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Dialektik der Würde

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Bilgen, I. (2026). Dialektik der Würde. Zur Prinzipialität der Selbstbeschränkung für eine soziale Freiheitsordnung. Duncker & Humblot. https://doi.org/10.3790/978-3-428-59667-6
Bilgen, Isa. Dialektik der Würde: Zur Prinzipialität der Selbstbeschränkung für eine soziale Freiheitsordnung. Duncker & Humblot, 2026. Book. https://doi.org/10.3790/978-3-428-59667-6
Bilgen, I (2026): Dialektik der Würde: Zur Prinzipialität der Selbstbeschränkung für eine soziale Freiheitsordnung, Duncker & Humblot, [online] https://doi.org/10.3790/978-3-428-59667-6

Format

Dialektik der Würde

Zur Prinzipialität der Selbstbeschränkung für eine soziale Freiheitsordnung

Bilgen, Isa

Schriften zur Rechtstheorie, Vol. 313

(2026)

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Book Details

About The Author

Isa Bilgen studierte 2017 Rechtswissenschaften an der Universität Göttingen. Es folgte 2019 das Rechtsreferendariat am OLG Braunschweig mit einer Station beim Wissenschaftlichen Dienst des Bundestages im Bereich Verfassung und Verwaltung. Nach einer Tätigkeit in einer Anwaltskanzlei in Berlin arbeitet er seit 2020 als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Potsdam am Lehrstuhl für Öffentliches Recht von Prof. Dr. Thorsten Ingo Schmidt. Nachdem er 2024 in Göttingen mit einer rechtsphilosophischen Arbeit unter dem Titel »Dialektik der Würde« promoviert wurde, befasst er sich derzeit in Potsdam in seinem Habilitationsprojekt mit Nachhaltigkeitsaspekten im Sozialrecht.

Abstract

Die Würde gilt als der höchste Wert, nach dem sich die Ordnung des Zusammenlebens auszurichten hat. Wie Freiheit geordnet wird, hängt also davon ab, was man unter Würde versteht. Mit Kant hat sich in der modernen Gesellschaft ein autonomiegestütztes Würdeverständnis etabliert. Um die ökologischen und sozialen Defizite des daraus folgenden formalen und individualistischen Freiheitsbegriffs zu korrigieren, wird hier ein vulnerabilitätstheoretisches Verständnis als Grundlage für eine ökologisch-soziale Freiheitsordnung entwickelt. Der Mensch besitzt demnach Würde, nicht, weil er als Vernunftwesen autonomiefähig, sondern weil er als Naturwesen samt seiner Freiheit vulnerabel ist und vom objektiven Gewissen als solches Subjekt anerkannt wird. Das Gewissen ist also der Grund der Würde, nicht die Autonomie. Der dialektische Freiheitsfortschritt wird anstatt in der Selbstermächtigung des Menschen in der gewissensgeleiteten, empathischen Selbstbeschränkung gegenüber der leidenden Natur gesehen.»Dialectic of Dignity. On the Principiality of Self-Restriction for a Social Order of Freedom«: In contrast to autonomy-centered conceptions of dignity, this study develops a vulnerability-theoretical understanding as the basis for a social concept of freedom. Human dignity is grounded in being a vulnerable natural being, not in the capacity for autonomy as a rational being. Subjectivity is constituted through recognition by the conscience, which drives the realization of freedom not through self-empowerment, but through conscience-guided self-restriction in relation to suffering nature.

