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Die Tätigkeit der IT-Sachverständigen im deutschen Strafverfahren

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Scheler, N. (2025). Die Tätigkeit der IT-Sachverständigen im deutschen Strafverfahren. Duncker & Humblot. https://doi.org/10.3790/978-3-428-59431-3
Scheler, Nicole. Die Tätigkeit der IT-Sachverständigen im deutschen Strafverfahren. Duncker & Humblot, 2025. Book. https://doi.org/10.3790/978-3-428-59431-3
Scheler, N (2025): Die Tätigkeit der IT-Sachverständigen im deutschen Strafverfahren, Duncker & Humblot, [online] https://doi.org/10.3790/978-3-428-59431-3

Format

Die Tätigkeit der IT-Sachverständigen im deutschen Strafverfahren

Scheler, Nicole

Schriften zum Strafrecht, Vol. 450

(2025)

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Book Details

About The Author

Nicole Scheler war von 2019 bis 2023 Doktorandin im DFG-Graduiertenkolleg 2475 »Cyberkriminalität und Forensische Informatik« der FAU Erlangen-Nürnberg und hat in diesem Zusammenhang zur Tätigkeit von IT-Sachverständigen in deutschen Strafverfahren geforscht. Daneben ist sie (Co-)Autorin des vhb-Kurses »Cyber-Kriminalität und digitale Strafverfolgung« und weiterer interdisziplinärer Publikationen.

Abstract

Die Arbeit untersucht die Rolle von IT-Sachverständigen im Strafverfahren. Sie zeigt, dass die Normen der StPO geeignet sind, die Probleme im Umgang mit dem IT-Sachverständigenbeweis zu lösen, die sich aufgrund der Besonderheit der forensischen Informatik ergeben. Die Verfahrensbeteiligten müssen jedoch die ihnen zugewiesenen Autoritäten ernst nehmen. Zum einen kann ein prozessuales Gleichgewicht nur sichergestellt werden, wenn die Einflussmöglichkeiten durch umfassende Akteneinsicht, Beweisanträge und das Fragerecht wahrgenommen werden; zum anderen ist auch nur durch eine konsequente Leitung (§ 78 StPO) wie etwa klar formulierte Untersuchungsaufträge und eine transparente Beweiswürdigung (§ 261 StPO) in Form einer systematischen Nachvollziehbarkeitsprüfung der gefühlte Kompetenzverlust der Richter:innen, nicht mehr selbst über Schuld und Unschuld entscheiden zu können, zu verhindern. Dafür ist ein Grundverständnis der jeweils anderen Disziplin Strafjustiz und IT unerlässlich.»The Role of IT Expert Witnesses in German Criminal Proceedings«: This thesis examines the role of IT expert witnesses in criminal proceedings. The German Code of Criminal Procedure is appropriate for dealing with the challenges of IT expert witnesses. The decisive factor is that those involved in the proceedings must exercise the authority assigned to them. This is the only way to ensure a fair trial and avoid a perceived loss of decision authority on the part of judges. A systematic review of the comprehensibility of expert opinions is essential for evaluation of evidence.

