Der Begriff des Politischen des Bundesverfassungsgerichts
BOOK
Cite BOOK
Style
Format
Der Begriff des Politischen des Bundesverfassungsgerichts
Beiträge zur Politischen Wissenschaft, Vol. 136
(2005)
Additional Information
Book Details
Pricing
About The Author
Robert Christian van Ooyen, Prof. Dr. phil., Studium der Politikwissenschaft und Philosophie sowie des Staats-, Europa- und Völkerrechts in Wien, Duisburg, Bonn und Basel; 1988–89 Postgraduate des Europarats am Institut für internationales Recht der Universität Basel bei Luzius Wildhaber; 1991 Promotion zum Dr. phil. bei Hans-Peter Schwarz; 1992–1995 Hochschullehrer für Staatsrecht und Politik an der Hochschule des Bundes, Köln und Brühl; 1998–2001 Professor für Politikwissenschaft (Vertretung) an der Universität Duisburg; seit 2001 Hochschullehrer für Staats- und Gesellschaftswissenschaften an der Hochschule des Bundes, Lübeck; regelmäßig Lehrbeauftragter an der FU Berlin und TU Dresden; seit 2017 Honorarprofessor für Politikwissenschaft an der TU Dresden; Co-Herausgeber des »Jahrbuch Öffentliche Sicherheit« (JBÖS) und Mitglied der Redaktion von »Recht und Politik« (RuP); Forschungsschwerpunkte: Staatstheorie, Verfassungspolitologie, Öffentliche Sicherheit.Abstract
Das im deutschen Regierungssystem mächtige Bundesverfassungsgericht wird von der Politikwissenschaft eher selten thematisiert. Verfassungsfragen und -gerichtsentscheidungen gelten hierzulande nahezu ausschließlich als Juristensache. Gegen diese vorherrschende Sicht unterzieht Robert Chr. van Ooyen die verfassungsgerichtliche Rechtsprechung einer politologischen Analyse, die das hierbei zugrunde liegende Politikverständnis herausarbeitet.Die zentrale These der Arbeit lautet: Der Begriff des Politischen des Bundesverfassungsgerichts ist der Begriff des Staates, der bis heute in einer demokratietheoretisch problematischen - weil obrigkeitsstaatlichen - Tradition der deutschen Staats- und Verfassungslehre steht.Der Nachweis erfolgt anhand aktueller Entscheidungen und der Staatslehren ausgewählter Verfassungsrichter. Dabei wird gezeigt, dass der Politikbegriff des Bundesverfassungsgerichts sich auf die direkte Rezeption der höchst einflussreichen Lehren von Schmitt, Smend, Triepel und Leibholz zurückführen lässt. Diese aber haben ihrerseits allesamt antipluralistische »politische Theologie« der »Souveränität« des »Staates« bzw. des »Volkes« betrieben, so dass selbst nach über 50 Jahren das Gericht nicht vollständig zu einem dem Grundgesetz angemessenen politischen Verständnis von Bürger, Verfassung und Gesellschaft durchdringt.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Inhaltsverzeichnis | 7 | ||
Abkürzungen | 10 | ||
Einleitung | 11 | ||
A. Staat und Grundrechte | 22 | ||
1. Lapidares Ende eines Menschenrechts | 23 | ||
a) Asylkompromiss-Beschluss (1996) | 23 | ||
b) Staatsräsonistische Funktion des „Menschenbild-Konzepts“ | 27 | ||
2. Politische Verfolgung als bloß staatliche Verfolgung | 30 | ||
a) Tamilen-Beschluss (1989) | 31 | ||
b) Theoretischer Bezug | 33 | ||
aa) Staatstheologie bei Hegel und Hobbes | 33 | ||
bb) Staat als „ursprüngliche Herrschermacht“ bei Jellinek | 37 | ||
c) „Quasi-staatliche Verfolgung“? – Afghanistan-Kammerbeschluss (2000) | 39 | ||
B. Staat und Parteien | 44 | ||
1. Verstaatlichung | 44 | ||
a) Theoretischer Bezug: Parteienstaatslehre von Leibholz | 44 | ||
b) Rezeption in der Rechtsprechung zur Parteienfinanzierung | 52 | ||
aa) Parteienfinanzierung I (1958) | 54 | ||
