Anteilige Haftung für ärztliche Behandlungsfehler
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Anteilige Haftung für ärztliche Behandlungsfehler
Schriften zum Gesundheitsrecht, Vol. 43
(2017)
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Abstract
Die Arbeit befasst sich mit dem oft unaufklärbaren und als Black Box bezeichneten Kausalitätsproblem bei der Haftung für ärztliche Behandlungsfehler. Es gibt dafür grundsätzlich zwei Lösungsansätze, nämlich das Alles-oder-nichts-Prinzip und die anteilige Haftung. Ersteres findet sich zwar in Form der Beweislastumkehr bei grobem Behandlungsfehler im geltenden Recht, es gibt dafür aber keine überzeugende dogmatische Begründung. Letztere hingegen ist an sich logisch schlüssig und konsequent, zumindest in Form der Haftung für verlorene Chancen. Aus rechtsökonomischer Sicht kann das Alles-oder-nichts-Prinzip im geltenden Recht ebenso effizient sein wie die anteilige Haftung, wenn die Rechtsdurchsetzungskosten berücksichtigt werden. Ein Vergleich der Grundgedanken des deutschen und chinesischen Rechts ergibt, dass die anteilige Haftung im chinesischen Arzthaftungsrecht auf der falschen Annahme basiert, dass die Kausalität zwischen dem Behandlungsfehler und dem Schaden stets aufklärbar ist.»Proportional Liability in Medical Malpractice Cases«This book deals with two possible solutions to the problem of uncertain causation between medical error and the damage suffered by the patient under German law - the pro rata liability rule and the all-or-nothing rule. Two interesting results: Firstly, the all-or-nothing rule could be as efficient as the pro rata liability rule; secondly, the Chinese medical malpractice law adopts a pro rata liability rule, which empirically did not work well und is theoretically based on many false assumptions.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Vorwort | 7 | ||
Inhaltsverzeichnis | 11 | ||
Abkürzungsverzeichnis | 17 | ||
§ 1 Einleitung | 21 | ||
I. Gegenstand der Untersuchung | 21 | ||
1. Kausalitätsproblem bei der Haftung für ärztliche Behandlungsfehler | 21 | ||
2. Lösungsansätze: Alles-oder-nichts-Prinzip oder anteilige Haftung? | 22 | ||
a) Alles-oder-nichts-Prinzip | 22 | ||
b) Anteilige Haftung | 22 | ||
aa) Haftung für verlorene Heilungschancen | 23 | ||
bb) Proportionalhaftung | 24 | ||
3. Themeneingrenzung | 25 | ||
II. Forschungsinteresse | 25 | ||
1. Rechtsökonomische Perspektive | 25 | ||
2. Rechtsvergleichende Perspektive: Chinesisches Recht | 26 | ||
III. Gang der Untersuchung | 26 | ||
§ 2 Alles oder nichts: Heutige Arzthaftung für Behandlungsfehler | 28 | ||
I. Haftung für ärztliche Behandlungsfehler im Allgemeinen | 28 | ||
1. Anspruchsgrundlage | 28 | ||
a) Haftung aus Vertrag und Delikt | 28 | ||
b) Anspruchskonkurrenz | 28 | ||
2. Haftungstatbestand | 31 | ||
a) Behandlungsfehler | 31 | ||
b) Verschulden | 33 | ||
c) Schaden | 33 | ||
d) Kausalität | 34 | ||
II. Kausalitätsproblem bei der Haftung für ärztliche Behandlungsfehler | 35 | ||
