Europapolitische Kommunikation zwischen Bundestag und Bundesregierung
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Europapolitische Kommunikation zwischen Bundestag und Bundesregierung
Die Umsetzung der parlamentarischen Mitwirkungs- und exekutiven Kooperationspflicht nach Art. 23 Abs. 2 und Abs. 3 GG
Beiträge zum Parlamentsrecht, Vol. 73
(2015)
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Franziska Brand studierte Rechtswissenschaft an der Freien Universität Berlin und am King’s College London (LL.M.). Nach ihrem Referendariat beim Kammergericht Berlin arbeitete sie zunächst als Rechtsanwältin in Berlin und London. Danach wechselte sie zur Verwaltung des Deutschen Bundestages. Dort ist sie nach verschiedenen Stationen in den Wissenschaftlichen Diensten des Bundestages als Gutachterin im Fachbereich Verfassung und Verwaltung tätig. Aufgrund dieser Nähe zum Deutschen Bundestag promovierte sie bei Prof. Dr. Frank Schorkopf im Parlamentsrecht an der Schnittstelle zum Europarecht.Abstract
Die Zusammenarbeit zwischen Bundestag und Bundesregierung in EU-Angelegenheiten bleibt ein aktuelles Thema, zuletzt im Rahmen der Finanzkrise. Die vorliegende Arbeit führt zurück auf die Vorgaben des Grundgesetzes, das in Art. 23 Abs. 2 und Abs. 3 GG die europapolitische Kommunikation skizziert. Neben der Informationspflicht der Bundesregierung gehört zu dieser Kommunikation die Mitwirkung des Bundestages in EU-Angelegenheiten und die darauf abgestimmte Zusammenarbeit der Bundesregierung. Franziska Brand untersucht diese Kommunikation in der Praxis und erläutert die noch bestehenden Schwierigkeiten. Auf dieser Basis entwickelt sich die These, dass die parlamentarischen und die exekutiven Aufgaben als Verfassungspflichten verstanden werden müssen. Nur aufgrund dieser fordernden Dimension kann eine effektive Kommunikationsstruktur entstehen, die den Anforderungen des Grundgesetzes gerecht wird. Franziska Brand schlägt die Grundzüge eines effektiveren Kommunikationsverfahrens vor, zeigt aber auch die Grenzen auf, an die die Mitwirkung des Bundestages stößt.»Communication between the German Bundestag and the German Federal Government about EU-Matters«The participation of the German Bundestag and the cooperation of the Federal Government with the Bundestag are the constitutional elements of their communication about EU-matters (Article 23 para. 2 and 3 Basic Law). Franziska Brand surveys how this communication is put into practice and concludes that these parliamentary and governmental tasks have to be considered as constitutional obligations in order to develop a more effective parliamentary participation in EU-matters as stipulated by the constitution.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Vorwort | 5 | ||
Inhaltsübersicht | 7 | ||
Inhaltsverzeichnis | 9 | ||
Einleitung | 15 | ||
A. Die verfassungsrechtlichen und einfachgesetzlichen Grundlagen der europapolitischen Kommunikation | 24 | ||
I. Der Bundestag zwischen der Einschränkung seiner Entscheidungsgewalt und der Herstellung demokratischer Legitimation der Europapolitik | 24 | ||
1. Einschränkung der Entscheidungsgewalt des Bundestages | 25 | ||
2. Verfassungsrechtliche Grenzen der Übertragung von Entscheidungskompetenzen auf die Europäische Union | 31 | ||
3. Der Bundestag als Hersteller demokratischer Legitimation der Unionspolitik | 36 | ||
II. Die Kommunikation zwischen Bundesregierung und Bundestag in europäischen Angelegenheiten | 40 | ||
