Vom Transitraum zum Ankunftsland – Migranten im Sahara-Sahel-Raum als Entwicklungspotential: der Fall Mauretanien
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Vom Transitraum zum Ankunftsland – Migranten im Sahara-Sahel-Raum als Entwicklungspotential: der Fall Mauretanien
Sociologus, Vol. 59 (2009), Iss. 1 : pp. 67–88
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1Laurence Marfaing, GIGA German Institute of Global and Area Studies, Neuer Jungfernstieg 21, 20354 Hamburg, Germany.
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État et société en Mauritanie
État et société en Mauritanie
Marfaing, Laurence
2014
https://doi.org/10.3917/kart.ould.2014.01.0345 [Citations: 0]
Abstract
Seit der Konferenz von Rabat 2006 beteiligen sich 27 afrikanische Staaten, darunter Senegal, Mali und Mauretanien, am Kampf gegen den Migrationsstrom und geben somit dem Druck der europäischen Migrationspolitik nach, die ihnen die Rolle des Wachpostens überlässt. Im Austausch für “Entwicklungsförderung“ werden von ihnen ausgewiesene “illegale Migranten“ aufgenommen. Damit verschiebt sich die Grenze Europas praktisch immer weiter nach Süden; der Sahel wird zur Puffer- bzw. Transitzone, in der die subsaharischen Migranten ums Überleben kämpfen, auf eine Ausreisemöglichkeit oder eine Geldüberweisung von Migranten warten, die Europa bereits erreicht haben. Migranten, die eine sofortige Weiterreise planen, stranden hier angesichts der ständigen Veränderungen von internationalen Vereinbarungen und möglichen Reiserouten. Sie mischen sich unter Saisonal- und Arbeitsmigranten, verrichten Gelegenheitsjobs. Manche lassen sich nieder, andere wollen die Weiterreise finanzieren und warten auf eine entsprechende Gelegenheit. Häufig betreiben sie Handel zwischen ihren Herkunfts- und Aufnahmeregionen, integrieren sich in die Handelsnetzwerke vor Ort, werden abhängige Subunternehmer für mauretanische Seefischgroßhändler und Fischer der Nachbarregion, oder arbeiten als saisonale Kräfte in der Landwirtschaft, im Baugewerbe, Erzabbau, Transportgewerbe. Am Beispiel der mauretanischen Hauptstadt wird gezeigt, wie Migranten Strategien entwickeln, die es ihnen erlauben, in Transitstädten zu überleben, bzw. zu leben und sich zu etablieren und damit sogar ein Entwicklungspotential darstellen können. Es lässt sich daher feststellen, dass Arbeitsmigration sowohl für das Herkunftsland wie das Aufenthaltsland positive ökonomische Wirkungen hat, einschließlich einer stärkeren regionalen Kohäsion. Die europäische Migrationspolitik blockiert dieses ökonomische Potential und stigmatisiert die Migranten, was in Mauretanien sehr schnell zu Ressentiments gegen Migranten und somit zu Gewaltpotential führen kann.
Since the Rabat conference in 2006 27 African states, among them Senegal, Mali and Mauretania, participate in the struggle against the migration flows from SSA, giving in to the pressure exercised through the European migration policy, taking over the role of watch dogs, “taking back illegal migrants“ in exchange for development assistance. Thereby European borders are extended to the South and the Sudan-Sahel is evolving into a buffer zone where migrants struggle for survival, waiting for an opportunity to travel or for transfers from other migrants who have been lucky to reach Europe, being completely dependant on changes in international conventions and travel routes. Permanent and temporary migrants, as well as those waiting for an opportunity to finance their trip to Europe, are mingling with seasonal and labour migrants, taking on casual jobs. Often they start trade between their home and receiving region, enter into trade networks; in the case of Mauretania they work for large sale fish traders supplying neighbouring countries, seasonal agriculture, in construction, mines, transport including big Chinese building sites. With a vivid analysis of the local situation in Nouakchott, the capital of Mauretania, itself an outmigration country, the article shows how migrants develop very diverse strategies to survive and live in this kind of transit towns, submerging into an informal, insecure economic sector on a mostly transitory basis but sometimes establishing themselves founding trading networks linked to migration, thereby clearly creating development potential and strengthening social cohesion, feelings of belonging and responsibility in the region.