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Wiederaufnahme des Strafverfahrens zulasten Abgeurteilter

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Ouass, H. (2025). Wiederaufnahme des Strafverfahrens zulasten Abgeurteilter. Duncker & Humblot. https://doi.org/10.3790/978-3-428-59553-2
Ouass, Hayat Annabell. Wiederaufnahme des Strafverfahrens zulasten Abgeurteilter. Duncker & Humblot, 2025. Book. https://doi.org/10.3790/978-3-428-59553-2
Ouass, H (2025): Wiederaufnahme des Strafverfahrens zulasten Abgeurteilter, Duncker & Humblot, [online] https://doi.org/10.3790/978-3-428-59553-2

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Wiederaufnahme des Strafverfahrens zulasten Abgeurteilter

Ouass, Hayat Annabell

Schriften zum Prozessrecht, Vol. 320

(2025)

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About The Author

Die Autorin studierte Rechtswissenschaften an der Ruhr-Universität Bochum (RUB) und absolvierte im Anschluss einen LL.M.-Studiengang an den Universitäten Bologna, Rotterdam und Haifa. Den Juristischen Vorbereitungsdienst besuchte sie am Oberlandesgericht Düsseldorf und arbeitete im Anschluss unter anderem als Wissenschaftliche Mitarbeiterin und Doktorandin am Lehrstuhl für Strafrecht und Strafprozessrecht von Prof. Dr. Frister in Düsseldorf.

Abstract

Das in Art. 103 Abs. 3 Grundgesetz verankerte Mehrfachverfolgungsverbot untersagt die Wiederholung von Strafverfahren zulasten von Abgeurteilten (Freigesprochenen und Verurteilten). Die Vorschrift verkörpert einen Teilbereich des tradierten Prozessgrundsatzes ne bis in idem (lat.: »nicht zweimal in derselben Sache«). Gleichwohl sieht § 362 Strafprozessordnung einige Ausnahmen von dem Verbot vor. Die vorliegende Arbeit beleuchtet die Bedeutung von Art. 103 Abs. 3 GG für das bestehende und zukünftige Wiederaufnahmerecht. Sie kommt zu dem Ergebnis, dass das Prozessgrundrecht eine spezielle Ausprägung des rechtsstaatlichen Übermaßverbotes ist. Eine Abwägung mit anderen Verfassungsgütern ist nicht zulässig. Die Wiederaufnahme des Strafverfahrens zulasten Abgeurteilter kann daher nicht auf Erwägungen der materiellen Gerechtigkeit oder Richtigkeit gestützt werden. Vielmehr kann allein der Abgeurteilte durch sein Verhalten die weitreichenden Schutzwirkungen des Art. 103 Abs. 3 GG relativieren.

