Interdependenz von Primär- und Kollisionsrecht im europäischen Gesellschaftsrecht
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Interdependenz von Primär- und Kollisionsrecht im europäischen Gesellschaftsrecht
Rechtsrahmen für im Inland ansässige EU-Auslandsgesellschaften
Abhandlungen zum Deutschen und Europäischen Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht, Vol. 89
(2015)
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Olaf Berner studierte von 1999 bis 2003 Rechtswissenschaften an der Georg-August-Universität Göttingen. Nach der ersten juristischen Staatsprüfung war er als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl von Prof. Dr. Gerald Spindler tätig und absolvierte 2004/2005 ein Masterstudium (LL.M.) an der Cornell Law School, New York, USA. Im Anschluss daran legte er das New York Bar Exam ab. Nach dem Referendariat am Oberlandesgericht Düsseldorf und der zweiten juristischen Staatsprüfung (2009) arbeitete Olaf Berner als Rechtsanwalt bei der Sozietät Hengeler Mueller, Düsseldorf, im Bereich des Wirtschaftsrechts. Seit 2014 ist er Partner der auf Gesellschaftsrecht spezialisierten Kanzlei Berner Fleck Wettich in Düsseldorf.Abstract
Die Mobilität von Gesellschaften ist für einen funktionierenden Binnenmarkt in Europa unabdingbar. Der Europäische Gerichtshof hat mit einer Reihe von Leitentscheidungen zur Niederlassungsfreiheit zwar wesentliche Eckpfeiler für das europäische Gesellschaftsrecht eingeschlagen. Gleichwohl lässt der Rechtsrahmen für die werbende Tätigkeit von europäischen Auslandsgesellschaften in Deutschland trennscharfe Konturen vermissen. Dies gilt insbesondere für die zwischen europäischen Grundfreiheiten, mitgliedstaatlichem Kollisionsrecht und nationalem Gesellschaftsrecht oszillierende Frage nach der Möglichkeit der Mitgliedstaaten, zugezogene Auslandsgesellschaften dem eigenen Gesellschaftsrecht zu unterwerfen.Nachdem Olaf Berner zunächst das System und die Funktion der Grundfreiheiten im Binnenmarkt darlegt, widmet er sich sodann dem Verhältnis von Grundfreiheiten, insbesondere der Niederlassungsfreiheit, einerseits und dem mitgliedstaatlichen Kollisionsrecht andererseits. Er zeigt auf, dass die beiden Materien sorgsam zu trennen sind und der gegenseitige Einfluss begrenzt ist. Aufbauend auf die gewonnenen Erkenntnisse lotet der Autor sodann aus, welche Gestaltungsspielräume den Mitgliedstaaten verbleiben, nationale Vorschriften des Gesellschafts- oder Insolvenzrechts auf im Inland ansässige Auslandsgesellschaften anzuwenden.»Interdependence of EU Primary Law and the Rules on Conflict of Laws within European Company Law«Corporate mobility is of essence for the internal market. Nevertheless, the legal framework for foreign corporations domiciling in Germany is still vague. The author analyses this topic oscillating between the European fundamental freedoms, national conflict of laws and national corporate law and discusses, in particular, as to what extent the member states may apply their domestic corporate law to foreign corporations.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Vorwort | 5 | ||
Inhaltsverzeichnis | 7 | ||
Einleitung | 11 | ||
Einführung in die Problemstellung und Gang der Untersuchung | 14 | ||
1. Teil: Grundfreiheiten und Kollisionsrecht | 17 | ||
§ 1 Funktion der Grundfreiheiten im Binnenmarkt | 17 | ||
