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Einzelfall und Norm

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Steiger, J. (2025). Einzelfall und Norm. Zur Rolle der Billigkeit in der Rechtsphilosophie der Frühen Neuzeit. Duncker & Humblot. https://doi.org/10.3790/978-3-428-59406-1
Steiger, Johann Benedikt. Einzelfall und Norm: Zur Rolle der Billigkeit in der Rechtsphilosophie der Frühen Neuzeit. Duncker & Humblot, 2025. Book. https://doi.org/10.3790/978-3-428-59406-1
Steiger, J (2025): Einzelfall und Norm: Zur Rolle der Billigkeit in der Rechtsphilosophie der Frühen Neuzeit, Duncker & Humblot, [online] https://doi.org/10.3790/978-3-428-59406-1

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Einzelfall und Norm

Zur Rolle der Billigkeit in der Rechtsphilosophie der Frühen Neuzeit

Steiger, Johann Benedikt

Recht und Philosophie, Vol. 17

(2025)

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About The Author

Johann Benedikt Steiger studierte als Stipendiat des Evangelischen Studienwerkes Villigst Rechtswissenschaften an der Juristenfakultät der Universität Leipzig mit Schwerpunkten in Rechtsphilosophie, Rechtsgeschichte und Staatskirchenrecht. Nach der Ersten Juristischen Prüfung im Jahr 2020 war er als Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Strafrecht, Strafprozessrecht, Internationales Strafrecht, Strafrechtsvergleichung und Rechtsphilosophie (Universität Leipzig) tätig. Dort forschte er schwerpunktmäßig zur Rechtsphilosophie der Frühen Neuzeit und des Existenzialismus. Im Jahr 2024 erfolgte die Promotion zum Dr. iur. durch die Universität Leipzig.

Abstract

Das Verhältnis von Einzelfall und Norm stellt seit der griechischen Antike eine zentrale Problemfrage der Rechtsphilosophie dar. Der Begriff der Billigkeit (gr. ›epieíkeia‹, lat. ›aequitas‹) verkörpert den Versuch der rechtsmethodischen Beantwortung dieser Problemfrage. Die heterogenen billigkeitsphilosophischen und -theologischen Traditionslinien aus Antike und Mittelalter kulminieren in den verschiedenartig ausdifferenzierten Billigkeitsverständnissen der Frühen Neuzeit. Die mit dieser Schrift erstmals vorgelegte epochenübergreifende billigkeitsphilosophische Analyse zeigt - bei allen bestehenden teils deutlichen Differenzen zwischen den untersuchten Autoren - eine übergreifende hermeneutische Prägung sowie eine theologische Legitimationskontinuität der frühneuzeitlichen Billigkeitsverständnisse. Deren Bedeutung erschöpft sich dabei nicht in einer historischen Relevanz, sondern erstreckt sich auf rechtsethische Impulse für den rechtsphilosophischen Diskurs der Gegenwart.»Individual Case and General Norm: Equity in Early Modern Legal Philosophy«: Since antiquity, legal philosophy has addressed the question of the relationship between individual cases and general norms under the concept of equity. An examination of the concept of equity in the 16th and 17th centuries reveals a hermeneutic character and a theological legitimization as continuities of the author-specifically differentiated concepts of equity. These concepts furthermore provide insights relevant for present-day discourses in legal philosophy.