1. Die Mitwirkung des Bundestages in europäischen Angelegenheiten | 40 | ||
a) Die verfassungsrechtlichen Grundlagen des Mitwirkungsrechts | 40 | ||
b) Die Elemente der europapolitischen Kommunikation | 42 | ||
c) Die Macht der Mehrheit des Bundestages und die Rolle der Oppositionsfraktionen | 43 | ||
2. Die Bedeutung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts für die europapolitische Kommunikation | 48 | ||
a) Das Konzept der Integrationsverantwortung | 48 | ||
b) Die Bedeutung der Integrationsverantwortung für die europapolitische Kommunikation | 53 | ||
c) Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu den parlamentarischen Informationsrechten | 56 | ||
3. Die unionsrechtlichen Mitwirkungsregeln für nationale Parlamente | 58 | ||
III. Die grundgesetzlichen Regeln über die europapolitische Kommunikation | 61 | ||
1. Die Unterrichtung des Bundestages durch die Bundesregierung | 61 | ||
2. Die Unterrichtungsrechte nach Art. 23 Abs. 2 GG | 63 | ||
a) Überblick über die historische Entwicklung der Informationsrechte | 63 | ||
b) Das parlamentarische Informationsrecht nach Art. 23 Abs. 2 Satz 2 GG | 67 | ||
aa) Unterrichtungsgegenstand: „Angelegenheiten der Europäischen Union“ | 67 | ||
bb) Der Bundestag als Informationsempfänger | 69 | ||
cc) Umfassende Unterrichtung zum frühestmöglichen Zeitpunkt | 71 | ||
(1) Umfassende Unterrichtung | 71 | ||
(2) Unterrichtung zum frühestmöglichen Zeitpunkt | 73 | ||
(3) Schriftliche Unterrichtung | 74 | ||
3. Die Schaffung und Bedeutung des Ausschusses für die Angelegenheiten der Europäischen Union | 75 | ||
a) Überblick über die Entstehungsgeschichte des Europaausschusses | 75 | ||
b) Die Bedeutung des Europaausschusses für die europapolitische Kommunikation | 79 | ||
IV. Die einfachgesetzlichen Unterrichtungsrechte | 82 | ||
1. Das Gesetz über die Zusammenarbeit zwischen Bundesregierung und Bundestag in Angelegenheiten der Europäischen Union | 82 | ||
a) Überblick über die Informationspflichten nach dem EUZBBG | 83 | ||
b) Die EUZBBG-Novelle im Jahr 2013 | 86 | ||
2. Das Informationsrecht zur Wahrung der Mitwirkungsrechte nach dem Integrationsverantwortungsgesetz | 91 | ||
3. Die Unterrichtungsrechte in Bezug auf den Europäischen Stabilitätsmechanismus | 94 | ||
a) Die Grundsätze der Unterrichtung | 95 | ||
b) Die Unterrichtung des Haushaltsausschusses | 98 | ||
c) Einschränkung der Informationsrechte auf ein Sondergremium des Bundestages | 99 | ||
4. Schaffung eines Europagesetzbuches | 100 | ||
V. Das Recht des Bundestages zur Abgabe von Stellungnahmen und ihre Berücksichtigung durch die Bundesregierung | 103 | ||
1. Die verfassungsrechtlichen und einfachgesetzlichen Vorgaben | 103 | ||
2. Die Bindungswirkung von Stellungnahmen | 106 | ||
3. Die Herstellung des Einvernehmens zwischen Bundesregierung und Bundestag in besonderen Fällen | 111 | ||
4. Die Öffentlichkeitsfunktion der Stellungnahmen | 113 | ||
VI. Zusammenfassung und Bewertung | 115 | ||
B. Die europapolitische Kommunikation in der Praxis | 118 | ||
I. Die Unterrichtung des Bundestages | 119 | ||
1. Die Unterrichtung auf der Basis des EUZBBG | 119 | ||
a) Unterbliebene oder verspätete Unterrichtung des Bundestages | 119 | ||
aa) Finanzstabilisierungsverordnung | 120 | ||
bb) Berichtspflichten im Zusammenhang mit Stellungnahmen des Bundestages | 121 | ||
cc) Unterrichtung über den Abschluss eines Gesetzgebungsverfahrens | 123 | ||
b) Probleme im Ablauf des Unterrichtungsverfahrens | 124 | ||