I. Der europäische Binnenmarkt | 18 | ||
1. Ökonomische Ausrichtung | 19 | ||
2. Begrenzung durch nicht-ökonomische Erwägungen | 20 | ||
II. Grundfreiheiten als Instrumente zur Verwirklichung des Binnenmarkts | 21 | ||
1. Das Herkunftslandprinzip als Motor der Integration | 25 | ||
2. Die begrenzte Funktion des Herkunftslandprinzips | 27 | ||
III. Der unvollkommene Binnenmarkt als Regelungsziel der Grundfreiheiten | 30 | ||
§ 2 Interdependenz von Grundfreiheiten und mitgliedstaatlichem Kollisionsrecht | 32 | ||
I. Kollisionsrecht als grundfreiheitenresistente Materie | 34 | ||
1. Kollisionsrecht als ergebnisneutrales Verweisungsrecht | 34 | ||
2. Besonderheiten im internationalen Gesellschaftsrecht | 38 | ||
a) Art. 54 AEUV – Primat des internationalen Gesellschaftsrechts? | 39 | ||
b) Marktzersplitterung als Folge einer Gesamtnormverweisung | 42 | ||
c) Kein Vorrang des internationalen Gesellschaftsrechts (Überseering) | 46 | ||
3. Zwischenergebnis | 48 | ||
II. Grundfreiheiten als versteckte Kollisionsnormen | 49 | ||
1. Parallelen zwischen Grundfreiheiten und Kollisionsrecht | 51 | ||
a) Grenzüberschreitender Sachverhalt | 51 | ||
b) Gleichwertigkeit der Rechtsordnungen | 52 | ||
2. Primärrechtliches Herkunftslandprinzip als Ansatzpunkt der Kollisionsnorm | 53 | ||
3. Stellungnahme | 55 | ||
a) Unterschiedliche Zielsetzung von Kollisionsrecht und Grundfreiheiten | 56 | ||
aa) Beschränkungswirkung von ausländischem Recht | 58 | ||
bb) Legitimation unterschiedlicher Rechtsordnungen durch die Struktur des Binnenmarkts | 62 | ||
b) Primärrechtliches Herkunftslandprinzip als untauglicher Ansatzpunkt für versteckte Kollisionsnorm | 64 | ||
aa) Begrenzte Bedeutung des Herkunftslandprinzips | 65 | ||
bb) Systematische Friktionen einer primärrechtlichen Kollisionsnorm | 68 | ||
c) Zwischenergebnis: Grundfreiheiten ohne kollisionsrechtliche Aussage | 70 | ||
4. Sonderstellung des internationalen Gesellschaftsrechts aufgrund der EuGH-Rechtsprechung? | 70 | ||
a) Die begrenzte Funktion von Art. 54 AEUV | 71 | ||
b) Die Überseering-Rechtsprechung des EuGH | 72 | ||
aa) Identifikation des Grundfreiheitenberechtigten | 74 | ||
bb) Kollisionsrechtliche Dimension der Vorlagefragen | 80 | ||
c) Zwischenergebnis | 88 | ||
III. Die Grundfreiheiten als Ergebniskontrolle (obligation de résultat) | 92 | ||
§ 3 Rückschlüsse für das internationale Gesellschaftsrecht | 96 | ||
I. Vor- und Nachteile von Sitz- und Gründungstheorie | 96 | ||
1. Gewährleistung eines austarierten Systems gesellschaftsrechtlicher Rechtssätze | 99 | ||
2. Rechtssicherheit und -kosten | 101 | ||
3. Unionsrechtliche Absicherung | 103 | ||
a) Diskriminierende Wirkung der Gründungstheorie? | 104 | ||
b) Anerkennung der Identität statt Diskriminierung | 107 | ||
II. Vorzug der Gründungstheorie | 109 | ||
2. Teil: Gewährleistungsgehalt der Niederlassungsfreiheit | 111 | ||
§ 4 Weiter Beschränkungsbegriff als Ausgangspunkt | 111 | ||
I. Primäre und sekundäre Niederlassungsfreiheit | 111 | ||
II. Der Beschränkungsbegriff des EuGH | 113 | ||
1. Keine Begrenzung auf spezielle Rechtsgebiete | 115 | ||
2. Notwendigkeit der Eingrenzung | 118 | ||
§ 5 Ansätze zur Begrenzung des Beschränkungsverbots der Art. 49, 54 AEUV | 122 | ||
I. Missbrauch der Niederlassungsfreiheit | 122 | ||
1. Erscheinungsformen des Missbrauchs | 125 | ||
