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Vorsorge als Prinzip

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Halkenhäuser, N. (2025). Vorsorge als Prinzip. Beitrag zur Dogmatik des Vorsorgegebots im Unionsrecht. Duncker & Humblot. https://doi.org/10.3790/978-3-428-59438-2
Halkenhäuser, Nico. Vorsorge als Prinzip: Beitrag zur Dogmatik des Vorsorgegebots im Unionsrecht. Duncker & Humblot, 2025. Book. https://doi.org/10.3790/978-3-428-59438-2
Halkenhäuser, N (2025): Vorsorge als Prinzip: Beitrag zur Dogmatik des Vorsorgegebots im Unionsrecht, Duncker & Humblot, [online] https://doi.org/10.3790/978-3-428-59438-2

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Vorsorge als Prinzip

Beitrag zur Dogmatik des Vorsorgegebots im Unionsrecht

Halkenhäuser, Nico

Schriften zum Europäischen Recht, Vol. 222

(2025)

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About The Author

Nico Halkenhäuser studierte von 2014 bis 2020 Rechtswissenschaften an der Universität Mannheim. Seither arbeitet er ebenda als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, deutsches und europäisches Wirtschafts- und Arbeitsrecht von Prof. Dr. Friedemann Kainer und ist Geschäftsführer des Arbeitskreises Europäische Integration e.V. Derzeit absolviert er sein Referendariat am Landgericht Mannheim.

Abstract

Gegenstand der Untersuchung ist das Vorsorgeprinzip im Unionsrecht. Zunächst geht es um den (umfassenden) Anwendungsbereich und die Bedingungen und Folgen des Prinzips. Gerichtet wird der Blick dann auf die Geltungsgründe von Prinzipien im Allgemeinen und Vorsorge im Speziellen, den Prinzipienausgleich zwischen Vorsorge und Verhältnismäßigkeit und die erkenntnistheoretischen Probleme des Betreibens und der Kontrolle von Vorsorge. Daraus wird ein eigenständiges dogmatisches Konzept entwickelt, wonach das Vorsorgeprinzip nicht zu einer Beweislastumkehr, sondern einer Beweismaßreduktion führt. Im Ausgleich mit dem Verhältnismäßigkeitsprinzip zeigt sich, dass weder Umwelt noch menschliche Gesundheit einen absoluten Vorrang vor widerstreitenden Werten genießen, sondern auch hier eine Abwägung stattzufinden hat. Kritisch hinterfragt wird hierbei insbesondere die Problematik der »Risk-Risk-Tradeoffs« im Kontext einer nur angeblich »globalen« Abwägung durch den Gerichtshof.»Precaution as a Principle. Contribution to the Dogmatics of the Precautionary Principle in EU Law«: The precautionary principle in EU law looks back on a decades-long tradition, but its dogmatic structures and its interconnection with the principle of proportionality remain unclear. On the basis of epistemological and principle-theoretical studies, the author draws a comprehensive dogmatic concept for the applicability, application and effects of the precautionary principle and the determinants of a necessary balance between conflicting values and principles.