aa) Koordination der Unterrichtung auf Seiten der Bundesregierung | 124 | ||
bb) Erläuternde Berichte zu neuen Dossiers | 125 | ||
c) Keine Überforderung des Bundestages | 126 | ||
aa) Eindämmung der Dokumentenflut in besonderen Fällen | 127 | ||
bb) Sehr kurzfristige Entscheidungen | 129 | ||
cc) Unterrichtung durch nicht deutschsprachige Dokumente | 131 | ||
d) Unterrichtung im Bereich der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik und der rGemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik | 135 | ||
2. Die Unterrichtung zur Wahrung der Mitwirkungsrechte nach dem Integrationsverantwortungsgesetz | 137 | ||
3. Bewertung der Unterrichtung des Bundestages durch die Bundesregierung | 140 | ||
II. Die Organisation der Informationen im Bundestag | 141 | ||
1. Die Aufbereitung der europapolitischen Informationen | 142 | ||
a) Die Entstehung der Unterabteilung Europa der Bundestagsverwaltung | 142 | ||
b) Die Entgegennahme und Bereitstellung der Dokumente | 144 | ||
c) Das Priorisierungs- und Überweisungsverfahren für europäische Dokumente | 145 | ||
d) Bewertung der Aufarbeitung der Informationen | 148 | ||
2. Beschaffung ergänzender und erläuternder Informationen | 149 | ||
a) Publikationen und Gutachten der Bundestagsverwaltung | 149 | ||
b) Die Arbeit des Verbindungsbüros Brüssel | 150 | ||
c) Abgeordnete des Europäischen Parlaments im Europaausschuss | 154 | ||
d) Informationsaustausch im Rahmen der COSAC | 157 | ||
e) Die interparlamentarische Kommunikationsdatenbank IPEX | 163 | ||
f) Information durch öffentlich zugängliche Presse- und Medienberichte | 164 | ||
g) Sonstige Kontakte des Bundestages und seiner Mitglieder | 165 | ||
h) Bedeutung der ergänzenden und erläuternden Informationen | 166 | ||
III. Die Analyse europapolitischer Dossiers im Bundestag | 167 | ||
1. Informationsanalyse durch Mitglieder des Bundestages und die Fraktionen | 167 | ||
2. Die Arbeit der Wissenschaftlichen Dienste des Bundestages zu europäischen Fragen | 170 | ||
3. Bewertung der Analyse von europapolitischen Dossiers | 173 | ||
IV. Die Beratung europapolitischer Dossiers im Bundestag | 174 | ||
1. Der Umfang der Beratung in den Ausschüssen und im Plenum | 174 | ||
2. Beratung im Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union | 178 | ||
3. Beratung in den Fachausschüssen, insbesondere im Haushaltsausschuss | 179 | ||
4. Bewertung der parlamentarischen Beratung europapolitischer Dossiers | 180 | ||
V. Die parlamentarische Mitwirkung | 182 | ||
1. Herstellung des Einvernehmens zwischen Bundesregierung und Bundestag | 184 | ||
a) Übergangsregelungen zur Erhöhung der Sitze des Europäischen Parlaments | 184 | ||
b) Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit Island, Montenegro und Serbien | 186 | ||
c) Ergänzung des Art. 136 AEUV für die Errichtung des Europäischen Stabilitätsmechanismus | 188 | ||
d) Regierungskonferenz zur Annahme des Protokolls zu dem Anliegen der irischen Bevölkerung | 189 | ||
e) Einführung des Euro in Lettland | 190 | ||
f) Einführung des Euro in Litauen | 190 | ||
g) Bedeutung des Einvernehmens für die europapolitische Kommunikation | 191 | ||
2. Die parlamentarische Mitwirkung durch sonstige Stellungnahmen | 192 | ||
a) Die Pflicht der Bundesregierung, dem Bundestag Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben | 193 | ||
b) Die Stellungnahmen des Bundestages zu Rechtsetzungsvorhaben | 193 | ||
