Verfassungsrechtliche Fragen nationaler Identität und Homogenität sowie einer Leitkultur
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Verfassungsrechtliche Fragen nationaler Identität und Homogenität sowie einer Leitkultur
Der Staat, Vol. 58 (2019), Iss. 4 : pp. 575–619
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Angelika Emmerich-Fritsche, Erlangen
Cited By
-
Handbuch Bundesverfassungsgericht im politischen System
Bundesverfassungsgericht und Europäische Integration
Lhotta, Roland
Ketelhut, Jörn
2023
https://doi.org/10.1007/978-3-658-37532-4_64-1 [Citations: 0]
Abstract
Eine deutsche Identität schreibt das Grundgesetz, das eine offene Rechtsordnung verfasst, nicht vor. Die Menschenwürde als oberster Verfassungswert verbietet überdies ein rein nach ethnischen Merkmalen definiertes Staatsangehörigkeitsrecht (absolute Homogenität). Nationale Einheit entsteht insbesondere und kontinuierlich im Prozess der Partizipation an der demokratischen und gesellschaftlichen Willensbildung. Diese bedarf zwar einer gemeinsamen Sprache, aber nicht notwendig der ethnisch-kulturellen Homogenität der Bürger. Um den Zusammenhalt der Gesellschaft zu stärken und der Entstehung von „Parallelgesellschaften" entgegenzuwirken, darf der Gesetzgeber neben Fördermaßnahmen auch Integrationsanforderungen stellen, die relative und zumutbare Homogenitätserwartungen (z.B. Sprachkenntnisse, Informationen über Land und Rechtsordnung) einschließen. Eine abendländisch-christliche Weltanschauung als bestimmende Leitkultur ist jedoch mit den Grundrechten und der vom Grundgesetz gebotenen Säkularität und Neutralität nicht vereinbar. Integration ist ein wechselseitiger Prozess. Es gibt kein allgemeines Recht in einer pluralen Gesellschaft, von fremden Weltanschauungen, Sitten und Religionen verschont zu bleiben, aber auch eine Pflicht zur Anpassung im Rahmen des Zumutbaren. Die Achtung der freiheitlich demokratischen Grundordnung obliegt allen. Distanz, kritische Äußerungen oder abweichende Gesinnung zur Verfassung sind hinzunehmen, solange daraus keine konkrete Gefahr für diese Ordnung ausgeht und Kontroversen über das Gute und Richtige sowie Interessengegensätze im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung ausgetragen werden.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Angelika Emmerich-Fritsche: Verfassungsrechtliche Fragen nationaler Identität und Homogenität sowie einer Leitkultur | 575 | ||
I. Einleitung | 575 | ||
II. Freiheit durch Einheit oder Einheit durch Freiheit? | 579 | ||
1. Kulturnation und politische Nation | 579 | ||
2. Keine ethnische Identität des (deutschen) Volkes im Grundgesetz | 583 | ||
3. Homogenität als funktionelle Voraussetzung existentieller Staatlichkeit? | 575 | ||
4. Gemeinsame Sprache | 575 | ||
III. Verfassungsrechtliche Grenzen staatlicher Homogenitätsanforderungen | 575 | ||
1. Absolute Homogenitätsanforderungen am Maßstab der Menschenwürde | 575 | ||
2. Freiheitliche Diversität und ihre Schranken | 575 | ||
3. Rechtliche Gleichheit und Pauschalisierungsverbot | 576 | ||
IV. Christliche Prägung versus Religionsfreiheit und Neutralitätsprinzip | 576 | ||
1. Christliche Prägung des Grundgesetzes? | 576 | ||
2. Religionsfreiheit und Neutralitätsprinzip: „Staat als Heimstatt aller Bürger” | 576 | ||
3. Privilegierung christlicher Religionsgemeinschaften? | 577 | ||
V. Verfassungsrechtliche Leitkultur als Integrationsanforderung? | 577 | ||
1. Wertordnung des Grundgesetzes und Verfassungstreue | 577 | ||
2. Pflicht zur Achtung der freiheitlich demokratischen Grundordnung | 577 | ||
3. Gute Sitten oder Sittengesetz als Leitkultur? | 578 | ||
VI. Schlussfazit | 578 |