Table of Contents

Section Title Page Action Price
Vorwort 7
Inhaltsübersicht 9
Inhaltsverzeichnis 13
Abkürzungsverzeichnis 20
A. Einleitung und Gang der Untersuchung 25
I. Vorsorge als Konzept. Problemaufriss und erste Begriffsbestimmungen 25
1. Das potenzielle Risiko: Kernelement für das Verständnis von Vorsorge 26
2. Richtigkeit durch Verfahren und Methode 27
3. Vorsorge als Prinzip: Dogmatik und Systemdenken 28
4. Vorsorge und Verhältnismäßigkeit 29
II. Vorbemerkungen und Untersuchungsgang 30
B. Entwicklungsgeschichte des Vorsorgeprinzips 32
I. Ursprünge des Vorsorgegebots und Entwicklung in Deutschland 33
II. Die Entwicklung im Europäischen Recht 35
III. Das Verhältnis zum Vorbeugeprinzip 38
IV. Der Einzug des Vorsorgegebots in die Verträge und BSE-Krise 42
V. Die Fundamentalkritik Sunsteins und Grahams 45
VI. Heutige Hauptanwendungsbereiche des Vorsorgeprinzips 48
VII. Fazit 50
C. Gefahr und Risiko im deutschen und europäischen Recht 53
I. Einführung 54
II. Der Gefahrbegriff im Einzelnen 56
1. Der Schaden 56
a) Das Schutzgut 56
b) Die Beeinträchtigung und die erforderliche Intensität derselben 57
2. Die hinreichende Wahrscheinlichkeit 58
a) Wahrscheinlichkeit: Eine theoretische Grundlegung 58
aa) Der klassische Wahrscheinlichkeitsbegriff 59
bb) Der statistische Wahrscheinlichkeitsbegriff 61
cc) Der logische Wahrscheinlichkeitsbegriff 64
dd) Die Subjektivierung der Wahrscheinlichkeit 70
b) Fazit 76
3. Gefahr als Produkt aus Schadensumfang und Eintrittswahrscheinlichkeit 78
4. Zusammenfassung 81
III. Das Risiko 85
1. Risiko als Gefahrenminus 86
2. Risiko als Aliud 87
3. Einordnung 88
4. Die Abgrenzung zum Gefahrenverdacht 91
5. Restrisiko 92
6. Fazit 93
IV. Die Begriffskonzeption im Unionsrecht 93
1. Risiko und Gefahr 94
2. Varianz in der unionsrechtlichen Terminologie 94
3. Konsistente(re) Begriffsbildung in neuerer Zeit 96
4. Das potenzielle Risiko 97
5. Das hypothetische Risiko 99
6. Zwischenergebnis: Die wesentlichen Unterschiede 99
V. Soziologische Dimension des Risikos 100
1. Risiko und Gefahr bei Luhmann 101
2. Die Risikogesellschaft 103
VI. Fazit 105
D. Das Vorsorgegebot – Ein allgemeines Rechtsprinzip 107
I. Über die Bedeutung der Einordnung als allgemeines Rechtsprinzip 107
1. Über die allgemeinen Rechtsprinzipien 108
a) Die Abgrenzung von der Rechtsregel 108
b) Funktionen der Rechtsprinzipien 110
2. Die Gewinnung und Anwendung von Rechtsprinzipien 113
3. Zwischenergebnis und Gang der weiteren Untersuchung 117
II. Die schutzzweckbezogene Anwendbarkeit des Vorsorgeprinzips 118
1. Ausgangspunkt: Wortlaut und Systematik des Art. 191 AEUV 119
2. Kompetenzordnung der Europäischen Union 120
a) Einführung 121
c) Kompetenzverteilungs- und ausübungsnormen 121
d) Der (fehlende) kompetenzielle Charakter des Vorsorgeprinzips 124
3. Die Querschnittsklausel des Art. 11 AEUV 125
a) Wesen und Bedeutung der Querschnittsklausel 126
b) Auswirkungen auf das Vorsorgeprinzip und seine Anwendbarkeit 128
c) Schlussfolgerungen 129
4. Der Umweltbegriff 129
5. Zwischenergebnis 131
6. Das gesundheitsschutzrechtliche Vorsorgeprinzip in der Rechtsprechung des EuGH 132
7. Das Vorsorgegebot als notwendige Konsequenz aus weiter Einschätzungsprärogative und hohem Gesundheitsschutzniveau, Art. 168 I UAbs. 1 AEUV 137
a) Die Gesundheitspolitik im Kompetenzgefüge: Überblick 137
b) Das „hohe“ Gesundheitsschutzniveau und die Abgrenzung zum Verbraucherschutz 138
e) Die Auswirkung des weiten Einschätzungsspielraums 141
f) Widerspruch in der Literatur 142
8. Der Geltungsgrund: Richterrecht oder Autonomie der Rechtsgrundsätze? 144
a) Die Besonderheiten des Unionsrechts für die Geltungsgründe von Recht 145
b) Kompetenzielle Konflikte mit der Rechtsfortbildung 147
c) Der Integrationsauftrag des Gerichtshofs 149
d) Die Befugnis des Gerichtshofs zur Rechtsfortbildung 151
e) Das Richterrecht und das Problem des Schöpfungsakts 152