aa) Besonderheit: Geltendmachung von Parlamentsvorbehalten in zwei Fällen durch den deutschen Regierungsvertreter | 194 | ||
bb) Der Einfluss der Stellungnahmen auf die deutsche Position im Rat und die Ratsverhandlungen | 197 | ||
c) Die Stellungnahmen des Bundestages zu sonstigen europäischen Vorhaben | 202 | ||
d) Die Stellungnahmen des Europaausschusses | 203 | ||
3. Direkte parlamentarische Mitwirkung gegenüber den europäischen Organen | 204 | ||
a) Subsidiaritätsprüfung in den Ausschüssen des Bundestages | 205 | ||
b) Subsidiaritätsrügen und -klagen des Bundestages | 206 | ||
c) Sonstige direkte Mitwirkungsmöglichkeiten | 209 | ||
4. Bewertung der Mitwirkung des Bundestages | 211 | ||
VI. Zusammenfassung und Bewertung | 214 | ||
C. Die Weiterentwicklung der europapolitischen Kommunikation als Verfassungsauftrag und ihre Grenzen | 216 | ||
I. Umsetzung der verfassungsrechtlichen Anforderungen durch den Bundestag | 217 | ||
1. Maßgebliche Gründe für eine zurückhaltende Mitwirkung des Deutschen Bundestages | 218 | ||
a) Exekutive Entscheidungsstrukturen und parlamentarische Arbeitsabläufe | 218 | ||
b) Interessenkongruenz von Bundesregierung und Regierungsfraktionen | 218 | ||
c) Fehlendes öffentliches Interesse an europäischen Angelegenheiten | 220 | ||
2. Die Leistungsfähigkeit des Bundestages in europäischen Angelegenheiten | 224 | ||
3. Einrichtung einer Kammer der nationalen Parlamente auf europäischer Ebene? | 226 | ||
II. Die europapolitische Zusammenarbeit von Bundesregierung und Bundestag als Verfassungspflicht | 229 | ||
1. Der Kompensationsgedanke als nicht ausreichende Basis der Zusammenarbeit | 230 | ||
2. Das Verhältnis von Bundesregierung und Bundestag in der Europapolitik | 233 | ||
3. Die Mitwirkung des Bundestages als Verfassungspflicht | 242 | ||
a) Die Mitwirkungspflicht des Bundestages | 242 | ||
b) Der Mitwirkungsauftrag an die Mitglieder des Bundestages | 247 | ||
c) Umsetzung der Mitwirkungspflicht in der parlamentarischen Praxis | 250 | ||
aa) Die organisatorische und strukturelle Umsetzung im Bundestag | 250 | ||
bb) Maßstab für die Erfüllung der Mitwirkungspflicht | 254 | ||
4. Die europapolitische Kooperation der Bundesregierung als Verfassungsauftrag | 257 | ||
a) Unterrichtung des Bundestages | 258 | ||
b) Entschleunigung | 258 | ||
c) Berücksichtigung der Mitwirkungshandlungen des Bundestages | 262 | ||
5. Bewertung und Durchsetzbarkeit der Einflussnahme des Bundestages auf die nationale Europapolitik | 264 | ||
a) Prüfung der Pflichterfüllung | 264 | ||
b) Durchsetzung der Pflichterfüllung | 266 | ||
aa) Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht | 266 | ||
(1) Verfahren bei Pflichtverletzungen der Bundesregierung | 266 | ||
(2) Verfahren bei Pflichtverletzung des Bundestages | 267 | ||
bb) Politische Durchsetzung | 270 | ||
III. Die Grenzen der europapolitischen Kommunikation | 271 | ||
1. Grenze des Informationsrechts des Bundestages: Interner Willensbildungsprozess der Bundesregierung? | 272 | ||
2. Technische Details und hochkomplexe Spezialgebiete | 278 | ||
3. Mehrheitsentscheidungen im Ministerrat | 280 | ||
4. Politisch nicht gewollte Einengung des Verhandlungsspielraumes der Regierung | 282 | ||
IV. Jenseits der Kommunikationsgrenzen: Parlamentarisches Vertrauen und nachträgliche Kontrolle | 284 | ||
1. Parlamentarisches Vertrauen | 284 | ||
2. Nachträgliche Kontrolle | 286 | ||
Schluss | 289 | ||
Zusammenfassung in Thesen | 294 | ||
Literaturverzeichnis | 302 | ||
Stichwortverzeichnis | 317 |