Table of Contents

Section Title Page Action Price
Vorwort 7
Inhaltsverzeichnis 9
Abkürzungsverzeichnis 14
A. Einleitung 19
I. Verortung des rechtsphilosophischen Problems der Billigkeit 19
II. Terminologie 21
1. Rechtsstatik und Rechtsdynamik 22
2. Dialektik 23
3. Juristisch-Relational und Ethisch-Habituell 24
B. Grundlagen des Billigkeitsverständnisses der Frühen Neuzeit 26
I. Antike Philosophie 27
1. Griechische Philosophie 28
a) Begriff und Bedeutung der epieíkeia im Altgriechischen 28
b) Verständnis der epieíkeia in der vorplatonischen Zeit 28
c) Das materiale Verständnis der epieíkeia als Form von (Zufalls-)Gerechtigkeit bei Platon (428/427 – 348/347 v. Chr.) 29
aa) Dialog Politikos: epieíkeia als Form von Gerechtigkeit 30
bb) Dialog Nomoi: epieíkeia als Zufallsgerechtigkeit 36
cc) Zusammenfassung 38
d) Epieíkeia als Form von Recht und Gerechtigkeit in der Lehre des Aristoteles (384 – 322 v. Chr.) 43
aa) Das funktionale Verständnis in der epieíkeia-Lehre des Aristoteles: Epieíkeia als Instrument zur Verbesserung des positiv-abstrakten Rechts 43
(1) Topica: Der früharistotelische Begriff der epieíkeia 43
(2) Magna Moralia: Verhältnis von Materialität und Funktionalität 44
(3) Nikomachische Ethik 46
(4) Rhetorik 52
(5) Zusammenfassung 59
bb) Verhältnis von Naturrecht und epieíkeia 60
cc) Zusammenfassung 62
e) Zusammenfassung 65
2. Römische Jurisprudenz 70
a) Einfluss der aristotelischen Billigkeitsphilosophie auf die römische Jurisprudenz 70
b) Begriff und Bedeutung der aequitas 73
aa) Terminologie 73
bb) Summum ius summa iniuria, oder: Die Verbindung von aequitas und iustitia 75
c) Die Verortung der aequitas im ius durch Marcus Tullius Cicero (106 – 43 v. Chr.) 83
aa) Das ius civile als aequitas constituta 84
bb) Zusammenfassung 87
d) Rezeption der aristotelischen epieíkeia-Lehre im Corpus Iuris Civilis 89
e) Zusammenfassung 93
3. Zusammenfassung 97
II. Mittelalterliche Theologie und Kirchenrecht 99
1. Aristoteles-Rezeption in der Scholastik durch Thomas von Aquin (1225 – 1274) 100
a) Die Epikie-Lehre des Thomas von Aquin 101
b) Zusammenfassung 113
2. Die aequitas canonica in Theologie und Kirchenrecht 115
3. Zusammenfassung 119
III. Conclusio 120
C. Das hermeneutische Billigkeitsverständnis der Frühen Neuzeit unter den Vorzeichen von Reformation und sog. Älterem Naturrecht 123
I. Begriff und Bedeutung der Billigkeit im Deutschen 123
II. Erster Hauptteil: Die Billigkeit als theologisches Regulativ in der Reformationszeit (Erste Hälfte des 16. Jahrhunderts) 124
1. Die Ambivalenzen im Begriffsverständnis der Billigkeit beim Reformationstheologen Martin Luther (1483 – 1546) 126
a) Die Billigkeit im juristisch-relationalen Kontext der rechtlichen Geltungstheorie 126
aa) Luthers Definition der Billigkeit in der Kriegsleuteschrift (1526) 127
bb) Kontextualisierung des Billigkeitsproblems in der Frage des Widerstandsrechts (insbes. Kriegsleuteschrift 1526) 134
(1) Luthers Obrigkeitsverständnis und die „Zwei-Regimente-Lehre“ 135
(2) Zur Rolle der Billigkeit im Widerstandsrecht 140
(3) Schrift „Ermahnung zum Frieden“ (1525) 144
(4) Beschränkung der Billigkeit auf das Zivilrecht nach Ernst Troeltsch? 145
cc) Verwendung des Billigkeitsbegriffs in weiteren Kontexten 146
(1) Ergänzung der Billigkeitsdefinition: Epieíkeia in WA T 4, 182 146
(2) Finanz- und Wirtschaftsethik 148
b) Die Billigkeit im ethisch-habituellen Kontext, insbes. in den Schriftauslegungen 151
c) Die Ambivalenz der Ambivalenz 154
aa) Die Zuordnung der Billigkeit zum Naturrecht 155
bb) Das Verhältnis der Billigkeit zur Gerechtigkeit 162
cc) Die Billigkeit als Schauplatz des Kampfes um die Entwicklung des Kirchenrechts, oder: Das Verhältnis des Lutherschen theologischen Billigkeitsverständnisses zur aequitas canonica 163