f) Gegenentwurf: Die autonome Geltung der allgemeinen Rechtsgrundsätze 154
g) Stellungnahme 156
9. Subsumtion und Ergebnis 158
III. Notwendige Abgrenzungen und Begriffsklärungen zur Schutzzweckbezogenheit 161
1. Keine Beschränkung auf naturwissenschaftliche Unsicherheit 162
a) Wandlungen in der neueren Rechtsprechung 163
g) Das Erfordernis epistemischer, nicht naturwissenschaftlicher Ungewissheit 166
2. Zum Schutzzweck der Sicherheit 167
3. Konsequenzen der nur funktionalen Eingrenzung 170
IV. Überblick über die Funktionen des Vorsorgeprinzips 171
1. Vorsorge als Leitprinzip 172
2. Ermächtigungs- und Legitimationsfunktion für die Gesetzgebung 173
3. Die Interpretationsfunktion für die Rechtsanwendung 173
4. Über die Vorsorgevarianten 174
V. Schlussbetrachtung zum allgemeinen Rechtsprinzip 177
E. Bedingungen und Folgen der Anwendung des Vorsorgeprinzips 179
I. Die Vorgaben des Primärrechts 179
1. Tatbestandliche Immanenz und rechtsstaatliche Anforderungen 180
2. Art. 191 III Spstr. 1 AEUV 181
a) Anwendbarkeit der Berücksichtigungspflicht auf nicht-umweltrechtliche Rechtsgebiete 181
h) Adressaten des Berücksichtigungsgebots 183
i) Inhaltliche Bedeutung des Berücksichtigungsgebots 183
3. Schutzniveauklauseln, Art. 114 III 1 AEUV und Art. 168 I UAbs. 1 AEUV 186
a) Explizite Erwähnung in Art. 114 III 1 AEUV 186
j) Herleitung aus Art. 168 I UAbs. 1 AEUV 187
4. Untersuchungsgrundsatz 188
5. Zwischenergebnis 190
II. Praktische Umsetzung: Risikobewertung und -management 191
1. Risikobewertung 191
a) Verfahrensschritte 192
b) Einbeziehung wissenschaftlicher Ausschüsse 193
c) Justiziabilität 194
d) Die verbleibende wissenschaftliche Unsicherheit 195
e) Der Faktor Zeit 197
2. Die Bestimmung des angemessenen Risikoniveaus 199
a) Verortung im Prüfungsaufbau 199
b) Festlegung des Schutzniveaus 201
c) Erfordernis des Nullrisikos in der neueren Rechtsprechung des EuGH 202
3. Risikomanagement 207
a) Vorsorgeanlass 207
b) Auswahl der Maßnahmen 207
c) Bindung an die wissenschaftliche Bewertung: Gesetzliche Vorgaben 209
aa) Sekundärrecht 209
bb) Primärrecht 210
d) Die gerichtliche Kontrolle der Berücksichtigungspflicht und Tatsachenermittlung 212
aa) Grundsatz 212
bb) Neuere Entwicklung hin zu einer intensiven inhaltlichen Kontrolle? 213
cc) Beibehaltung des „alten“ Kontrollmaßstabs 217
dd) Die Bedeutung des Klägervorbringens 219
ee) Ansatz zur Systematisierung 221
ff) Zusammenfassung 225
e) Begründungspflicht 227
aa) Primärrechtliche Grundlagen der Begründungspflicht 228
bb) Inhalt und Umfang der Begründungspflicht 229
cc) Rechtsfolgen und Kontrolle der Begründungspflicht 232
dd) Fazit und Zusammenfassung 237
f) Weitere Anforderungen an Risikomanagementmaßnahmen 238
g) Folgenabwägung 239
III. Zwischenergebnis zu den Voraussetzungen des Vorsorgeanlasses 240
1. Primärrechtliches Konzept 240
2. Umsetzung durch die Praxis und Kontrolle in der Rechtsprechung 241
IV. Beweislast- oder Beweismaßverteilung? 243
1. Grundlagen 243
a) Prozessmaximen 244
b) Beweislast 245
c) Darlegungslast 247
d) Beweismaß 247
2. Beweislast 248
a) Die Möglichkeit als Tatbestandsmerkmal 249
b) Die Unzulänglichkeit des objektiven Wahrscheinlichkeitsbegriffs 250
c) Keine generelle Beweislastumkehr auf Grundlage des Vorsorgegebots 251
d) Keine Totalumkehr der Beweislast 252
e) Faktische Beweislastverlagerung 254
3. Beweismaßreduktion 254
a) Europäisches Regelbeweismaß 255
b) „Identität“ von Beweismaß und notwendiger Wahrscheinlichkeit 256
c) Besonderheiten bei potenziellen Risiken 257
d) Bedeutung des Beweismaß für die Beweislast 258
4. Ergebnis 259
5. Gegenentwurf in der deutschen Literatur 260
F. Die Verhältnismäßigkeitskontrolle von Vorsorgemaßnahmen im Unionsrecht 264
I. Geltungsgrund des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes im Unionsrecht 267
1. Autonomer Geltungsgrund und Richterrecht 267