Table of Contents

Section Title Page Action Price
Vorwort 7
Inhaltsverzeichnis 9
A. Einleitung 15
I. Würde durch Selbstbeschränkung – Fortschritt im Bewusstsein der vulnerablen Freiheit 15
II. Forschungsstand und Methode 25
III. Insbesondere: Der dialektisch-kontraktualistische Begründungsstrang 27
1. Was ist Dialektik? 27
2. Zur Komplementarität von Dialektik und Kontraktualismus 33
3. Verhältnis zu Antinomien, Aporien und Paradoxien 37
a) Antinomien 37
b) Aporien 38
c) Paradoxien 39
IV. Der Gang der Untersuchung 45
Erster Teil: Dialektische Begründung der Würde mit einem Akt der Selbstbeschränkung der Vernunft 46
B. Vorklärung: Würde zwischen Moral und Recht 46
C. Würde zwischen Vernunft und Natur 51
I. Römische Antike: Die Würde des „großen“ Menschen 52
II. Christliche Theologie: Die Würde des göttlichen Menschen 54
III. Humanistisch-aufklärerisches Verständnis der Würde 56
1. Pico: Die Würde des erhabenen Menschen – Schöpfer in der Schöpfung 57
2. Kant: Die Würde des autonomen Menschen 60
a) Würde als Pflicht und allgemeines Achtungsprinzip 61
b) Der Kategorische Imperativ als Formel der wechselseitigen Achtung 62
c) Wechselseitige Achtung durch Selbstbeschränkung kraft Autonomie 65
IV. Vulnerabilitätstheoretische Neukonzeption: Das Gewissen als Grund der Würde des leidenden Subjekts 69
1. Das Gewissen als bloß judikative und erkenntnisstützende Kontrollinstanz bei Kant 69
2. Urteilskorrigierende und subjektkonstituierende Doppelfunktion des Gewissens – Subjekte aus Mitleid 71
3. Objektivität des Gewissens 76
4. Zusammenfassende Betrachtung 77
V. Subjektivität durch relationale Anerkennung in Anlehnung an Fichtes Konzept 77
Zweiter Teil: Dialektisch-Kontraktualistische Konzipierung einer würdebasierten sozialen Freiheitsordnung 85
D. Vorklärung: Der normative Ausgangspunkt für Prinzipien einer sozialen Freiheitsordnung – Korrektur der Defizite bei Kant und Rawls 87
I. Kants Kategorischer Imperativ und Rechtsbegriff 88
II. Rawls’ Schleier des Nichtwissens 92
III. Vulnerabilitätstheoretische Modifikationen des kontraktualistischen Ausgangspunkts 94
E. Prinzipien einer vierdimensionalen sozialen Freiheitsordnung 102
I. Individuale Dimension würdebasierter Freiheit 104
1. Individualität der Freiheit – Individuelle Selbstbestimmung als Zielprinzip der Würde 104
2. Das Spannungsverhältnis von Individual- und Gemeinschaftsinteressen 107
II. Spezifisch-soziale Dimension würdebasierter Freiheit 113
1. Sozialität der Freiheit – Die anderen als Grenze und Bedingung individueller Freiheit 113
2. Selbstbeschränkung durch Gleichheit als Kernprinzip würdebasierter Freiheit 116
3. Selbstbeschränkung durch die Gerechtigkeit der Freiheit 120
a) Selbstbeschränkung der Freiheit um die Gerechtigkeit 120
b) Selbstbeschränkung durch Verzicht auf die Willkürfreiheit 122
c) Gerechte Eigentumsverhältnisse 125
4. Selbstbeschränkung durch die Pflicht der Freiheit 129
a) Konnexität von Rechten und Pflichten 129
b) Selbstbeschränkung durch Solidarität, Nächstenliebe und Nächstenachtung 131
c) Pflichtfähigkeit ist keine Voraussetzung für Würdefähigkeit und Subjektivität 136
5. Zwischenergebnis 137
III. Ökologische Dimension würdebasierter Freiheit 138
1. Ökologietät der Freiheit – Die Natur als Grenze und Bedingung menschlicher Freiheit 138
2. Selbstbeschränkung durch ökologische Gleichheit als Kernprinzip einer vulnerabilitätsbasierten Würde 144
IV. Kollektive Dimension würdebasierter Freiheit 152
1. Kollektivität der Freiheit – Der Staat im Dienst der individuellen Freiheit 154
a) Kultur der Würde – Würdezentriertheit aller Institutionen in Staat und Gesellschaft 155
b) Insbesondere: Erziehung zur ökologisch-sozialen Rücksichtnahme – Freiheitsregulierung zwischen Recht und Moral 157