1. Problem | 35 | ||
a) Immanente Unaufklärbarkeit der Kausalität | 35 | ||
b) Stärke und Schwäche des Sachverständigenbeweises | 36 | ||
c) Unzulänglichkeit des Regelbeweismaßes: § 286 ZPO | 37 | ||
2. Beweisrechtliche Lösungswege | 38 | ||
a) Anscheinsbeweis? | 38 | ||
b) Beweismaßreduzierung nach § 287 ZPO? | 39 | ||
c) Generelle Beweislastumkehr? | 39 | ||
III. Beweislastumkehr bei grobem Behandlungsfehler | 40 | ||
1. Voraussetzungen | 40 | ||
a) Grober Behandlungsfehler | 41 | ||
aa) Entstehungsgeschichte | 41 | ||
bb) Definition | 41 | ||
cc) Einzelheiten | 42 | ||
b) Weitere Voraussetzungen | 43 | ||
aa) Generelle Eignung | 44 | ||
bb) Nicht äußerst unwahrscheinlich | 45 | ||
cc) Verwirklichung des einschlägigen Risikos | 45 | ||
2. Rechtsfolge | 46 | ||
a) Immer Beweislastumkehr? | 46 | ||
b) Beweiserleichterungen bis hin zur Beweislastumkehr? | 46 | ||
c) Grundsätzlich nur Beweislastumkehr | 47 | ||
3. Dogmatische Begründung | 49 | ||
a) Billigkeit | 49 | ||
b) Aufklärungserschwernis | 49 | ||
c) Beweisvereitelung | 51 | ||
d) Normzweck | 52 | ||
e) Gefahrerhöhung | 53 | ||
f) Waffengleichheit | 56 | ||
aa) Waffengleichheit durch „zumutbare Handhabung des Beweisrechts“? | 56 | ||
bb) Waffengleichheit durch die Bewältigung der Beweisnot? | 58 | ||
g) Beweislastumkehr als Sanktion? | 59 | ||
aa) Sanktion im Sinne einer Systemwidrigkeit | 59 | ||
bb) Sanktion im Sinne einer Ungleichbehandlung | 62 | ||
cc) Sanktion im Sinne, dass das Kausalitätserfordernis durchbrochen wird | 62 | ||
IV. Fazit | 64 | ||
§ 3 Anteilige Haftung für ärztliche Behandlungsfehler als mögliche Alternative | 66 | ||
I. Proportionalhaftung für ärztliche Behandlungsfehler de lege lata? | 66 | ||
1. Überblick zur Proportionalhaftung in Lehre und Praxis | 66 | ||
2. Dogmatische Begründung für die Proportionalhaftung | 68 | ||
a) Anwendung des § 287 ZPO | 68 | ||
aa) § 287 ZPO bezüglich der haftungsbegründenden Kausalität | 68 | ||
bb) § 287 ZPO bezüglich der haftungsausfüllenden Kausalität | 69 | ||
cc) Rechtsfolge des § 287 ZPO | 70 | ||
b) Rechtsfortbildung in Bezug auf § 830 Abs. 1 S. 2 BGB | 71 | ||
aa) Kernargumente für die Proportionalhaftung de lege lata | 71 | ||
bb) Gegenargumente gegen die Proportionalhaftung de lege lata | 73 | ||
cc) Stellungnahme | 74 | ||
(1) Gesetzesübersteigende Rechtsfortbildung (bei Bydlinski) | 75 | ||
(2) Gesetzesimmanente Rechtsfortbildung bzw. Analogie (bei anderen) | 76 | ||
(3) Stärke und Schwäche der gesetzesübersteigenden Rechtsfortbildung | 76 | ||
II. Haftung für verlorene Chancen de lege lata für ärztliche Behandlungsfehler | 78 | ||
1. Überblick zur Haftung für verlorene Chancen in Lehre und Praxis | 78 | ||
2. Dogmatische Begründung für die Haftung für verlorene Chancen | 80 | ||
a) Schlüssigkeit der inneren Logik der Heilungschance | 80 | ||
aa) Begründung von Mäsch: Vertragliche Pflicht zur Chancenwahrung | 81 | ||
bb) Keine Pflicht zur Chancenwahrung im Rahmen des Dienstvertrags? | 82 | ||
(1) Falsche Umformulierung von Mäsch? | 82 | ||
