigkeit: Implementierung artifizieller „Status im Status“? | 581 | ||
b) Unionsrecht: Keine Blockade durch Micheletti | 584 | ||
3. Konsequenz: Mehrwert des Modells und Reichweitenbegrenzung | 585 | ||
II. Unterbindung der unlimitierten „Weitervererbung“ kumulierter Staatsangehörigkeiten qua Generationenschnitt | 588 | ||
1. Terminologische Ausdifferenzierung: Kein Inlandsschnitt, sondern Auslandsschnitt | 589 | ||
2. Implementierung des Auslandsgenerationenschnitts, § 4 Abs. 4 StAG | 590 | ||
a) Verfassungsrechtliche Relevanz | 590 | ||
aa) Nichterwerb der Staatsangehörigkeit kein verfassungswidriges Entziehungsanalogon im Hinblick auf Art. 16 Abs. 1 GG | 591 | ||
bb) Exkurs: Aufhebung einer systemwidrigen Erstreckung von § 4 Abs. 4 S. 1 StAG auf verfassungsrechtliche Garantien des Art. 116 Abs. 2 GG | 592 | ||
b) Fehlende Kohärenz des in § 4 Abs. 4 S. 1 StAG angelegten „Generationenschnitts“ sowohl in rechtspraktischer als auch in rechtspolitischer Hinsicht | 595 | ||
c) Rechtspolitischer modus operandi und jüngere Gesetzesinitiative: Notwendigkeit des Ausbaus völkerrechtlicher Verträge und Abhängigkeit von außenpolitischen Koordinaten | 597 | ||
III. Generationsnachgelagerter Optionszwang für Mehrstaater als reformatio in melius? | 601 | ||
1. Konzeptionierung | 602 | ||
2. Replik | 603 | ||
IV. Sog. gestufte Staatsangehörigkeitsmodelle: Nur ein „fauler Kompromiss“ für die optionsrechtliche Ahnenreihe? | 606 | ||
1. Konzeptionierung | 606 | ||
2. Replik | 607 | ||
V. Folgerungen: Rechtspolitische Glasperlenspiele im Spannungsfeld zwischen politischer Realisierbarkeit und konstitutionellem Einheitlichkeitsgebot – Ein stummer Schrei nach einem „Völkerrecht der Staatsangehörigkeit“ | 609 | ||
F. Conclusiones finali, Beantwortung aufgeworfener Forschungsfragen und Ausblick | 611 | ||
I. Präsupposition: Das Recht der Staatsangehörigkeit als parlamentarisch und gesamtgesellschaftlich auszufechtende „Wer“-Frage | 611 | ||
II. Einfachgesetzliches Vermeidungsprinzip im Spannungsfeld fragwürdiger Rationalität und struktureller Fragilität | 612 | ||
III. The clash of nationality laws: Pragmatismus in der Rezeption von Positivkonflikten im globalisierten Zeitalter | 613 | ||
IV. „Was vom Optionszwange übrig blieb“: Symbolpolitische Reliquie oder genuine Konstituante des Staatsangehörigkeitsrechts? | 614 | ||
V. Versuch eines bidirektionalen Ausblicks: Parlamentarische Zukunftsmusik in den Perspektiven des Optionsmodells und der (inter-)nationalen Umgangsstrategien mit Mehrstaatigkeit | 615 | ||
VI. Kernthesen der Untersuchung | 617 | ||
Anlage: Vom Ende des Vermeidungsgrundsatzes unter dem Staatsangehörigkeitsmodernisierungsgesetz | 632 | ||
I. Das Gesetz zur Modernisierung des Staatsangehörigkeitsrechts: „Schlussstein oder Vehikel“ für den Staatsangehörigkeitsdiskurs? | 633 | ||
1. Restlose Abschaffung des Vermeidungsgrundsatzes | 633 | ||
2. „Causa finita?“ Wohl kaum! – Veränderte innen- und außenpolitische Realitäten als Katalysatoren neuer Aushandlungsimpulse | 635 | ||
II. Perspektivisch: Revitalisierungsperspektiven auf den unionsrechtlichen Prüfstand | 639 | ||
III. Ergebnis: Kein „Federstrich“ für den Zugehörigkeitsdiskurs | 643 | ||
Literaturverzeichnis | 645 | ||
Stichwortverzeichnis | 699 |