Table of Contents

Section Title Page Action Price
Widmung 5
Vorwort 7
Inhaltsübersicht 9
Inhaltsverzeichnis 11
Abbildungsverzeichnis 18
1. Teil: Einführung 19
A. Skizzierung der Forschungsfragen 21
B. Gang der Untersuchung 26
2. Teil: Grundlegendes zum IT-Sachverständigenbeweis im deutschen Strafverfahren 29
A. Die Dringlichkeit der Diskussion um das Thema des IT-Sachverständigenbeweises 29
I. Digitale Beweismittel 31
II. Zahlen und Praxisbeispiele 32
III. Die Besonderheit der forensischen Informatik 35
1. Die Abgekoppeltheit von der physischen Welt 36
2. Die Universalität 39
IV. Der IT-Sachverständige als bestmögliches und sachnächstes Beweismittel 40
V. Die Lücke im wissenschaftlichen Diskurs zum IT-Sachverständigenbeweis 48
VI. Zusammenfassung „Dringlichkeit der Diskussion um das Thema des IT-Sachverständigenbeweises“ 51
B. Die deutsche StPO und der Sachverständigenbeweis 52
I. Die Wahrheitsfindung im Strafverfahren 52
1. Der Wahrheitsbegriff 53
2. Der Umfang der Wahrheitserforschung i. S. d. § 244 Abs. 2 StPO 61
3. Die Rationalisierung des Wahrheitsfindungsprozesses 65
II. Der Sachverständige im Strafverfahren 67
1. Der Begriff des „Sachverständigen“ 67
2. Auftrag und Auswahl 70
a) Die Grenzen der eigenen Sachkunde des Auftraggebers 72
b) Die möglichen Auftraggeber 81
c) Die Auswahl 86
aa) Der Sachverständigenpool 86
bb) Die besondere Sachkunde 90
cc) Die persönliche Eignung 95
dd) Die Pflicht zur Objektivität, vgl. § 79 Abs. 2 StPO 96
ee) Urteilsverzerrungen („bias“) 97
d) Die Ernennung (Form der Bestellung) 101
e) Der Begutachtungszwang 104
f) Die Übertragung des Auftrags auf andere (Hilfs-)Personen 107
3. Art und Umfang der Gutachtenerstattung 111
a) Die Art der Gutachtenerstattung 111
b) Der Umfang der Gutachtenerstattung anhand des Beweisthemas 112
aa) Das Beweisthema als Tatsachenbehauptung 112
bb) Die Trennung zwischen Rechts- und sonstigen Tatsachenbehauptungen 113
cc) Die verschiedenen Tatsachentypen im Rahmen der Gutachtenerstattung 116
c) Die Formulierung des Beweisthemas im Untersuchungsauftrag 119
aa) Das Problem der Kommunikation und Übersetzung 122
bb) Das Problem des „Primens“ 126
cc) Fazit 127
d) Die verschiedenen Aussagekategorien des Sachverständigenbeweises 127
aa) Die erste Kategorie: Die Mitteilung von abstrakten Erfahrungssätzen 129
bb) Die zweite Kategorie: Die Mitteilung von Schlussfolgerungen aus konkreten Tatsachen des Prozesses mithilfe von Sachkunde 131
cc) Die dritte Kategorie: Die Mitteilung über konkrete Tatsachen, zu deren Wahrnehmung bzw. Feststellung besondere Sachkunde benötigt wird 134
dd) Die Vornahme bloßer Verrichtungen 136
ee) Fazit 138
III. Die Abgrenzung zu anderen Prozessrollen 138
1. Die Abgrenzung zu Richterinnen 140
2. Die Abgrenzung zu (sachverständigen) Zeugen 141
a) Die Rolle des (sachverständigen) Zeugen im Strafverfahren, Zeuginnen, §§ 48 ff. StPO 142
b) Die Abgrenzung zu Ermittlungspersonen 144
c) Die Abgrenzung zum Augenscheinsgehilfen 146
d) Unterschiedliche Rechte- und Pflichtenkataloge 148
3. Abgrenzungskriterien 152
4. Fazit 158
IV. Der Versuch einer Kategorisierung und Bewertung der IT-Sachverständigentätigkeit aus juristischer Perspektive 158
1. Aus Sicht der Strafverteidiger 159
2. Eine Stellungnahme 162
3. Aus Sicht der Strafrichterinnen 163
a) Leitlinien zur Bestimmung der Sachverständigentätigkeit 163
b) OLG Schleswig, Beschluss vom 10.1.2017 – 2 Ws 441/16 164
c) LG Hamburg, Beschluss vom 7.8.2019 – 631 Qs 27/19 167