2. Missbrauch im Sinne einer Normumgehung | 128 | ||
a) Erfordernis eines grenzüberschreitenden Elements | 129 | ||
b) Urteil Leclerc als Musterbeispiel einer künstlichen Grenzüberschreitung | 130 | ||
c) Vergleichbarkeit mit im Inland ansässigen Auslandsgesellschaften | 131 | ||
aa) Gesellschaft als solche Träger der Niederlassungsfreiheit | 132 | ||
bb) Zurechnung der Gründer auf Rechtfertigungsebene? | 136 | ||
(1) Das Urteil TV 10 | 138 | ||
(2) Wahl der Gesellschaftsrechtsordnung als Ausfluss der Niederlassungsfreiheit | 139 | ||
d) Zwischenergebnis | 141 | ||
3. Fehlender Rechtswidrigkeitszusammenhang bei Missbrauch nationalen Rechts | 143 | ||
4. Zusammenfassung | 149 | ||
II. Begrenzung auf Gründungsvorschriften | 149 | ||
III. Kollisionsrechtliche Verengung des Gesellschaftsrechts | 152 | ||
1. Die kollisionsrechtliche Qualifikation als Entscheidungskriterium | 154 | ||
a) Prominente Beispiele | 155 | ||
aa) Insolvenzverschleppungshaftung | 155 | ||
(1) Art. 4 EuInsVO als sicherer Hafen? | 157 | ||
(2) Bestärkung durch den Gesetzgeber | 160 | ||
bb) Existenzvernichtungshaftung | 162 | ||
b) Gemeinsamkeiten der Ansätze | 165 | ||
2. Die Schwächen einer kollisionsrechtlich vermittelten Einschränkung | 166 | ||
a) Alleinige Fokussierung auf das Gesellschaftsrecht | 166 | ||
b) Entgegenstehende Rechtsquellenhierarchie | 170 | ||
aa) Mangelnde Relevanz mitgliedstaatlicher Qualifikation | 170 | ||
bb) Keine Legalisierung durch Sekundärrecht | 174 | ||
cc) Zwischenergebnis | 178 | ||
c) Methodische Kritik | 182 | ||
aa) Nationale Ebene | 182 | ||
(1) Insolvenzverschleppungshaftung | 183 | ||
(2) Existenzvernichtungshaftung | 185 | ||
bb) Unionsrechtliche Ebene | 186 | ||
(1) Der Verfahrensbezug des Art. 4 EuInsVO | 188 | ||
(2) Konstruktive Schwierigkeiten | 189 | ||
(3) Die EuGH-Entscheidung Gourdain/Nadler | 190 | ||
d) Unerwünschte Konsequenzen | 192 | ||
3. Zwischenergebnis | 195 | ||
IV. Die Keck-Rechtsprechung und das Marktzugangskriterium | 196 | ||
1. Die Keck-Entscheidung | 196 | ||
2. Übertragung auf die Niederlassungsfreiheit | 198 | ||
a) Indifferenz des EuGH | 198 | ||
b) Begriffsjuristische Übertragung | 201 | ||
aa) Geringe Aussagekraft der Begriffskategorien | 204 | ||
bb) Unschärfe der Begrifflichkeiten | 207 | ||
cc) Fehlende dogmatische Rückbegründung | 208 | ||
dd) Zwischenergebnis | 210 | ||
3. Das Kriterium des Marktzugangs | 212 | ||
a) Übertragbarkeit auf die Niederlassungsfreiheit | 215 | ||
b) Bedeutung für das Gesellschaftsrecht | 218 | ||
aa) Temporales Verständnis des Marktzugangs | 219 | ||
bb) Art. 54 AEUV – nationales Gesellschaftsrecht und subjektive Grundfreiheitenberechtigung | 227 | ||
V. Mitgliedstaatliches Gesellschaftsrecht: Vorfrage und zugleich Subjekt der Niederlassungfreiheit | 239 | ||
3. Teil: Rechtfertigung von Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit | 242 | ||
§ 6 Art. 52 AEUV als Rechtfertigungsgrund | 242 | ||
§ 7 Zwingende Gründe des Allgemeininteresses | 243 | ||
I. Geeignetheit und Kohärenz der Rechtsanwendung | 245 | ||
II. Erforderlichkeit | 254 | ||
1. Informationsmodell | 254 | ||
2. Vorschriften des Gründungsrechts | 258 | ||
III. Zwischenergebnis – wenig Raum für die Rechtfertigung | 261 | ||
4. Teil: Zusammenfassung der Ergebnisse | 263 | ||
Literaturverzeichnis | 270 | ||
Stichwortverzeichnis | 305 |