(2) Unausgewogene Vertragsauslegung? | 84 | ||
cc) Heilungschancen als immaterielle Güter? | 85 | ||
(1) Begründung von Mäsch | 85 | ||
(2) Kritik und Verteidigung: Zum Gedanken der „Kommerzialisierung“ | 86 | ||
(a) Gegenstand der Kommerzialisierung: Dienstleistung oder Chance? | 86 | ||
(b) Unterschied zwischen dem Chancenkauf und der Chancenwahrung? | 88 | ||
(c) Kein Markt, keine Kommerzialisierung? | 88 | ||
dd) Vergänglichkeit der Chance | 89 | ||
(1) Kein Vermögenswert wegen der Vergänglichkeit? | 89 | ||
(2) Beurteilungszeitpunkt der verlorenen Chance als Schaden | 90 | ||
b) Vereinbarkeit der Heilungschance mit anderen Regeln und Doktrinen | 91 | ||
aa) Erfolgshaftung? | 92 | ||
bb) Umgehung des Kausalitätserfordernisses? | 93 | ||
cc) Strukturgleichheit zwischen ärztlicher Vertrags- und Deliktshaftung? | 93 | ||
dd) Sperrwirkung von § 252 S. 2 BGB? | 94 | ||
III. Fazit | 95 | ||
§ 4 Anteilige Haftung für Behandlungsfehler aus rechtsökonomischer Sicht | 98 | ||
I. Das Haftungsrecht und das Kausalitätserfordernis aus rechtsökonomischer Sicht | 98 | ||
1. Grundidee der ökonomischen Analyse des Haftungsrechts | 98 | ||
a) Maximierung gesellschaftlicher Gesamtwohlfahrt als allgemeines Ziel | 99 | ||
b) Minimierung der Unfallkosten (Prävention) als Ziel des Haftungsrechts | 99 | ||
c) Modell für die Minimierung der Kosten von Unfällen | 101 | ||
aa) Primäre, sekundäre und tertiäre Kosten | 101 | ||
bb) Modell zur Minimierung der primären Kosten von Unfällen | 102 | ||
2. Die Rolle des Kausalitätserfordernisses aus rechtsökonomischer Sicht | 103 | ||
a) Anfängliche Vernachlässigung | 103 | ||
b) Wachsende Bedeutung im Zuge der weiteren Entwicklung | 104 | ||
aa) Überblick | 104 | ||
bb) Einzelheiten | 105 | ||
(1) Probabilistische Kausalität | 106 | ||
(2) Äquivalente Kausalität | 107 | ||
II. Effizienz der anteiligen Haftung | 109 | ||
1. Primäre Kosten | 109 | ||
a) Optimale Gleichung: Erwartete Kosten erwartete Haftung | 109 | ||
b) Verschiedene Berechnungsmethoden | 110 | ||
c) Bewertung der Berechnungsmethoden | 112 | ||
aa) Ersatz des Zusatzschadens | 112 | ||
bb) Ersatz der tatsächlich verlorenen Heilungschance | 113 | ||
cc) Ersatz der gesamten Heilungschance | 114 | ||
2. Rechtsdurchsetzungskosten | 115 | ||
3. Exkurs: Auswirkungen anderer Faktoren auf die Effizienz der anteiligen Haftung | 119 | ||
a) Auswirkungen des Sorgfaltsmaßstabs | 119 | ||
b) Auswirkungen des Schadensersatzes | 120 | ||
III. Effizienz des Alles-oder-nichts-Prinzips | 121 | ||
1. Primäre Kosten | 121 | ||
a) Im Falle eines groben Behandlungsfehlers | 122 | ||
b) Im Falle eines einfachen Behandlungsfehlers | 123 | ||
2. Rechtsdurchsetzungskosten | 123 | ||
3. Minimierung der Fehlurteile? | 124 | ||
4. Exkurs: Bewertung anderer Varianten | 125 | ||
a) Variante I | 125 | ||
b) Variante II | 126 | ||
IV. Fazit | 127 | ||
§ 5 Anteilige Haftung im chinesischen Arzthaftungsrecht | 129 | ||
I. Hintergrund | 129 | ||