Table of Contents

Section Title Page Action Price
Vorwort 5
Inhaltsverzeichnis 7
A. Einleitung 11
I. Problemaufriss 11
II. Grundlagen 14
1. Rechtskraft 15
2. Wiederaufnahme des Strafverfahrens 15
3. Über sogenannte „Fehlurteile“ 18
III. Gegenstand und Gang der Untersuchung 20
B. Die Entwicklungsgeschichte von ne bis in idem und der ungünstigen Wiederaufnahme 22
I. Die wandelnde Rechtskraftauffassung bis ins 19. Jahrhundert 22
II. Die der Reichsstrafprozessordnung von 1877 zugrunde liegende Rechtskraftauffassung 25
III. Der Grundsatz ne bis in idem in der Rechtsprechung des Reichsgerichts 29
IV. Die Rechtskraftauffassung in der Zeit des Nationalsozialismus 31
V. Die Verankerung von ne bis in idem in Art. 103 Abs. 3GG 36
VI. Die ungünstige Wiederaufnahme in und nach der Besatzungszeit 38
VII. Art. 103 Abs. 3 GG in der höchstrichterlichen Rechtsprechung der Bundesrepublik 39
1. Bundesgerichtshof 40
2. Bundesverfassungsgericht 43
VIII. Reformdiskussion der ungünstigen Wiederaufnahme in der Bundesrepublik 45
IX. Zusammenfassende Würdigung 48
C. Die gescheiterte Reform der Wiederaufnahme aus dem Jahr 2021 51
I. Die Ergänzung des § 362 Nr. 5 StPO durch das „Gesetz zur Herstellung materieller Gerechtigkeit“ vom 21.12.2021 51
1. Hintergrund und Gesetzgebungsverfahren 51
2. Inhalt und Begründung 53
II. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 31.10.2023 – 2 BvR 900/22 – 55
1. Verstoß gegen Art. 103 Abs. 3 GG 57
2. Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot aus Art. 103 Abs. 3 i.V.m. 20 Abs. 3GG 62
3. Sondervotum 62
III. Zusammenfassende Würdigung 65
D. Interpretation von Art. 103 Abs. 3 GG 67
I. Zur Rechtsnatur von Art. 103 Abs. 3 GG 67
1. Prozessgrundrecht 67
2. Schranken-Schranke 69
3. Art. 103 Abs. 3 GG = ne bis in idem? 69
4. Weitere Auslegungsfragen 70
5. Ergebnis 71
II. Die Tatbestandsmerkmale von Art. 103 Abs. 3 GG 71
1. „Niemand darf“ 72
2. „wegen derselben Tat“ 72
3. „auf Grund der allgemeinen Strafgesetze“ 74
4. „mehrmals bestraft werden“ 76
5. Ergebnis 77
III. Der Grundgedanke von Art. 103 Abs. 3 GG 78
1. Traditioneller Ansatz 78
a) Ne bis in idem im Spannungsfeld zwischen Gerechtigkeit und Rechtssicherheit 78
b) Die Unvollkommenheit des Spannungsverhältnisses 80
aa) Schillernde Gerechtigkeit 80
(1) Unrichtige Entscheidungen 81
(2) Mehr Gerechtigkeit durch Wiederaufnahme 83
bb) Rechtskraft = Rechtssicherheit? 84
c) Zwischenergebnis 85
2. Alternativansätze 85
a) Der Widerstreit zwischen staatlicher Schutz- und Achtungspflicht 85
b) Rechtsfrieden 86
c) Rechtssicherheit der Person 88
d) Zwischenergebnis 89
3. Eigener Ansatz 89
a) Schutz des Abgeurteilten 89
b) Belastungen durch die „Strafverfolgung als solche“ 90
aa) Grundrechtseingriffe durch Zwangsmaßnahmen 91
bb) Persönlichkeitsverletzung durch Stigmatisierung 91
cc) Schutz unabhängig der Feststellung konkreter Belastungen 95
c) Fehlentscheidungsrisiko 95
d) Keine erneute Rechtfertigung der Inanspruchnahme mangels Zumutbarkeit 99
e) Mehr als Vertrauensschutz 102
4. Ergebnis 103
IV. Folgerungen 103
1. Mehrfachverfolgungsverbot – auch bei Freispruch 103
2. Die Frage der Absolutheit 106
a) Argumentationsansätze in Rechtsprechung und Schrifttum 106
aa) Absolutheit ohne Ausnahmen 107
bb) Absolutheit bei Inkorporation vorkonstitutionellen Rechts 108
cc) Verfassungsimmanente Schranke 109
(1) Unerträglichkeitsschranke 109
(2) Gewichtige Gründe 115
dd) Ansatz des Bundesverfassungsgerichts 116
ee) Zwischenergebnis 119
b) Eigener Ansatz 120
aa) Abwägungsfestigkeit 120
bb) Absolutheit 121
cc) Wiederaufnahmevorschriften als Ausgestaltungen des normgeprägten Prozessgrundrechts 122
(1) Ausgestaltungen versus Eingriffe 122
(2) Ausgestaltungsbedürftigkeit des Art. 103 Abs. 3 GG 124
(3) Gewährleistungsspezifische Vorgaben 126
c) Ergebnis 130
3. Wirkung bei anderen verfahrensbeendenden Entscheidungen 130
a) Sperrwirkung des Art. 103 Abs. 3 GG nicht teilbar 131
b) Abgrenzung von Art. 103 Abs. 3 GG und dem allgemeinen Prozessgrundsatz ne bis in idem 131
c) Bedeutung für einzelne Entscheidungsarten 133
d) Ergebnis 137
V. Zusammenfassende Würdigung 137
E. Konsequenzen für die ungünstige Wiederaufnahme nach bestehendem und zukünftigem Recht 140
I. Bedeutung von Art. 103 Abs. 3 GG für die ungünstige Wiederaufnahme de lege lata 140
1. Auslegungsmaßstab 140
2. § 362 Nr. 1 StPO 143
a) Tatbestandsmerkmale 143
b) Verfassungskonforme Auslegung (Manipulationsgedanke) 144
3. § 362 Nr. 2 StPO 147
a) Tatbestandsmerkmale 148
b) Verfassungskonforme Auslegung (Manipulationsgedanke) 149
4. § 362 Nr. 3 StPO 151
a) Tatbestandsmerkmale 151
b) Verfassungskonforme Auslegung (Manipulationsgedanke) 152
5. § 362 Nr. 4 StPO 154
a) Tatbestandsmerkmale 154
b) Inhaltliche Anforderung an das Geständnis 156
c) Verfassungskonforme Auslegung (Verzichtsgedanke) 158
6. Ergebnis 162
II. Bedeutung von Art. 103 Abs. 3 GG für die ungünstige Wiederaufnahme de lege ferenda 162
1. Anpassung der bestehenden Wiederaufnahmegründe 163
a) § 362 Nr. 1–3 StPO 163
b) § 362 Nr. 4 StPO 164
c) Beschränkung auf schwere Delikte? 165
2. Erweiterung der ungünstigen Wiederaufnahmegründe 166
a) Gestaltungsspielraum des einfachen Gesetzgebers 167
b) Denkbare Erweiterungsmöglichkeiten propter falsa 169
aa) § 362 Nr. 1 StPO 169
bb) § 362 Nr. 2 StPO 171
cc) § 362 Nr. 3 StPO 173
c) Denkbare Erweiterungsmöglichkeiten propter nova 174
aa) Zur Einordnung von nova 174
bb) Hervorbringen neuer Tatsachen und Beweismittel durch den Abgeurteilten (Verzichtsgedanke) 177
cc) Vernichtung oder Verhinderung belastender Beweismittel durch den Angeklagten (Manipulationsgedanke) 178
dd) Einbeziehung des Verurteilten 180
3. Ergebnis 182
III. Verfassungsänderung 183
F. Schluss 186
Literaturverzeichnis 188
Sachwortverzeichnis 203