d) OLG Saarbrücken, Beschluss vom 20.9.2018 – 1 Ws 104/18 169
e) Weitere Rechtsprechungsentwicklung 170
4. Eine Stellungnahme 170
V. Einflussmöglichkeiten der Verfahrensbeteiligten auf den bestellten Sachverständigen 171
1. Die dominierende Stellung der Staatsanwaltschaft im Ermittlungsverfahren 172
2. Ausgleichsmechanismen 176
a) Antragsrechte der Verfahrensbeteiligten 176
b) Die Einsicht in das schriftliche Gutachten und in die Arbeitsunterlagen 180
aa) Die Einsicht in das Sachverständigengutachten nach § 147 StPO 182
bb) Die Einsicht in die Arbeitsunterlagen nach § 147 StPO bzw. unter Berücksichtigung des Rechts auf ein faires Verfahren 183
cc) Fazit 188
c) Die Ablehnung des IT-Sachverständigen 189
aa) Ablehnungsrecht nach § 74 Abs. 1 S. 1 StPO i. V. m. § 22 Nr. 4 Var. 1 und 2 StPO 191
bb) Ablehnungsrecht nach § 74 Abs. 1 S. 1 StPO i. V. m. § 24 StPO 194
cc) Der abgelehnte Sachverständige 196
d) Fazit 201
VI. Die Grenzen der Sachverständigentätigkeit 201
1. Grenzen durch den Rahmen des Auftrags 203
2. Keine eigenen Ermittlungen 203
3. Die rechtsstaatliche Bindung bei der Durchführung des Gutachtenauftrags 205
4. Konsequenzen und weitere Sanktionen gegen den IT-Sachverständigen 210
VII. Die Leitung des Sachverständigen, § 78 StPO 211
1. Die Informationsbasis für die Sachverständigentätigkeit 213
2. Achtung der Weisungsfreiheit des Sachverständigen 216
3. Vorrang der Methodik mit bekannter Funktionalität 217
4. Checklisten 218
VIII. Zusammenfassung „Die deutsche StPO und der Sachverständigenbeweis“ 219
3. Teil: Die Beschaffung des Tatsachenstoffes: Die forensische Informatik 221
A. Die forensische Wissenschaft 223
I. Die wissenschaftliche Methode 224
II. Der Grundsatz der Nachvollziehbarkeit und Transparenz der Forensik 227
B. Die forensische Informatik (als Teil der klassischen Forensiken) 229
I. Definition der „forensischen Informatik“ und ihre Aufgaben 230
II. Digitale Spuren im forensischen Prozess 232
1. Information und Träger 233
2. Die Entstehung digitaler Spuren 235
3. Eigenschaften digitaler Spuren 237
a) Flüchtigkeit 237
b) Technische Vermeidbarkeit 238
c) Manipulierbarkeit 239
d) Kopierbarkeit 241
e) Semantik 242
f) Big data 244
g) Verschlüsselungstechnologien 245
4. Fazit 246
III. Der forensische Prozess („the journey from data to evidence“) 246
1. Die Sicherung digitaler Spuren 248
a) Isolation des Beweismittels 249
b) Abstraktionsschichten 250
c) Fazit 252
2. Die Analyse digitaler Spuren 252
a) Ein Beispiel für den Ablauf einer Datenträger-Analyse 254
b) Datenanalyse-Methoden 257
aa) Deterministische Methoden 257
bb) Statistische Methoden 258
cc) Machinelearning-Methoden 259
c) Folgen für das Beweisrecht 260
3. Die Rekonstruktion des Tathergangs mit Assoziation mithilfe digitaler Spuren 260
a) Die Quantifizierung der Irrtumswahrscheinlichkeit 261
b) Identifizierung/Klassifizierung/Individualisierung/Assoziation 263
c) Beispiele (USB/Browser) 265
d) Verwendung von Wahrscheinlichkeiten 267
e) Fazit 271
4. Die Präsentation 272
5. Die Standards der forensischen Informatik 277
a) Die Integrität und Authentizität von digitalen Spuren 281
aa) Die Integrität digitaler Spuren 282
bb) Die Authentizität digitaler Spuren 282
cc) Die zugrundeliegenden Annahmen 283
dd) Organisatorische und technische Maßnahmen 284
b) Die (korrekte) Verwendung von wissenschaftlich verifizierten Methoden 285
c) Erforderliche Sachkunde des Forensikers 285
d) Die Wiederholbarkeit und Reproduzierbarkeit der Ergebnisse 286