2. Primärrechtlicher Anknüpfungspunkt in der Kompetenznorm des Art. 5 IV EUV 269
3. Primärrechtliche Einzelbestimmungen 271
4. Gemeinsame Verfassungstradition der Mitgliedstaaten und Völkerrecht 272
5. Grundrechtecharta 275
a) Geltung der Charta 275
b) Struktur der Grundrechtsbeeinträchtigung bei Vorsorgemaßnahmen 276
c) Ergebnis 277
6. Ableitung aus dem Rechtsstaatsprinzip 277
7. Zusammenfassung der Erkenntnisse, offene Fragen 281
II. Verhältnismäßigkeit und Vorsorge – Ausgleich zweier Rechtsprinzipien 284
1. Prinzipienausgleich durch Abwägung 285
a) Die Abwägung inkommensurabler Werte und Prinzipien 286
aa) Über die Gewichtung von Prinzipien 287
bb) Inkommensurabilität als Kardinalvergleichbarkeit 289
cc) Abwägung nur im Einzelfall 289
dd) Zwischenergebnis: Die Möglichkeit der subjektiven, rationalen Abwägung 290
b) Die Abwägung unter Unsicherheit 291
aa) Die Einstufungsabwägung 292
bb) Unanwendbarkeit auf Vorsorgeanlässe 295
cc) Konsequenzen des normativ-subjektiven Wahrscheinlichkeitsbegriffs und der Billigung der Risikobewertung 297
2. Klarstellungen und Ergebnisse 298
III. Die Prüfung von Vorsorgemaßnahmen auf ihre Verhältnismäßigkeit 299
1. Vorbemerkungen zum Kontrollmaßstab des Gerichtshofs 300
a) Annäherung 300
b) Resümee 302
2. Legitimer Zweck 303
a) Zielbestimmungen im Unionsrecht und im Verhältnis zu den Mitgliedstaaten 304
b) Die Legitimität eines Ziels: Geringe formelle und materielle Anforderungen 306
c) Risikovorsorge als legitimer Zweck 309
d) Schutzniveau, Risikoniveau und das abstrakte Gewicht von Werten 310
e) Ergebnis 313
3. Geeignetheit 314
a) Eignung als Prognoseentscheidung 314
b) Kohärenz 318
aa) Das Kohärenzgebot in der Rechtsprechung des Gerichtshofs 318
bb) Kohärenz als allgemeines Gebot 321
cc) Prüfungsstandort der Kohärenz 322
dd) Kohärenz als Widerspruchsfreiheit 324
ee) Fazit 325
4. Folgenabwägung und die Beachtung des Risk-Risk-Tradeoffs 326
a) Die vier Prognoseebenen der Verhältnismäßigkeitskontrolle 326
b) Risk-Risk-Tradeoff 327
c) Entwicklung und Erfordernis der Folgenabschätzung nin Risikoentscheidungen 329
aa) Kommissionsmitteilung über die Anwendbarkeit des Vorsorgeprinzips 330
bb) Kosten-Nutzen-Analyse als „spezielle Ausprägung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit“? Die Entscheidungen Pfizer und Alapharma 333
cc) Rechtswidrigkeit einer Maßnahme bei nicht durchgeführter Folgenabwägung: Die Entscheidungen „Fipronil“ und „Bayer CropScience“ 335
dd) Kassation des Folgenabwägungserfordernisses durch den EuGH 338
ee) Abwägungspflicht in der neueren Rechtsprechung des EuG ohne inhaltliche Bedeutung 339
ff) Schlusswort des EuGH: Noch immer keine Verpflichtung zur Folgenabwägung 342
d) Einordnung: Keine Pflicht zur Folgenabwägung im allgemeinen Risikoverwaltungsrecht 343
aa) Keine Anerkennung in der Rechtsprechung 343
bb) Keine Verpflichtung aus dem Primärrecht 344
cc) Die Zirkelschlüssigkeit der Begründung über die Verhältnismäßigkeit 346
dd) Keine gehaltvolle Verpflichtung aus der Kommissionsmitteilung 348
ee) Umgekehrte Vorzeichen im Anwendungsbereich der Interinstitutionellen Vereinbarung über bessere Rechtsetzung 348
ff) Jedenfalls: Einige Ausprägungen im Sekundärrecht 350
e) Fazit 351
5. Erforderlichkeit 351
a) Erforderlichkeit als Prinzip und Gegenstand des Klägervortrags 352
b) Zur multipolaren Abwägung 353
c) Konkretisierende „Prinzipien“ und Besonderheiten von Vorsorgemaßnahmen 360
6. Angemessenheit 361
a) Angemessenheit als kondensierter Prinzipienausgleich 362
b) Der nur relative Vorrang des Gesundheitsschutzes 363
c) Die „objektive Proportionalitätsprüfung“ 365
d) Begriffliche Unklarheiten 368
7. Ergebnisse zu den Elementen und der Struktur der Verhältnismäßigkeitskontrolle durch den Gerichtshof 369
G. Zusammenfassung in Kerngedanken 374
Literaturverzeichnis 386
Stichwortverzeichnis 407