2. Ökologisch-sozialer Freiheitsstaat – Kollektive Sicherung der Selbstbeschränkung 163
3. Demokratischer Staat: Selbstbestimmung durch kollektive Selbstbeschränkung 168
a) Demokratie als Methode zur Erzeugung und Wahrung einer würdebasierten Ordnung 169
b) Bindung aller Einzelnen an den demokratischen Willen 172
c) Exkurs: Die intertemporale Dimension der Demokratie 175
4. Rechtsstaat: Selbstbeschränkung des Staates durch Bindung an Recht 176
a) Selbstbeschränkung staatlicher Macht im horizontalen Verhältnis 176
b) Selbstbeschränkung staatlicher Macht im vertikalen Verhältnis 178
5. Ökologischer Sozialstaat 181
V. Schwächen (und Stärken) des Kontraktualismus 185
VI. Zwischenfazit 188
Dritter Teil: Vulnerabilitätstheoretische Rekonstruktion der grundgesetzlichen Würdenorm 191
F. Vorklärung: Kritik autonomiebasierter Würdedefinitionen und Versuch einer Empathieformel 191
I. Defizite autonomiebasierter Würdedefinitionen 191
1. Vier defizitäre Theorien 191
2. Insbesondere: Die verfassungstheoretische Mär vom selbstbestimmten Individuum 195
a) Autonomie- und Selbstbestimmungsfähigkeit als Voraussetzung für Würde? 196
b) Das eindimensionale Menschenbild 199
c) Dialektische Selbstbestimmung durch Selbstbeschränkung 204
II. Versuch einer vulnerabilitäts- und gewissenbasierten Empathieformel 205
G. Prinzipialität würdebasierter Freiheit im Grundgesetz 208
I. Das Grundgesetz als wertgebundene und würdebasierte Freiheitsordnung 209
II. Wehrhafte Demokratie als Selbstbeschränkung kollektiver Selbstbestimmung 214
III. Ein schlummernder Grundsatzstreit: Würdenorm als Prinzip oder Grundrecht? 221
IV. Das Verhältnis zu Menschen- und Grundrechten 225
V. Unantastbare, aber verletzliche Menschenwürde 231
VI. Das Problem der Absolutheit aus der Perspektive der Selbstbeschränkung 233
1. Das Verhältnis zwischen Achtungs- und Schutzpflicht des Staates 235
a) Vorranglösungen 238
b) Abwägungsoffenheit? 241
2. Das Problem des Ungleichgewichts zwischen der Achtungs- und Schutzpflicht 245
3. Zur Abwägung auf Schutzbereichsebene 249
a) Relativität der Würde im Gewand des allgemeinen Persönlichkeitsrechts 252
b) Schwangerschaftsabbruch 257
c) Flugzeugabschuss 265
d) Rettungsfolter 267
VII. Drittwirkung und Grundpflicht der Würde 272
1. Die unmittelbare Drittwirkung 273
2. Die Grundpflicht zur Achtung durch Selbstbeschränkung 275
3. Das Menschenbild des Grundgesetzes – Würdeimmanent begrenzte Freiheit 281
4. Insbesondere: Grenzen des allgemeinen Freiheitsrechts aus Art. 2 Abs. 1 GG 286
a) Abgrenzung von der engen Persönlichkeitskerntheorie 287
b) Ideologieanfälligkeit eines individualistischen Freiheitsbegriffs 288
c) Selbstbegrenzung der Freiheit um ihre ökologisch-soziale Verträglichkeit 291
d) Schutzbereichsbegrenzung bedeutet nicht Staatswillkür 295
e) Der Wandel des Freiheitsbegriffs als Möglichkeit zur Begegnung von aktuellen Krisen 298
VIII. Das würdebasierte Recht der Tiere auf eigene Rechte 300
1. Gewissenbasierte Würde und Rechtssubjektivität von Tieren 302
2. Ökologische Personen als Pendant zu juristischen Personen i. S. d. Art. 19 Abs. 3 GG 305
3. Kollision der Tierwürde mit menschlichen Interessen 307
IX. Weitere soziale Aspekte der Würde 310
1. Die Würde der menschlichen Gattung 311
2. Der Menschenwürdeverzicht – Objektive oder subjektive Würde? 315
3. Menschenwürde als Argument für und gegen ein selbstbestimmtes Sterben 322
4. Der ökologische Sozialstaat im Dienst einer würdebasierten sozialen Freiheitsordnung 325
a) Menschenwürdiges Existenzminimum 325
b) Sozioökonomisches und -ökologisches Existenzminimum 329
c) Selbstbeschränkung einer würdebasierten Wirtschaftsordnung 332
d) Resozialisierungsgebot im Strafsystem 338
X. Zwischenfazit 340
Zusammenfassung der Ergebnisse 343
Literaturverzeichnis 348
Sach- und Personenverzeichnis 382