d) Zusammenfassung 167
2. Die Weiterentwicklung der aristotelischen epieíkeia-Lehre durch den Reformator Philipp Melanchthon (1497 – 1560) 172
a) Zur Terminologie Melanchthons 173
b) Declamatio de aequitate et iure stricto (1542) 175
c) Philosophiae moralis epitome (1546) 178
aa) Kapitel „Quid interest inter summum ius et epieíkeian“ 179
bb) Kapitel „Estne iudicandum iuxta scriptum ius, an secundum aequitatem“ 185
d) Kommentar zum fünften Buch der Nikomachischen Ethik 190
e) Kommentar zum dritten Buch der Politica 196
f) Stellung der Billigkeit in der Rechtslehre Melanchthons 198
g) Zusammenfassung 201
3. Die reformationstheologische Billigkeitsphilosophie des Reformationsjuristen Johann Oldendorp (1488 – 1567) 204
a) Adaption des Lutherschen theologischen Billigkeitsverständnisses nin der Jurisprudenz 205
aa) Frühe Billigkeitsdefinition in der Schrift „Was billig und recht ist“ (1529) 206
bb) Disputationsschrift „De iure et aequitate“ (1541) 213
(1) Spätere Billigkeitsdefinition 213
(2) Causae aequitatis 220
b) Aequitas und summum ius 222
c) Zusammenfassung 232
4. Conclusio 237
III. Zweiter Hauptteil: Kontinuität und Wandlung der Billigkeitsverständnisse im 17. Jahrhundert 239
1. Die aequitas als virtus voluntatis in der Rechtsphilosophie des Hugo Grotius (1583 – 1645) 240
a) De aequitate, indulgentia et facilitate liber singularis 241
aa) Kapitel 1: De Aequitate 241
bb) Kapitel 2: De Indulgentia 253
cc) Kapitel 3: De Facilitate 256
b) Zum Verhältnis von Theologie und Naturrecht bei Grotius 257
c) Zusammenfassung 263
2. Die Rolle der equity als Teil der lex divina im Naturrechtsdenken des Thomas Hobbes (1588 – 1679) 267
a) De Cive (März 1651) 268
b) Leviathan (Erstveröffentlichung April/Mai 1651) 271
c) De Homine (1658) 282
d) A Dialogue Between a Philosopher and a Student of the Common Laws of England (1681) 282
e) Das Verhältnis von Moralphilosophie und Theologie 286
f) Zusammenfassung 292
3. Das Verständnis der aequitas in der Naturrechtslehre des Samuel Pufendorf (1632 – 1694) 295
a) De iure naturae et gentium libri octo (1672) 295
aa) Die Pufendorfsche Definition der aequitas 296
bb) Die aequitas im zivilrechtlichen Kontext 301
b) De officio hominis et civis libri duo (1673) 303
c) Die naturrechtliche Normbegründung Pufendorfs und ihr Verhältnis zur Theologie 305
d) Zusammenfassung 321
4. Conclusio 322
D. Die Billigkeit: Renaissance einer verlorenen Kategorie? – Die Relevanz der frühneuzeitlichen Billigkeitsphilosophie für das Recht im 21. Jahrhundert 326
I. Bestandsaufnahme: Die Billigkeit im (deutschen) Recht des 21. Jahrhunderts 329
1. Zivilrecht 329
2. Öffentliches Recht 331
3. Rechtsprechung 332
II. Perspektiven der frühneuzeitlichen Billigkeit in der Gegenwart 333
1. Der Begriff der Billigkeit in der juristischen Methodenlehre der Gegenwart (mit einem Exkurs in die Entwicklungspsychologie) 334
2. Die Billigkeitssurrogate der juristischen Methodenlehre der Gegenwart 340
a) Die Auslegungsmethoden 341
b) Die richterliche Rechtsfortbildung 343
3. Die Billigkeit als ethische Verwirklichung von Gerechtigkeit im Recht 349
4. Die juristische Hermeneutik 361
5. Jenseits der Hermeneutik: Die diskursethische Begründung von Angemessenheit (Günther) und das Prinzip der integrity (Dworkin) 367
6. Das Verhältnis von Billigkeit und Rechtssicherheit 372
7. Zusammenfassung 373
III. Exemplifizierung der Billigkeitsanwendung – veranschaulicht an Fallkonstellationen der Gegenwart 375
1. Zivilrecht: Teleologische Reduktion und Extension 375
2. Strafrecht: Das sog. „Containern“ 377
3. Öffentliches Recht: Verhältnismäßigkeit und Bagatellfälle 385
4. Zusammenfassung 388
IV. Zusammenfassung 389
E. Conclusio 392
Literaturverzeichnis 394
Stichwortverzeichnis 412