Das Interdikt in der europäischen Vormoderne
BOOK
Cite BOOK
Style
Format
Das Interdikt in der europäischen Vormoderne
Editors: Daniels, Tobias | Jaser, Christian | Woelki, Thomas
Zeitschrift für Historische Forschung. Beihefte, Vol. 57
(2021)
Additional Information
Book Details
About The Author
Tobias Daniels studierte Geschichtswissenschaften, Italianistik und Germanistik an der Ruhr-Universität Bochum. 2012 wurde er mit einer Arbeit über einen gelehrten Juristen an den Universitäten Innsbruck und Pavia promoviert, 2018 erfolgte die Habilitation in Mittelalterlicher Geschichte und Historischen Grundwissenschaften an der Ludwig-Maximilians-Universität München mit einer Arbeit über die Verschwörung der Pazzi als politischer Skandal und seine europäischen Resonanzen. Er war wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Bibliotheca Hertziana, Max-Planck-Institut für Kunstgeschichte, Rom, und absolvierte Lehrstuhlvertretungen in Trier und Zürich. Seine Forschungen betreffen u.a. Humanismus und Renaissance in europäischer Perspektive; Sozial- und Institutionengeschichte von Kirche und Königtum sowie Zusammenhänge von Kunst, Wirtschaft und Politik.Christian Jaser studierte Geschichtswissenschaften und Mittellateinische Philologie an der Ludwig-Maximilians-Universität München, der Freien Universität Berlin und der Humboldt-Universität zu Berlin. 2011 wurde er in Mittelalterlicher Geschichte mit einer Arbeit über kirchliche Exkommunikationsrituale promoviert, 2019 habilitierte er sich mit einer Studie zu städtischen Sportkulturen des 15. und frühen 16. Jahrhunderts in transalpin vergleichender Perspektive. Seit 2020 ist er Professor für Mittelalterliche Geschichte und Historische Grundwissenschaften an der Universität Klagenfurt. Seine Forschungsschwerpunkte sind unter anderem die Geschichte mittelalterlicher Kirchenstrafen, Konfliktkulturen des Mittelalters sowie transalpine Stadtgeschichte des späten Mittelalters.Thomas Woelki studierte Rechtswissenschaft, Geschichte und Romanistik in Berlin und Caen 1996-2005, promovierte 2010 in mittelalterlicher Geschichte und ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Europäische Geschichte des Mittelalters an der Humboldt-Universität zu Berlin. Er ist Herausgeber der Acta Cusana. Seine Forschungsinteressen und Publikationen konzentrieren sich auf die spätmittelalterliche Kirchen- und Konzilsgeschichte, die Geschichte des römischen und kanonischen Rechts im Mittelalter sowie die Lebenswelt des Nikolaus von Kues.Abstract
Das lokale Interdikt im Sinne eines temporären Entzugs von Seelsorge und Sakramenten in einem bestimmten Gebiet (Kirche, Stadt, Diözese, Herrschaftsterritorium), nahm neben der Exkommunikation eine zentrale Rolle im kirchlichen Sanktionsarsenal ein. Vom Hochmittelalter bis ins 17. Jahrhundert gehörte der durch das Interdikt hervorgerufene spirituelle Ausnahmezustand fest zum Erfahrungshorizont des vormodernen Europäers, insbesondere der Stadtbevölkerung. Das Interdikt ist aus der liturgischen und frömmigkeitspraktischen Lebenswelt Lateineuropas nicht wegzudenken. Zudem enthielt diese häufig angewandte Form der kirchlichen Strafpraxis stets ein besonderes Konfliktpotential. Ein Interdikt beschwor für jeden einzelnen Gläubigen einen unheilvollen Gewissens- und Loyalitätstest herauf, der erwünschte (Druck auf die Obrigkeit) und unerwünschte (Häresien, religiöser ‚Eigensinn‘) Reaktionsszenarien provozierte. Der Band erschließt erstmals europäisch vergleichend das analytische Potenzial des Interdikts als spezifisch vormodernes Querschnittsphänomen, das gleichermaßen kirchen-, rechts- und sozialgeschichtliche Perspektiven eröffnet.