bb) Parteienfinanzierung II (1966) | 56 | ||
cc) „Quasi-Staatsorgane“: Parteienfinanzierung VI (1992) | 57 | ||
2. Parteien – immer noch nicht ganz geheuer | 59 | ||
a) Theoretischer Bezug: „extrakonstitutionell“ – Parteienkritik bei Triepel | 59 | ||
b) Begriff der Partei | 61 | ||
aa) „Scheinpartei“: FAP-Beschluss (1994) | 61 | ||
bb) Staatsfreiheitsgebot und Parteiqualität im NPD-Beschluss (2003) | 69 | ||
c) Sachentscheidung statt Parteipolitik: Finanzausgleich III (1999) | 71 | ||
d) Politikfreie Herrschaft der Experten: 8. Rundfunkentscheidung (1994) | 75 | ||
C. Staat und Beamte | 78 | ||
1. Staatsdienst als Gottesdienst – problematische hegelianische Tradition | 78 | ||
2. Beamte – etwas ganz Besonderes | 82 | ||
a) Herr und Diener: Beamtenkinder-Beschluss (1998) | 82 | ||
b) Beamtenbaby- und Ostbesoldung-Beschluss (1990; 2003) | 87 | ||
D. Staat, Demokratie und gesellschaftliche Gruppen | 90 | ||
1. Theoretischer Bezug: Schmitt | 91 | ||
a) Politische Theologie | 91 | ||
b) Politische Einheit „Volk“ – Antipluralismus und Antiparlamentarismus | 97 | ||
2. Rezeption I: Böckenfördes „staatliche Volksdemokratie“ | 106 | ||
3. Konsequenzen des Demokratiebegriffs von Böckenförde | 113 | ||
a) Bürger, Deutscher und Ausländer | 114 | ||
b) Staat, Europa und Moderne | 115 | ||
c) Demokratie, Verwaltung und Mitbestimmung | 117 | ||
4. Rezeption II: Rechtsprechung zur Mitbestimmung | 121 | ||
a) Alle Demokratie kommt von oben: Schleswig-Holstein – Beschluss (1995) | 121 | ||
b) Pluralismus nur außerhalb des Staates: NRW-Beschluss (2002) | 125 | ||
5. Wir müssen draußen bleiben: Sinti und Roma – Kammerbeschluss (1998) | 128 | ||
E. Staatliche Einheit und Integration | 133 | ||
1. Theoretischer Bezug: Integrationslehre von Smend | 134 | ||
2. Rezeption I | 140 | ||
a) Statusbericht und Integrationsfunktion | 140 | ||
b) Bundestreue und die Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse | 144 | ||
3. Rezeption II: Staatslehre von Herzog | 147 | ||
a) Präsidialer Integrator | 147 | ||
b) Integrationsfunktion des Bundesverfassungsgerichts | 156 | ||
aa) „Rationale Überparteilichkeit“ | 156 | ||
bb) Exkurs: Limbach | 160 | ||
F. Staat, Volk und Europäische Integration | 163 | ||
1. Keine Aufgabe der Souveränität: Solange-Beschlüsse | 164 | ||
a) Solange I (1974) | 164 | ||
b) Nicht wieder erreichte Modernität: die abweichende Meinung | 167 | ||
c) Kontinuität: Solange II (1986) | 169 | ||
2. Herr des Vertrags: Maastricht-Beschluss (1993) | 170 | ||
a) Souveräner Staat aus eigenem Recht | 171 | ||
b) Staatsvolk als homogene politische Einheit: wiederum Schmitt | 174 | ||
c) Kein moderner Begriff des Bürgers: Beschluss zum Ausländerwahlrecht (1990) | 176 | ||
G. Staatsrecht, Politik und richterliche Selbstbeschränkung | 180 | ||
1. Theoretischer Bezug: Kelsen und Schmitt – zwei Modelle des Hüters der Verfassung | 180 | ||
a) Verfassungsgerichtsbarkeit als Element pluralistischer Demokratie: Kelsen | 181 | ||
b) Verfassungsgericht oder Präsident: Kelsen gegen Schmitts souveräne Einheit | 189 | ||
2. Mythos: judicial self-restraint | 196 | ||
a) Recht sprechen, nicht Politik treiben: Grundlagenvertrag-Beschluss (1973) | 196 | ||
b) Politische Dezision: Out-of-Area – Beschluss (1994) | 203 | ||
H. Nachtrag: Staat, Beamte und Religion – zum Kopftuchstreit | 212 | ||
Zusammenfassung: Rechtsprechung, politische Dezision und die Macht der Tradition | 216 | ||
Literaturverzeichnis | 225 | ||
Sachwortverzeichnis | 253 |