1. Geschichte des chinesischen Zivilrechts und dessen deutsche Wurzeln | 129 | ||
2. Prozessrechtlicher Aspekt des chinesischen Arzthaftungsrechts | 131 | ||
3. Materiell-rechtlicher Aspekt des chinesischen Arzthaftungsrechts | 132 | ||
a) Unterschiedliche „Zweispurigkeiten“ | 132 | ||
aa) Deliktsrechtliche und vertragsrechtliche Arzthaftung | 132 | ||
bb) Zivilrechtliche und öffentlich-rechtliche Arzthaftung | 133 | ||
b) Spezielle Rechtsquellen | 134 | ||
II. Anteilige Haftung für ärztliche Behandlungsfehler | 135 | ||
1. Anteilige Haftung in § 49 Abs. 1 RBmU | 136 | ||
2. Anteilige Haftung in den lokalen Justizansichten | 137 | ||
3. Zwischenergebnis: Proportionalhaftung für ärztliche Behandlungsfehler | 139 | ||
4. Beispiel: Anteilige Haftung für Behandlungsfehler im Darmkrebsfall | 139 | ||
a) Sachverhalt | 139 | ||
b) Gutachten | 140 | ||
c) Urteil erster Instanz | 141 | ||
d) Urteil zweiter Instanz | 141 | ||
III. Begründung für die anteilige Haftung für Behandlungsfehler | 142 | ||
1. Begründung in der Rechtsmedizin: Theorie des Mitwirkungsgrads | 142 | ||
a) Theorie des Mitwirkungsgrads | 142 | ||
aa) Geschichte | 143 | ||
bb) Inhalt | 144 | ||
b) Aufnahme der Theorie in § 49 Abs. 1 RBmU | 146 | ||
2. Begründung in der Rechtsdogmatik: Theorie des kausalen Beitrags | 147 | ||
a) Theorie des kausalen Beitrags | 147 | ||
aa) Definition | 147 | ||
bb) Feststellung des kausalen Beitrags | 148 | ||
cc) Anwendungsbereiche | 148 | ||
dd) Spielt der kausale Beitrag eine Rolle bei der Haftungsbegründung? | 149 | ||
b) Anwendung der Theorie auf die Arzthaftung | 149 | ||
3. Zwischenergebnisse | 150 | ||
IV. Eine empirische Studie zur anteiligen Haftung für Behandlungsfehler | 151 | ||
1. Anteilige Haftung „in action“: Peking als Beispiel | 151 | ||
2. Anteilige Haftung im Gutachten | 153 | ||
a) Die Kausalität wird in den meisten Fällen bejaht | 153 | ||
b) Vier Typen von Aussagen über den Mitwirkungsgrad | 154 | ||
3. Anteilige Haftung in Urteilen erster Instanz | 155 | ||
a) Feststellung des Mitwirkungsgrads mithilfe der Aussage im Gutachten | 155 | ||
aa) In Fällen, in denen der Aussage im Gutachten gefolgt wird | 155 | ||
bb) In Fällen, in denen von der Aussage im Gutachten abgewichen wird | 157 | ||
b) Feststellung des Mitwirkungsgrads ohne Gutachten | 157 | ||
4. Anteilige Haftung in Urteilen zweiter Instanz | 158 | ||
a) Umgang mit Urteilen erster Instanz | 158 | ||
b) Exkurs: Wie sieht die anteilige Haftung in rechtskräftigen Urteilen aus? | 159 | ||
5. Zwischenergebnisse | 160 | ||
V. Bewertung der chinesischen anteiligen Haftung für ärztliche Behandlungsfehler im Lichte des deutschen Rechts | 161 | ||
1. Vergleich der Grundgedanken des deutschen und chinesischen Rechts | 161 | ||
a) Aufklärbarkeit der Kausalität | 162 | ||
b) Billigkeitsgedanke | 163 | ||
2. Vorschläge zur Auslegung und Reform des chinesischen Arzthaftungsrechts | 164 | ||
§ 6 Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse | 166 | ||
Literaturverzeichnis | 169 | ||
Sachwortverzeichnis | 186 |