e) Die Mitteilung über mögliche und nicht mögliche Schlussfolgerungen und Fehlerquellen 286
f) Die Dokumentation 287
aa) Exkurs: Die Zeitstempel 288
bb) Exkurs: Chain of custody 289
g) Einhaltung der verfahrensrechtlichen Grenzen 290
h) Die Bedeutung für das Beweisrecht 290
IV. Zusammenfassung „Die forensische Informatik (als Teil der klassischen Forensiken)“ 291
C. Zusammenfassung „Die Beschaffung des Tatsachenstoffes: Die forensische Informatik“ 293
4. Teil: Die Beweiswürdigung des IT-Sachverständigenbeweises 295
A. Grundlage der tatrichterlichen Überzeugung 301
I. Das Beweismaß der tatrichterlichen Überzeugung 302
II. Die persönliche Gewissheit 303
III. Die Regeln der praktischen Rationalität 305
1. Vollständige Beweiswürdigung 305
2. Allgemeine Regeln des schlussfolgernden Denkens 306
3. Auswirkungen der Einhaltung der forensischen Standards 307
4. Die objektiven Elemente zur Bestimmung der persönlichen Gewissheit 310
a) Die Nähe der Tatsachen zum Sachverhalt 311
b) Der Beweiswert des Indizes 311
aa) Ein Beispielsfall 312
bb) Die Fragentrias in Bezug auf das Belastungs- oder Entlastungsindiz 313
cc) Die Beweiskraft des Indizes 315
(1) Die Zuverlässigkeit der zugrundeliegenden Richtigkeitswahrscheinlichkeit 317
(2) Die Zuverlässigkeitsskala 318
(a) Gesicherte wissenschaftliche Erkenntnis 319
(b) Standardisierte Verfahren 321
(c) Neue wissenschaftliche Erkenntnisse und Untersuchungsmethoden 327
(d) Wissenschaftliche Erkenntnis mit wissenschaftlich fundierter Richtigkeitswahrscheinlichkeit 327
(e) Sonstige Erfahrungssätze 330
(f) Die Folgen von Blackbox-Tools für die Beweiswürdigung 332
(3) Fazit und Ideen zur Verbesserung 335
dd) Die Belastungswahrscheinlichkeit 337
c) Zwischenergebnis 339
5. Darstellung in den Urteilsgründen, § 267 StPO 340
IV. Zusammenfassung „Grundlagen tatrichterlicher Überzeugung“ 342
B. Die Würdigung von IT-Sachverständigenaussagen 343
I. Die Würdigung trotz mangelnder Sachkunde des Richters 346
II. Die Würdigung des untersuchten Sachverhalts des Sachverständigen (1. Schritt) 348
1. Erste Kategorie (Erfahrungssätze) 349
a) Ungeprüfte Übernahme der Bedingungsverhältnisse und Wahrscheinlichkeitsrelationen? 350
b) Tiefenstruktur des Erfahrungssatzes 351
2. Zweite Kategorie (Schlussfolgerungen/Befundbewertung/Assoziation) 352
a) Falsche Einschätzungen des Erfahrungssatzes 352
b) Trennung zwischen Rechts- und sonstigen Tatsachen 355
3. Dritte Kategorie (Befundgewinnung/Ergebnisse von Datenverarbeitungsvorgängen) 357
III. Die Würdigung der Person des Sachverständigen (2. Schritt) 358
1. Kriterien für die Vertrauenswürdigkeit von Aussagepersonen (Die Drei Faktoren) 359
2. Qualifikation des IT-Sachverständigen 361
3. Fazit 362
C. Vagheiten in der Person des Richters 362
I. Fehler im Vorgang der Beweisbewertung 363
II. Feststellbarkeit von Fehlern innerhalb des Vorgangs der Überzeugungsbildung 367
D. Ideen für eine Verbesserung 368
5. Teil: Zusammenfassung 374
A. Passt die tatsächlich ausgeführte Praxis der IT-Sachverständigen (noch) unter die Strafverfahrensvorschriften? 374
B. Wie kann eine möglichst (hochwertige) objektive Tatsachengrundlage für die tatrichterliche Überzeugungsbildung i. S. d. § 261 StPO in Bezug auf den IT-Sachverständigenbeweis in einem Strafverfahren geschaffen werden? 377
C. Wie sieht eine revisionssichere Beweiswürdigung des IT-Sachverständigenbeweises aus? 378
6. Teil: Ein Ausblick 381
Literaturverzeichnis 384
Stichwortverzeichnis 412